Wie läßt sich die EU verbessern?

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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Jul 2016, 09:11)

Sie führen Macht in Brüssel an: Gerade hat sich die Visegrad-Gruppe in Warschau versammelt, um über den BREXIT und die Verteilung von Flüchtligen auf EU-Staaten zu beraten... muß wohl in deren Zuständigkeit fallen.

Was soll's, die Dinge nehmen ihren Lauf, Kerneuropa wird kommen.
Die 6-er Gruppe traf sich, andere Gruppen treffen sich - das weist auf einen erhöhten Beratungsbedarf hin.

Eine Föderation Kerneuropa wird es nicht geben. Schon allein deshalb nicht, weil es niemand will.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

DarkLightbringer hat geschrieben:(21 Jul 2016, 16:14)

Die 6-er Gruppe traf sich, andere Gruppen treffen sich - das weist auf einen erhöhten Beratungsbedarf hin.
Ja, sieht ganz danach aus... ;) Warum wohl?
Eine Föderation Kerneuropa wird es nicht geben. Schon allein deshalb nicht, weil es niemand will.
Was niemand nicht will, das wissen wir ja jetzt; was der Kern sich überlegen wird, das hängt von der möglichen Zusammenarbeit mit den 27 Partnern ab.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Jul 2016, 16:25)

Ja, sieht ganz danach aus... ;) Warum wohl?
Auch Mogherini, die ja für eine stärkere Union auf Basis gemeinsamer Visionen und Vorgehensweisen plädiert, räumt ein, die "Arbeitsweise" müsse überdacht werden - für "Unsicherheit" sei jedoch kein Platz. Beratungen sprechen nicht generell gegen eine Geschlossenheit.
Was niemand nicht will, das wissen wir ja jetzt; was der Kern sich überlegen wird, das hängt von der möglichen Zusammenarbeit mit den 27 Partnern ab.
Es deutet sich ja an - mehr Flexibilität in puncto Formalien, aber Geschlossenheit im Bereich der gemeinsam tragbaren Prioritäten und Kernthemen.

Der SPD-Parteichef will eine EU, die sich politisch und personell zurücknimmt.
Überhaupt habe es die EU dringend nötig, „Ballast abzuwerfen“, fügt er hinzu und kritisiert zudem: Was die Menschen von der EU erwarteten, werde oft nicht geleistet. „Dafür mischt sie sich kleinkrämerisch in Details ein, die besser kommunal oder in den Ländern geregelt werden könnten.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 20320.html

Der Kern will sozusagen eine Entkernung. :cool:
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Nein, die Geschlossenheit der EU zeigt sich in der Zusammenfassung durch Frau Szydło, daß die EU die Beschlüsse nationaler Regierung zu respektieren habe. Macht die EU doch; sie respektiert zum Beispiel den BREXIT der Briten. Warum also nicht auch den Austritt der Visegradstaaten, wenn ihnen die Vereinssatzungen nicht mehr gefallen.

Offen gesprochen halte ich diese Äußerung des SPD-Parteivorsitzenden für inhaltsleeres Geschwätz. Er täte gut daran, diese kleinkrämerischen Details tatsächlich klar zu benennen; niemand erwartet von ihm bahnbrechende Neuerungen, so gern sie auch aufgenommen werden würden, aber leeres Stroh sollte er wirklich Populisten dreschen lassen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

http://www.zeit.de/politik/2016-07/euro ... ettansicht
Zeit 21. Juli 2016 Schluss mit der Austerität, her mit den Investitionen!
Es muss im Rahmen des vorhandenen institutionellen Arrangements eine radikal andere Politik gemacht werden. Und zentral dafür ist die Wirtschafts-, die Sozial- und die Arbeitsmarktpolitik. Erst dann kann die institutionelle Reform angegangen werden.
Interessant ist die Graphik über die Ablehnung einer stärkeren europäischen Integration.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(21 Jul 2016, 18:50)

http://www.zeit.de/politik/2016-07/euro ... ettansicht
Zeit 21. Juli 2016 Schluss mit der Austerität, her mit den Investitionen!

Interessant ist die Graphik über die Ablehnung einer stärkeren europäischen Integration.
Weltfremd aber auch die Vorstellung, irgend jemand solle sein Füllhorn ausschütten, und schon gibt es die Produkte, die in der EU so gern gekauft werden. Der Verfasser des ZEIT-Beitrags hat auch mehrfach darauf hingewiesen, daß viele im Umlauf befindliche Bilder der Politiker vielleicht gar nicht zutreffen, oder Behauptungen gar nicht zutreffen, die Leute sie aber für zutreffend halten.

Prima, das ist eine Grundlage für eine Politik, die die Gemeinschaft weiter bringen wird. Nein, der Kuhhandel könnte vielleicht sein: "Mehr demokratisch kontrollierte Macht für den gemeinschaftlichen Überbau gegen das Versprechen, eine gemeinsame Finanz-, Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik unter demokratischer Kontrolle der Einwohner der beteiligten Partnerstaaten zu entwickeln".

