Grundsatzdiskussion Islam

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relativ
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von relativ »

Joker » Mi 9. Dez 2015, 13:51 hat geschrieben: Das ermöglichten sie aber nicht mit Friedensgebeten.
Das ermöglichten sie erst nachdem sie uns ziemlich heftig in den allerwertesten getreten haben.
Ach ne wirklich? Mensch Joker, gut das du da bist. ;)
Das Banale braucht man nicht zu schälen.
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schelm
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von schelm »

http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1066943.html

Ich versteh nicht, wie das legal gewesen sein kann. Religionsfreiheit ist lt. Grundgesetz ein Individualrecht. Wer mit einer Weste als " Scharia Polizei " öffentlich auftritt, verstößt imho dagegen.
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Jekyll
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Demolit » Mi 9. Dez 2015, 10:53 hat geschrieben:

nur kurz..
na ja.... nur so leben die, die eigentlich nur so leben können, weil andere angeleitet durch den Gedanken, der durch Gesetze, Lebensformen und Lebensweisen hindurchgeht, das so ermöglicht haben.

Diese Form der Selbstvergessenheit wird uns noch das Genick brechen und der Radikalisierung der Gesellschaft trefflich Vorschub leisten....das ene mekel tekel dazu zieht langsam die Wand hoch....weil Toleranz nur gelebt werden kann, wo Toleranz sich auf das gründet, was durch die in dieser Gesellschaft gültige Sicht auf die Kardinaltugenden :
Tapferkeit,
Freiheit,
Güte,
Gerechtigkeit

gründet.

Dazu haben viele schlaue Denker in unserer Tradition seit über 500 Jahren Treffliches ausgelassen....wo anders haben sie eine Entwicklung diesbezüglich in Form einer profunden Betrachtung unterlassen..

echt ;)
An dir ist 500 Jahre europäische Geschichte (die in der Realität, die echte) offenkundig komplett vorbeigegangen. Und wer sich so vortrefflich blind für die Geschichte erwiesen hat, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Gegenwart sein.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

schelm » Do 10. Dez 2015, 02:10 hat geschrieben:http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1066943.html

Ich versteh nicht, wie das legal gewesen sein kann. Religionsfreiheit ist lt. Grundgesetz ein Individualrecht. Wer mit einer Weste als " Scharia Polizei " öffentlich auftritt, verstößt imho dagegen.
Auf den Westen stand nicht "Scharia Polizei" sondern "Shariah Police", was schon mal ein wichtiges Detail ist (es liegt z. B. keine Amtsanmaßung oder sowas vor). So wie ich das verstanden habe ging es bei diesem Punkt der Klage vor dem Landgericht konkret um die Warnweste an sich und nicht um eine Grundsatzfrage über Religionsfreiheit und dergleichen. Die Begründung für die Ablehnung der Klage bezieht sich auch konkret auf die Weste bzw. auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit (aus Ihrem Link):
Das Landgericht entschied nun: Von den handelsüblichen grell-orangen "Shariah-Police"-Warnwesten sei keine einschüchternde, militante Wirkung ausgegangen. Dies sei laut Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber Voraussetzung für die Eröffnung eines Strafverfahrens.
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 66943.html
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Demolit »

Jekyll » Do 10. Dez 2015, 06:19 hat geschrieben:An dir ist 500 Jahre europäische Geschichte (die in der Realität, die echte) offenkundig komplett vorbeigegangen. Und wer sich so vortrefflich blind für die Geschichte erwiesen hat, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Gegenwart sein.
Du irrst, weil die Geschichte, die in Europa sich abspielte und die daraus folgenden Prozesse haben zu dem geführt, was aus so attraktiv macht. Attraktiver als andere Produkte aus geschichtliche zu betrachtenden Prozessen.

Was wolltest du eigentlich mit deinem Postsagen? Das deine Gegenwart hier sich nur auf das gründen konnte, was wir hier an aufgeklärter Gesellschaft erarbeitet haben. So was in der Art ? Also packt dein Fähnchen ein...

echt ;)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Demolit »

Jekyll » Do 10. Dez 2015, 06:32 hat geschrieben:Auf den Westen stand nicht "Scharia Polizei" sondern "Shariah Police", was schon mal ein wichtiges Detail ist (es liegt z. B. keine Amtsanmaßung oder sowas vor). So wie ich das verstanden habe ging es bei diesem Punkt der Klage vor dem Landgericht konkret um die Warnweste an sich und nicht um eine Grundsatzfrage über Religionsfreiheit und dergleichen. Die Begründung für die Ablehnung der Klage bezieht sich auch konkret auf die Weste bzw. auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit (aus Ihrem Link):
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 66943.html
Völlig richtig!

Strafrechtlich ein vernachlässigwerter Vorgang. Publizistisch elend aufgearbeitet. Eine Anmaßung einer bestimmten Denkschule bleibt es trotzdem.

Aber das ist bei deinem mangelnden Wissen um das, was sich als gesellschaftstaugliches Handeln angeht, natürlich nicht verwunderlich, dass du dies nicht bemerken willst.

echt ;)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von schelm »

Jekyll » Do 10. Dez 2015, 06:32 hat geschrieben:Auf den Westen stand nicht "Scharia Polizei" sondern "Shariah Police", was schon mal ein wichtiges Detail ist (es liegt z. B. keine Amtsanmaßung oder sowas vor). So wie ich das verstanden habe ging es bei diesem Punkt der Klage vor dem Landgericht konkret um die Warnweste an sich und nicht um eine Grundsatzfrage über Religionsfreiheit und dergleichen. Die Begründung für die Ablehnung der Klage bezieht sich auch konkret auf die Weste bzw. auf ihre Wirkung in der Öffentlichkeit (aus Ihrem Link):
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 66943.html
In Deutschland gilt keine Scharia. Wer mit einer Warnweste auftritt, die gegenteiliges beansprucht, denn eine " Police " setzt bekanntlich Recht und Ordnung durch, handelt gegen geltendes Recht, handelt verfassungsfeindlich, in dem die von der Verfassung garantierte ( negative ) Religionsfreiheit in Frage gestellt wird. Das hätten Sie wohl gerne, bekommen es aber nicht.
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von relativ »

schelm » Do 10. Dez 2015, 02:10 hat geschrieben:http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-1066943.html

Ich versteh nicht, wie das legal gewesen sein kann. Religionsfreiheit ist lt. Grundgesetz ein Individualrecht. Wer mit einer Weste als " Scharia Polizei " öffentlich auftritt, verstößt imho dagegen.
Für mich wären diese heinis einfach nur ein großer Lacher gewesen. Mehr als die Auszulachen/Ignorieren is nicht drin, oder wurden sie renident, bzw. gewalttätig?
Sollte man sich als Bürger von diesen schrägen Subjekten belästigt fühlen, ruft man die Polizei, oder das Ordnungsamt.
Auch Ärgernisse können legal sein lieber Herr schelm.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von relativ »

Demolit » Do 10. Dez 2015, 07:18 hat geschrieben:
Völlig richtig!

Strafrechtlich ein vernachlässigwerter Vorgang. Publizistisch elend aufgearbeitet. Eine Anmaßung einer bestimmten Denkschule bleibt es trotzdem.

Aber das ist bei deinem mangelnden Wissen um das, was sich als gesellschaftstaugliches Handeln angeht, natürlich nicht verwunderlich, dass du dies nicht bemerken willst.

echt ;)
Ich sag es mal so, sollte der Staat/Justiz sich auch noch Strafrechtlich um solche Randnotizen kümmern, kommt denen mehr Aufmerksamkeit zu als diesen zusteht.
Allerdings würde ich sowas als Kommune auch nicht dulden.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

schelm » Do 10. Dez 2015, 07:40 hat geschrieben:In Deutschland gilt keine Scharia.
Dieser Fakt wird mit so einer nichtbehördlichen Aktion auch nicht in Frage gestellt.
Wer mit einer Warnweste auftritt, die gegenteiliges beansprucht, denn eine " Police " setzt bekanntlich Recht und Ordnung durch
Netter Versuch, Herr schelm, aber jemand mit einer Aufschrift "Police" auf seiner Weste erhebt in diesem Land eben kein Anspruch darauf, Recht und Ordnung durchsetzen zu wollen, und das sogar bekanntlich, denn bekanntlich weiß jeder, dass in diesem Land Polizei Polizei heißt und nicht Police. Geauso gut könnten Sie behaupten, Spielgeld sei bekanntlich dafür da um etwas (real) zu Kaufen, oder mit Spielzeugpistolen könne man bekanntlich Menschen erschießen...es ist nur ein Fake, Herr schelm, nichts weiter. Wer das Ernst nimmt und darauf reinfällt, ist selber Schuld. (Sind Sie wirklich darauf reingefallen, oder verstellen Sie sich nur?)
, handelt gegen geltendes Recht, handelt verfassungsfeindlich, in dem die von der Verfassung garantierte ( negative ) Religionsfreiheit in Frage gestellt wird.
All das ist nicht geschehen, aus dem Grunde, wie eben beschrieben.
Das hätten Sie wohl gerne, bekommen es aber nicht.
Ich hätte es gern, wenn Menschen moralischer und ethischer Denken und Handeln würden - aus eigenem Antrieb heraus. Von ideologisch (wie etwa in Kommunismus) oder religiös "aufgezwungener" Moralität und Ethik halte ich nichts, da nicht authentisch. Nett, dass Sie mir sowas zutrauen. Dachte, Sie kennen mich besser?
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Demolit » Do 10. Dez 2015, 07:18 hat geschrieben:Völlig richtig!

