Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

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Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosengeld 2 (HartzIV), Rentenversicherung, Sozialgesetzbuch.

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H2O
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Mar 2018, 08:47)

In dem Artikel gehts unter anderem auch um Stromabschaltungen, die in Deutschland häufiger vorkommen, als man erstmal denkt. Und das auch - fast ohne statistische Abweichungen - in eher wohlhabenden Gegenden wie dem Südwesten. Von daher mal ein ganz konkretes Beispiel:

Eine Frau wächst Ende der 90er als Kind in einem Problemgebiet im Berliner Wedding auf. Den Eltern wird gerichtlich das Sorgerecht entzogen und sie kommt mit ihrer Schwester in ein Kinderheim in Schleswig-Holstein. Dort bekommt sie am Ende eine Ausbildung mit Berufsabschluss als Altenpflegerin. Geht zurück nach Berlin, bekommt ein Kind, trennt sich von ihrem Freund und lebt fortan vom Sozialamt, das auch die Miete bezahlt. So. Dann: Exorbitante Stromverbräuche, nicht bezahlte Energierechnungen und schließlich: Stromabschaltung. (Bis es soweit kommt, noch dazu allein mit einem kleinen Kind, muss schon einiges passieren ...) Das war die Situation vor kurzem und ich war mit der Bitte konfrontiert, die Frau samt Kind übergangsweise in unserem Haus aufzunehmen. (Lassen wir mal beiseite, wie ich überhaupt dazu gekommen bin ...) Gut. Zwei drei Tage geht das schonmal. Zwei Wochen nicht mehr (wir haben zahlreiche direkt verwandte Menschen regelmäßig aufzunehmen). Was tun? Wir haben schließlich die ausstehende Rechnung von ca. 500 Euro beglichen. Keine Kleinigkeit auch für uns. Aber was sollen wir machen? Es gibt - wie sich herausstellte - keine Chance, dass sie als Altenpflegerin ihr Geld verdient, obwohl sie in Berlin auf der Stelle Dutzende Angebote mit Kusshand bekäme. Sie will nicht. Wir werden das Geld wohl nicht wiederbekommen. Auch wenn es sich um mir völlig fremde Personen handelt. (Ich hatte schon die Idee, dass sie das mit Garten- und Hausarbeit abbezahlt ...)

Bei den Strompreisen ist es so: Erstens haben paradoxerweise nur Menschen mit mittlerem und hohem Einkommen die Möglichkeit, wirklich energiesparende Haushalte zu betreiben. Unter anderem, weil sie sich entsprechende Gerätschaften leisten können. Und zweitens sorgt das Erneuerbare-Energien-Gesetz dafür, dass der Strompreis für Privatverbraucher hoch ist und energieintensive Unternehmen dafür umso mehr davon profitieren. Das ist eigentlich sozial total ungerecht. Auf der anderen Seite muss der Umstieg auf erneuerbare aus ökologischen Gründen erfolgen.

So kompliziert und widersprüchlich dürften in der Regel alle konkreten Fälle von sozialen Problemlagen aussehen. Da lassen sich keine pauschalen Werturteile ableiten.

Was konkret die Tafeln anbelangt, so habe ich kein Problem mit der häufig geäußerten Kritik, dass sie kurz gesagt "Linderung" statt "Lösung" befördern. Ich hab' ein ganz anderes Problem damit: Sie befördern die Überflussgesellschaft. Indem sie den Handelsketten die abgelaufenen Lebensmittel abnehmen. Die müssten sie ansonsten tonnenweise irgendwo hin schütten und entsprechend würde ihr Image darunter leiden. Mal davon abgesehen, dass das auch was kostet. Die eigentlich haarsträubende Situation, dass nur picobello Äpfel im Gemüsefach liegen und nur und ausschließlich frische Brote ist damit nicht nur legalisiert sondern auch noch mit einem guten Image versorgt. Das ist absurd.
Ja, lieber Schokoschendretzki, so ist das, wenn man mit Menschen umgeht. Da gibt es eben auch sone und solche... wie ansonsten im "richtigen Leben" auch. Der eine greift schamlos zu, betrügt seine Kunden, der andere ist mild und weich wie die Witwe Bolte und wird von Zeit zu Zeit heftig geweckt. Und jede Sache hat mindestens zwei Seiten...
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relativ
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

Selina hat geschrieben:(01 Mar 2018, 15:19)

Das kann man drehen und wenden, wie man will: Selbstverständlich gibt es Armut im reichen Deutschland und selbstverständlich wurde der Regelsatz künstlich kleingerechnet. Und selbstverständlich sind auch die jüngsten Erhöhungen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum Beispiel mussten die Strompreiserhöhungen der letzten Jahre immer alleine vom Hartz-vier-Bezieher getragen werden. Nicht mal dazu gibts nen Zuschlag oder Ausgleich, bis heute nicht. Die Folge aus dieser verfehlten Politik: Viele Menschen sind auf die Tafeln angewiesen.

Zitat:

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte, der erhöhte Hartz-IV-Satz sei viel zu niedrig. Eine Studie weise nach, dass „manipulative Eingriffe in die statistischen Berechnungen“ zu einer massiven Unterdeckung der Regelsätze in Hartz IV führten, erklärte der Verband. Bei einer sachgerechten Herleitung müsse der Regelsatz für Alleinstehende von derzeit 409 Euro um mindestens 120 Euro auf dann 529 Euro angehoben werden. Die Diakonie Deutschland kritisierte, die Anpassung der Regelsätze an die Lohn- und Preisentwicklung schreibe den bestehenden Mangel fort. Mit dem Bedarfsermittlungsgesetz von 2016 sei die Chance vertan worden, das Existenzminimum auf Grundlage realistischer Annahmen und sauberer Methoden zu errechnen.

https://www.focus.de/finanzen/news/arbe ... 98266.html
Da sind wir dann eher bei der Frage der gesellschaftlichen und sozialen Teilhabe, darüber kann man gerne Diskutieren wieviel es braucht und was man bei Hartz 4 Beziehern eher als Luxus bezeichnen kann.
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relativ
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

think twice hat geschrieben:(01 Mar 2018, 21:17)

Ich nehme an, du warst jahrelang Hartzer und hast dich an Tafeln bedient, um dein Budget zu optimieren (was für ein menschenverachtende Aussage). Du weisst aus Erfahrung, dass man mit 450 € im Monat gut jzurechtkommen kann, wenn man bescheiden ist?
Oder bist du ein Mittelstandsbuerger mit ein paar Tausend netto im Monat und gibst wie Thilo Sarrazin gute Ratschläge?
Das ist eine gesellschaftliche Frage, wieviel Geld der Staat also der steuerzahlende Bürger, seinen Bedürftigen und Langzeitarbeitslosen zukommen lässt. Man sollte nicht vergessen, daß es auch noch eine Motivation geben sollte sozialverischerungpflichtige Arbeit anzunehmen und es muss genug sein um die auch "unverschuldet" Bedürftigen einen würdevolles Leben zu ermöglichen. Da gehen die Meinung natürlich auseinander, aber das die Tafel für die allermeisten die diese nutzen eine Budetoptimierung bedeutet ist auch m.M. eine Tatsache, die aber auch nicht zu kritisieren ist.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von schokoschendrezki »

Es führt kein Weg daran vorbei, wenn man was tun will, wenigstens zu versuchen komplexe Zusammenhänge wie die Auswirkungen der EEG-Umlage auf sozial Bedürftige zu verstehen und vor allem, dabei die verschiedenen Interessen herauszufiltern. Beim EEG ist das allerdings gar nicht mal so schwierig. Zirka 2000 energieintensive Unternehmen sind von der Ökostromförderung befreit. Warum eigentlich?