Unmöglich die Vorstellung, daß ein reicher Onkel aus Amerika den Sorgenkindern aus der Patsche hilft, ohne selbst etwas davon zu haben. Die Sorgenkinder entscheiden jedes für sich ganz demokratisch, was die übrigen Partner für sie zu bezahlen haben. Die Griechen waren ja schon einmal auf dem Pfad. Daß so etwas energisch abgelehnt wird, das ist doch klar.

Ohne Vertrauen in den Guten Willen der Partner und den Guten Willen zur gemeinschaftsdienlichen Zusammenarbeit kann man solche Ansätze gleich vergessen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(21 Jul 2016, 17:53)

Nein, die Geschlossenheit der EU zeigt sich in der Zusammenfassung durch Frau Szydło, daß die EU die Beschlüsse nationaler Regierung zu respektieren habe. Macht die EU doch; sie respektiert zum Beispiel den BREXIT der Briten. Warum also nicht auch den Austritt der Visegradstaaten, wenn ihnen die Vereinssatzungen nicht mehr gefallen.

Offen gesprochen halte ich diese Äußerung des SPD-Parteivorsitzenden für inhaltsleeres Geschwätz. Er täte gut daran, diese kleinkrämerischen Details tatsächlich klar zu benennen; niemand erwartet von ihm bahnbrechende Neuerungen, so gern sie auch aufgenommen werden würden, aber leeres Stroh sollte er wirklich Populisten dreschen lassen.
Eine Spaltung Europas ist antieuropäisch.

Sicher betreiben Schäuble und Gabriel Vorwahlkampf, das habe ich ja gesagt. Aber was heißt denn Wahlkampf? Die Strategen berücksichtigen die reale Stimmung. Anders gesagt, der Volkswille ist doch recht eindeutig, auch in Deutschland, Italien oder Frankreich. Das registrieren die Politiker, die sich schließlich Wahlen zu stellen haben.
In DE wollen lediglich 26 % mehr Kompetenzen an die EU abgeben, in Frankreich 34 %. Das Gegenteil wollen in DE 43 %, in FR 39 %.
http://www.zeit.de/politik/2016-07/euro ... ettansicht

Das Wolkenkuckucksheim-Projekt "Vereinigte Staaten von Europa" ist in weite Ferne gerückt. Und eine Wir-gegen-sie-Strategie, hier die guten Staaten, dort die bösen, ist mehr als destruktiv.

Natürlich ist es so und war immer so, dass die leistungsfähigeren Länder mehr Einfluss, vulgo mehr Macht, haben als die schwächeren. DE und FR können der EU-Kommission schon einiges ins Mikrofon diktieren, Litauen oder Dänemark kann das weniger. Daraus aber ein Engagement für das Wolkenkuckucksheim-Projekt ableiten zu wollen, ist schon eine sehr, sehr philosophische Betrachtungsweise.
Das wäre so, als ob man sagte, die Dynamik der USA stehe für den Willen der Menschheit, sich im Verein der Vereinten Nationen zusammen zu schließen - wobei man 100 Länder auszuschließen hätte.

Wir brauchen eine stärkere Union, ja. Das heißt aber, eine funktionierende, handlungsfähige und flexible Gemeinschaft - Staatenverbund statt Sandburg.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(21 Jul 2016, 21:29)
Prima, das ist eine Grundlage für eine Politik, die die Gemeinschaft weiter bringen wird. Nein, der Kuhhandel könnte vielleicht sein: "Mehr demokratisch kontrollierte Macht für den gemeinschaftlichen Überbau gegen das Versprechen, eine gemeinsame Finanz-, Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik unter demokratischer Kontrolle der Einwohner der beteiligten Partnerstaaten zu entwickeln".
Worin soll denn die gemeinsame Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik bestehen?
Wähler hat geschrieben:(20 Jul 2016, 17:52)
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/k ... -1.3085091
SZ 19. Juli 2016 Das Ende der Troika
http://www.welt.de/wirtschaft/article12 ... echen.html
Welt 16. Januar 2014 EU-Abgeordnete wollen die Macht der Troika brechen
Der ESM und die Bankenunion sind die beiden wichtigsten Bausteine einer gemeinsamen Finanzpolitik in der EWU. Der Juncker-Investitionsfonds und das Europäische Semester bilden einen Ansatz für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Wie kann es auf diesen beiden Politikfeldern weitergehen?
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(22 Jul 2016, 06:02)

Worin soll denn die gemeinsame Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik bestehen?
Ja, worin denn? Die Antwort auf diese Frage kann niemand aus dem Ärmel schütteln, ohne sich zugleich dem Vorwurf aus zu setzen, von oben herab zu befinden, was denn für "die da unten" gut sein soll.

Man wird sich zusammen setzen müssen und gemeinsam überlegen müssen, was machbar und möglich ist, was die Gemeinschaft weiter vertieft und was sie eher auseinander treibt. Also eine Art europäisches Programm, jetzt aber auf der Ebene der Staatschefs und des EU-Parlaments zu überlegen und zu verabschieden, will sagen: Die EU-Kommission mit der organisatorischen Vorbereitung dieses Programms zu beauftragen.

Als wesentlichen Teil des Beschlusses stelle ich mir die Einsetzung einer EU-Wirtschafts-Finanz-Steuerregierung durch EU-Parlament und EU-Ministerrat vor, die dann das Programm abarbeitet, und die dem EU-Parlament und EU-Ministerrat dabei Rede und Antwort steht.