Strafrechtlich ein vernachlässigwerter Vorgang. Publizistisch elend aufgearbeitet. Eine Anmaßung einer bestimmten Denkschule bleibt es trotzdem.
Eine Anmaßung, auf jeden Fall, typisch religiöse Eiferer. Und die Vertreter der anderen Denkschule? Gleichgültig, kalt, vielleicht sogar in Teilen moralisch verkommen? Siechtum der Mitmenschen und Prostitution lässt nun mal nicht jeden kalt.
Aber das ist bei deinem mangelnden Wissen um das, was sich als gesellschaftstaugliches Handeln angeht, natürlich nicht verwunderlich, dass du dies nicht bemerken willst.

echt ;)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Nomen Nescio »

ich sah zufällig was (teil 5) und suchte teil 1. ==> http://alighandour.tumblr.com/

ich habe noch nichts davon gelesen. weiß also nicht ob es spam, müll oder seriös ist. weil mich dies überhaupt nicht so interessiert, kann ich nicht sagen wann ich es lese. oder ob. :D
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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Platon
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Platon »

Nomen Nescio » Do 10. Dez 2015, 20:56 hat geschrieben:ich sah zufällig was (teil 5) und suchte teil 1. ==> http://alighandour.tumblr.com/

ich habe noch nichts davon gelesen. weiß also nicht ob es spam, müll oder seriös ist. weil mich dies überhaupt nicht so interessiert, kann ich nicht sagen wann ich es lese. oder ob. :D
Google hilft.
https://www.uni-muenster.de/ZIT/Persone ... r_ali.html
http://www.ibnarabi.de/uber-mich/
https://www.uni-muenster.de/ZIT/Forschu ... ndour.html

Ein Marokkaner der in Deutschland mehrere Studiengänge absolviert hat, Arabisch ist seine Muttersprache, Deutsch kann er gut, wenn sich auch vieles unrund liest. Er promoviert über Ibn Arabi und auch wenn er in Saudi Arabien als Dolmetscher gearbeitet hat, scheint er von den Wahabis nicht sehr angetan zu sein. Ahnung hat er sicherlich, auch wenn er natürlich eine klare ideologische Richtung beim Thema Wahabismus verfolgt.
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Zunder
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Zunder »

Das Statement von Michael Schmidt-Salomon kann ich vollumfänglich unterschreiben:

[youtube][/youtube]

Die vollständige Diskussion:
[youtube][/youtube]
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Antonius
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Antonius »

Zunder » Di 15. Dez 2015, 00:49 hat geschrieben:Das Statement von Michael Schmidt-Salomon kann ich vollumfänglich unterschreiben:

Die vollständige Diskussion:....
Danke für diese Diskussion.
Ich stimme dem Beitrag von Hamed Abdel-Samad ganz und gar zu.
SAPERE AUDE - Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Immanuel Kant (1724-1804)
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Platon
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Platon »

Platon hat sich die Tage den Film Bab'aziz (der eigentlich baba azis heißt und bab (Tor) und baba (Vater) sind zwei unterschiedliche Worte weswegen die "Übersetzung" unglücklich ist, möglicherweise war das auch Absicht, weil die Person die so bezeichnet wird im sufischen Sinne sowohl baba als auch bab ist) angesehen. Ein Film in dem Themen aus dem mysthischen Islam in eine Art Kunstfilm verarbeitet wurden. Der Film ist im Original teilweise Persisch und Arabisch, was damit zusammenhängt, dass er teilweise im Iran, teilweise in Tunesien gefilmt wurde. Es gibt aber englische Untertitel bei dem Video auf youtube.
The film's complex and nonlinear narrative chiefly centers around the journey of a blind dervish, Bab'Aziz (Parviz Shahinkhou), and his granddaughter, Ishtar (Maryam Hamid), who — while traveling across the desert towards an immense Sufi gathering — encounter several strangers who relate the stories of their own mysterious and spiritual quests.[...]
https://en.wikipedia.org/wiki/Bab'Aziz

Der Film hat sehr viele Anspielungen auf Sufi-Islam und teilweise auch Schia-Islam, es ist kein Zufall wie dort Hussein - der natürlich stirbt - und Hassan - der vom Saulus zum Paulus wird - dargestellt werden, und behandelt auch berühmte Gedichte von Maulana Rumi. Entsprechend muss man ein wenig davon verstehen um die Anspielungen zu verstehen. Es ist ein Einblick in die islamische Symbolsprache und behandelt ein Thema, dass für den Islam der Muslime das eigentlich zentrale ist bzw. sein sollte, die Beziehung des Gläubigen zu Gott.


[youtube][/youtube]


Auf Türkisch:
Zuletzt geändert von Platon am Samstag 19. Dezember 2015, 09:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Wasteland
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

Wer mal die Zeit dafür hat, lohnt sich dies hier anzuschauen.


[youtube][/youtube]
Cloudfox
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Cloudfox »

Nun, der angeblich "islamische Denker", macht sich ja stark damit, nachzuweisen, dass der faschistoide Gehalt des Islamismus im Islam von Beginn an angelegt sei.
Der nicht gläubige "Religionskritiker" Abdel-Samad (islamischer Denker?) ergeht sich vielmehr in einem pauschalen Urteil über "den Islam/die Muslime...den islamofaschismus" - kein Wunder findet er bei den echten und falschen :p Islamkritikern so viel Zuspruch (und verdient gutes Geld mit seinen Büchern über den "faschistischen Islam"...).
Er ist wenig differnzierenden unterwegs, schreibt und spricht auch gerne von "den Muslimen"...

Der Vergleich von Faschismus und Islamismus beide antimodern und gegenaufklärerisch ist noch zutreffend. Allerdings steht diese ERkenntnis seiner eigentlichen These diametral entgegen, nämlich 'die Wurzeln des Faschismus lägen im ursprünglichen Islam ....' usw. usf. ...
Seine Argumentation ist nicht schlüssig...
Zuletzt geändert von Cloudfox am Samstag 19. Dezember 2015, 10:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Platon
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Platon »

Wasteland » Sa 19. Dez 2015, 09:44 hat geschrieben:Wer mal die Zeit dafür hat, lohnt sich dies hier anzuschauen.


[youtube][/youtube]
Ist schon eine interessante Nebeneinanderstellung, einerseits Abdel Samad der die islamischen Texte in Übereinstimmung mit dem Faschismus zu bringen versucht um sie dann zu verurteilen und Khorchide, welcher die islamischen Texte in Übereinstimmung mit einer eher humanistischen Haltung zu interpretieren versucht, um sie so zu rehablitieren. Beide haben die Erfahrung in der Kindheit gemacht zeitweise in einem sehr konservativen islamischen Umfeld zu leben, Khorchide in Saudi Arabien, Abdel Samad in Ägypten und haben sich irgendwann diesem konservativen Umfeld und auch ihren Lehren - aus unterschiedlichen Gründen - entfremdet gefühlt und lehnen sie ab. Und während Abdel Samad das zum Anlass genommen hat den Islam ganz zu verlassen und sich einer Islam- und Religionskritischen Haltung anzuschließen, hat Khorchide den Islam nicht verlassen, sondern versucht weiterhin Gott und den Islam so zu finden, dass er ihn akzeptieren kann.

Man kann diese unterschiedlichen Interpretationen an der Biographie und sogar den im Gespräch vorkommenden Eltern festmachen, welche ihr Verhältnis zum islam geprägt haben. Abdel Samad sollte seinem Vater in Ägypten als Imam nachfolgen, er hat den Islam also vor allem als Gesamtheit von theologischen Dogmen und Ritualen kennen gelernt, die Spiritualität der Sufis muss er auch kennen, die hat ihm aber offenbar auch nicht gefallen. Im Gegensatz dazu hat Khorchide seine Mutter als Vorbild genannt. Die Analphabetin war und im religiös pluralen Libanon ihrem Sohn die ethischen Werte des Islam mitgegeben hat, über die er jetzt in seiner eigenen Theologie schreibt.

