frems » Do 8. Mai 2014, 20:34 hat geschrieben:
Wie seht Ihr das? Wirken sich die "Marktgesetze" positiv auf das gesellschaftliche Miteinander aus? Ist der Kapitalismus die beste "Waffe" gegen Armut und Ungerechtigkeit auf der Welt?
Das ist eine Frage wie "Ist die natürliche Selektion und spontane Mutation für die Vielfalt in Flora und Fauna verantwortlich?". Da werden sich manche hier natürlich echauffieren. Immerhin sei ja klar, dass die biologische Evolution ein Fakt sei. Es sei ja auch eine Naturwissenschaft. Ganz anders bei den Wirtschaftswissenschaftlern. Dem sei gesagt, dass er mal im Bible Belt in den USA nachfragen sollte.
Ob der Kapitalismus überlegen sei?
Erstmal. Was ist Kapitalismus eigentlich? Es gibt die enge Definition, die besagt, dass es sich um ein wirtschaftliches System handelt, in dem der Faktor Kapital gegenüber Land und Arbeit überproportional an Gewicht gewinnt. Will heißen: Wir ernten mit einem Maishäcksler, Mähdrescher und Traktor anstatt mit Schaufel und Sense. Und wir verwenden Hallen, Fließbänder und Roboter zur Autoproduktion. Denn wäre das nicht so, würde ein Auto heute keine Features haben und 5 Jahresgehälter kosten statt 5 Monatsgehälter. Und für ein Brot würde man 5 Stunden arbeiten müssen statt 10min heute. Man könnte auch sagen, dass es sich um Arbeitsteilung und Spezialisierung handelt. Anstatt
Wer würde sagen, dass Kapitalismus in dieser Definition irgendwie falsch sei? Ich denke, da gibt es nicht viele. Wer das allerdings schlecht findet, hat jederzeit die Wahl, in den Wald zu gehen und sich autark durchzuschlagen oder wie die Amish zu leben.
Die breitere und geläufigere Definition beinhaltet zudem, dass Produktionsmittel in privater Hand sind. Es gibt also Privateigentum und daraus ergibt sich ganz logisch ein Markt. Ein Gesellschaft basierend auf Privateigentum funktioniert so, dass man das, was man hat, gegen andere Dinge tauschen kann (kann auch die eigene Zeit bzw. Arbeitskraft sein). Das macht man allerdings nur, wenn man sich davon einen Vorteil verspricht. Ich hab eine Krawatte, hätte aber lieber deinen Stift. Du hättest lieber meine Krawatte als deinen Stift. Also tauschen wir und gehen beide mit dem wertvolleren Gut nach Hause. Auch wenn die Krawatte 30€ und der Stift 1€ im Laden gekostet haben (subjektive Wertlehre). Was wäre, wenn wir beide die Krawatte wertvoller als den Stift einschätzen? Klar, dann kommt kein Tausch zustande. Deshalb ist in einer Marktwirtschaft jeder Handel für alle Beteiligten vorteilhaft
ER als wenn sie den Handel nicht eingehen würden. Wenn eine Dame in Bangladesch dann 50€ im Monat verdienen kann, und alle anderen Möglichkeiten weniger abwerfen, dann ist das für sie vorteilhaft. (Achtung: Wenn Gewalt ins Spiel kommt, gilt das nicht mehr. Arbeite für mich für 0€ oder ich bringe dich um, also wäre man ja besser dran, wenn man für 0€ arbeitet. Aber man wird hier schlechter gestellt, als wenn es die beiden Möglichkeiten gar nicht gäbe).
Kurz: Die Marktwirtschaft ist ein System, in dem man reich wird, indem man andere reicher macht. Die Reichsten haben logischer mehr Menschen befriedigt als weniger Reiche.
Nun zur Empirie:
Man schaue sich Länder mit viel Kapitalismus an und Länder mit wenig Kapitalismus. Dazu kann man Indizies wie den Economic Freedom Index oder Doing Business Index anschauen. Dazu kann man anschauen, wie viel Kapital pro Erwerbstätigen eingesetzt wird und welche Auswirkung das auf Löhne in einem Land hat.
-> Die Empirie spricht so eindeutig für "Kapitalismus führt zu mehr Wohlstand in der breiten Gesellschaft" wie die biologische Evolution.
Und wie Milton Friedman so schön sagte (sinngemäß): Die wirtschaftliche Freiheit ist die Basis der bürgerlichen Freiheit. Es gab Gesellschaft mit wirtschaftlicher Freiheit ohne bürgerliche Grundrechte. Aber umgekehrt gab es noch keine Gesellschaft.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.