Die Sache hat aber auch einen "Pferdefuß": Ich erwarte nicht, daß sämtliche EU-Partner diesen Schritt mit vollziehen werden. Man muß also auch überlegen, wie man diese beiden Gruppen so aufstellt, daß keine der Gruppen "den anderen etwas wegnimmt". Meine Vorstellung: Die "Regierungsgruppe" tritt als ein Partner mit seinem Wirtschaftsgebiet der EU bei, mit eigenem Parlament und eigenem Haushalt.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von ciesta »

DarkLightbringer hat geschrieben:(22 Jul 2016, 04:39)

Eine Spaltung Europas ist antieuropäisch.

Sicher betreiben Schäuble und Gabriel Vorwahlkampf, das habe ich ja gesagt. Aber was heißt denn Wahlkampf? Die Strategen berücksichtigen die reale Stimmung. Anders gesagt, der Volkswille ist doch recht eindeutig, auch in Deutschland, Italien oder Frankreich. Das registrieren die Politiker, die sich schließlich Wahlen zu stellen haben.
In DE wollen lediglich 26 % mehr Kompetenzen an die EU abgeben, in Frankreich 34 %. Das Gegenteil wollen in DE 43 %, in FR 39 %.
http://www.zeit.de/politik/2016-07/euro ... ettansicht

Das Wolkenkuckucksheim-Projekt "Vereinigte Staaten von Europa" ist in weite Ferne gerückt. Und eine Wir-gegen-sie-Strategie, hier die guten Staaten, dort die bösen, ist mehr als destruktiv.

Natürlich ist es so und war immer so, dass die leistungsfähigeren Länder mehr Einfluss, vulgo mehr Macht, haben als die schwächeren. DE und FR können der EU-Kommission schon einiges ins Mikrofon diktieren, Litauen oder Dänemark kann das weniger. Daraus aber ein Engagement für das Wolkenkuckucksheim-Projekt ableiten zu wollen, ist schon eine sehr, sehr philosophische Betrachtungsweise.
Das wäre so, als ob man sagte, die Dynamik der USA stehe für den Willen der Menschheit, sich im Verein der Vereinten Nationen zusammen zu schließen - wobei man 100 Länder auszuschließen hätte.

Wir brauchen eine stärkere Union, ja. Das heißt aber, eine funktionierende, handlungsfähige und flexible Gemeinschaft - Staatenverbund statt Sandburg.
http://www.euractiv.de/section/eu-innen ... nte-in-eu/
Visegrad-Staaten fordern mehr Mitspracherecht für nationale Parlamente in EU

Da scheint die Entwicklung immer mehr Fahrt aufzunehmen.
Ein dominantes Deutschland wird immer mehr angelehnt. Bin gespannt, wie sich diese Entwicklung auf die Regeln/Institutionen auswirken wird.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

ciesta hat geschrieben:(22 Jul 2016, 09:28)

http://www.euractiv.de/section/eu-innen ... nte-in-eu/
Visegrad-Staaten fordern mehr Mitspracherecht für nationale Parlamente in EU

Da scheint die Entwicklung immer mehr Fahrt aufzunehmen.
Ein dominantes Deutschland wird immer mehr angelehnt. Bin gespannt, wie sich diese Entwicklung auf die Regeln/Institutionen auswirken wird.
Dieses Anliegen erfüllt die EU mit dem EU-Parlament. Aber das reicht den Visegradskis nicht; die wollen ein nationales Veto gegen Beschlüsse der EU; nicht etwa der Parlamentarier, sondern der Regierungen. Das muß man fein säuberlich trennen, um diesen Wahnsinn erkennen zu können.

Diese Nationalisten sollen ihre Belange außerhalb der EU vertreten; da sind sie dann völlig unabhängig, meinen sie.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

ciesta hat geschrieben:(22 Jul 2016, 09:28)

http://www.euractiv.de/section/eu-innen ... nte-in-eu/
Visegrad-Staaten fordern mehr Mitspracherecht für nationale Parlamente in EU

Da scheint die Entwicklung immer mehr Fahrt aufzunehmen.
Ein dominantes Deutschland wird immer mehr angelehnt. Bin gespannt, wie sich diese Entwicklung auf die Regeln/Institutionen auswirken wird.
Es wird Diskussionen geben, ohne Frage. Man wird eventuell wieder mehr auf intergouvernementale Elemente setzen. Vielleicht auch einen längeren Dialog führen, unter Einbindung von Bürgern, Medien, Politikern und Parteien. Im Grunde ist das ganze doch ohnehin soetwas wie ein permanenter Wiener Kongress, der sich dann zeitweilig eben mit Regeln, Institutionen und Verträgen beschenkt.
Deutschland spielt eine wichtige Rolle, weil es die größte Volkswirtschaft darstellt. Innerhalb der Union gibt es Unterschiede zwischen westlichen und östlichen Gruppen, es gibt aber auch ein Nord-Süd-Gefälle. Sagen wir mal so, Diskussionen über die Philosophie der Spielregeln sind nicht unbedingt das Standbein der Gemeinschaft.