Und bei den Tafeln gibt es mit Sicherheit auch Interessen von verschiedenen Seiten, die im Hintergrund liegen und die überhaupt nix mit der Versorgung der Bedürftigen zu tun haben.

Im großen Maßstab gibts dafür kaum ein besseres Beispiel als die Bill Gates Stiftung. Das vermeintliche Gutmenschentum stellt sich bei genauerer Betrachtung als knallhart kalkulierter Kapitalismus heraus.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Selina
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Selina »

All diese Beispiele überzeugen mich nicht. Da soll mir verklickert werden, wer arm ist, ist selber dran schuld. Und wie schön, dass die Lebensmittel nicht verkommen und man sie einem "nützlichen" Kreislauf zuführt. Toll. Dabei ist bekannt, dass manche Ketten nach wie vor ihre Lebensmittel lieber wegschmeißen, als sie an die Tafeln weiterzuleiten. Und dass die Tafeln vielerorts händeringend nach neuen Partnern/Einzelhändlern suchen, damit sie überhaupt noch ausreichend Lebensmittel zur Verfügung stellen können. Da wird dann in den Lebensmittelketten gesagt, die "Logistik" sei im Moment nicht vorhanden, diese Hilfe zu leisten. Und anderer Unfug.

Am meisten schwillt mir aber der Kamm, wenn auf die Bedürftigen selbst gezeigt wird, Motto: "Strengt euch an, dann schafft ihr es auch, euch in feinen Bars zu unterhalten, statt an der Tafel anzustehen. Streng dich an, dann kannste deinen Strom auch bezahlen". Mein Gott! Welche Ignoranz. Dieses Glätten und Übertünchen aller echten Konflikte im System nervt nur noch. Es gibt massenhaft prekäre, schlecht bezahlte Arbeit, es gibt viel zu niedrig angesetzte Hartz-Sätze, es gibt immer mehr flaschensammelnde Rentner und es gibt eine Vielzahl von Armutserscheinungen aller Art, auch verdeckte und verschämte Armut. Und gerade, wenn es einem selbst ein wenig oder sogar viel besser geht als denen, die an der Tafel anstehen, müsste man doch eigentlich genügend Luft und Kraft haben, mal mit Abstand auf die Zustände zu schauen, sie (wenigstens kühl, wenn die Empathie schon fehlt) zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen. Aber diese Überheblichkeit "selber schuld, dasste dir nüscht leisten kannst; selber schuld, dasste arm bist" das ist einfach nur bürgerliche Ignoranz und Arroganz. Naja, was reg ich mich auf, ist ja eigentlich nix Neues.
Zuletzt geändert von Selina am Freitag 2. März 2018, 09:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

Bielefeld09 hat geschrieben:(02 Mar 2018, 00:18)

Nein, die Behauptungen waren anders.
Und das zeugt von der im Thread vorherschenden Meinung,
das alle Grundsicherung und Hartz 4 Bezieher in der Lage sind,
sich selber zu optimieren.
Nur leider können sie das nicht.
Und nach der hier bestehendenden Meinung gibt es das nicht.
Die Obdachlosen auf der Strasse sprechen eine andere Sprache.
Die Tafel ist eine Veranstaltung für Arme,
und weiter?
Also meine Meinung ist, daß unser Staat für Menschen, die nicht selber in der Lage sind ihr eigenes Überleben zu sichern, vergleichsweise schon einiges tut.
Es besteht immer die Gefahr, daß wenn der Staat mehr zahlt, sich dies negativ auf die Eigenverantwortlichkeit dieser Bürger auswirkt, nach dem Motto der Staat muss sich jetzt aber noch mehr um mich kümmern. Klar kann und darf man da nicht alle Bedürftigen über einen Kamm scheren, aber Hartz 4 ist eben ne große Gießkanne für alle Bedürftigen.
Besser wäre natürlich eine bessere und genauere Einzelfallentscheidung.
Hast du dir mal Biographien der Obdachlosen angeschaut? Was soll der Staat denn gegen so viel selbstzerstörerische Neigung machen? Es gibt Angebote zur Wiedereingliederung, aber die muessen solche menschen auch selber wahr nehmen.
Die Tafel ist eine gesellschaftliche Anwort auf Verschwendung und Armut bzw. Bedürftigkeit
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:31)

Es führt kein Weg daran vorbei, wenn man was tun will, wenigstens zu versuchen komplexe Zusammenhänge wie die Auswirkungen der EEG-Umlage auf sozial Bedürftige zu verstehen und vor allem, dabei die verschiedenen Interessen herauszufiltern. Beim EEG ist das allerdings gar nicht mal so schwierig. Zirka 2000 energieintensive Unternehmen sind von der Ökostromförderung befreit. Warum eigentlich?

Und bei den Tafeln gibt es mit Sicherheit auch Interessen von verschiedenen Seiten, die im Hintergrund liegen und die überhaupt nix mit der Versorgung der Bedürftigen zu tun haben.

Im großen Maßstab gibts dafür kaum ein besseres Beispiel als die Bill Gates Stiftung. Das vermeintliche Gutmenschentum stellt sich bei genauerer Betrachtung als knallhart kalkulierter Kapitalismus heraus.
Welche anderen interessen soll es denn bei den Tafeln geben? Würde mich mal interessieren welche dir da in den Sinn kommen. Die der Verschwendung entgegen zu wirken kennen wir ja bereits.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:31)

Es führt kein Weg daran vorbei, wenn man was tun will, wenigstens zu versuchen komplexe Zusammenhänge wie die Auswirkungen der EEG-Umlage auf sozial Bedürftige zu verstehen und vor allem, dabei die verschiedenen Interessen herauszufiltern. Beim EEG ist das allerdings gar nicht mal so schwierig. Zirka 2000 energieintensive Unternehmen sind von der Ökostromförderung befreit. Warum eigentlich?

Und bei den Tafeln gibt es mit Sicherheit auch Interessen von verschiedenen Seiten, die im Hintergrund liegen und die überhaupt nix mit der Versorgung der Bedürftigen zu tun haben.

Im großen Maßstab gibts dafür kaum ein besseres Beispiel als die Bill Gates Stiftung. Das vermeintliche Gutmenschentum stellt sich bei genauerer Betrachtung als knallhart kalkulierter Kapitalismus heraus.
Ja, das alles kann man natürlich so sehen wollen. Also das Gute lassen, weil es auch weniger gute Wirkungen hat?

Kein Geld vom Staat, weil das den Kampfgeist lähmt und zahllose Kritiker auf den Plan ruft?

Keine Befreiung von EEG-Umlagen; lieber die Herstellung von Elektrostahl und Aluminium nach China oder Brasilien verlegen. Da wird hier die Luft gleich sauberer.

Keine Bill Gates Stiftung; dafür Ebola wüten lassen? Löst auch das eine oder andere Problem, das uns in Europa und Deutschland beschäftigt.

