Ilikekebap hat geschrieben: ↑Dienstag 18. Februar 2025, 12:53
[...]
1. Das Streikrecht kommt aus einer Zeit, in der Gewerkschaften nicht nur mehr Geld, sondern grundlegende arbeitsrechtliche Errungenschaften erkämpfen mussten. Diese Zeit ist in Deutschland aber schon lange vorbei. Niemand wird mehr mit 5 Urlaubstagen abgespeist. Niemand muss 18-Stunden-Schichten arbeiten. Niemand muss mehr unter lebensgefährlichen Umständen arbeiten. Wir haben für all dies eine Myriade an Gesetzen und Regelungen.
Und was spricht dagegen für mehr Geld in den Arbeitskampf einzugehen ?
Ilikekebap hat geschrieben: ↑Dienstag 18. Februar 2025, 12:53
2. Allein deswegen könnte man schon in Frage stellen, ob ein Instrument, dass zur Bekämpfung elementarer Widrigkeiten gedacht war, überhaupt insgesamt noch zeitgemäß ist, wenn es "nur" noch ums Geld geht.
nur ums Geld ist irgendwie komisch Geld ist doch der wesentliche Grund warum man arbeiten geht. Das Instrument des Streiks bietet halt den AN ein Druckmittel gegen den AG zu haben um Ihre Interessen durchzusetzen.
Ilikekebap hat geschrieben: ↑Dienstag 18. Februar 2025, 12:53
3. Selbst, wenn man dennoch ein Streikrecht grob in der jetzigen Form noch für notwendig und angemessen erachtet: Es wird seit Jahren von den Gewerkschaften immer öfter nicht als die ultima ratio, die es sein sollte, genutzt, sondern viel früher zum Einsatz gebracht.
Das stimmt so nicht, es gilt das Übermaßverbot. (
https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitska ... utschland)). Man darf erst Streiken wenn es verhältnismäßig ist und wenn mildere Mittel ausgeschöpft sind.
Ilikekebap hat geschrieben: ↑Dienstag 18. Februar 2025, 12:53
4. Die Streiks im öffentlichen Dienst treffen meist nicht die Arbeitgeber, sondern vorrangig deren "Kunden", also die Bürger.
Jeder Streik betrifft immer die Kunden, dass kann kein Argument sein. Auch wenn man eine breite Masse an Kunden trifft. Das ist ja der Sinn des Streiks zum Aufbau von Druck.
Frank_Stein hat geschrieben: ↑Mittwoch 19. Februar 2025, 18:31
[...]
Streiks haben noch nie zu Wohlstand geführt.
[...]
Das ist falsch. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wurde zum Beispiel konkret erstreikt und die steigert meinen Wohlstand ungemein. Außerdem hat sich der Wohlstand seit der Einführung auch nicht verringert, kann also nicht so schlimm gewesen sein.
Auch sind viele andere Errungenschaften im Arbeitskampf erzielt wurden, wovon wir profitieren und mehr Wohlstand als vor 200 Jahren haben wir auf alle Fälle.
Frank_Stein hat geschrieben: ↑Mittwoch 19. Februar 2025, 20:47
Ja, ich denke auch, dass man eine Klausel in den Vertrag aufnehmen kann, dass 10% des Unternehmensgewinns an die Beschäftigten ausgezahlt wird, anstelle von Lohnerhöhungen.
Dann hätte jeder ein Interesse daran, dass die Gewinne des Unternehmens steigen und würde alles unterlassen, was dem Unternehmen schadet.
[...]
Solche oder ähnliche Regelungen gibt es in bestimmten Unternehmen (in meinem zum Beispiel -> verrückterweise gab es da bisher auch keinen Streik). Aber die Ausgestaltung der Verträge und der Bezahlung ist die Entscheidung der AGs
Frank_Stein hat geschrieben: ↑Mittwoch 19. Februar 2025, 21:34
In der Tat muss man sich die Frage stellen, die unser Skull schon gestellt hat.
Warum zum Teufel wird das nicht längst überall gemacht? Auf diese Frage habe ich auch keine Antwort. Die Idee ist jedenfalls aus spieltheoretischer Sicht sehr gut.