In wirklich wichtigen Fragen ist aber Geschlossenheit die Voraussetzung für alle und für jedes einzelne Mitgliedsland, um effektiv zu sein. Terrorismusbekämpfung, Friedenskonsolidierung in den Nachbarregionen, Wachstum und Energieversorgung sind solche wichtigen Fragen.
Um einen Vergleich zu ziehen - der Nordatlantikrat kommt zu schnellen und effektiven Beschlüssen, garantiert seit 70 Jahren effektiv den gesamten Stabilitätsraum - Diskussionen über protokullarische Fragen sind aber praktisch keine bekannt.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(22 Jul 2016, 07:17)
Als wesentlichen Teil des Beschlusses stelle ich mir die Einsetzung einer EU-Wirtschafts-Finanz-Steuerregierung durch EU-Parlament und EU-Ministerrat vor, die dann das Programm abarbeitet, und die dem EU-Parlament und EU-Ministerrat dabei Rede und Antwort steht.
Es wird erst dann eine gemeinsame Wirtschaftsregierung geben, wenn die wirtschaftspolitischen Vorstellungen sich innerhalb der Parteienfamilien des Europaparlamentes stärker angenähert haben. Die Meinungen über den sogenannten Juncker-Investitionsfonds zum Beispiel gehen allerdings nicht nur hier im Politikforum zu weit auseinander.
Wähler hat geschrieben:Re: German macro? Deutschland als Vorbild für Europa (und die Welt)?(22 Jul 2016, 06:05)
Genau das haben aber die bayerischen Landesregierungen unter Strauß und Stoiber so erfolgreich zum Wohl der jetzt dort lebenden Einheimischen und Zugereisten vorgemacht. ;)
siehe auch: Genehmigte Projekte des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI)
http://www.eib.org/efsi/efsi_dashboard_july_19_de.jpg
FEI = Forschung, Entwicklung, Innovation
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten ... oodoo.html
siehe auch: EU-Strukturfonds
http://www.euractiv.de/section/finanzen ... -foerdern/
Zuletzt geändert von Wähler am Samstag 23. Juli 2016, 15:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von paradoxx »

... mit abwählbaren Kommissaren, und einem Parlament, das den Namen verdient
Willensbildung ist demokratisch-repräsentativ oder totalitär, eins schließt das andere aus (s. Art. 137 GG)
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

paradoxx hat geschrieben:(23 Jul 2016, 14:16)

... mit abwählbaren Kommissaren, und einem Parlament, das den Namen verdient
Nein, EU-Kommissare dürfen nicht abwählbarer als Minister in nationalen Parlament sein. Aber sie sollten auf jeden Fall vom EU-Parlament bestätigt oder nach einem erfolgreich gestellten Mißtrauensantrag des EU-Parlaments ihr Amt vorzeitig Aufgeben müssen. Das EU-Parlament verdient seinen Namen schon; seine Geringschätzung beruht auf seiner Mißachtung im nationalen Bereich, was sich schon durch einen nichtssagenden Wahlkampf ausdrückt. Das EU-Parlament muß der Dreh- und Angelpunkt der europäischen Willensbildung sein. Vielleicht sollten seine nationalen Abgeordneten eine doppelte Funktion haben, etwa im Europa-Ausschuß des nationalen Parlaments, und zugleich Sitz und Stimme im EU-Parlament.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(23 Jul 2016, 13:26)

Es wird erst dann eine gemeinsame Wirtschaftsregierung geben, wenn die wirtschaftspolitischen Vorstellungen sich innerhalb der Parteienfamilien des Europaparlamentes stärker angenähert haben. Die Meinungen über den sogenannten Juncker-Investitionsfonds zum Beispiel gehen allerdings nicht nur hier im Politikforum zu weit auseinander.
Eigentlich folgt das Beispiel doch dem Gedanken, daß eine Bundesregierung nur dann gebildet werden könnte, wenn der Bundestag einmütig einen Vorschlag der Kandidaten für eine bestimmte Angelegenheit übernähme. Tatsächlich bauen Bundesregierungen doch aber auf Parlamentsmehrheiten (50% + X) auf. So stelle ich mir auch die Funktion des EU-Parlaments vor. Überhaupt nicht funktionieren kann doch ein Vorschlag, der unabgestimmt mit der parlamentarischen Mehrheit des EU-Parlaments in den Raum gestellt wurde. Ich nehme an, daß Kommissionspräsident Juncker das unterlassen hatte, vielleicht auch, weil er gedanklich dem EU-Parlament nicht den Stellenwert beigemessen hatte, den wir dort aber ansiedeln wollen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(23 Jul 2016, 13:26)
Es wird erst dann eine gemeinsame Wirtschaftsregierung geben, wenn die wirtschaftspolitischen Vorstellungen sich innerhalb der Parteienfamilien des Europaparlamentes stärker angenähert haben. Die Meinungen über den sogenannten Juncker-Investitionsfonds zum Beispiel gehen allerdings nicht nur hier im Politikforum zu weit auseinander.
H2O hat geschrieben:(23 Jul 2016, 15:34)
Eigentlich folgt das Beispiel doch dem Gedanken, daß eine Bundesregierung nur dann gebildet werden könnte, wenn der Bundestag einmütig einen Vorschlag der Kandidaten für eine bestimmte Angelegenheit übernähme. Tatsächlich bauen Bundesregierungen doch aber auf Parlamentsmehrheiten (50% + X) auf. So stelle ich mir auch die Funktion des EU-Parlaments vor. Überhaupt nicht funktionieren kann doch ein Vorschlag, der unabgestimmt mit der parlamentarischen Mehrheit des EU-Parlaments in den Raum gestellt wurde. Ich nehme an, daß Kommissionspräsident Juncker das unterlassen hatte, vielleicht auch, weil er gedanklich dem EU-Parlament nicht den Stellenwert beigemessen hatte, den wir dort aber ansiedeln wollen.
Da die EU gemäß dem Vertrag von Lissabon ein demokratischer Zwitter - sowohl Parlament als auch der Rat der Regierungschefs fungieren als Legislative - ist, kann es im Status Quo nur funktionieren, wenn sich eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Regierungschefs auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einigt und dafür eine Mehrheit im EU-Parlament findet. Hollands Vorschlag einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung würde diese Zwitterkonstruktion ebenfalls nicht aufbrechen. Ausreichende Mehrheiten in möglichst vielen einzelnen Mitgliedsländern für eine grundlegende Änderung der EU-Verträge hin zu einer rein eu-parlamentarischen Demokratie sind zur Zeit wenig realistisch.Vor allem auf deutscher Seite ist das nicht gewünscht. Vielleicht könnte eine Verschärfung der Eurokrise zu einem stärker eu-parlamentarischen Kerneuropa führen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(23 Jul 2016, 16:06)

