Orbiter1 hat geschrieben:(09 Apr 2020, 08:11)
Das Bundesverfassungsgericht hat beim ESM eine wichtige Rolle gespielt. Zunächst hat es dafür gesorgt dass nicht die Regierung sondern der Bundestag Rettungspakete genehmigt. Und das selbstverständlich für jedes Rettungspaket individuell, d. h. wenn der Bundestag entscheidet beim nächsten Rettungspaket für Griechenland ist Deutschland nicht mehr dabei dann ist das eben so und der ESM unterliegt entsprechenden Einschränkungen. Dann hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung dafür gesorgt dass es eine maximale Haftungsgrenze für Deutschland gibt und der ESM-Vertrag wurde entsprechend ergänzt.
In einer EU die keinen blassen Schimmer davon hat wie sie sich insgesamt für die Zukunft aufstellt (von zurück zur EWG bis Endziel Vereinigte Staaten von Europa) werden die 19 Eurozonenmitglieder ganz sicher nicht vorpreschen und Eurobonds mit gemeinsamer Haftung beschließen. Der Euro hat mittelfristig sowieso nur dann eine Überlebenschance wenn man sich auf eine gemeinsame Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik einigt. Davon ist die Eurozone weiter entfernt denn je und es gibt nichts was darauf hindeutet dass sich das ändert. Und den Trick mit Griechenland (Staatsschulden nicht mehr tilgen und bis zum Sanktnimmerleinstag in den Bilanzen irgendwelcher Finanzinstitutionen wie dem ESM oder der EZB schlummern lassen) kann man auch nicht beliebig oft wiederholen. Das macht den Euro zur schwachen Kasperlewährung.
Es wird auch keine Änderungen am EZB-Vertrag geben. Die 19 Mitglieder würden sich nicht darauf einigen können.
Die USA ist als Vorbild dafür vollkommen ungeeignet. Beschäftigen Sie sich doch erst mal mit den Hausaufgaben (Unterschied Staatenverbund (EU) und Bundesstaat (USA)) bevor sie sich zu so einem Thema äußern.
Zum ersten Punkt: das BVG stoppte die Umgehung des Bundestags durch die Regierung.
Das ist eine verfassungsrechtliche Fragestellung.
Das BVG schränkte nicht die Haftungsgrenzen für Deutschland ein, das wurde auf einem EU Gipfel in Karlsruhe beschlossen.
Das BVG äußerte sich nicht über die Inhalte der Rettungspakete.
Die Klage wurde abgewiesen.
Das ist nämlich keine verfassungsrechtliche Fragestellung.
Der zweite Punkt den ich machen will ist folgender:
Diese Krise ist global, sie ist nicht auf Regionen beschränkt, nicht auf einzelne Staaten beschränkt, nicht auf die EU beschränkt, und auch nicht auf die westliche Welt ... sie betrifft alle.
Bei Krisen dieses Ausmaßes ist die EU derzeit sehr schlecht aufgestellt.
Es gibt Länder, die werden damit besser fertig, andere stehen vor dem Kollaps.
Und im Gegensatz zur Staatspleite von Argentinien können wir eine Staatspleite von Italien nicht einfach ignorieren.
Dazu sind wir wirtschaftlich viel zu eng aneinander gebunden.
Und da geht es auch nicht um Spagetti oder Zitronen, da geht es um wichtige Lieferketten, gerade für die Industrie in Süddeutschland.
Wir werden für solche Fragen Antworten auf europäischer Ebene finden müssen ... führt kein weg daran vorbei.
Auch deswegen nicht, weil die derzeitige Lage den Wirtschaftsstandort Europa schwächt, weil Investoren und Handelspartner nicht darauf vertrauen können, das die EU gemeinsam auf solche Krisen reagiert.
Das geht so nicht weiter, das erinnert an einen Patienten, der zu fünf Doktoren rennt und zwei Heilpraktiker und alle verschreiben ihm was anderes und nix hilft ... ja im schlimmsten Fall sind zwei Medikamente in Kombination sogar tödlich.
Und ich kenne den Unterschied zwischen den USA und der EU sehr gut.
Ich habe da selbst 16 Jahre gelebt, aus dieser Zeit stammt auch noch mein Avatar.