Ich denke daher, dass sich beide sehr ähnlich sind und das ist auch der Grund warum die Diskussion der beiden doch vergleichsweise friedlich und zivilisiert abläuft. Der Fragesteller fällt vor allem dadurch auf, dass er vom Thema der Diskussion keinen Schimmer hat und die Aussagen von Beiden nicht wirklich einschätzen kann.

Man erlebt in der Diskussion eine Nebeneinanderstellung von einer islamischen Theologie des Faschismus und einer islamischen Theologie der Barmherzigkeit.

Hamed Abdel-Samad hat dabei für mich das Problem, dass er in Sachen Bildung einem echten islamischen Theologen natürlich unterlegen ist, der sich rund um die Uhr mit den Quellen beschäftigt, was er selber natürlich nicht macht, weil ihm dazu die Motivation fehlt. Dazu ist seine eigene Islam-Interpretation als simplen Nazi-Vergleich anzulegen auch schlichtweg ziemlich platt und interpretiert an den Bedürfnissen eines echten, d.h. im Leben eines Muslims umsetzbaren, Islams vorbei. Er schreibt und denkt eben nicht für Muslime sondern für Islamkritiker und daher kommt das Bedürfnis bestimmte Thesen und Themen aus dem üblichen Islamkritischen und allgemein religionskritischen Denken auch in seiner eigenen Islamischen Interpretation anzubringen.

Im Gegensatz dazu versucht Khorchide den Islam so zu verstehen, dass er den Anforderungen (s)eines humanistischen Weltbildes entspricht. Auch weil er beständig von der interpretativen Vielfalt des Islam spricht und dabei seine eigene Sichtweise als eine solche Interpretation eingeordnet haben will, muss man sich schon fragen, wo seine Interpretation in der islamischen Tradition steht. Welche Ideen hat er sich selber ausgedacht, welche hat er von anderen Theologen übernommen, wie muss man ihn Theologie-geschichtlich einordnen.
In Deutschland haben sich die konservativen Islamverbände intensiv mit ihm auseinander gesetzt und lehnen seine theologischen Lehren zumindest teilweise ab. Es gibt ein Gutachten des Zentralrats der Muslime, in dem man sich intensiv mit seinem Buch Islam ist Barmherzigkeit auseinander gesetzt hat. Die ganze Diskussion hat dabei aber auch den Hintergrund, dass Khorchide Inhaber eines begehrten Lehrstuhls für Islamische Theologie in Münster ist und natürlich die Verbände dort jemanden haben wollen der ihre Ansichten teilt und nicht jemand der eine sehr liberale islamische Theologie betreibt. Sein Vorgänger Sven Kalisch hatte es ja zu weit getrieben als er nicht nur eine liberale islamische Theologie und eine historisch-kritische Lesart des Koran propagierte sondern dabei sogar mit revisionistischen Positionen über die islamische Geschichte geliebäugelt hatte. Also das es Mohammed gar nicht gegeben habe, der Koran ein überarbeiteter christlicher Text sei und die gesamte frühislamische Geschichte eine Erfindung um dem arabischen Reich einen Gründungsmythos und eine gemeinsame Identität zu geben. Korchide ist den Verbänden einfach noch zu liberal und man versuchte ihn als Lehrstuhlinhaber abzusägen, was aber nicht funktioniert hat. Das Leute wie Pierre Vogel ihn ablehnen versteht sich von selbst. (Pierre Vogel über Khorchide)

Ein wesentlicher Einfluss auf Khorchide ist offenbar Muhammad Shahrur. Erkennt man darin, dass seinem Buch vorgeworfen wurde, ein Plagiat von Texten von Shahrur zu sein, ohne dass dies kenntlich gemacht wurde. Khorchide ist also als liberaler Reformdenker einzuschätzen, der sicherlich für keinen Mainstream steht, sondern seine Leser in erster Linie bei liberalen Muslimen Deutschlands finden dürfte, allerdings natürlich langfristig vor allem durch die Ausbildung von Religionslehrern in Münster Einfluss in Deutschland haben wird.
http://de.qantara.de/inhalt/der-islamis ... oes-spuren
http://www.eurasischesmagazin.de/artike ... m/20101010
Zuletzt geändert von Platon am Samstag 19. Dezember 2015, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
Dieser Beitrag ist sehr gut.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

Platon » Sa 19. Dez 2015, 12:59 hat geschrieben:
Hamed Abdel-Samad hat dabei für mich das Problem, dass er in Sachen Bildung einem echten islamischen Theologen natürlich unterlegen ist, der sich rund um die Uhr mit den Quellen beschäftigt, was er selber natürlich nicht macht, weil ihm dazu die Motivation fehlt.
Das wird finde ich in dieser Diskussion besonders deutlich. Samad verfügt allenfalls über Halbwissen und muss ja auch an einigen Stellen zurückrudern.
Interessant finde ich auch einmal wieder wie Khorchide feststellt, das den Thesen Samads am ehesten die Salafisten Beifall zollen würden, das heisst sein und deren Textzugang sich sehr ähnlich sind.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Zunder »

Wasteland
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

Zunder » So 22. Nov 2015, 01:19 hat geschrieben:Eine Diskussion zwischen Mouhanad Khorchide und Hamed Abdel-Samad als es die Anschläge gegen Charlie Hebdo noch gar nicht gab, die späteren sowieso nicht:

[youtube][/youtube]

Bemerkenswert ist nicht nur, daß zwei gegensätzliche Positionen vertreten werden, ohne daß mit verlogenen Diffamierungen "argumentiert" wird, sondern vor allem, daß ein in Deutschland lehrender Imam die historisch-kritische Lesart des Koran fordert, wofür ein Cem Özdemir von den einschlägigen "Koryphäen" umgehend angepisst wird.
Danke, war jetzt ein paar Monate nicht da. Eine historisch-kritische Lesart ist auch die einzige die von der Logik her Sinn macht. Allerdings wenig ansprechend für Menschen die sich fanatisch an etwas klammern wollen, weil ihr Leben sonst erbärmlich ist.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Demolit »

Wasteland » Sa 19. Dez 2015, 16:25 hat geschrieben:
Danke, war jetzt ein paar Monate nicht da. Eine historisch-kritische Lesart ist auch die einzige die von der Logik her Sinn macht. Allerdings wenig ansprechend für Menschen die sich fanatisch an etwas klammern wollen, weil ihr Leben sonst erbärmlich ist.

a) so es ist
b) beide werden aus islamischen Kreise vehement angegangen
c) der islamische Kulturkreis muss sich ganz stark an das Geglaubte klammern, weil er in der Realität wenig zu dem beigetragen hat, was Gewusstes uns gebracht hat.
d) wer seine Gesellschaft dumm halten will, stärkt den Glauben und das Eintrichtern. Bildungsprinzip der islamisch geprägten Gesellschaften
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

Demolit » Sa 19. Dez 2015, 18:36 hat geschrieben:
b) beide werden aus islamischen Kreise vehement angegangen
Beide werden von konservativen Muslimen angegangen. Konservative sind überall auf der Welt progressiven Denkern gegenüber negativ eingestellt.
Da unterscheiden sich Muslime nicht von Christen, Juden, Buddhisten oder Hindus.
Demolit » Sa 19. Dez 2015, 18:36 hat geschrieben: c) der islamische Kulturkreis muss sich ganz stark an das Geglaubte klammern, weil er in der Realität wenig zu dem beigetragen hat, was Gewusstes uns gebracht hat.
Hat damit nichts zu tun und ist die übliche Kulturkämpfer Rhetorik. Gerade die fanatische Lesart des Islam zieht sehr viele Konvertiten an. Diese sind nicht islamisch sozialisiert.
Demolit » Sa 19. Dez 2015, 18:36 hat geschrieben: d) wer seine Gesellschaft dumm halten will, stärkt den Glauben und das Eintrichtern. Bildungsprinzip der islamisch geprägten Gesellschaften
Gabs bei uns auch früher. Abgeschafft wurde das nicht von Christen, ganz im Gegenteil.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Zunder » Di 15. Dez 2015, 01:49 hat geschrieben:Das Statement von Michael Schmidt-Salomon kann ich vollumfänglich unterschreiben:

[youtube][/youtube]

Die vollständige Diskussion:
[youtube][/youtube]
Ich kann das Statement des von mir geschätzten Schmidt-Salomon auch unterschreiben, im Gegensatz zum Gefasel der Schawan. ^^
Und danke :) für die Videos - ich kannte diese DiskussionsRunde noch nicht.
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
https://www.shabak.gov.il/english/Pages/index.html#=1
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Progressiver »

Dann scheint ja der Islam eine Religion zu sein wie jede andere. Was die Lehren betrifft, so hat man es mit einem wahren Potpourri aus sich widersprechenden Meinungen und Traditionen zu tun. Wer vom Charakter her eher zu humanistischem Gedankengut neigt, findet dort seine entsprechenden Stellen. Und wer ein gewaltbereiter Psychopath ist, fühlt sich durch andere Lehren ebenso bestätigt. Der vom Charakter friedliebende Muslim findet im Islam ein Spiegelbild seiner eigenen Seele. Gleiches gilt für den zerstörungswütigen Islamisten, der schon immer mal eine Bestätigung von "ganz oben" brauchte, dass Morden und Foltern nicht nur Spaß macht, sondern auch eine sinnvolle Beschäftigung sein kann. Wie aber soll man folglich mit so etwas umgehen, wenn auch diese Religion nur ein Brennglas -bzw. beim Islamisten ein Brandbeschleuniger- darstellt?

