Auch Konsumsteuern verursachen legale (Einkaufstourismus) und illegale (Hinterziehung indirekter Steuern durch den Unternehmer) Ausweichreaktionen.Atue » So 7. Jul 2013, 00:17 hat geschrieben:
Die Fragestellung ist schon ein wenig verkehrt für die Situation wie sie sich heute darstellt.
Wenn man die wirtschaftlichen Daten Deutschlands mal etwas freier interpretiert, dann könnte man in Deutschland spätestens im August aufhören zu arbeiten - weil man bereits volkswirtschaftlich so viel produziert hat, dass man sich das Leben für den Rest des Jahres einfach leisten könnte.
Tatsächlich wäre also eine passende Antwort auf die wirtschaftliche Situation bei der reinen Betrachtung der Zahlen die, dass entweder die jährliche oder die Lebensarbeitszeit deutlich reduziert werden müsste.
Dass dies keine so ganz falsche Interpretation des Zahlenwerkes ist, hat im Übrigen der "Kauf der DDR durch die BRD" gezeigt. Nachdem dort die Betriebe im wesentlichen abgewickelt wurden, entstand im Osten gerade kein Mangel - vielmehr war die Wirtschaft der BRD (und der restlichen Welt) durchaus in der Lage, mit den vorhandenen Überkapazitäten die DDR zu versorgen (und viele weitere Gegenden im Osten).
Hunderttausende Arbeiter in der ehemaligen DDR wurden arbeitslos - und es entstand trotzdem kein Mangel an Güter. Ihre Arbeit wurde schlicht und einfach nicht gebraucht - dieses Potential hätte man auch in Form von Arbeitszeitverkürzungen weitergeben können.
Unser Problem ist also nicht, dass wir nicht in der Lage wären ausreichend Güter herzustellen - und unser Problem ist auch nicht eine Arbeitszeitverkürzung - sondern unser Problem ist ein reines Verteilungsproblem. Während bei niedriger Produktivität sich der Reichtum leicht über die Arbeiter verteilt, kumuliert er weitaus stärker, wenn Arbeiter durch Maschinen ersetzt werden. Und wo kumuliert sich der Reichtum? Bei denen, die die Fabriken besitzen.
Die eigentliche Fragestellung ist insofern auch nicht, wie man das Lohnniveau eines Arbeiters auf vernünftigen Niveau halten kann - sondern die, wie man für eine ausreichende Verteilung des Vermögens in einem Staat sorgt, ohne dass die Leistungsanreize für Reichere Menschen verloren gehen.
In einer zunehmend globalisierteren Welt konkurrieren deutsche Löhne zunehmend mehr mit Billiglohnländern - und werden dann auch tendenziell sinken. Mindestlöhne führen im Umkehrschluss zur Arbeitslosigkeit. Ein vernünftiger sozialer Ausgleich hingegen wäre der Einstieg in ein Grundeinkommen für Alle!
Insbesondere wenn das Grundeinkommen vor allem über Konsumsteuern finanziert würde, würde dieses Grundeinkommen im Wesentlichen lokal wirken. Es wäre damit gegenüber Faktoren aus der globalisierten Wirtschaft weitgehend neutral.
Gleichzeitig müsste man die direkten Steuern auf Einkommen zurückfahren. Denn die wirken nicht lokal sondern global - und zwar zum Nachteil der lokal Tätigen.
Wahrscheinlich reichen die Möglichkeiten der Konsumbesteuerung nicht aus, um ein Grundeinkommen zu finanzieren. Eine deutlich höhere Erbschaftssteuer - gerne unter Beibehaltung größerer Freibeträge - könnte aber ergänzend so wirken, dass das Gesamtgleichgewicht besser austariert wäre, als es heute ist.
Insofern würde ich auch gar nichts unternehmen, um prekäre Anstellungsverhältnisse zu vermeiden - ausser dass ich die Rahmenbedingungen so verändern würde, dass JEDER Zuverdienst dazu führt, dass sich die Konsumfähigkeit dessen verbessert, der hinzu verdient. Ergänzend würde ich durch die Einführung eines Grundeinkommens dafür sorgen, dass niemand prinzipiell ein prekäres Beschäftigungsverhältnis annehmen MUSS - wer es dann freiwillig tut, der sollte das dürfen.
Ein ausreichend hohes Grundeinkommen - beispielsweise in Höhe von ca. 1500€ - in Verbindung mit hohen Konsumsteuern - beispielsweise von ca. 50% - und der gleichzeitige Wegfall von Steuern und Abgaben im Produktionsprozesse - das würde dazu führen, dass es unglaublich attraktiv wäre, in Deutschland zu produzieren. Volllbeschäftigung wäre die Folge - und damit, dass die Einkommen steigen. Gleichzeitig würde niemand gezwungen, zu arbeiten - aber JEDE Arbeit - auch 1€-Jobs - würde sich lohnen.
Sie sehen - es gibt durchaus Alternativen zu einem Mindestlohn - vor allem Alternativen, deren Nebenwirkungen nicht so einseitig zu Lasten derer gehen, die durch Mindestlöhne in die Arbeitslosigkeit verdrängt werden.
Durch das bedingungslose Grundeinkommen - finanziert durch höhere indirekte Steuern - würden die Bürger bestimmt nicht dazu motiviert, eine Vollzeitstelle im Niedriglohnsektor auszuüben:
Denn für seinen eigenen Verdienst bekäme man in Deutschland kaum noch Waren und Dienstleistungen und der lästige administrative Druck zur Annahme einer Arbeitsstelle fiele weg.