Da die EU gemäß dem Vertrag von Lissabon ein demokratischer Zwitter - sowohl Parlament als auch der Rat der Regierungschefs fungieren als Legislative - ist, kann es im Status Quo nur funktionieren, wenn sich eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Regierungschefs auf eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einigt und dafür eine Mehrheit im EU-Parlament findet. Hollands Vorschlag einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung würde diese Zwitterkonstruktion ebenfalls nicht aufbrechen. Ausreichende Mehrheiten in möglichst vielen einzelnen Mitgliedsländern für eine grundlegende Änderung der EU-Verträge hin zu einer rein eu-parlamentarischen Demokratie sind zur Zeit wenig realistisch.Vor allem auf deutscher Seite ist das nicht gewünscht. Vielleicht könnte eine Verschärfung der Eurokrise zu einem stärker eu-parlamentarischen Kerneuropa führen.
Diese "Unvollkommenheit" der europäischen Institutionen könnte man aber auch als vernünftiges Konzept für alle Zukunft ansehen: Das EU-Parlament als Gesetzgeber, der EU-Ministerrat als 2. Kammer zur Prüfung mit erbetenen Änderungsvorschlägen und Rückgabe an das EU-Parlament.
Die Qualifizierte Mehrheit im Ministerrat könnte aus meiner Sicht auf ewig bleiben; sie ist ein sehr weises Verfahren, wie die kleinen Länder die großen nicht vorführen können, und die großen Länder die kleinen nicht. Denn auch in einer Europäischen Bundesrepublik/Föderation wird es immer noch Länder und Völker geben, denen es schwer fallen wird, bestimmte Mehrheitsbeschlüsse an zu erkennen. Das fällt am Ende leichter, wenn man erkennt, daß man durch ein kluges Verfahren vor fremder Willkür geschützt ist.

Ich vermute, daß nun ohnehin eine Zeit des Nachdenkens über die künftige Zusammenarbeit ohne die Briten innerhalb der EU beginnen wird, oder daß dieses Nachdenken in vollem Gange ist. Die Sache mit Kerneuropa wird kommen, wenn sich zeigt, daß sich etliche der Neuzugänge aus 2004 vertragswidrig nicht mit dem Euro und der vertieften Gemeinschaft anfreunden wollen, die eigentlich die unerläßliche Voraussetzung für die gemeinsame Währung ist. Das hatten die "Väter" des Euros seinerzeit umgedreht in der Hoffnung, daß damit die Teilnehmer am Euro enger zusammen rücken... und nun muß die Sache endlich auf eine vernünftige Grundlage gestellt werden, bevor durch die Euro-Krise ein nicht wieder ein zu fangender Streit zwischen den Euro-Partnern entbrennt.

Im Augenblick fürchte ich wirklich, daß die EU der 27 Partner im Gleichschritt keine Zukunft haben wird... es sei denn, daß den auf souveräne Nationalstaaten abzielenden Partnern das Herz in die Hosen rutscht, weil sie um ihren hinzugewonnenen Wohlstand und ihre Wirtschaft fürchten.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

