Sehr ungenau.
Deutschland ist kein Wesen mit einem einheitlichen Willen.
Merkel geht es vielleicht nur darum, frühere Fehler zu vertuschen.
Oder sie befriedigt mit immer neuen Rettungstaten ihr übersteigertes Harmoniebedürfnis (Mutti-ismus).
Der BDI würde am liebsten 20% des deutschen Bruttosozialprodukts für allgemeine Kundenrettungen aufwenden. Denn von geretteten Kunden profitiert schließlich die Exportindustrie. Daß das aus Sicht des deutschen Steuerzahlers darauf hinausläuft pro Jahr eine Million BMWs auf Staatskosten zu produzieren um sie daraufhin im Wattenmeer zu versenken stört diese Herrschaften nicht im geringsten.
Bei vielen Sozialdemokraten und Linken liegt der Rettungsantrieb in der internationalistischen Besoffenheit. Deutschland oder deutsche Interessen kommen gar nicht vor - um uns werden sich schon die Russen kümmern. Solange es noch einen Pfennig in Deutschland gibt, muß der im Namen der "Internationaaaaaaaaaalen Sooooliiidaaaritäääät" ins Ausland verschafft werden.
Dann gibt es Leute - sogenannte Volkswirte meistens - die aus einem keynesianischen Fehlverständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge meinen, daß mit (grenzenloser ?) Schuldenmacherei wirtschaftlicher Wohlstand erzeugt werden könnte.
Schließlich gibt es aber auch Leute, (Schäuble [hoffentlich]), die bei ihren Rettungsaktionen deutsche Interessen gebührend berücksichtigen, und versuchen die unscharfe Grenze zwischen Hilfsbereitschaft und Dummheit nicht zu überschreiten.
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Ganz unterschiedliche Motivationen können also zur gleichen Handlung führen.
Bei der folgenden Diskussion der von Dir genannten Punkte erlaube ich mir deshalb "Deutschland geht es um zwei Dinge" durch "Aus dem wohlverstandenen Interesse Deutschlands ergeben sich zwei wesentliche Beweggründe für die Griechenlandrettung" zu ersetzen.
Das ist sicherlich keine stichhaltige Begründung für eine Griechenlandrettung. Bei einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euroraum 2010 nebst Abfangen der Kollateralschäden durch gezielte Bankenrettungen wäre man im Nachhinein betrachtet billiger weggekommen, und der Euro würde heute besser dastehen.
Und die Griechen wären nach dem Rauswurf aus dem "Hotel BNP Paribas" vielleicht tatsächlich an die Modernisierung ihrer gesellschaftlichen und staatlichen Strukturen gegangen.
Ich gebe aber gerne zu, daß ich 2010 für die Griechenlandrettung war, und zwar aufgrund meiner damaligen Unkenntnis der byzantinischen Verhältnisse in diesem Land.
Provokateur » Mo 4. Mai 2015, 21:32 hat geschrieben:2) Spielerparadoxon:
Der Gedanke, dass man schon einiges investiert hat, und man müsste noch mehr investieren, um die Verluste wieder rauszubekommen. Wie ein Spieler am Roulettetisch, der sich sicher ist, dass es beim nächsten Wurf klappt. Also die Hoffnung, dass Griechenland seine Schulden auch irgendwann zurückzahlt, wenn man ihnen nur genug Hilfen gibt, dass die Wirtschaft wieder anläuft und der verschlankte Staatshaushalt nicht mehr alle Einnahmen aufzehrt.
Da ist was wahres dran.
Allerdings ist der Vergleich mit dem Roulette schief. Denn beim Roulette ist der mögliche Gewinn nicht von den vorrangegangenen Verlusten abhängig, sondern ausschließlich vom aktuellen Einsatz. Deshalb ist beim Roulette das von Dir beschriebene "Paradox" in Wahrheit eine Illusion. Eine Illusion, der sich viele Spielsüchtige gerne hingeben.
Im Falle eines Gläubigers ist es übrigens auch kein "Paradox", sondern ein Dilema. Denn in der Tat wäre es blöd, einem Schuldner ein wenig Aufschub und ein bißchen zusätzliche Hilfen zu verweigern, obwohl der dadurch in der Lage wäre seine Schulden zuguterletzt doch noch abzustottern.
Dumm nur, daß Kreditbetrüger dieses Dilema kennen, und versuchen mit Geschichten von der kranken Oma, dem verpaßten Bus und der baldigen Erbschaft einen Aufschub nach dem anderen und einen kleinen Zusatzkredit nach dem anderen aus dem Gutgläubiger herauszukitzeln.
Weshalb die von Jornalisten immer wieder gerne kolportierte Rechnung "Ein drittes Hilfsprogramm ist mit 40 Milliarden doch billiger als 240 Milliarden abzuschreiben" eine Milchmädchenrechnung ist.
Der Volksmund sagt dazu "Dem schlechten Geld gutes hinterherwerfen."
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Im Nachhinein betrachtet wäre es besser gewesen, Griechenland 2010 pleite gehen zu lassen. Die per Bankenrettung in die jeweilgen Bankenrettungsfonds eingegangenen Schulden Griechenlands gehen durch die Zahlungsunfähigkeit ja nicht unter - sie können jederzeit mit Zins und Zinseszins ganz oder teilweise geltend gemacht werden.