Kein Albert Schweizer; man lasse die Menschen sich doch nach eigenem Ermessen entwickeln. Was soll dieser weiße Hochmut... usw usf

Wenn man nur gründlich genug untersucht, dann ist jeder Mensch krank. :)
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:36)

All diese Beispiele überzeugen mich nicht. Da soll mir verklickert werden, wer arm ist, ist selber dran schuld. Und wie schön, dass die Lebensmittel nicht verkommen und man sie einem "nützlichen" Kreislauf zuführt. Toll. Dabei ist bekannt, dass manche Ketten nach wie vor ihre Lebensmittel lieber wegschmeißen, als sie an die Tafeln weiterzuleiten. Und dass die Tafeln vielerorts händeringend nach neuen Partnern/Einzelhändlern suchen, damit sie überhaupt noch ausreichend Lebensmittel zur Verfügung stellen können. Da wird dann in den Lebensmittelketten gesagt, die "Logistik" sei im Moment nicht vorhanden, diese Hilfe zu leisten. Und anderer Unfug.
Das es bei einigen im Einzelhandel mehr und mehr auch kritische Stimmen gibt , kann man sogar nachvollziehen, schließlich dient die Tafel immer mehr Bürgern zur Budetoptimierung wodurch nicht gerade der Einzelhandel der die Lebensmittel abgibt profitiert, gerade wenn es mom. so ein "Erfolgsmodell" ist. Da Zweifeln wohl einige eher daran, ob dies wirklich den Sinn der Hilfe für Bedürftige erfüllt.
Am meisten schwillt mir aber der Kamm, wenn auf die Bedürftigen selbst gezeigt wird, Motto: "Strengt euch an, dann schafft ihr es auch, euch in feinen Bars zu unterhalten, statt an der Tafel anzustehen. Streng dich an, dann kannste deinen Strom auch bezahlen". Mein Gott! Welche Ignoranz. Dieses Glätten und Übertünchen aller echten Konflikte im System nervt nur noch. Es gibt massenhaft prekäre, schlecht bezahlte Arbeit, es gibt viel zu niedrig angesetzte Hartz-Sätze, es gibt immer mehr flaschensammelnde Rentner und es gibt eine Vielzahl von Armutserscheinungen aller Art, auch verdeckte und verschämte Armut. Und gerade, wenn es einem selbst ein wenig oder sogar viel besser geht als denen, die an der Tafel anstehen, müsste man doch eigentlich genügend Luft und Kraft haben, mal mit Abstand auf die Zustände zu schauen, sie (wenigstens kühl, wenn die Empathie schon fehlt) zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen. Aber diese Überheblichkeit "selber schuld, dasste dir nüscht leisten kannst; selber schuld, dasste arm bist" das ist einfach nur bürgerliche Ignoranz und Arroganz. Naja, was reg ich mich auf, ist ja eigentlich nix Neues.
Mich würde schon interessieren, inweiweit du den Bürger für sein eigenes Leben auch verantwortlich siehst. Natürlich gibt es Nackenschläge und nicht selbst verschuldetet Härtefälle bei vielen Bedürftigen, nur die Frage stellt sich doch automatisch wieviel Rückendeckung eine Gesellschaft bereit ist einem einzelnen Bürger zu geben, die dann auch ausreicht sein Leben wieder selber auf die Kette zu bekommen, denn dies ist ja das Ziel die Gemeinschaftshilfe, oder nicht?
Da sind Detailfragen wie z.B. die Zusatzleistungen für Strom und Wohnung ect. nur ein Teil davon.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von firlefanz11 »

H2O hat geschrieben:(01 Mar 2018, 10:58)
Sind deutsche Hilfsempfänger nicht so bedürftig, und zuvor waren sie das schon?
Nein. So wie ich das System verstanden habe, ist die Bezugsberechtigung von Verpflegung bei der Tafel zeitlich begrenzt, und muss immer neu vorgelegt werden. Wenn immer mehr Migranten sich da anmelden, fehlen weitere Plätze in der Schlange für Deutsche, und wenn das noch verstärkt wird in dem die Migranten die deutschen Bezieher drangsalieren bleiben die aus Angst weg, was mehr Plätze für weitere Migranten frei macht.
Dass die sich dann gegenseitig schubsen u. bedrohen bleibt dann vermutlich auch nicht aus. Im Endeffekt regiert dann dort das Faustrecht(Recht des Stärkeren)...
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

firlefanz11 hat geschrieben:(02 Mar 2018, 13:41)

Nein. So wie ich das System verstanden habe, ist die Bezugsberechtigung von Verpflegung bei der Tafel zeitlich begrenzt, und muss immer neu vorgelegt werden. Wenn immer mehr Migranten sich da anmelden, fehlen weitere Plätze in der Schlange für Deutsche, und wenn das noch verstärkt wird in dem die Migranten die deutschen Bezieher drangsalieren bleiben die aus Angst weg, was mehr Plätze für weitere Migranten frei macht.
Dass die sich dann gegenseitig schubsen u. bedrohen bleibt dann vermutlich auch nicht aus. Im Endeffekt regiert dann dort das Faustrecht(Recht des Stärkeren)...
Genau diesen Gesichtspunkt wollte ich mit meiner frechen Frage heraus kitzeln. Mit Ihrer Darstellung stimme ich völlig überein. Vor dem Hintergrund bewerte ich die tadelnden Einlassungen einer ganzen Schar von Politikern. Unbegreiflich, wie abgehoben diese Leute den Mist betrachten, den sie selbst verursacht haben!
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

H2O hat geschrieben:(02 Mar 2018, 13:58)

Genau diesen Gesichtspunkt wollte ich mit meiner frechen Frage heraus kitzeln. Mit Ihrer Darstellung stimme ich völlig überein. Vor dem Hintergrund bewerte ich die tadelnden Einlassungen einer ganzen Schar von Politikern. Unbegreiflich, wie abgehoben diese Leute den Mist betrachten, den sie selbst verursacht haben!
Nur das es sich bei firlefanz so anhört, als wäre dies von den bösen Flüchtlings und Migrantenmächten genauso so geplant.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 14:04)

Nur das es sich bei firlefanz so anhört, als wäre dies von den bösen Flüchtlings und Migrantenmächten genauso so geplant.
Das habe ich nicht dort heraus gelesen. Ich hatte den Ablauf als nahezu zwangsläufige Folge der Zuwanderung einer großen Zahl bedürftiger Menschen verstanden. So sehe ich diese Vorkommnisse.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

H2O hat geschrieben:(02 Mar 2018, 14:12)

Das habe ich nicht dort heraus gelesen. Ich hatte den Ablauf als nahezu zwangsläufige Folge der Zuwanderung einer großen Zahl bedürftiger Menschen verstanden. So sehe ich diese Vorkommnisse.
Tja warum wundert mich das nicht.
Nein. So wie ich das System verstanden habe, ist die Bezugsberechtigung von Verpflegung bei der Tafel zeitlich begrenzt, und muss immer neu vorgelegt werden. Wenn immer mehr Migranten sich da anmelden, fehlen weitere Plätze in der Schlange für Deutsche
......
und wenn das noch verstärkt wird in dem die Migranten die deutschen Bezieher drangsalieren bleiben die aus Angst weg, was mehr Plätze für weitere Migranten frei macht.
:cool:
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 14:16)

Tja warum wundert mich das nicht.

......