Zunächst einmal müsste man erkennen, worum es geht. Die "Kerneuropäer" Sigmar Gabriel und Martin Schulz tun das durchaus. Auszug aus dem 10-Punkte-Papier:
Der europäische Zusammenhalt ist gefährdet. Die vergangenen sieben Jahre
seit der globalen Finanzmarktkrise von 2008 und 2009 sind für die Europäische Union und
für die Währungsgemeinschaft des Euro eine Zeit der anhaltenden wirtschaftlichen und
politischen Krise geworden. Wachstumsschwäche, Investitionsschwäche und
Beschäftigungskrise haben Europa politisch gespalten wie nie zuvor seit den Römischen
Verträgen. Die nationalen Gegensätze, Egoismen und gegenseitigen Schuldvorwürfe sind
unter dem Druck von Massenarbeitslosigkeit und politischer Entscheidungsschwäche wieder
erwacht. Durch das Referendum in den Niederlanden zur Ukraine, durch die österreichischen
Präsidentschaftswahlen und die Debatte um einen Austritt Großbritanniens aus der EU haben
die EU-Gegner europaweit Morgenluft gewittert. In allen europäischen Ländern haben antieuropäische
Parteien in den vergangenen Jahren große Wahlerfolge erzielt und inzwischen
haben einige von ihnen sogar Regierungsverantwortung.
http://www.spiegel.de/media/media-39397.pdf; in http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 99556.html

Die Auswirkungen der Finanzkrise von 2009 sind noch lange nicht ausgestanden. Die Massenarbeitslosigkeit in Europa übt Druck auf die Menschen aus und diese neigen dazu, den Druck in Form von Protestverhalten weiter zu geben oder auf blauäugige Versprechen zu hören.

Schulz / Gabriel erkennen wohl, dass technokratische Spielereien und bürokratische Scharaden daran nichts ändern würden. O-Ton:
Die Antwort von verantwortungsvoller Politik muss deshalb lauten, erneut die Begeisterung
für Europa zu wecken. Dafür reicht ein phantasieloses „Weiter so“, technokratische
Reformansätze oder ein durchwurschteln aber nicht mehr aus.
Und die Schlußfolgerung ist auch nicht ganz abwegig - die Union müsse sich auf das Wesentliche konzentrieren, auf Wachstum und Sicherheit.

Warum das so nicht funktionieren wird und wie es aber dennoch funktionieren könnte, lesen Sie in einem meiner nächsten Beiträge. ;)
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

DarkLightbringer hat geschrieben:(23 Jul 2016, 22:17)
http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 99556.html
Und die Schlußfolgerung ist auch nicht ganz abwegig - die Union müsse sich auf das Wesentliche konzentrieren, auf Wachstum und Sicherheit.
http://www.sueddeutsche.de/politik/gros ... -1.3060914
SZ 4. Juli 2016 Europa-Politik entzweit die Bundesregierung
Die SPD-Politiker Gabriel und Schulz warben für mehr staatliche Investitionen und einen verstärkten Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die EU müsse "bei einigen zentralen Problemen zeigen, dass sie diese schnell lösen kann". Nur so würden die Leute wieder Vertrauen fassen, so Schäuble in der Welt am Sonntag. Er setzte vor allem die EU-Kommission unter Druck. Wenn sie "nicht mittut, dann nehmen wir die Sache selbst in die Hand, lösen die Probleme eben zwischen den Regierungen".
So haben Schäuble und die Bundesbank kürzlich vorgeschlagen, die Troika aufzulösen und das Abarbeiten der Staatsschuldenkrise allein dem ESM zu überantworten. Wenn es Gabriel gelingt, Frankreich, Spanien und Italien ins Boot zu holen und den Juncker-Fonds für Investitionen nicht nur zu verlängern, sondern auch zu vergrößern, kommt die Diskussion um die Austeritätspolitik in Fahrt.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

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Nichts wird funktionieren in der Gemeinschaft, wenn weiterhin Schienen erfolgreich in Richtung souveräner Nationalstaaten verlegt werden. Dann sind wirtschaftlich erfolgreiche Partner die Melkkuh, und souveräne Nationalstaaten entscheiden völlig demokratisch darüber, womöglich noch mit Volksabstimmung (Griechenland!), was die übrige Gemeinschaft für sie zu tun hat. Da hilft nur Trennung und Neuanfang, bevor es auch dafür zu spät ist.

Allein die glaubhafte Ankündigung dieses Vorgehens könnte schon in einigen Fällen ein Umdenken bewirken; siehe erneut Griechenland und GREXIT. Dort, wo es zu spät dazu ist, muß die EU Haltung beweisen. Man kann es nicht allen Partnern recht machen, wenn sich dort das Gemeinschaftsgefühl nicht entwickeln konnte. Dann muß es eben ohne diese Partner weiter gehen, wie im Fall des BREXITs auch.

Wischiwaschi wird nicht funktionieren. Dann verlieren die Melkkühe zunehmend die Lust an diesen mißratenen Konzept.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:11)
...
So haben Schäuble und die Bundesbank kürzlich vorgeschlagen, die Troika aufzulösen und das Abarbeiten der Staatsschuldenkrise allein dem ESM zu überantworten. Wenn es Gabriel gelingt, Frankreich, Spanien und Italien ins Boot zu holen und den Juncker-Fonds für Investitionen nicht nur zu verlängern, sondern auch zu vergrößern, kommt die Diskussion um die Austeritätspolitik in Fahrt.
Gut, wer entscheidet dann über die Politik des ESM und des vergrößerten Juncker-Fonds? Wie wird die demokratische Kontrolle über diesen Kern der EU organisiert? Heißt das Boot dann Kerneuropa und Wirtschaftsregierung D-F-E-I, oder geht es wischwaschi weiter so wie bisher auch, nur mit noch mehr Verschuldung der Staaten?

Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, irgendwelche Gedanken in den Raum zu stellen, die die Partner nicht beidseitig binden. Als Europäer bin ich bereit, auch im persönlichen Bereich Verluste hin zu nehmen, wenn der formale Zusammenhalt gewährleistet ist, und damit auch die gemeinsame demokratische Kontrolle über diesen Bund. Heute so und morgen so, das ist mir kein Opfer wert. Das Vorgehen hat sich leider nicht bewährt.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:24)
Gut, wer entscheidet dann über die Politik des ESM und des vergrößerten Juncker-Fonds? Wie wird die demokratische Kontrolle über diesen Kern der EU organisiert? Heißt das Boot dann Kerneuropa und Wirtschaftsregierung D-F-E-I, oder geht es wischwaschi weiter so wie bisher auch, nur mit noch mehr Verschuldung der Staaten?

Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, irgendwelche Gedanken in den Raum zu stellen, die die Partner nicht beidseitig binden. Als Europäer bin ich bereit, auch im persönlichen Bereich Verluste hin zu nehmen, wenn der formale Zusammenhalt gewährleistet ist, und damit auch die gemeinsame demokratische Kontrolle über diesen Bund. Heute so und morgen so, das ist mir kein Opfer wert. Das Vorgehen hat sich leider nicht bewährt.
Es wird in absehbarer Zeit keine Veränderungen der EU-Verträge geben. Vor allem die EU-Wirtschaftspolitik kann sehr wohl im bisherigen institutionellen Rahmen verbessert werden.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:45)

Es wird in absehbarer Zeit keine Veränderungen der EU-Verträge geben. Vor allem die EU-Wirtschaftspolitik kann sehr wohl im bisherigen institutionellen Rahmen verbessert werden.
Sicher ginge das so; dazu müßte aber allseits Vertrauen und Verläßlichkeit in Absprachen bestehen und eingehalten werden. Unsere gemachten Erfahrungen sagen aber, daß selbst Absprachen im Rang von Verträgen nicht eingehalten werden, wenn dem Partner das schwer fällt. Ich glaube inzwischen nicht mehr daran, daß man am deutschen Volk vorbei weitere Verpflichtungen gegenüber den Partnern eingehen kann, während die sich um ihre Pflichten nur dann bemühen, wenn man ihnen den Geldhahn zudreht.

Ein Schritt zum Besseren kann nur in beidseitig bindenden Verträgen erzielt werden. Nichts spricht dagegen, das tatsächlich mit einzelnen Partnern fest zu vereinbaren, wenn die Gemeinschaft dazu nicht gewillt ist. Solche Verträge kann man im gegenseitigen Einvernehmen immer noch erweitern auf andere Partner, wenn dort die Einsicht in diese Notwendigkeit gereift ist. Nur Wischiwaschi, das läuft nicht mehr. Dann kommen die AfD und ähnliche Gruppierungen in Partnerstaaten zum Zuge.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:58)
Sicher ginge das so; dazu müßte aber allseits Vertrauen und Verläßlichkeit in Absprachen bestehen und eingehalten werden. Unsere gemachten Erfahrungen sagen aber, daß selbst Absprachen im Rang von Verträgen nicht eingehalten werden, wenn dem Partner das schwer fällt. Ich glaube inzwischen nicht mehr daran, daß man am deutschen Volk vorbei weitere Verpflichtungen gegenüber den Partnern eingehen kann, während die sich um ihre Pflichten nur dann bemühen, wenn man ihnen den Geldhahn zudreht.
Durch die Bankenkrise in Italien wird der Druck auf die Steuerzahler der EWU-Geberländer zunehmen. Gelingt es uns nicht, die Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern einzudämmen, werden noch mehr Menschen in den Norden Europas einwandern. Mit Durchwurschteln allein ist es nicht mehr getan. Der Brexit und die Absetzbewegung der Visegradstaaten wird die übrigen EWU-Länder zu mehr Zusammenarbeit zwingen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

Wähler hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:11)

http://www.sueddeutsche.de/politik/gros ... -1.3060914
SZ 4. Juli 2016 Europa-Politik entzweit die Bundesregierung


So haben Schäuble und die Bundesbank kürzlich vorgeschlagen, die Troika aufzulösen und das Abarbeiten der Staatsschuldenkrise allein dem ESM zu überantworten. Wenn es Gabriel gelingt, Frankreich, Spanien und Italien ins Boot zu holen und den Juncker-Fonds für Investitionen nicht nur zu verlängern, sondern auch zu vergrößern, kommt die Diskussion um die Austeritätspolitik in Fahrt.
Vielen Dank für den Hinweis auf den informativen Artikel.

Den Wahlkampf jetzt schon zu beginnen ist mit Skepsis zu betrachten. Erfolge und Stabilität der Bundesregierung - in der die SPD Koalitionspartner ist - sind wichtig für das Land. Das gilt auch für die Europapolitik. Wenn der eigentliche Wahlkampf ansteht, ist der Streit über den richtigen Weg natürlich notwendig, der Souverän braucht dann die Erkennbarkeit, um die Entscheidung zu treffen. Parteitaktik kann aber nicht permanent über die Interessen des Landes gestellt werden.

