Ich sehe es nicht als Fanatismus an, wenn man sagt, dass die Maßnahmen verlängert werden sollen. Aber ich möchte ein der mehrere Kriterien hören, an denen man die Maßnahmen messen will. Ab wann sagt man, wir können jetzt mehr lockern?Selina hat geschrieben:(20 Apr 2020, 11:39)
Ich halte es nicht für Fanatismus. Es geht wie gesagt nicht darum, die gesamte Wirtschaft kaputtzumachen, sondern es geht lediglich um weitere zwei, drei Wochen, um das Virus und seine Ausbreitung noch mehr unter Kontrolle zu bringen.
Und genau diese Aussage halte ich für irreführend und es hat mich sogar persönlich geärgert, dass ausgerechnet bei Anne Will gestern ein Wissenschaftler von "austrocknen" sprach, ohne genau zu definieren, was er damit meinte. Sowas ist irreführend, weil es bei einigen den Eindruck erweckt, man könnte sogar die Zahl der Neuinfektionen auf 0 runterdrücken. Das wird definitiv nicht möglich sein.Selina hat geschrieben: Gestern hörte ich sogar, bei viel konsequenterer Haltung (also weniger öffnen statt mehr) könne man das Virus sogar fast gänzlich austrocknen.
In dem Zusammenhang kann ich das letzte Video von MaiLab wärmstens empfehlen, weil sie sich sehr ausführlich mit Wissenschaft und Kommunikation befasst. Es geht dort um das "What?" und "So What?". Wissenschaft sagt erstmal, was ist. Also das "What?". Wissenschaft kann aber auch sagen, was das für uns bedeutet und welche Konsequenzen man daraus ziehen sollte. Also das "So what?". Aber genau das muss man als Wissenschaftler deutlich machen, was man gerade kommuniziert.
Und genau das ärgert mich so an der gestrigen Aussage, weil bei Menschen wie Dir ein falscher Eindruck entstanden ist. Das ist genauso, als wenn eine Firma verspricht, in 3 Monaten ein Impfmittel zu haben oder eine wirkendes Medikament. Das ist nicht seriös. Man kann es sich auch selbst überlegen. Wir haben derzeit eine Reproduktionsrate von 0,8. Wenn man davon ausgeht, dass eine mittlere Inkubationszeit bei 5 Tagen liegt, könnte man in der vereinfachten Modellrechnung sagen, dass alle 5 Tage die Zahl der Neuinfektionen um 20% sinkt.Selina hat geschrieben: Wie gesagt: Und das in wenigen Wochen! Und ethisch gehts bei einer so dermaßen kurzen Zeitspanne (im Vergleich zur Länge einer ganzen Epoche) immer zuerst darum, Menschenleben zu schützen und zu erhalten.
Gehen wir anfangs von 2.000 aus. Dann sind das:
in 5 Tagen 1.600 Neuinfektionen
in 10 Tagen 1.280 Neuinfektionen
in 15 Tagen 1.024 Neuinfektionen
in 20 Tagen (also rund 3 Wochen) 819 Neuinfektionen
Ganz vereinfacht ausgedrückt, wir könnten im dreistelligen Bereich liegen, aber wohl über 800. "Austrocknen" ist was anderes. Und was man nicht vergessen darf, die Kontaktsperre, also die Hauptmaßnahme, wird mindestens 3 Wochen bestehen.
Die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Wie oft muss man das denn noch schreiben?Selina hat geschrieben: Die Wirtschaft geht etwas in die Knie, ja, aber sie geht noch lange nicht ganz krachen. Eine andere Haltung wäre kalt und menschenfeindlich.

Das müsste man aber genauso, wenn man x Wochen Status Quo beibehält und dann öffnet. Das Problem hat sich nicht verändert, dass bei der Öffnung keine Reproduktionsrate deutlich über 1 gehen darf.Selina hat geschrieben:Da kann man sich über manche Äußerung nur wundern. Und ja, sobald die Zahlen durch die jetzigen Öffnungen wieder hochgehen, muss zurückgefahren werden.