Ich bin bestimmt der letzte, der den Sufismus abschaffen will. Die Sufis tun mir nichts. Aber meint ihr nicht, dass man die Gewaltaufrufe stattdessen aus der islamischen Lehre entfernen und durch etwas friedlicheres ersetzen sollte? Denn Religionen sind ja bekanntlich etwas, für das man fast einen ideologischen Waffenschein bräuchte.

Was die Ursachen des Zornes der jungen Dschihadisten betrifft, sollten die westlichen Staaten aber trotzdem anders reagieren. Religion hat zwar noch keinen Mensch gebessert, der nicht schon vorher friedliebend war. Aber sie wird doch immer wieder als Waffe missbraucht, um -wie in diesem Falle- soziale Ausgrenzung, fehlende berufliche Aufstiegschancen etc. zu thematisieren. Nur mit dem Unterschied, dass der Islam der Islamisten eine scheinbare Gegenwelt heraufbeschwört, in der diese wieder etwas gelten. Wie schon öfter angedeutet, sollten die westlichen Staaten ihren islamisch geprägten Mitbürgern endlich etwas Bildung und berufliche Aufstiegschancen bieten, damit sie sich nicht radikalisieren. Damit rettet man präventiv die Leben von Unschuldigen, die durch die Radikalinskis ansonsten den Tod finden würden! So etwas würde besser funktionieren als in Syrien noch mehr Bomben abzuwerfen. Da bin ich mir sicher! Leider verstehen aber auch unsere Politiker nur die scheinbar einfache Sprache der Gewalt.

Und als friedliebender Atheist bin ich der letzte, der für die Gewalttaten beider Seiten Verständnis hat. Was aber viele der Sympathisanten der IS-Terroristen hierzulande vermissen, das ist eine Art höherer Sinn. So habe ich es schon in diversen Zeitschriften gelesen, wie zum Beispiel "Psychologie Heute" und wohl auch in "Gehirn und Geist". Essen, Arbeiten, eventuell noch RTL II gucken -also die ganzen niederschwelligen Angebote, die unsere Konsumterror- und Arbeitsgesellschaft bieten, vermitteln aber nur wenig von diesem höheren "Sinn". Als Atheist kann ich aber dazu nur sagen, dass die Wissenschaft mittlerweile so weit fortgeschritten ist, dass sämtliche Religionen dieser Welt mit ihren Erklärungsmodellen gegenüber ihrem Wissensstand klingen wie die Märchen, die man uns im Kindergartenalter erzählt hat. Was das Wissen über die Realität und das Funktionieren der Welt betrifft, ist die Wissenschaft den Religionen eindeutig überlegen. Ein Zurück zu den Religionen kann es also heutzutage schlechterdings gar nicht mehr geben. Ich verstehe aber durchaus, dass es Menschen gibt, denen die Welt dadurch zu grau ist, weil ihr phantasievoller und sinnsuchender Anteil dabei zu kurz kommt. Denn auch für linksgerichtete Atheisten ist diese "alternativlose" Dystopie-Welt, die die großen Politiker einem bieten, ein Gräuel. Wenn man also den Sympathisanten der Islamisten das Handwerk legen will, dann muss man genau da ansetzen. Da weder die ausgemerkelte Dystopie, in der wir leben, einen höheren Sinn verspricht noch die Todesanbeter-Ideologie des IS etwas bieten kann, müssen unsere Politiker bzw. unsere Gesellschaft als Ganze Ideen und Visionen entwickeln, wie man auf säkularem Wege es schaffen kann, die Menschen zu einen.

Aber ich fürchte, so weit sind weder die westlichen Politiker noch die hiesige Gesellschaft.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Demolit »

Wasteland » Sa 19. Dez 2015, 18:09 hat geschrieben:
a) Beide werden von konservativen Muslimen angegangen. Konservative sind überall auf der Welt progressiven Denkern gegenüber negativ eingestellt.
Da unterscheiden sich Muslime nicht von Christen, Juden, Buddhisten oder Hindus.



b) Hat damit nichts zu tun und ist die übliche Kulturkämpfer Rhetorik. Gerade die fanatische Lesart des Islam zieht sehr viele Konvertiten an. Diese sind nicht islamisch sozialisiert.



c) Gabs bei uns auch früher. Abgeschafft wurde das nicht von Christen, ganz im Gegenteil.
a) richtig....aber der Konservatismus bestimmt diese Denkschule vehement

b) nicht richtig...ein wesentlcihes Merkmal islamisch ausgerichteter Denek ist das Stigma des "Spätgeborenen" und Abgehangenen zu überwinden..und das mit den Mitteln, die nun auch tödlich enden können

c) völlig richtig...aber ohne das Mitdenken Hunderter von gut aufgestellten Denkern in der Denkschule, wären wir nicht dahin gekommen. Das waren einige helle "Engel" am Werk..nur läuft sich auch heute noch mit Fesseln am Bein nicht so gut, als es bei denen läuft,denen die Möglichkeit gegeben war, die Fesseln los zu werden.....ob diese uns mit dem Entfesseln Fesseln können...na ja...wird sich zeigen....

echt ;)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Beide werden von konservativen Muslimen angegangen. Konservative sind überall auf der Welt progressiven Denkern gegenüber negativ eingestellt.
Da unterscheiden sich Muslime nicht von Christen, Juden, Buddhisten oder Hindus.
Da sind wir wieder bei dem Punkt, den wir schon elendig oft durchgekaut haben und wo wir stets konsenz gingen: WO innerhalb des Islam existiert denn auch nur eine RechtsSchule, die NICHT konservativ ist?
Jede einzelne ist doch zum kotzen und nicht im Mindesten mit unseren Vorstellungen vereinbar. :|

Hat damit nichts zu tun und ist die übliche Kulturkämpfer Rhetorik. Gerade die fanatische Lesart des Islam zieht sehr viele Konvertiten an. Diese sind nicht islamisch sozialisiert.
Und wer sind die Väter der a) fanatischen Lesart und auch b) der Praxis?
a) Allem voran als Grundlage die Rechtsschulen und die al-Azhar; Ibn Taimīya + Muhammad ibn ʿAbd al-Wahhāb
b) Sind auch die heutigen geistigen Führer im arabischen Raum zu finden. Was in Europa kursiert sind die von den dortigen Brandstiftern dressierte Äffchen.
Und verdammt viele davon habe ich aus der Praxis erlebt, sind geborene Muslime, wo mindestens ein Elternteil Muslim ist, meist der Vater. :dead:

Gabs bei uns auch früher. Abgeschafft wurde das nicht von Christen, ganz im Gegenteil.
Richtig, früher war das auch im Christentum mehrheitlich komplett meschugge + es musste mit hohen Opfern gegen deren vehementen Widerstand erstritten werden. Was zählt ist aber das Jetzt!
In der Gegenwart sind Christentum und Judentum mehrheitlich zivilisiert, gezähmt, angepasst [worden]. Der Islam ist davon meilenweit entfernt und es wird sicherlich nicht unblutiger von statten gehen. Und darauf kommt es an - das ist doch das Problem!
Zumal, wenn in Europa so eine Verharmlosung darum gemacht wird. Das wird den Prozess nur verlängern und erschweren. Deswegen mache ich da nicht mehr mit. ;)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von bakunicus »

[quote="Demolit » Mo 21. Dez 2015, 21:43"][/quote]

jetzt hör aber mal auf ...
die christliche denkschule ist schlichtweg intellektuell von der (humanistischen) wissenschaft vernichtend geschlagen worden ...
von kopernikus, galilei, darwin, einstein oder humboldt ...
nix da mit irgendwelchen engeln ...

und das steht dem islam und der umma ganz genau so bevor.
die haben leider nur noch nicht genug leid erfahren.
aber selbst die konservativsten und gewalttätigsten islamisten nutzen heute selbstverständlich die produkte der westlich dominierten wissenschaft; autos, computer und mobilfunk ...
von einem streng religiösen leben nach mohammed, wie es die altvorderen getan haben, davon kann auch in saudi arabien oder im IS gar keine rede mehr sein.