:cool:
Ich kann der Darstellung beim bösesten Willen keine unwahre oder böswillige Sichtweise entnehmen. Sie entspricht nahezu wörtlich den Klagen, die die Betreiber der Tafeln geäußert haben. Da waren dichter dran am Geschehen als Sie oder Firlefanz11 oder ich... oder die Kanzlerin :D
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

H2O hat geschrieben:(02 Mar 2018, 14:31)

Ich kann der Darstellung beim bösesten Willen keine unwahre oder böswillige Sichtweise entnehmen. Sie entspricht nahezu wörtlich den Klagen, die die Betreiber der Tafeln geäußert haben. Da waren dichter dran am Geschehen als Sie oder Firlefanz11 oder ich... oder die Kanzlerin :D
Also du glaubst nicht, daß der Tafelverein da nicht auch noch ein Wörtchen mitredet. Oder im Nachhinein ist er sogar Mitverschwörer und nehmen bewusst die deutschen Anmeldungen gar nicht mehr an, sondern nur die der Migranten. :?:
Aber evtl. liegt es auch einfach nur daran, daß sich nicht so viele Deutsche dort anmelden und der Grund dafür gar nicht die vielen bösen Migranten sind.
Das die Betreiber der Tafeln näher drann sind ist mir klar, das war ja auch nicht Teil meiner Kritik.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:48)

Mich würde schon interessieren, inweiweit du den Bürger für sein eigenes Leben auch verantwortlich siehst. Natürlich gibt es Nackenschläge und nicht selbst verschuldetet Härtefälle bei vielen Bedürftigen, nur die Frage stellt sich doch automatisch wieviel Rückendeckung eine Gesellschaft bereit ist einem einzelnen Bürger zu geben, die dann auch ausreicht sein Leben wieder selber auf die Kette zu bekommen, denn dies ist ja das Ziel die Gemeinschaftshilfe, oder nicht?
Da sind Detailfragen wie z.B. die Zusatzleistungen für Strom und Wohnung ect. nur ein Teil davon.
Ich widerspreche dir ja ungern, aber hier siehst du etwas komplett falsch.
Du zahlst Steuern, die nicht zweckgebunden sind und für die du keine Gegenleistung erwarten kannst. Aus diesem Steuertopf wird das Existenzminimum Bedürftiger gesichert. Genau wie Strassen erneuert, Kindergärten saniert werden. Du hast nicht zu entscheiden, wann Strassen erneuert werden oder welche Leistungen Bedürftige erhalten duerfen., um "ihr Leben wieder auf die Kette zu bekommen". Wie anmaßend ist das denn? :rolleyes:
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:03)

Ich widerspreche dir ja ungern, aber hier siehst du etwas komplett falsch.
Du zahlst Steuern, die nicht zweckgebunden sind und für die du keine Gegenleistung erwarten kannst. Aus diesem Steuertopf wird das Existenzminimum Bedürftiger gesichert. Genau wie Strassen erneuert, Kindergärten saniert werden. Du hast nicht zu entscheiden, wann Strassen erneuert werden oder welche Leistungen Bedürftige erhalten duerfen., um "ihr Leben wieder auf die Kette zu bekommen". Wie anmaßend ist das denn? :rolleyes:
Unser Sozialpaket ist ja nicht sowas wie ein bedingungsloses Einkommen. An diese Leistungen sind ja auch Bedingungen geknüpft wie du ja weisst. Ich formuliere hier aber das Ziel und dies ist selbstverständlich das, daß z.B. ein Langzeitarbeitloser, gerade wenn er noch im einem guten Arbeitsalter ist, wieder der Gemeinschaft hilft ihre Aufgaben, die du ja gut Aufgezählt hast, zu stemmen. Das ist in meinen Augen nicht anmaßend sonder in einer Gemeinschaft mit so einem Sysem nahezu logisch. Und natürlich sollen Bedürftige/ Arbeitslose ihre Leistungen bekommen, daß heisst doch aber nicht, daß wir sie dann einfach mal weiter Bedingungslos davon Leben lassen, ohne zu überlegen wie wir sie evt. wieder zum Arbeiten bekommen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:01)

Also du glaubst nicht, daß der Tafelverein da nicht auch noch ein Wörtchen mitredet. Oder im Nachhinein ist er sogar Mitverschwörer und nehmen bewusst die deutschen Anmeldungen gar nicht mehr an, sondern nur die der Migranten. :?:
Aber evtl. liegt es auch einfach nur daran, daß sich nicht so viele Deutsche dort anmelden und der Grund dafür gar nicht die vielen bösen Migranten sind.
Das die Betreiber der Tafeln näher drann sind ist mir klar, das war ja auch nicht Teil meiner Kritik.
Nein, das wird mir jetzt aber zu verschwurbelt. :) Die Aussagen waren doch in der Presse inzwischen gut genug ausgewalzt worden. Hochinteressant, was sich nun abspielt:

http://www.epochtimes.de/politik/deutsc ... 63101.html

Bitte sich nicht an der Zeitung zu stören; die hat keinen guten Ruf. Ich nutze sie aber gern für "Gegengutachten".
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:17)

Unser Sozialpaket ist ja nicht sowas wie ein bedingungsloses Einkommen. An diese Leistungen sind ja auch Bedingungen geknüpft wie du ja weisst. Ich formuliere hier aber das Ziel und dies ist selbstverständlich das, daß z.B. ein Langzeitarbeitloser, gerade wenn er noch im einem guten Arbeitsalter ist, wieder der Gemeinschaft hilft ihre Aufgaben, die du ja gut Aufgezählt hast, zu stemmen. Das ist in meinen Augen nicht anmaßend sonder in einer Gemeinschaft mit so einem Sysem nahezu logisch. Und natürlich sollen Bedürftige/ Arbeitslose ihre Leistungen bekommen, daß heisst doch aber nicht, daß wir sie dann einfach mal weiter Bedingungslos davon Leben lassen, ohne zu überlegen wie wir sie evt. wieder zum Arbeiten bekommen.
Die Bedingungen stellt aber nicht die Gesellschaft (wäre ja noch schöner). Bedingungen und Ziele sind im SGB ausformuliert, welche wiederum der Gesetzgeber festgelegt hat. "Wir" haben von dem Arbeitslosen garnichts zu fordern.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Selina »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:17)

Unser Sozialpaket ist ja nicht sowas wie ein bedingungsloses Einkommen. An diese Leistungen sind ja auch Bedingungen geknüpft wie du ja weisst. Ich formuliere hier aber das Ziel und dies ist selbstverständlich das, daß z.B. ein Langzeitarbeitloser, gerade wenn er noch im einem guten Arbeitsalter ist, wieder der Gemeinschaft hilft ihre Aufgaben, die du ja gut Aufgezählt hast, zu stemmen. Das ist in meinen Augen nicht anmaßend sonder in einer Gemeinschaft mit so einem Sysem nahezu logisch. Und natürlich sollen Bedürftige/ Arbeitslose ihre Leistungen bekommen, daß heisst doch aber nicht, daß wir sie dann einfach mal weiter Bedingungslos davon Leben lassen, ohne zu überlegen wie wir sie evt. wieder zum Arbeiten bekommen.
Das klingt so, als seien die Hartz-Vier-Bezieher und Langzeitarbeitslosen alle faul und unwillig, mit ihrer eigenen Hände Arbeit Geld zu verdienen. Und das ist eben das Ammenmärchen, das immer wieder kolportiert wird. Die Leute haben es schwer genug und müssen sich dann obendrein noch sagen lassen "du, du, du, nun bemüh dich aber auch mal schnell, den Steuerzahlern nicht weiter auf der Tasche zu liegen". Ich kenne keinen einzigen Hartz-Vier-Bezieher (und ich kenne etliche persönlich), die auf der faulen Haut liegen und sich nicht bemühen. Im Gegenteil: Ich kenne jede Menge demütigende Fragen und Termine. Jeder Pfennig, der durch irgendeine Mietrückzahlung auf dem Konto landet, weil derjenige besonders sparsam war bei den Betriebskosten, und sei der Betrag auch noch so klein, muss abgerechnet, aufgelistet, nachgewiesen werden im Jobcenter. Dann wird dort auch vieles verbummelt durch Mitarbeiter-Wechsel und Personalmangel; da rennen die Kunden dann doppelt und dreifach dorthin, um das Zeuchs wiederzubeschaffen usw. usf.

