Und weiter geht´s mit dem munteren, nicht enden wollenden Reigen durch den Fettnapf. Nun ist Klöckner an der Reihe.
Es gibt Ärger für Julia Klöckner wegen eines Videos: Ihr Landwirtschaftsministerium hatte am Montag eine kurze Aufnahme veröffentlicht, in der die CDU-Vizechefin mit Nestlés Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch vor der Kamera steht und das umstrittene Unternehmen dafür würdigt, dass es den Zucker-, Salz und Fettgehalt seiner Lebensmittel reduziert habe.
Jetzt wird Klöckner dafür von allen Seiten kritisiert: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Ministerin vor, sie habe ein "Werbevideo" für Nestlé gedreht, der SPD-Bundestagabgeordnete Karl Lauterbach bezeichnete den Vorgang als "peinlich, ja bitter".
Lauterbach schrieb auf Twitter: "Klöckner lässt sich von Nestlé Lobbyisten erst die Zuckersteuer und die Lebensmittelampel abverhandeln und tritt dann bei PR-Event von Nestlé auf." Auch viele andere Twitter-User empörten sich: Die Landwirtschaftsministerin lasse sich von dem Lebensmittelkonzern für PR-Zwecke ausnutzen.
Klöckner verteidigte hingegen ihr Vorgehen und bezeichnete die Kritiker als "Hatespeaker". Das Ministerium äußerte zwar Verständnis für die Kritik, steht aber weiter zu dem Treffen mit dem Nestlé-Chef. "Politik heißt, im Gespräch zu bleiben", twitterte das Ministerium. (..)
https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 71041.html
Unmittelbar nach dem die CDU sich noch den Anschein gegeben hatte ihr Kommunikationsproblem und ihren auffälligen Umgang mit Kritik zu reflektieren, nun also nach Voss, Amthor, Ziemiak, Kramp Karrenbauer und einigen Randfiguren die Landwirtschaftsministerin.
Dass Landwirtschaft, Verkehr und Gesundheit die Ministerien sind, die beispielhaft für die Auswirkungen von Lobbyismus auf die Politik sind, hätte bereits vor Jahrzehnten niemanden überrascht. Neu ist die Unverhohlenheit mit der Politiker wie Klöckner und Scheuer ihr Geschäft betreiben und die Repolitisierung einer Gesellschaft, die zunehmend ihren Unmut kundtut.
Ein Umstand, den gerade die CDU als eine Partei, deren Jugendvereinigung im Gegensatz zu anderen Parteien schon seit jeher als junge Gruppe von Ja-Sagern galt und für die die Wählbarkeit des Fraktionsvorsitzenden bis vor kurzem noch Neuland war, vor unüberwindbare Herausforderungen stellt.
Dabei münzte Klöckner "hate speech" nicht auf die Kritik von Politikerseite, sondern auf Nutzerkommentare, deren Grundtenor, nach dem was ich so gelesen habe, allenfalls in Richtung Polemik, Zuspitzungen und oft auch in Richtung Resignation ging. Klöckner könnte sich hier von Maas, Roth oder den Kommentaren zu Lübcke bilden lassen. Und schon wäre die Bedeutung von hate speech kein Neuland mehr.
Unter den Vorzeichen ist die hohle, nachgesetzte Phrase "Politik heisst im Gespräch zu bleiben" andererseit auch wieder ungewollt witzig.