auch die islamisten werden über diese widersprüche stolpern und am ende scheitern.
joschka fischer hat das mal sehr gut formuliert:

"die herausforderung des 21. jahrhunderts ist nicht flugzeuge in hochhäuser lenken zu können, sondern selbst flugzeuge bauen zu können".
in asien hat man das zumindest begriffen ...
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Liegestuhl »

bakunicus » Mo 21. Dez 2015, 22:09 hat geschrieben:
jetzt hör aber mal auf ...
die christliche denkschule ist schlichtweg intellektuell von der (humanistischen) wissenschaft vernichtend geschlagen worden ...
von kopernikus, galilei, darwin, einstein oder humboldt ...
nix da mit irgendwelchen engeln ...

und das steht dem islam und der umma ganz genau so bevor.
die haben leider nur noch nicht genug leid erfahren.
aber selbst die konservativsten und gewalttätigsten islamisten nutzen heute selbstverständlich die produkte der westlich dominierten wissenschaft; autos, computer und mobilfunk ...
von einem streng religiösen leben nach mohammed, wie es die altvorderen getan haben, davon kann auch in saudi arabien oder im IS gar keine rede mehr sein.

auch die islamisten werden über diese widersprüche stolpern und am ende scheitern.
joschka fischer hat das mal sehr gut formuliert:

"die herausforderung des 21. jahrhunderts ist nicht flugzeuge in hochhäuser lenken zu können, sondern selbst flugzeuge bauen zu können".
in asien hat man das zumindest begriffen ...
Dann überlegen wir uns jetzt mal, wie die islamische Kultur von einer führenden, fortschrittlichen Kultur, die alles Fremde angenommen hat, zu einer rückwärtsgewandten, intoleranten Kultur geworden ist.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Liegestuhl » Mo 21. Dez 2015, 22:34 hat geschrieben:
Dann überlegen wir uns jetzt mal, wie die islamische Kultur von einer führenden, fortschrittlichen Kultur, die alles Fremde angenommen hat, zu einer rückwärtsgewandten, intoleranten Kultur geworden ist.
Der Ursprung, die Ursache dafür, dürfte hier zu finden sein, in der Fiqh:

Tore des Idschtihād
Im elften oder zwölften Jahrhundert christlicher Zeitrechnung beziehungsweise im vierten oder fünften Jahrhundert islamischer Zeitrechnung erklärten immer mehr islamische Rechtsgelehrte die „Tore des Idschtihād“ für geschlossen, was dann auch zum allgemeinen Konsens wurde und unangefochten bis ins 19. Jahrhundert so blieb. Grund für die „Schließung der Tore des Idschtihad“ (‏انسداد باب الاجتهاد‎, insidād bāb al-idschtihād) war die Tatsache, dass eigentlich jeder gewöhnliche Muslim prinzipiell eine Fatwa ausstellen kann, was in der Praxis zu ständiger Unsicherheit über Rechtsfragen führen kann, da es im sunnitischen Islam keinen fest abgegrenzten Klerus gibt, der das alleinige Recht zur Ausstellung einer Fatwa hat, sondern nur die relativ unklar abgegrenzte Gruppe der Rechtsgelehrten (Ulama).

Einige Gelehrte der damaligen Zeit (Al-Ghazali, Al-Amidi) kämpften, vielleicht in weiser Voraussicht, vehement gegen diese Erstarrung, unterlagen aber letztendlich doch. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten Persönlichkeiten wie Dschamal ad-Din al-Afghani oder Muhammad Abduh hervor, die sich um eine Erneuerung der islamischen Glaubenpraxis und Rechtsprechung bemühten. Seitdem gab und gibt es immer wieder Versuche Einzelner oder bestimmter Gruppen, die „Tore des Idschtihād“ wieder zu öffnen, oder sie wurden sogar tatsächlich von einigen in der Praxis geöffnet, was aber weder der fundamentalistische noch der konservative Islam bisher anerkannt haben.

In neuester Zeit, vor allem seit sich die westliche Welt intensiver mit dem Islam und der Scharî'a befasst, wird sogar behauptet, die „Tore des Idschtihād“ seien nie geschlossen gewesen, es sei ein Mythos, um den Islam als rückständig zu diffamieren. Studiert man ältere Schriften, so wird das „Schließen der Tore des Idschtihād“ zwar oft kontrovers diskutiert und oft eine Wiedereröffnung vorgeschlagen oder gar praktiziert, das Faktum, dass die „Tore des Idschtihād“ aber mindestens 600 wenn nicht gar 800 Jahre geschlossen waren, wird in diesen Schriften jedoch nie bestritten.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von bakunicus »

Liegestuhl » Mo 21. Dez 2015, 22:34 hat geschrieben:
Dann überlegen wir uns jetzt mal, wie die islamische Kultur von einer führenden, fortschrittlichen Kultur, die alles Fremde angenommen hat, zu einer rückwärtsgewandten, intoleranten Kultur geworden ist.
das liegt wohl zu einem guten teil daran, dass der (christlich dominierte) westen nach dem zerfall des kolonialismus im nahen osten eine politische trümmerlandschaft hinterlassen hat, sich in der letzten hälfte des 20. jahrhunderts auch gerne mal mit taliban verbrüdert hat um den kalten krieg zu gewinnen, und solchen hasardeuren wie g.w. bush mit seiner christfaschistischen clique ...

nicht nur daran, aber auch ...
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von bakunicus »

Bleibtreu » Mo 21. Dez 2015, 22:40 hat geschrieben: Der Ursprung, die Ursache dafür, dürfte hier zu finden sein, in der Fiqh:

Tore des Idschtihād
Im elften oder zwölften Jahrhundert christlicher Zeitrechnung beziehungsweise im vierten oder fünften Jahrhundert islamischer Zeitrechnung erklärten immer mehr islamische Rechtsgelehrte die „Tore des Idschtihād“ für geschlossen, was dann auch zum allgemeinen Konsens wurde und unangefochten bis ins 19. Jahrhundert so blieb. Grund für die „Schließung der Tore des Idschtihad“ (‏انسداد باب الاجتهاد‎, insidād bāb al-idschtihād) war die Tatsache, dass eigentlich jeder gewöhnliche Muslim prinzipiell eine Fatwa ausstellen kann, was in der Praxis zu ständiger Unsicherheit über Rechtsfragen führen kann, da es im sunnitischen Islam keinen fest abgegrenzten Klerus gibt, der das alleinige Recht zur Ausstellung einer Fatwa hat, sondern nur die relativ unklar abgegrenzte Gruppe der Rechtsgelehrten (Ulama).

Einige Gelehrte der damaligen Zeit (Al-Ghazali, Al-Amidi) kämpften, vielleicht in weiser Voraussicht, vehement gegen diese Erstarrung, unterlagen aber letztendlich doch. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten Persönlichkeiten wie Dschamal ad-Din al-Afghani oder Muhammad Abduh hervor, die sich um eine Erneuerung der islamischen Glaubenpraxis und Rechtsprechung bemühten. Seitdem gab und gibt es immer wieder Versuche Einzelner oder bestimmter Gruppen, die „Tore des Idschtihād“ wieder zu öffnen, oder sie wurden sogar tatsächlich von einigen in der Praxis geöffnet, was aber weder der fundamentalistische noch der konservative Islam bisher anerkannt haben.

In neuester Zeit, vor allem seit sich die westliche Welt intensiver mit dem Islam und der Scharî'a befasst, wird sogar behauptet, die „Tore des Idschtihād“ seien nie geschlossen gewesen, es sei ein Mythos, um den Islam als rückständig zu diffamieren. Studiert man ältere Schriften, so wird das „Schließen der Tore des Idschtihād“ zwar oft kontrovers diskutiert und oft eine Wiedereröffnung vorgeschlagen oder gar praktiziert, das Faktum, dass die „Tore des Idschtihād“ aber mindestens 600 wenn nicht gar 800 Jahre geschlossen waren, wird in diesen Schriften jedoch nie bestritten.
so kann man das vielleicht glaubensphilosophisch erklären.
ich denke da aber sehr viel weltlicher.
die kulturelle revolution in den muslimischen staaten, allen voran im nahem osten und nordafrika, also im mittelmeerraum, die braucht vor allen dingen als grundlage eine staatsphilosophische revolution.
genau so wie in der westlichen welt, angefangen bei der magna charta über die sufragetten bis zur gewaltenteilung und dem bürgerlichen gesetzbuch als code civil.