Außerdem ist das Sanktions- und Kontroll-System in der Hartz-Behörde so streng und engmaschig, da kann sich gar kein Fauler durchwurschteln. Würde sofort auffallen. Er muss sich bemühen, auf Biegen und Brechen eine Stelle zu finden, egal, welche. Wenn nicht, Sanktion. Und alle, die ich kenne, würden alles dafür tun, endlich einen Job zu finden, von dem sie, ohne beim Jobcenter aufstocken zu müssen, leben können. Denn das ist der eigentliche Krebsschaden: Die vielen so genannten Aufstocker. Im Osten besonders verbreitet. Dieses Leute arbeiten alle, finden aber auf dem Arbeitsmarkt keine Vollzeitstelle, von der sie sich und ihre Familie ernähren können, sondern nur Teilzeitstellen, obwohl sie liebend gerne Vollzeit arbeiten würden. Den Unternehmen sind aber Vollzeitstellen "zu teuer", daher sind sie ganz froh, dass sie den Arbeitssuchenden einen schlecht bezahlten Teilzeit-Job anbieten können, schließlich wissen die Herren Unternehmer ja, die Leute können doch aufstocken gehen beim Amt. Unsägliches Schröder-System. War von Anfang an so gewollt dieser große Niedriglohnsektor, wo nur eine Seite was davon hat: Die Unternehmensseite. Und nein, die, von denen ich spreche, sind keine schlecht ausgebildeten Hilfskräfte, nee nee, richtig gut ausgebildete Leute.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:29)

Die Bedingungen stellt aber nicht die Gesellschaft (wäre ja noch schöner). Bedingungen und Ziele sind im SGB ausformuliert, welche wiederum der Gesetzgeber festgelegt hat. "Wir" haben von dem Arbeitslosen garnichts zu fordern.
Doch sicherlich, dass sie sich um Arbeit bemühen. Ist das zuviel verlangt.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Ammianus »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:29)

Die Bedingungen stellt aber nicht die Gesellschaft (wäre ja noch schöner). Bedingungen und Ziele sind im SGB ausformuliert, welche wiederum der Gesetzgeber festgelegt hat. "Wir" haben von dem Arbeitslosen garnichts zu fordern.
Ist ja auch schön. Denn wer ist der Gesetzgeber der "Bedingungen und Ziele ... im SGB ausformuliert"?
Wir, die Gesellschaft. In einer Demokratie ist das so. Und die Gesellschaft kann sehr wohl von Arbeitslosen etwas fordern.
Wie und was ist die Sache demokratischer Kommunikations- und Entscheidungsprozesse.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:50)

Unsägliches Schröder-System. War von Anfang an so gewollt dieser große Niedriglohnsektor, wo nur eine Seite was davon hat: Die Unternehmensseite.
Ich gebe dir in allem recht, aber darin auch mal nicht.
Erstens wurde der Hartz-Plan von allen Parteien ausgearbeitet und abgeknickt, die SPD war nur die regierende Partei, die ihn letztendlich eingeführt hat. Ich denke, er war auch gut gemeint, aber lückenhaft ausgearbeitet. Es gab nun wirklich viele Arbeitslose, die sich auf ihrer Arbeitslosenhilfe ohne zeitliches Limit ausgeruht haben. Und als Ueberbrueckung ist sicher Zeitarbeit und Niecriglohn akzeptabel. Aber eben nur kurzfristig.Nur, wie immer haben die Unternehmen die Fehler im System genutzt, um Kapital daraus zu schlagen. Das Verwerfliche ist, dass nicht zugunsten der Betroffenen nachgebessert wurde und die Unternehmen bis heute auch über einen langen Zeitraum die Arbeitnehmer ausnutzen können.
Es wäre allerdings seit Jahren vorrangig Aufgabe der SPD im Rahmen ihrer Regierungsverantwortung, diesen Zustand zu beenden.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:54)

Doch sicherlich, dass sie sich um Arbeit bemühen. Ist das zuviel verlangt.
Ja, ist zu viel verlangt. Mit welchem Recht stellst du an deine Mitbürger Forderungen, wie sie sich zu verhalten und zu leben haben?
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:36)

Ja, ist zu viel verlangt. Mit welchem Recht stellst du an deine Mitbürger Forderungen, wie sie sich zu verhalten und zu leben haben?
Liegt am Grundprinzip unseres Sozialstaats, dem gegenseitigen Leistungsaustausch. Aber wir sind ja eine liberale Gesellschaft, natürlich kann man sich dem auch entziehen, mit den entsprechenden Konsequenzen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:34)

Ich gebe dir in allem recht, aber darin auch mal nicht.
Erstens wurde der Hartz-Plan von allen Parteien ausgearbeitet und abgeknickt, die SPD war nur die regierende Partei, die ihn letztendlich eingeführt hat. Ich denke, er war auch gut gemeint, aber lückenhaft ausgearbeitet. Es gab nun wirklich viele Arbeitslose, die sich auf ihrer Arbeitslosenhilfe ohne zeitliches Limit ausgeruht haben. Und als Ueberbrueckung ist sicher Zeitarbeit und Niecriglohn akzeptabel. Aber eben nur kurzfristig.Nur, wie immer haben die Unternehmen die Fehler im System genutzt, um Kapital daraus zu schlagen. Das Verwerfliche ist, dass nicht zugunsten der Betroffenen nachgebessert wurde und die Unternehmen bis heute auch über einen langen Zeitraum die Arbeitnehmer ausnutzen können.
Es wäre allerdings seit Jahren vorrangig Aufgabe der SPD im Rahmen ihrer Regierungsverantwortung, diesen Zustand zu beenden.
Richtig. Allerdings ist es auch bekannt, dass mit Schröders Agenda2010 - nach Absprache und ideologischer Übereinkunft mit Blair - die Neoliberalisierung der SPD begann. Damit verlor die SPD viele tausende Mitglieder. Führende Köpfe der SPD kennen den Zusammenhang schon sehr lange, ihr Einfluss in den Gremien wurde allerdings immer schwächer. Bis er ganz verschwand. Mir wäre eine wieder stärker werdende SPD, eine, die wirklich wieder sozialdemokratisch wird, auch lieber. Kannste mir glauben ;)
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

Ammianus hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:09)

Ist ja auch schön. Denn wer ist der Gesetzgeber der "Bedingungen und Ziele ... im SGB ausformuliert"?
Wir, die Gesellschaft. In einer Demokratie ist das so. Und die Gesellschaft kann sehr wohl von Arbeitslosen etwas fordern.
Wie und was ist die Sache demokratischer Kommunikations- und Entscheidungsprozesse.
Dazu gehören dann auch öffentliche Foren im Netz.
Warst du an der Ausgestaltung des SGB beteiligt? Ich glaube kaum. Du kannst in oeffentlichen Foren Forderungen stellen, wie du lustig bist, es muss sich aber niemand danach richten.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von twilight »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:36)

Ja, ist zu viel verlangt. Mit welchem Recht stellst du an deine Mitbürger Forderungen, wie sie sich zu verhalten und zu leben haben?
Wer bezahlt bestimmt die Musik.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:39)

Liegt am Grundprinzip unseres Sozialstaats, dem gegenseitigen Leistungsaustausch. Aber wir sind ja eine liberale Gesellschaft, natürlich kann man sich dem auch entziehen, mit den entsprechenden Konsequenzen.
Die Konsequenzen bestimmst auch nicht du.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:42)

