Sri Aurobindo » Do 11. Jun 2015, 22:10 hat geschrieben:
Das sind durchaus keine leichten Fragen. Aber fangen wir mal an:
1.
Grundsätzlich soll es von der Seite des Staates keine Wertung geben, ob ein Lehrinhalt wichtig ist oder nicht.
D.h. alle Lehrinhalte sollen gleichwertig sein. Allerdings gibt es natürlich eine Hierarchie. Wissen baut aufeinander auf. D.h. höhere Mathematik kann man nicht lernen, wenn man nicht vorher rechnen lernt.
Wenn es ein solches System aber gibt, dann könnte auch die Wirtschaft selbst Prämien verteilen für gewisse Lehrinhalte. D.h. wenn ein Unternehmen dringend Java-Programmierer braucht, dann könnten solche Unternehmen auf relevante Lehrinhalte eine Zusatzprämie auszahlen, wenn jemand die Prüfung darin besteht. So hätte die Wirtschaft eine lenkende Funktion, was die Ausbildung der Bürger angeht.
Letztlich wissen die Bürger jedoch auch sehr genau, was die Unternehmen wollen. Die Ausschreibung für Jobs definieren ja klar, was jemand lernen muss, damit er einen solchen Job bekommt. Und Leute mit Jobs werden weit mehr haben, als andere, die nur ihr Grundeinkommen erhalten.
Ja, also ich denke, dass Unternehmen das so ähnlich wie heute machen würden, wenn zB. Programmierer knapp wären. Dann würden Löhne eben steigen oder Unternehmen bilden verstärkt aus. Nichts gegen theoretische Bildung, aber wenn jemand aktiv in einem Unternehmen lernt (On-The-Job-Ausbildung), dann bringt das oft mehr.
Zu den Anbietern. Die Höhe ihrer Vergütung muss so angesetzt werden, dass der Staat einerseits geringe Kosten hat und anderseits das Interesse der Anbieter dennoch groß genug ist, dass genügend qualitativ hochwertige Inhalte entstehen. Aber das regelt letztlich der Markt. Ist die Vergütung zu gering, wird sich keiner finden, der Angebote erstellt.
Ich habe keine Bedenken, dass sich das mit der Zeit auf ein effizientes Niveau einpendeln würde.
(Aber wie gesagt, als internationales Projekt ist das viel leichter zu stemmen.)
Also wenn der Staat die Höhe der Prämie festlegt, dann muss er ja erheblich steuern. Du sagst das ja selber auch. Der Staat legt zB. eine Prämie von 1€ pro User fest und kein Anbieter lädt ein Angebot hoch. Also erhöht der Staat auf 1,50€. Dann gibt es genau einen Anbieter. Ist dessen Angebot schlecht oder gibt es zu wenige Angebote (das entscheidet letztlich der Staat), erhöht er die Prämie, bis es zum erwünschten Ergebnis kommt.
Ein Problem könnte sein, dass va. größere Anbieter versuchen werden, den Staat entsprechend zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Es gibt also zum einen die User, deren Interessen man im Blick haben muss, zum anderen auch den Staat und dessen Regeln.
Ich will diese Problematik an einem Beispiel illustrieren: Anbieter A und B bieten Java-Training an. Der Staat entscheidet, dass A 1€ per User bekommt und B 1,50€ (B ist laut Staat anspruchsvoller oder pädagogisch wertvoller). Auch gibt es für B einen höheren Zuschlag zum Grundeinkommen als bei A. Die User entscheiden sich vermehrt für B. Nun gefällt das A nicht. Er argumentiert, dass das Angebot von B gar nicht pädagogisch wertvoller wäre. Zudem habe er nur von A abgekupfert und ein bißchen was ergänzt. Also weniger Aufwand und es gibt mehr Geld. Voll unfair. Oder wir nehmen an, dass B ein unkonventionelles Angebot hat und der Staat das nicht anerkennt(sehr geringe Prämie) oder wenn doch, ein Konkurrent dagegen klagt.
Ein anderer Fall: Ein Nutzer würde 10€ für ein Angebot bezahlen, was der Anbieter auch verlangen muss, um seine Kosten zu decken. der Staat bewertet das Angebot anders und stellt nur eine Prämie von 5€ in Aussicht. Es gäbe das Angebot also nicht.
-> Das bedeutet voll Ärger.
Anders wäre das, wenn die Anbieter schlichtweg Preise von den Nutzern verlangten. Wie will A da gegen B klagen? Wie kann jemand unzufrieden wegen einer Prämie sein? Kann man den Staat bestechen?
Andere Vorteile:
- User machen sich besser Gedanken, ob ein Angebot es wert ist.
- Oft werden Kurse aus Multiple-Choice bestehen. Man könnte ja auch ohne Lernen mal auf Gut Glück probieren. Muss man für das Angebot bezahlen, dann eher weniger.
Man könnte das allerdings auch mit einem Bildungsgutschein machen. Der ist zB. 2000€ im Jahr wert und kann dann für staatlich zertifiziere Angebote genutzt werden. Wer mehr will bezahlt eben aus eigener Tasche.
3.
Das ist eine interessante Frage. Es wäre nämlich sehr einfach ein solches Grundkommen ganz allmählich einzuführen. Zunächst könnte man mit einem kleinen Taschengeld beginnen. Im Laufe der Zeit erhöht man den Faktor für die Umrechnung von Bildungsstand in Grundeinkommen. Zugleich ändert man das aktuellen Sozialsystem. Stück für Stück würde das Grundeinkommen die heutigen Sozialleistungen ersetzen. (Arbeitslosengeld,HIV,BaföG, Rente(?), usw.)
Zeitgleich kann man auch den Arbeitsmarkt flexibilisieren. Man braucht keine Mindestlöhne, wenn die Bürger ein Bildungsgrundeinkommen erhalten.
Es ging mir nicht um die Einführung. Ich wollte wissen, wie hoch es dann so wäre? Zb. als 6-jähriges Kind 100€ und mit Lernfortschritt wächst das jedes Jahr so um 5% und mit 30 bekommt man dann 300€ im Monat.
4.
Mit jedem Bildungsfortschritt steigt das Grundeinkommen. Allerdings wird das sicher nicht immer gleich spürbar sein. Das wird allmählich im Laufe des Lebens höher.
Sehr klar ist ein solches System für gut definierbare Fächer, wie Mathe, Naturwissenschaften, Softwareentwicklung, Ingenieurwesen usw. Dort gibt klare Kriterien. Jede Kompetenz soll dabei einzeln geprüft werden, deshalb gibt es nur bestanden oder nicht. Es wäre aber auch eine Skala denkbar. Letztlich kann sich so etwas nur natürlich herausbilden - heute darüber zu sprechen ist pure Spekulation. Es ist vieles denkbar.
Es würde va. Willkür.
Ich würde es zB. so machen: Es gäbe vom Staat festgelegte Prüfungen, die jeder Bürger einmal im Jahr ablegen müsste. Wer 100% der Punkte erreicht, bekommt zB. 300€ Grundeinkommen. Wer 50% erreicht, dann eben 150€. Wer in einem Jahr den Test nicht ablegt, bekommt 10% weniger als im Vorjahr.
So hätte man nicht die Problematik, wie man jetzt pro Kurs oder Jahr das Grundeinkommen erhöht. Man hätte zudem nicht das Problem, dass jemand zB. mit Anfang 20 ein Genie ist und mit der Zeit verblödet.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.