ohne so eine politische revolution, die man vom arabischen frühling bis zu gezi park und den demos im iran ja ganz konkret beobachten kann, ohne die wird auch ein kontroverser dialog über islamische glaubensgrundsätze nicht stattfinden.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

bakunicus » Mo 21. Dez 2015, 22:59 hat geschrieben: ohne so eine politische revolution, die man vom arabischen frühling bis zu gezi park und den demos im iran ja ganz konkret beobachten kann, ohne die wird auch ein kontroverser dialog über islamische glaubensgrundsätze nicht stattfinden.
Ich glaube das wirtschaftlicher Wohlstand ein sehr grosser Faktor ist. In industrialisierten/post-industriellen Gesellschaften lösen sich Clanstrukturen auf, der immense Druck der religiösen Institutionen und der Gesellschaft verliert seine Wirkung.
Frauen müssen anfangen arbeiten zu gehen, die Mobilität nimmt enorm zu, so das es zu Vermischung der Menschen und Ideen kommt. Was meinst du warum für Regierungen in solchen Staaten fast alles was aus dem Internet kommt Terrorismus ist.
In vielen islamischen Ländern ist das erheblich erschwert, da sie aus Wüsten und unzugänglichen Regionen bestehen, da halten sich feudale Strukturen mit grosser Hartnäckigkeit. Der Staat und die aufgeklärte Gesellschaft können dort nicht ihre Wirkung und Rechtssicherheit entfalten, so das weiterhin das Faustrecht, das Patriarchat und die religiöse Rückschrittlichkeit und der Aberglaube Urstände feiern.
Wichtig wäre eine wirtschaftliche Entwicklung der Länder. Mit Diktaturen an der Macht ist das selten möglich, da diese sich in der Regel massiv an der Staatskasse vergreifen und ihnen der Zustand ihres Volkes egal ist. Das wiederrum befördert die Missstände, religiösen Fanatismus und die Strukturen die ihn ermöglichen. Diktaturen müssen nicht "performen", sie müssen nichts leisten, sich nicht vor ihrem Volk rechtfertigen. Daher schneiden sie in fast allen Fällen auch schlechter ab, da sie tun was sie wollen und dabei eine gesellschaftliche Schneise der Zerstörung hinter sich lassen.
Irak, Libyen, Syrien, Ägypten etc....Alles Nester des religiösen Terrors und des Fanatismus. Erschaffen durch dieselbe Art von Diktatoren, die sich heute als Lösung des Problems ausgeben. Demokratie (arabischer oder islamischer Art) kann das Problem lösen und wirtschaftlicher Aufschwung, sonst nichts.
Trotz AKP sehe ich die Türkei auf einem guten Weg. Die AKP ist neoliberal, das wird über kurz oder lang traditionellen islamischen Ideen das Wasser abgraben, so wie der Kapitalismus jede Gesellschaft in Europa liberalisiert hat. Geld stinkt nicht und schert sich nicht um alte Bücher die 2000 Jahre alt sind.
Eine islamistische Reformierung ist nicht möglich wenn man sich dem Kapitalismus verschreibt, denn dies wird zu den selben Zuständen führen die Europa modernisiert haben. Wohlstand und Zugriff auf Informationen der gesamten Welt werden ihre Spuren hinterlassen.
Dann glaubt man nichtmehr jeden Scheiss.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

bakunicus » Mo 21. Dez 2015, 22:59 hat geschrieben:
so kann man das vielleicht glaubensphilosophisch erklären.
ich denke da aber sehr viel weltlicher.
Du denkst da weltlich, weil du ein weltlich ausgerichteter Mensch bist. Für diesen religiös durchdrungenen KulturKreis ist dieser Blickwinkel aber nicht der richtige. Du musst mit deren Augen sehen, um das Problem zu erkennen, nicht mit deinen, auch wenn ich deine Sichtweise verstehe, da sie im Grunde die meine ist. Also immer im Kontext der jeweiligen Kultur und der jeweiligen Zeit einen Blick darauf werfen. Nicht mit dem deinen und deiner Zeit.
die kulturelle revolution in den muslimischen staaten, allen voran im nahem osten und nordafrika, also im mittelmeerraum, die braucht vor allen dingen als grundlage eine staatsphilosophische revolution.
genau so wie in der westlichen welt, angefangen bei der magna charta über die sufragetten bis zur gewaltenteilung und dem bürgerlichen gesetzbuch als code civil.

ohne so eine politische revolution, die man vom arabischen frühling bis zu gezi park und den demos im iran ja ganz konkret beobachten kann, ohne die wird auch ein kontroverser dialog über islamische glaubensgrundsätze nicht stattfinden.
Ich formuliere es mal so: Es war ein halbe Sache, die franz. Revolution nicht. So blutig und schrecklich sie war, sie war in ihrer Radikalität auch reinigend, weil sie unumkehrbare Fakten geschaffen hat. Übrigens ähnlich, wie die Abkehr Heinrich VIII. von der katholischen Kirche. Tabula rasa, auf der Neues wachsen konnte. Nach humanistischen Gesichtspunkten unmenschlich, aber effektiv, wirkungsvoll! Sie hat nicht nur den Kopf des stinkenden Fisches abgeschlagen, sondern auch den Körpern vernichtet. Das ist wohl der Kern des Problems, warum der arabische Frühling im Chaos gemündet hat. Die schurkischen Diktatoren wurden beseitigt, was danach kam, war noch schlimmer, weil dem schurkischen Körper nur ein noch schurkischerer Kopf nachgewachsen ist. War es in Libyen unter Gaddafi schlimm, ist es jetzt noch schlimmer. Ebenso im Irak und Ägypten. Ich fürchte, in Syrien wird es nach der Beseitigung Assads nicht anders sein. :|
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von schelm »

@ Wasteland :

In deinen Ausführungen gehst du leider nicht auf das Problem des Stammes- und Clandenken ein. Imho die Hauptursache dafür, warum der Demokratieansatz in diesen Ländern scheitert.
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

schelm » Mo 21. Dez 2015, 23:52 hat geschrieben:@ Wasteland :

In deinen Ausführungen gehst du leider nicht auf das Problem des Stammes- und Clandenken ein. Imho die Hauptursache dafür, warum der Demokratieansatz in diesen Ländern scheitert.
Stammes- und Clandenken ist auf eine mangelnde Ausprägung eines Zentralstaates zurückzuführen.
Die deutschen Stämme, besonders die Friesen, Dittmarscher und Holsteiner hielten mit äusserster Zähigkeit an diesem seit grauer Vorzeit überlieferten Brauch fest.
[...]
Erst die volle Entfaltung der Territorialherrschaft, die einherging mit Nachlassen des Familienbewusstseins infolge wachsender Mobilität und wachsender Verstädterung brachte im 16. Jahrhundert in Deutschland die Blutrache zum Erlöschen.
https://books.google.de/books?id=L6yvEf ... &q&f=false
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von schelm »

Wasteland » Mo 21. Dez 2015, 22:55 hat geschrieben:
Stammes- und Clandenken ist auf eine mangelnde Ausprägung eines Zentralstaates zurückzuführen.



https://books.google.de/books?id=L6yvEf ... &q&f=false
Ist es nicht umgekehrt ? Ist der Staat als Territorialmacht strukturell nicht deshalb schwach, eben weil er bei den diversen Clans und Stämmen keine nötige Akzeptanz erfährt und deshalb nur brachial als staatliche Gewaltherrschaft, die Günstlinge protegiert und Gegner bestraft, überhaupt existieren kann ?
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Wasteland »

schelm » Di 22. Dez 2015, 00:02 hat geschrieben: Ist es nicht umgekehrt ? Ist der Staat als Territorialmacht strukturell nicht deshalb schwach, eben weil er bei den diversen Clans und Stämmen keine nötige Akzeptanz erfährt und deshalb nur brachial als staatliche Gewaltherrschaft, die Günstlinge protegiert und Gegner bestraft, überhaupt existieren kann ?
Ich kann dir keine absolute Wahrheit präsentieren, nur meine Meinung. Aber ich denke das dort wo der Staat sich nicht durchsetzen kann Clan- und Stammesherrschaft vorherrscht. Das sind ja im Grunde genommen auch nur Mikrostaaten, dieselbe Organisationsform nur in kleiner und archaischer Form. Die Keimzelle eines Staates.
In der arabischen Welt haben Clans und Stämme schon immer erhebliche Macht gehabt. In Europa auch, aber das hat sich im16.-17. Jahrhundert erledigt.
Schon die Kalifen nach Mohammed hatten damit zu kämpfen. Sie wollten ihre Staatsmacht über das gesamte Territorium ihrer Herrschaft ausdehnen, es gelang ihnen aber nicht, da die Stämme die Wüste beherrschten und die Armeen der Kalifen nach Gewaltmärschen durch die Wüsten immer wieder aufgerieben wurden, weil die Stämme das Territorium aus dem FF kannten. Also arrangierte man sich mit ihnen und die Clans und Stämme wurden ein Staat im Staate. Bis heute.
Selbst die Osmanen zahlten an die Stämme Schutzgeld, damit diese die Pilgerwege freigeben und die Pilger nach Mekka nicht überfielen. Sie konnten ihrer militärisch nicht Herr werden. Und die Osmanen waren damals ziemlich mächtig. Und das bezieht sich nicht nur auf die arabische Halbinsel. Auch in Afghanistan ist es den Amerikanern nicht gelungen ein 3000+ Jahre altes Stammeswesen effektiv zu bekämpfen oder zu reformieren. Das ist in meinen Augen das grosse Übel der islamischen Welt. Die fehlende Urbanisierung und die schwachen Zentralregierungen, die es nicht schaffen Bildung, Fortschritt und Wohlstand bis in die äussersten Bereiche ihres Einflusses zu bringen. Oft auch deshalb weil es sich um Diktaturen handelt, die daran gar kein Interesse haben.
Der Islam ist in der Hand verknorrter, abergläubischer und totalitärer Clanstrukturen und mittelalterlicher Vordenker und nicht urbaner, progressiver Denker, weil ersteres einfach die Lebenswirklichkeit von 80% der Muslime weltweit ist. Das lässt sich aber ändern.
Zuletzt geändert von Wasteland am Montag 21. Dezember 2015, 23:18, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von schelm »