Die Konsequenzen bestimmst auch nicht du.
nö, jeder selber. Das solltest du als Beamtin eigentlich wissen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Selina »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:54)

Doch sicherlich, dass sie sich um Arbeit bemühen. Ist das zuviel verlangt.
Sie bemühen sich ja. Siehe mein Beitrag oben drüber. Die Mär vom faulen Arbeitslosen, der sich auf Kosten der fleißigen Steuerzahler nen Bunten macht, wird auch durch häufige Wiederholung nicht wahrer. Dazu bitte entsprechende Beiträge auch zur Kenntnis nehmen. Danke.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

twilight hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:41)

Wer bezahlt bestimmt die Musik.
Steuern sind Zahlungen, die man leisten muss, ohne eine konkrete Gegenleistung dafür erwarten zu können im Gegensatz zu Gebühren und Abgaben. Nicht gewusst?
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:40)

Richtig. Allerdings ist es auch bekannt, dass mit Schröders Agenda2010 - nach Absprache und ideologischer Übereinkunft mit Blair - die Neoliberalisierung der SPD begann. Damit verlor die SPD viele tausende Mitglieder. Führende Köpfe der SPD kennen den Zusammenhang schon sehr lange, ihr Einfluss in den Gremien wurde allerdings immer schwächer. Bis er ganz verschwand. Mir wäre eine wieder stärker werdende SPD, eine, die wirklich wieder sozialdemokratisch wird, auch lieber. Kannste mir glauben ;)
Da sind wir und wieder einig. :)
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:43)

nö, jeder selber. Das solltest du als Beamtin eigentlich wissen.
Eben. Jedenfalls nicht die "Gesellschaft", wie es so manche gerne hätten.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Adam Smith »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:36)

Ja, ist zu viel verlangt. Mit welchem Recht stellst du an deine Mitbürger Forderungen, wie sie sich zu verhalten und zu leben haben?
Wer das nicht möchte kann ja sein Glück woanders versuchen.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:41)

Warst du an der Ausgestaltung des SGB beteiligt? Ich glaube kaum. Du kannst in oeffentlichen Foren Forderungen stellen, wie du lustig bist, es muss sich aber niemand danach richten.
Arbeitslose nicht, Flüchtlinge nicht, Muslime nicht, unerzogene Kinder nicht, Linke nicht..... :s
Langzeitarbeitslose unter Generalverdacht zu stellen, sie seien faul, wird immer wieder durch entsprechende Presseberichte unterfüttert. Siehe der fröhlich auf Mallorca zechende alte Hartzer. Alles Demagogie. Den Typen hat es ja gegeben, aber die Masse der Hartz-Vier-Bezieher lebt doch nicht so wie der. Die werden somit allesamt gleich mit durch den Kakao gezogen. Der makabre Witz: Die Leute, denen es in der Gesellschaft sowieso schon am schlechtesten geht, sollen sich zusätzlich auch noch richtig schämen für ihr Dasein und so richtig schlecht fühlen. Das ist so eine verlogene Schei...
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

Adam Smith hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:51)

Wer das nicht möchte kann ja sein Glück woanders versuchen.
Er kann auch hier bleiben, auch wenn du vor Wut in die Tischkante beisst.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von twilight »

Adam Smith hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:51)

Wer das nicht möchte kann ja sein Glück woanders versuchen.
Ohne Sofa ?
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:44)

Sie bemühen sich ja. Siehe mein Beitrag oben drüber. Die Mär vom faulen Arbeitslosen, der sich auf Kosten der fleißigen Steuerzahler nen Bunten macht, wird auch durch häufige Wiederholung nicht wahrer. Dazu bitte entsprechende Beiträge auch zur Kenntnis nehmen. Danke.
der Großteil der Arbeitslosen bemüht sich wohl, daran gibt es nichts zu rütteln. Aber der landet auch nicht im ALG2. Selbst dort landen noch viele, deren spezielle Lebensumstände es eben gerade zu dem Zeitpunkt nicht ermöglichen sich einen Job zu besorgen, der den Lebensunterhalt sichert. Sei es von mir aus weil alleinerziehend, Angehörige pflegend oder was auch immer. Aber du willst mir hier doch nicht weiß machen, dass diese Leute nicht in der Lage sind ihre Stromrechnung zu bezahlen, so wie think twice das mit ihrer Quelle ja zu suggerieren versucht. Da liegt das Problem ganz woanders.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Adam Smith »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:45)

Steuern sind Zahlungen, die man leisten muss, ohne eine konkrete Gegenleistung dafür erwarten zu können im Gegensatz zu Gebühren und Abgaben. Nicht gewusst?
Im Gegensatz zu Gebühren und Beiträgen (und Umlagen). Steuern gehören zu den Abgaben. Keine konkrete Leistung bedeutet, dass es irgendeine Leistung schon gibt.

Wobei Umlagen spezielle Beiträge sind.
Zuletzt geändert von Adam Smith am Freitag 2. März 2018, 16:56, insgesamt 1-mal geändert.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:48)

Eben. Jedenfalls nicht die "Gesellschaft", wie es so manche gerne hätten.
als Beamtin kannst du dann sicher auch die entsprechenden Rechtsgrundlagen zitieren. Die Umsetzung ist ja deine Aufgabe, dann solltest du sie auch kennen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:52)

Langzeitarbeitslose unter Generalverdacht zu stellen, sie seien faul, wird immer wieder durch entsprechende Presseberichte unterfüttert. Siehe der fröhlich auf Mallorca zechende alte Hartzer. Alles Demagogie. Den Typen hat es ja gegeben, aber die Masse der Hartz-Vier-Bezieher lebt doch nicht so wie der. Die werden somit allesamt gleich mit durch den Kakao gezogen. Der makabre Witz: Die Leute, denen es in der Gesellschaft sowieso schon am schlechtesten geht, sollen sich zusätzlich auch noch richtig schämen für ihr Dasein und so richtig schlecht fühlen. Das ist so eine verlogene Schei...
Und sie sollen gefälligst wenigstens die Strasse fegen, wenn sie sonst schon ihr Leben nicht auf die Kette kriegen. Oder sich für 5 € die Stunde ausbeuten lassen. Kann man ja wohl fordern als Steuerzahler. :rolleyes:
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Skull »

Guten Tag,

ich habe diesen Strang nun erstmal gesperrt.

Auch hier...ist es mal wieder zum allgemeinen Tunmelplatz gekommen.

Thema sind die Tafeln...Gerade im Kontext der aktuellen Entscheidungen und Situationen.

Ich werde zunächst nicht weitere Beiträge in die Ablage schieben.
Ich werde auch den Strang im Laufe der Nacht wieder öffnen.

Falls es jedoch im Zuge der letzten Beiträge hier danach unverändert weiter gehen sollte,
werde ich andere Maßnahmen ergreifen.

Ich hoffe aber ... das können wir alle miteinander vermeiden.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von Ammianus »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 16:41)

Warst du an der Ausgestaltung des SGB beteiligt? Ich glaube kaum. Du kannst in oeffentlichen Foren Forderungen stellen, wie du lustig bist, es muss sich aber niemand danach richten.
Arbeitslose nicht, Flüchtlinge nicht, Muslime nicht, unerzogene Kinder nicht, Linke nicht..... :s
Selbstverständlich war ich daran beteiligt. Wenn auch nur als einer von Millionen. Ich nehme mein Wahlrecht wahr, diskutiere mit anderen Menschen, was diese vielleicht negativ oder positiv beeinflusst, ich zahle Steuern die unser Gemeinwesen überhaupt erst möglich machen und damit eben auch die Schaffung rechtlicher Regelungen und deren Durchsetzung.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:47)

Ja, das alles kann man natürlich so sehen wollen. Also das Gute lassen, weil es auch weniger gute Wirkungen hat?