Darauf fallen mir drei potentielle Antworten ein. Entweder die Idee ist aus Spieltheoretischer Sicht schlecht, oder die Voraussetzungen der Spieltheorie greifen hier nicht (oftmals gleiche Informationen und rationales Handeln und wie ich oft finde eine zeitliche und räumliche Unabhängigkeit) oder es gibt hierfür kein eindeutiges Gleichgewicht. Ich tippe auf die letzteren beiden Punkte.
bzw. Möchte ich dir mein Argument für den dritten Punkt vorstellen: (es ist natürlich vereinfacht dargestellt)
Da du ja gerne ein Freund der Spieltheorie bist kann man den Streik ja auch mal so betrachten:
Der AG (vertreten durch Vorstände etc) erhält ein "Einkommen" X es gibt n Vertreter
Der AN (vertreten durch die Mitarbeiter etc) erhält ein "Einkommen" Y es gibt m Vertreter
(unter Einkommen sollte man jetzt eigentlich nicht nur das rein monetäre sehen, sondern auch alle anderen Nebenbedingungen wie Verkehrswege etc. fließen da mit hinein, aber das einzeln aufzudröseln würde alles sehr kompliziert machen, daher bleiben wir mal "nur" beim Geld)
Die Erhöhung des einen Einkommens führt zur Verringerung des anderen.
hat der AG nicht mehr den ursprünglichen Job, so muss er auf einen anderen wechseln (statt Vorstand in der DB zu sein kann man ja auch Leiter bei VW sein). Er hat dann Einkommen A (offenbar sollte gelten A < X -> sonst hätte man ja gewechselt)
hat der AN nicht mehr den ursprünglichen Job, so muss er auf einen anderen wechseln (statt Arbeiter bei DB zu sein kann man ja auch an der Kasse stehen. Er hat dann Einkommen B (offenbar sollte gelten B < Y -> sonst hätte man ja gewechselt)
(btw A und B können mindestens das Bürgergeld sein)
Das in seiner Grundgesamtheit zur Verfügung stehende Einkommen nennen wir mal G. Es gilt G = X*n + Y*m
Andere Nebenbedingungen die so gelten sollen wären: n < m und A > B
Jetzt wollen beide Seiten Ihr Einkommen maximieren (so läuft nun mal die Welt). Der AG ist von G solange bereit etwas "abzugeben" solange er über der Alternative A liegt und der AN solange er über B liegt
-> Hat eine der beiden Seiten das erreicht, so würde es sich nicht lohnen weiter zu fordern, weil dann die gegenseite sofort aussteigt und man selber zurückfällt.
Aus AG Sicht wäre das Optimum wenn er den AN bis auf den Betrag B drücken kann, denn drunter kann er nicht gehen, sonst würde der AN wechseln. Der AG würde also ein Maximal ein Einkommen von (G - Bm)/n erhalten
Aus AN Sicht wäre das Optimum wenn er den AG bis auf den Betrag A drücken kann, denn drunter kann er nicht gehen, sonst würde der AG wechseln. Der AN würde also ein Maximal ein Einkommen von (G - An)/m erhalten
Für den AG ist also ein Wert zwischen A und (G - Bm)/n drinn und für den AN ein davon abhängiger Wert zwischen B und (G - An)/m.
Welcher Wert dann fair ist darüber lässt sich vortrefflich philisophieren. Fakt ist, dass beide Seiten mit Ihren Mitteln versuchen für sich den größten Wert herauszuholen und sich dann auf etwas zu einigen (Produktivitätssteigerung bei gleichem Lohn, keine neuen MAs einstellen durch kluge Investitionen G erhöhen, sich fortbilden etc.).
Beide Seiten haben unter gewissen Rahmenbedingungen die Möglichkeit ihr Einkommen anzupassen, wenn Sie denken nicht gerecht behandelt zu werden.
Das heißt aus Spieltheoretischer sicht man ein Streik absolut Sinn und ist einfach nur das ganz normale Kämpfen für eine gerechtere Bezahlung, denn einen anderen Weg hat der AN bis auf Kündigung nicht und warum soll es nur dem AG erlaubt sein sein Einkommen X steuern zu können. Auslöser dafür können Mannigfaltik sein.
Der AG hat mehr Möglichkeiten zur Steuerung, als der AN, aber dafür auch mehr Risiken. Solange das in einem gegenseitigem fairen Umfang passiert ist auch alles in Ordnung. Siet das eine Seite anders, dann gibt es eben Konfliktpotentiale die in einen harten Arbeitskampf münden können