Mit dieser Einschätzung kann ich mich schon besser anfreunden als mit deiner ersten ohne das Problem Clan / Stämme. ;)
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Bleibtreu » Mo 21. Dez 2015, 22:29 hat geschrieben:Du denkst da weltlich, weil du ein weltlich ausgerichteter Mensch bist. Für diesen religiös durchdrungenen KulturKreis ist dieser Blickwinkel aber nicht der richtige. Du musst mit deren Augen sehen, um das Problem zu erkennen, nicht mit deinen, auch wenn ich deine Sichtweise verstehe, da sie im Grunde die meine ist. Also immer im Kontext der jeweiligen Kultur und der jeweiligen Zeit einen Blick darauf werfen. Nicht mit dem deinen und deiner Zeit.
Egal ob atheistisch oder eher religiös geprägte Kulturen; die Rahmenbedingungen sind immer weltlich. Der Grad an wirtschaftlicher und politischer Stabilität entscheidet darüber, ob ein System funktioniert oder nicht. Wenn es wirtschaftlich bergab geht, dann geht auch der Rest flöten. Die ach so aufgeklärten und humanistisch geprägten Europäer haben diesen Mechanismus oft genug unter unter Beweis gestellt. Nicht anders läuft es in der islamisch-arabischen Welt.
Ich formuliere es mal so: Es war ein halbe Sache, die franz. Revolution nicht. So blutig und schrecklich sie war, sie war in ihrer Radikalität auch reinigend, weil sie unumkehrbare Fakten geschaffen hat. Übrigens ähnlich, wie die Abkehr Heinrich VIII. von der katholischen Kirche. Tabula rasa, auf der Neues wachsen konnte. Nach humanistischen Gesichtspunkten unmenschlich, aber effektiv, wirkungsvoll! Sie hat nicht nur den Kopf des stinkenden Fisches abgeschlagen, sondern auch den Körpern vernichtet. Das ist wohl der Kern des Problems, warum der arabische Frühling im Chaos gemündet hat. Die schurkischen Diktatoren wurden beseitigt, was danach kam, war noch schlimmer, weil dem schurkischen Körper nur ein noch schurkischerer Kopf nachgewachsen ist. War es in Libyen unter Gaddafi schlimm, ist es jetzt noch schlimmer. Ebenso im Irak und Ägypten. Ich fürchte, in Syrien wird es nach der Beseitigung Assads nicht anders sein. :|
Nach der Französischen Revolution lief es genauso ab; nach der Despotie der Könige kam der Diktator Napoleon, der ganz Europa mit Kriegen überzogen hat.
Zuletzt geändert von Jekyll am Dienstag 22. Dezember 2015, 01:30, insgesamt 1-mal geändert.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Jekyll » Di 22. Dez 2015, 02:23 hat geschrieben:Egal ob atheistisch oder eher religiös geprägte Kulturen; die Rahmenbedingungen sind immer weltlich. Der Grad an wirtschaftlicher und politischer Stabilität entscheidet darüber, ob ein System funktioniert oder nicht.
Dann kannst du Religion und religiöse Durchdringung einer Gesellschaft und die daraus resultierenden Folgen nicht verstanden haben. ;)
Jekyll » Di 22. Dez 2015, 02:23 hat geschrieben:Nach der Französischen Revolution lief es genauso ab; nach der Despotie der Könige kam der Diktator Napoleon, der ganz Europa mit Kriegen überzogen hat.
Tja, aber es gibt nach dem arabischen Frühling keine neue Ordnung, wie damals in Frankreich oder England, schon gar keine umwälzende, sondern Chaos. Die alten Strukturen und Köpfe waren zerstört, der Kopf wie der Körper des stinkenden Fisches. Hier, lies mal:

Durch verschiedene Reformen – etwa die der Justiz durch den Code civil oder die der Verwaltung – hat Napoleon die staatlichen Strukturen Frankreichs bis in die Gegenwart hinein geprägt und die Schaffung eines modernen Zivilrechts in besetzten europäischen Staaten initiiert. [...] Napoleon sah sich als Volkssouverän und nicht, wie alle römischen Kaiser zuvor, als von Gott gekrönter Kaiser (Gottesgnadentum).

Das Alte ist durch den arabischen Frühling eben nicht vernichtet worden. Sondern es gärt und schwärt weiter - schlimmer als vorher und jetzt führungslos im Chaos! Auch nach der Abspaltung Englands durch Heinrich VIII. gab es noch viel Terror, eben Terror gegen Katholiken, dann gegen Reformer als Gegenbewegung. Aber die Richtung, die vor allem der brutale Cromwell vorgab war umkehrbar, weil die alte Ordnung, wie zB durch die Vernichtung der Klöster und das der Herrscher jetzt das Oberhaupt der Kirche war und nicht mehr der Papst. Da gab es keinen Weg zurück, weil alles, was die Grundlage der Herrschaft der katholischen Kirche ausmachte, zerstört war - die alte Ordnung war vernichtet. Auch die verzweifelten Versuche der katholischen blutigen Mary haben das nicht mehr ändern können. Elisabeth I. hat dann verfestigt, was unter ihrem Vater und dem Schlächter begann. DAS ist eben nach dem arabischen Frühling bisher nicht passiert.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Bleibtreu » Di 22. Dez 2015, 02:04 hat geschrieben:Dann kannst du Religion und religiöse Durchdringung einer Gesellschaft und die daraus resultierenden Folgen nicht verstanden haben. ;)
Vielleicht muss ich das auch nicht verstehen, denn das Beispiel Europa (säkular, aufgeklärt, humanistisch) hat gezeigt und zeigt in Teilen immer noch, dass solche Prägungen keinerlei Rolle spielen, wenn es ernst und existenziell wird.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Jekyll » Di 22. Dez 2015, 03:18 hat geschrieben:Vielleicht muss ich das auch nicht verstehen, denn das Beispiel Europa (säkular, aufgeklärt, humanistisch) hat gezeigt und zeigt in Teilen immer noch, dass solche Prägungen keinerlei Rolle spielen, wenn es ernst und existenziell wird.
Falsch - es ist genau umgekehrt: Gerade wenn es existentiell wird, spielen diese Faktoren eine erhebliche Rolle.
Und gerade heute und jetzt - mach mal die Augen auf! :D
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Bleibtreu » Di 22. Dez 2015, 02:22 hat geschrieben: Falsch - es ist genau umgekehrt: Gerade wenn es existentiell wird, spielen diese Faktoren eine erhebliche Rolle.
Und gerade heute und jetzt - mach mal die Augen auf! :D
Dann erzähl mal, was aus den westlichen Errungenschaften geworden ist, als in Deutschland alles in Schutt und Asche lag ( => Nazis), oder jetzt bei unseren amerikanischen Freunden ( => de facto Folter wieder eingeführt, inkl. Angriffskriege). Auch die Griechen sind mittlerweile radikalisiert, als Folge der wirtschaftlich desolaten Lage ( => extremistische Parteien). Schon mal den Spruch gehört "erst kommt das Fressen, dann die Moral"? Funktioniert immer und überall gleichermaßen.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

Jekyll » Di 22. Dez 2015, 03:34 hat geschrieben:Dann erzähl mal, was aus den westlichen Errungenschaften geworden ist, als in Deutschland alles in Schutt und Asche lag ( => Nazis), oder jetzt bei unseren amerikanischen Freunden ( => de facto Folter wieder eingeführt, inkl. Angriffskriege). Auch die Griechen sind mittlerweile radikalisiert, als Folge der wirtschaftlich desolaten Lage ( => extremistische Parteien). Schon mal den Spruch gehört "erst kommt das Fressen, dann die Moral"? Funktioniert immer und überall gleichermaßen.
Du hat es echt nicht gemerkt? Die Nazen sind doch ein hervorragendes Beispiel für das, was sich schrieb! :dead:
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Jekyll »

Bleibtreu » Di 22. Dez 2015, 02:50 hat geschrieben: Du hat es echt nicht gemerkt? Die Nazen sind doch ein hervorragendes Beispiel für das, was sich schrieb! :dead:
:dead:
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von palulu »

Ihr könnt rauf und runter diskutieren, es wird bloß nichts bringen, weil es weder den Islam gibt noch die gegenwärtige politische, soziale oder ökonomische Situation in islamischen Staaten auf die Religion zurückzuführen ist. Über welchen Islam debattiert ihr hier eigentlich? Den der deutschtürkischen MigrantInnen aus der 5. Generation oder die im Iran vorherrschende schiitisch geprägte Variante eines Staatsislams?