Kein Geld vom Staat, weil das den Kampfgeist lähmt und zahllose Kritiker auf den Plan ruft?

Keine Befreiung von EEG-Umlagen; lieber die Herstellung von Elektrostahl und Aluminium nach China oder Brasilien verlegen. Da wird hier die Luft gleich sauberer.

Keine Bill Gates Stiftung; dafür Ebola wüten lassen? Löst auch das eine oder andere Problem, das uns in Europa und Deutschland beschäftigt.

Kein Albert Schweizer; man lasse die Menschen sich doch nach eigenem Ermessen entwickeln. Was soll dieser weiße Hochmut... usw usf

Wenn man nur gründlich genug untersucht, dann ist jeder Mensch krank. :)
Nee. "Verstehen" heißt ja nicht "Ablehnen". Ich habe nichts von "Lassen" geschrieben. Ich halte nur nichts von Illusionen und Idealisierungen. Gerade in jüngerer Zeit sind sowohl nationale wie internationale Hilfsorganisationen (Oxfam nur mal als Beispiel) massiv in die Kritik gekommen. Wer will sie denn gleich verbieten? Und Epidemien ließen sich womöglich effektiver bekämpfen, wenn man preiswerte Medikamente aus Indien oder China einsetzen würde. Das geht aber mit der Gates-Stiftung nicht. Alle die großen Unternehmen, die von Hilfsorganisationen wie Oxfam und Save The Children kritisiert wurden und werden, sind in den letzten Jahren Partnerschaften mit solchen Organisationen eingegangen. Der scharfe Ton der Kritik sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mitlerweile eine ganz eigenartige Symbiose auf diesem Gebiet gibt.

Oxfam kritisiert massiv Nahrungsmittelkonzerne wegen deren Verletzungen von Arbeitnehmerrechten ("Behind the Brands"). Aber da wo diese Unternhmen, den weit weit größeren Schaden anrichten, gibt es ein Übereinkommen des Schweigens, beim Kerngeschäft: Bei der Propagierung gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel vor allem in aufstrebenden Ländern wie Indien. Junkfood wird in Ländern wie Indien massiv beworben und das Ergebnis ist ein rasanter Anstieg fettleibiger Kinder. Kein Problem für Oxfam. Solche NGOs werden mittlerweile selbst wie große Unternehmen geführt.

Aber nochmal. Das heißt ja nicht, dass sie abgeschafft werden sollen. Sie müssen aber transparent sein und in demokratische Strukturen eingebunden sein.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

Selina hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:50)

Das klingt so, als seien die Hartz-Vier-Bezieher und Langzeitarbeitslosen alle faul und unwillig, mit ihrer eigenen Hände Arbeit Geld zu verdienen. Und das ist eben das Ammenmärchen, das immer wieder kolportiert wird. Die Leute haben es schwer genug und müssen sich dann obendrein noch sagen lassen "du, du, du, nun bemüh dich aber auch mal schnell, den Steuerzahlern nicht weiter auf der Tasche zu liegen". Ich kenne keinen einzigen Hartz-Vier-Bezieher (und ich kenne etliche persönlich), die auf der faulen Haut liegen und sich nicht bemühen. Im Gegenteil: Ich kenne jede Menge demütigende Fragen und Termine. Jeder Pfennig, der durch irgendeine Mietrückzahlung auf dem Konto landet, weil derjenige besonders sparsam war bei den Betriebskosten, und sei der Betrag auch noch so klein, muss abgerechnet, aufgelistet, nachgewiesen werden im Jobcenter. Dann wird dort auch vieles verbummelt durch Mitarbeiter-Wechsel und Personalmangel; da rennen die Kunden dann doppelt und dreifach dorthin, um das Zeuchs wiederzubeschaffen usw. usf.

Außerdem ist das Sanktions- und Kontroll-System in der Hartz-Behörde so streng und engmaschig, da kann sich gar kein Fauler durchwurschteln. Würde sofort auffallen. Er muss sich bemühen, auf Biegen und Brechen eine Stelle zu finden, egal, welche. Wenn nicht, Sanktion. Und alle, die ich kenne, würden alles dafür tun, endlich einen Job zu finden, von dem sie, ohne beim Jobcenter aufstocken zu müssen, leben können. Denn das ist der eigentliche Krebsschaden: Die vielen so genannten Aufstocker. Im Osten besonders verbreitet. Dieses Leute arbeiten alle, finden aber auf dem Arbeitsmarkt keine Vollzeitstelle, von der sie sich und ihre Familie ernähren können, sondern nur Teilzeitstellen, obwohl sie liebend gerne Vollzeit arbeiten würden. Den Unternehmen sind aber Vollzeitstellen "zu teuer", daher sind sie ganz froh, dass sie den Arbeitssuchenden einen schlecht bezahlten Teilzeit-Job anbieten können, schließlich wissen die Herren Unternehmer ja, die Leute können doch aufstocken gehen beim Amt. Unsägliches Schröder-System. War von Anfang an so gewollt dieser große Niedriglohnsektor, wo nur eine Seite was davon hat: Die Unternehmensseite. Und nein, die, von denen ich spreche, sind keine schlecht ausgebildeten Hilfskräfte, nee nee, richtig gut ausgebildete Leute.
Sorry wenn du es so interpretierst, aber ich glaube da bist du eher in deinen Reflexen verfangen.
Es geht auch nicht darum wer mir auf der Tasche liegt, auch das hast du wohl nicht richtig interpretieren können. Naja ich bin mir nicht sicher ob ich überhaupt darauf antworten soll, bis du es evtl. doch irgenwie verstehst was ich meine.
Ich kenne auch wenig Hartz 4 Empfänger die auf der faulen Haut liegen wollen, aber einige die nicht in die Sozialkassen einzahlen, noch Steuren zahlen, oder ihre "Nichtfaulheit" anzeigen.
Das für die meisten Hartz 4 kein bequemes oder angestrebtes Ziel ist weiss ich auch gerade deshalb ist es ja so wichtig, daß diese Menschen gar nicht erst solange darin verweilen, wenn es Gesundheitlich geht und da kann der Staat und die Wirtschaft sich sicher etwas einfallen lassen auch wenn es subventioniert ist, immer noch besser als diese Menschen untätig bleiben zu lassen und sie sich in Hartz 4 einrichten zu lassen, denn das passiert mit etlichen Langzeitarbeitslosen.
Das Banale braucht man nicht zu schälen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von relativ »

think twice hat geschrieben:(02 Mar 2018, 15:29)

Die Bedingungen stellt aber nicht die Gesellschaft (wäre ja noch schöner). Bedingungen und Ziele sind im SGB ausformuliert, welche wiederum der Gesetzgeber festgelegt hat. "Wir" haben von dem Arbeitslosen garnichts zu fordern.
Was ist denn der Gesetzgeber? Gott oder der Teufel? Die Gesellschaftlichen Bedingungen werden natürlich immer wieder neu Verhandelt udn dies geschieht über den öffentlichen Diskurs und Wahlen.
Sorry aber deine Einstellung darüber, daß die Gesellschaft, in Form von Gesetzen und Regeln, keine Forderungen an diejenigen stellen darf, die selbst fordern, ist ein wenig naiv.
Derjenige der Geld vergibt kann auch bestimmte Regeln aufstellen das sollte dir doch klar sein, denn das Geld kommt ja nicht aus der Luft. Und über Lösungen für Langzeitarbeitslose darf schon allemal ein Diskurs geführt werden.
Das Banale braucht man nicht zu schälen.
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von schokoschendrezki »

relativ hat geschrieben:(02 Mar 2018, 09:38)

