Tom Bombadil hat geschrieben:(05 Jun 2018, 14:40)
Es ging nicht um den "linken Mainstream", sondern um den Einfluss linker Positionen auf den gesellschaftlichen Wandel.
Eine sehr schwierige und komplexe, aber dennoch ungemein bedeutsame Frage: Worin eigentlich besteht der "gesellschaftliche Wandel"? Der letzten 5, 10 , 20 , 50 Jahre. Deutschlandweit, europaweit, weltweit. Und was hat die Gründung und der Aufstieg der AfD (darum gehts ja hier) damit zu tun. Und was haben "linke Positionen" damit zu tun. "Rechts", ganz grundsätzlich, geht von einem Verschiedenheitsanspruch aus, "Links", ganz grundsätzlich, von einem Gleichheitsanspruch. "Anspruch" wohlgemerkt, nicht Tatsächlichkeit. Sowohl aus der rechten Position wie auch aus der linken Position lassen sich daraus sowohl Individualitätsdenke wie auch identitäre Gruppendenke begründen: Linke Position: Erst wenn alle Menschen sozial gleichgestellt sind, kommt Individualität jenseits von sozialer Herkunft überhaupt zum Tragen. Aber auch (wenn auch inzwischen sehr sehr antiquiiert): Verstehe dich als Teil der sozialen Klasse, der Du angehörst und kämpfe für deren Rechte. Rechte Position: Erst jenseits irgendwelcher Gleichstellungsphantasien können starke Individuen persönliche Stärken verwirklichen. Nur, wenn es den wenigen Starken und Begabten gut geht, geht es auch den weniger begabten gut. (sinngemäß Ayn Rand). Aber auch: Die Menschen sind nunmal unterschiedlich. Menschen aus dem muslimischen Kulturkreis sind grundsätzlich inkompatibel zu Menschen aus dem westlichen Kulturkreis und denke immer daran, wohin du gehörst. Nenne es den "Westen" oder auch meinetwegen das christlich-jüdische Abendland, aber, bitte, denke immer zuerst daran, wohin du gehörst. Und denke vor allem daran, dass der Mensch primär durch diese Kulturkreis-Zugehörigkeit geprägt ist und diese prinzipiell nichtüberschreitbar ist.
Nichts hat den gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen Wandel so sehr geprägt wie diese letztere Position 2b. Die Position 1a (Linksindividualismus) ist klar auf dem Rückzug. Es ist nur nicht immer so leicht erkennbar. Dänemark, das Land mit den (nach einigen Statistiken jedenfalls) glücklichsten Menschen ... wie ganz Skandinavien assoziiert mit Sozialdemokratismus, Gutmenschentum, Gleichheitswahn ist in jüngerer Zeit ganz klar auf Position 2b. In einem Radioessay zu Impressionen aus Europa heißt es über den dänischen Schriftsteller Kaspar Colling Nielsen
Nach den plakativen Werbevideos hatte ich einen eitlen Bestsellerautor erwartet, aber Kaspar Colling Nielsen, den ich in Kopenhagen treffe, ist ein Linker, der in der anbrechenden neuen Weltordnung für linke Politik keine Chancen mehr sieht, ein ruhiger, aber nervöser Mann, tief verzweifelt über die Zukunft der Welt, des Kontinents, Dänemarks, der Menschen.
http://www.deutschlandfunk.de/europaeis ... _id=415206
Rechtskonservative sind begeistert. In Tichys Einblick wird Dänemark (wörtlich) als "Ungarn des Nordens" gefeiert. (
https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... s-nordens/). Wo, bitte, sind "linke Positionen" noch gesellschaftlich vorhanden, prägend oder gar dominant. Das Problem könnte sein, dass bereits Neutralität, Distanziertheit, klassische individuelle Unabhängigkeit als "links" gewertet wird. Nach dem Motto: Du willst Dich nicht erstmal zur Gemeinschaft der Guten bekennen?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)