Über welches Land, welche Gesellschaft, welche Konfession, welche Schicht, welche Region diskutiert ihr? Welcher Islam soll reformiert werden? Ist es überhaupt die Religion, die reformiert werden muss, oder sind es die vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, die vordergründig religiös anmuten mögen, aber im Grunde nichts anderes als eine Konstruktion sind, um Macht abzusichern? Wie ist denn Saudi-Arabien zu dem geworden, was es heute ist? Weil die AraberInnen einestages beschlossen, kollektiv wahabitisch zu sein? Was waren die treibenden Kräfte hinter der Revolution im Iran? Waren das gesellschaftliche Massenkollektive, die einhellig beschlossen, fanatisch zu werden oder waren es Gruppen und Strömungen, die eine Minderheit darstellten und durch historisch einmalige Konstellationen in die Lage versetzt wurden, das durchzusetzen, was wir heute zurecht als Fundamentalismus ablehnen? Und was war da die Rolle westlicher Staaten?

Warum soll religiöser Fundamentalismus, der politisch gezüchtet und durchgesetzt wurde, durch eine Reformation der Religion bekämpft werden können? Wurde am Ende des Dreißigjährigen Krieges der Katholizismus oder der Protestantismus inhaltlich reformiert?

Die ganze hier geführte Debatte ist Blödsinn, weil sie fundamental an der Problematik vorbeigeht.
Zuletzt geändert von palulu am Dienstag 22. Dezember 2015, 03:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von Bleibtreu »

palulu » Di 22. Dez 2015, 04:56 hat geschrieben:Ihr könnt rauf und runter diskutieren, es wird bloß nichts bringen, weil es weder den Islam gibt noch die gegenwärtige politische, soziale oder ökonomische Situation in islamischen Staaten auf die Religion zurückzuführen ist. Über welchen Islam debattiert ihr hier eigentlich? Den der deutschtürkischen MigrantInnen aus der 5. Generation oder die im Iran vorherrschende schiitisch geprägte Variante eines Staatsislams?

Über welches Land, welche Gesellschaft, welche Konfession, welche Schicht, welche Region diskutiert ihr? Welcher Islam soll reformiert werden? Ist es überhaupt die Religion, die reformiert werden muss, oder sind es die vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, die vordergründig religiös anmuten mögen, aber im Grunde nichts anderes als eine Konstruktion sind, um Macht abzusichern? Wie ist denn Saudi-Arabien zu dem geworden, was es heute ist? Weil die AraberInnen einestages beschlossen, kollektiv wahabitisch zu sein? Was waren die treibenden Kräfte hinter der Revolution im Iran? Waren das gesellschaftliche Massenkollektive, die einhellig beschlossen, fanatisch zu werden oder waren es Gruppen und Strömungen, die eine Minderheit darstellten und durch historisch einmalige Konstellationen in die Lage versetzt wurden, das durchzusetzen, was wir heute zurecht als Fundamentalismus ablehnen? Und was war da die Rolle westlicher Staaten?

Warum soll religiöser Fundamentalismus, der politisch gezüchtet und durchgesetzt wurde, durch eine Reformation der Religion bekämpft werden können? Wurde am Ende des Dreißigjährigen Krieges der Katholizismus oder der Protestantismus inhaltlich reformiert?
Darauf findest du hier meine Antwort. :)
Bleibtreu » Mo 21. Dez 2015, 18:59 hat geschrieben:JA, der Islam IST latent bis offen verfassungsfeindlich. DER Islam, da alle RechtsSchulen und auch die Vorgaben der al-Azhar-Universität oder im klerikal faschistischen Iran nicht mit der freiheitlichen GrundOrdnung und unserer aufgeklärten Werten vereinbar sind. Nur dann, wenn sich ein Muslim nicht an die Regeln seiner RechtsSchule hält, kann er mit viel Phantasie im Einklang mit der FDGO leben. Und genau deshalb positioniere ich mich seit Anfang des Jahres zunehmen gegen diese Religion. Ich werde das, was klar Menschen verachtend ist nicht mehr mit SamtHandschuhen anfassen - damit ist Schluss bei mir und mir geht diese weich gespülte Schönrederei nur noch auf die Nerven! Gute Güte, beim durch die Aufklärung gezähmten Christentum + Judentum bleibt kein Auge trocken, so hart und unerbittlich werden beide kritisiert. Selbstredend teilweise nicht zu Unrecht. Nur beim Islam wird sich von Vielen strikt geweigert sich hier endlich auch zu emanzipieren.

Wenn sich die historisch-kritische KoranExegese eines Mouhanad Khorchide, die er immer wieder einfordert [warum er das wohl ständig fordert, hm? :D ] endlich einmal innerhalb der Ummah nennenswert Bahn bricht und nicht nur unter seinen Studenten in Münster gelehrt wird, was bisher in weiter Ferne liegt :dead: , sehe ich eine Chance auf ein andere Beurteilung.
Eine 5te Generation, palulu? Über die 3te können wir uns als existierend gerne unterhalten, darüber ist einiges bekannt und dazu kann ich dir wärmstens Der Multikulti-Irrtum - Wie wir in Deutschland besser zusammenleben können empfehlen. Die Autorin ist ihres Zeichens Tochter von Migranten der ersten Generation. Lesenswert, was diese in Istanbul geborene Rechtsanwältin und Kämpferin für eine funktionierende Integration zum Besten gibt. Ihre Thesen sind denen von Bassam Tibi nicht unähnlich. :p
Die ganze hier geführte Debatte ist Blödsinn, weil sie fundamental an der Problematik vorbeigeht.
Das ist deine rein persönliche Ansicht, die dadurch für mich nicht wahrer wird.

Shalom :)
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Re: Grundsatzdiskussion Islam

Beitrag von palulu »

Dein Beitrag mag deine persönliche Meinung widerspiegeln, wissenschaftlich oder inhaltlich korrekt ist er mitnichten. Von liberalen Gruppen, die es ideengeschichtlich und historisch im Islam auch immer gab, bis hin zu radikal-jihadistischen Strömungen -- für dich gibt es anscheinend keinen Unterschied, denn die Religion per se ist in deinen Augen schlecht. Und Du hast ganz offensichtlich meinen Beitrag eben nicht verstanden. Ich verneine nicht die Existenz von IslamistInnen, ich verweise darauf nachzufragen und nachzuschauen, wo, wann, wie diese fundamentalistischen Gruppen existierten und an die Macht gelangten. In diesem Kontext muss man der Fragestellung nachgehen, wie dieser Prozess vonstatten ging. War er religiös dominiert oder politisch? Stand man am nächsten Morgen auf und beschloss, fortan extremistisch zu sein?

Ansonsten ist deine Argumentation menschenfeindlich und tatsächlich islamophob.

Achtung, Sarkasmus:
Denn Du musst ja wissen, dass Juden und Jüdinnen keinerlei Interesse an Frieden im Nahen Osten haben. Die Staatspolitik Israels ist "nicht mit der freiheitlichen GrundOrdnung und unsere[n] aufgeklärten Werten vereinbar [...]. Nur dann, wenn sich ein [Jude] nicht an die Regeln seiner RechtsSchule hält, kann er mit viel Phantasie im Einklang mit der FDGO leben."

Wie praktisch, dass man deine Interpretation umgehend auf Israel anwenden könnte. Aber auch das ist Blödsinn und Bullshit, weil das eine unzulässige Generalisierung darstellt, die dem Geist eines jedes demokratischen Wertes widerspricht. Du exkludierst Menschen. Du gibst ihnen nicht einmal die Chance, sich beweisen zu dürfen. Du fällst ein Urteil und steckst über eine Milliarde Menschen pauschal in eine Schublade. Auch das zeigt, dass Du dich tatsächlich radikalisiert hast im Laufe der Zeit. Das ist schade.
Zuletzt geändert von palulu am Dienstag 22. Dezember 2015, 07:31, insgesamt 2-mal geändert.
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