Welche anderen interessen soll es denn bei den Tafeln geben? Würde mich mal interessieren welche dir da in den Sinn kommen. Die der Verschwendung entgegen zu wirken kennen wir ja bereits.
Die Frage ist, ob die Tafeln denn tatsächlich der Verschwendung entgegen wirken oder sie vielleicht nicht sogar noch befördern. Die Tafeln können (abgesehen von ihrem primären Ziel, Bedürftigen zu helfen) eine gewisse Verschwendung im allerallerletzten Glied des Lebensmittelverbrauchszyklus verhindern. Ja. Meine Skepsis hat damit zu tun, dass damit ein an sich schon verschwenderisches System noch mehr etabliert wird. Wieviel gute, frische krumme Gurken werden vor der Auslieferung an Handelsketten weggeworfen, bevor eine nicht mehr ganz frische gerade Gurke den Tafeln zugeführt wird? Was passiert in dem viel größeren und längeren Zyklusabschnitten vor der Belieferung von Supermärkten? Es ist kaum vorstellbar, dass die Hersteller von Lebensmitteln kein Interesse an einem solchen System haben. In Frankreich gibts ein Gesetz für die Supermärkte, überschüssige verbrauchbare Lebensmittel nicht wegwerfen zu dürfen. Ich bin einfach misstrauisch, dass mit den Tafeln ein an sich schon höchst fragwürdiges System legitimiert wird. Alle sind zufrieden, aber der Gesamt-Mist geht nur ungestörter weiter. Und nebenher wird die soziale Fraktionierung der Gesellschaft nur noch weiter zementiert. In dieser Hinsicht ist es natürlich positiv zu werten, dass bei den politischen Forderungen der Tafelbetreiber Steuergerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit ganz oben stehen. Und nicht die Forderung nach Einrichtung von mehr Suppenküchen und Wärmestuben.

Unabhängig davon: Ich hab' mir grad Statistiken zur Lebensmittelverschwendung (beim Endverbraucher wohlgemerkt) angeschaut. Woran liegt es eigentlich, dass Belgien und die Niederlande als relativ kleine Länder im europäischen Vergleich derartige Ausreißer mit exorbitant höheren Werten sind wie das restliche Europa? (EU-Durchschnitt 180kg Verlust pro Jahr und Kopf mit einer mäßigen Varianz und dann Niederlande gleich fast 600 kg!, https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... swahn.html
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Re: Die Tafel - Eine unvermeidbare Erscheinung?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Mar 2018, 22:29)

Nee. "Verstehen" heißt ja nicht "Ablehnen". Ich habe nichts von "Lassen" geschrieben. Ich halte nur nichts von Illusionen und Idealisierungen. Gerade in jüngerer Zeit sind sowohl nationale wie internationale Hilfsorganisationen (Oxfam nur mal als Beispiel) massiv in die Kritik gekommen. Wer will sie denn gleich verbieten? Und Epidemien ließen sich womöglich effektiver bekämpfen, wenn man preiswerte Medikamente aus Indien oder China einsetzen würde. Das geht aber mit der Gates-Stiftung nicht. Alle die großen Unternehmen, die von Hilfsorganisationen wie Oxfam und Save The Children kritisiert wurden und werden, sind in den letzten Jahren Partnerschaften mit solchen Organisationen eingegangen. Der scharfe Ton der Kritik sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mitlerweile eine ganz eigenartige Symbiose auf diesem Gebiet gibt.

Oxfam kritisiert massiv Nahrungsmittelkonzerne wegen deren Verletzungen von Arbeitnehmerrechten ("Behind the Brands"). Aber da wo diese Unternhmen, den weit weit größeren Schaden anrichten, gibt es ein Übereinkommen des Schweigens, beim Kerngeschäft: Bei der Propagierung gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel vor allem in aufstrebenden Ländern wie Indien. Junkfood wird in Ländern wie Indien massiv beworben und das Ergebnis ist ein rasanter Anstieg fettleibiger Kinder. Kein Problem für Oxfam. Solche NGOs werden mittlerweile selbst wie große Unternehmen geführt.

Aber nochmal. Das heißt ja nicht, dass sie abgeschafft werden sollen. Sie müssen aber transparent sein und in demokratische Strukturen eingebunden sein.
Wenn diese Gesellschaften nicht aus der Staatskasse betrieben werden, sondern aus Spenden vieler Menschen, dann ist ein Teil der Demokratie, das heißt der verwaltungstechnische Durchgriff in solche Unternehmungen, erst einmal ausgeschlossen. Demokratie heißt dann schon, daß Spendengelder fließen. Und diese Spenden sind steuerfrei, weil das Unternehmen als gemeinnützig anerkannt wurde. So sehe ich das auch für Stiftungen. Mit den Stiftungsmitteln soll geschehen, was der Stifter als gemeinnützigen Zweck anstrebt.

Aber ansonsten haben Sie natürlich Recht: Diese Unternehmen sind kein rechtsfreier Raum; als Arbeitgeber haben sie Verpflichtungen, die durch unsere Gesetze beschrieben sind, und Arbeitnehmern gegen Lohn und Brot steht kein Heiligenschein zu, nur weil sie bei einem gemeinnützigen Verein beschäftigt sind. Davon ausgenommen ist aber das Ehrenamt. Diesen Menschen gebührt unsere besondere Achtung... ganz klar, meine ich, aber auch ihr Handeln unterliegt den Normen unserer Gesetze. Wenn ein Heiliger dieser Art sich an Schutzbefohlenen vergreift, dann ist sein Vergehen genau so verwerflich und strafbar wie das eines Mitarbeiters gegen Lohn und Brot.

Die "Waffe" der Gemeinschaft bei systematischen Verfehlungen wäre einmal der Entzug der Gemeinnützigkeit, und, ganz ohne Einschaltung der Justiz, der Verzicht auf Spenden. Spenden sind eine demokratische Entscheidung... ich lehne also ganz entschieden den Eingriff Dritter in ein ausschließlich aus Spenden finanziertes Unternehmen ab. Doch wehe, wenn die Wohltätigkeit auch aus öffentlichen Mitteln unterstützt wird, also nicht allein aus steuerbefreiten Spenden. Dann hat natürlich der Staat ein Recht, die Verwendung seiner Mittel auch zu kontrollieren. Diese Organisationen müssen sich also gut überlegen, ob sie den Staat als Mitbetreiber über Steuergelder an Bord holen.

Deswegen war ich auch bei Kritik von Politikern an den Entscheidungen einiger Tafeln etwas verhalten: Wieviel Staat ist darin? Wenn gar nicht, dann kann die Politik diesen Unternehmen den Buckel hinunter rutschen, so lange sie im Rahmen des Rechts ihre Wohltätigkeit organisieren. Oder der Staat erkennt diesen Unternehmen die Gemeinnützigkeit ab. Dann werden ihre Aktivitäten steuerpflichtig. Und wieder hat der Staat dort nichts zu melden, so lange diese Abgaben ordnungsgemäß entrichtet werden, und der Betrieb nach Gewerbeordnung ordentlich geführt wird.

Erst bei erheblicher Staatsbeteiligung ist der Staat auch mitspracheberechtigt... so wie im "richtigen Leben" auch.
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