In der Lage gewachsener Unsicherheiten ist weder Platz noch Zeit für technokratische Spielereien, für Vertiefungen der Euro-Zone, für das Modell der zwei Geschwindigkeiten und all diese Dinge, für die sich die Bürger der Union eher wenig interessieren und auch nichts damit anfangen können.

Es ist die Zeit für Pragmatik und schnelle Lösungen, die Union muss dem Rendezvous mit den Realitäten standhalten. Entscheidend ist also das Wohlfahrts- und Sicherheitsversprechen, denn nur Verlässlichkeit schafft Vertrauen in die Gemeinschaft.

Wir brauchen Wachstum, um den Bürgern eine Perspektive zurück zu geben. In den Jahren der Finanzkrise ist viel getan worden, um Banken zu sichern, aber viel zu wenig, um 25 Millionen in Lohn und Brot zu bringen und die grassierende Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Dieses Wachstum allein mit Schulden zu erkaufen, ist freilich ein fraglicher Ansatz. Vielleicht braucht es beides, eine Art "New Deal", Wachstum durch Freihandel auf der einen Seite und staatliche Investitionen auf der anderen Seite. Von nichts kommt nichts.

Mit der Energieunion könnte die Versorgungsdiversifikation umgesetzt und die osteuropäischen Partner besser geschützt werden. Und schließlich erfordert die Terrorismusbekämpfung und die europäische Sicherheitsarchitektur den starken Geist der Solidarität. Aber da hierbei ganz pragmatisch die gleichen Interessen und Prioritäten innerhalb der Gemeinschaft vorliegen, wird das intergouvernemental zu machen sein - jenseits der üblichen Symbolpolitik.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(24 Jul 2016, 09:12)

Durch die Bankenkrise in Italien wird der Druck auf die Steuerzahler der EWU-Geberländer zunehmen. Gelingt es uns nicht, die Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern einzudämmen, werden noch mehr Menschen in den Norden Europas einwandern. Mit Durchwurschteln allein ist es nicht mehr getan. Der Brexit und die Absetzbewegung der Visegradstaaten wird die übrigen EWU-Länder zu mehr Zusammenarbeit zwingen.
Als Europäer halte ich diese Dinge für überfällig; man kann offensichtlich unsere Partner... und da meine ich natürlich auch unser Land!... nicht mehr selbständig wursteln lassen. Das geht in die Hose, und man trennt sich irgendwann im Zorn. Ja die jungen Leute im Süden brauchen erreichbare Ziele; wie auch immer zu vermitteln. Geld hinschütten, das klappt jedenfalls seit vielen Jahren nicht. Ich fühle mich auch mitverantwortlich für diesen Mißstand; ich habe zu lange gehofft, daß die Einsicht: "Anders als in der Gemeinschaft geht es nicht!" sich angesichts der wirtschaftlichen und sogar militärischen Bedrohungen durchsetzen würde. Das war dumm von mir. Die Menschen fahren im Schlafwagen durch die Welt!

Zu den jungen Leuten fällt mir ein, sie hier in Deutschland auf einen nachgefragten Beruf um zu schulen und mit ihnen dann Zweigbetriebe in den Südstaaten auf zu bauen, meinetwegen auch mit Knete aus Brüssel, aber immer eng unter Kontrolle wirtschaftlich erfolgreicher Betriebe. Kostet unser Geld und unsere Nerven sicher auch, aber umsonst ist der Tod! Das kann man anbieten, und wer will, der kann. Das meine ich auch für Leute aus den aufmüpfigen Partnerstaaten: Wer will, der kann und darf!

Aber immer hier, und nicht unter der Fuchtel von Syriza, Cinque Stelle, Podemos und wie sie sonst noch heißen. Die können ihr eigenes Programm durchziehen.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Tom Bombadil »

MMn. fehlt es vor allen Dingen an Solidarität unter den Mitgliedern und deren Bürgern. Das fing ja schon mit dem Dublin-Abkommen an, wo sich der Norden vom Süden abgekoppelt und den mit dem Flüchtlingsproblem alleine gelassen hat. In der Finanzkrise ging es dann weiter "Nö, für die faulen Griechen will ich nicht bezahlen" und es für großen Ärger sorgte, dass die Griechen immer mehr Geld bekamen. Das Problem waren aber nicht die normalen Bürger in den PIIGS-Staaten, sondern deren Politiker, die bis heute ungeschoren sind. In der Flüchtlingskrise dachten sich dann die "Südstaaten", dass es eine gute Idee wäre, Flüchtlinge einfach durchzuwinken und das Problem auf den Norden abzuwälzen.

Keine Ahnung, was man da machen kann, vllt. ist die EU auch einfach nur zu schnell zu groß geworden.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Tom Bombadil hat geschrieben:(24 Jul 2016, 10:34)

MMn. fehlt es vor allen Dingen an Solidarität unter den Mitgliedern und deren Bürgern. Das fing ja schon mit dem Dublin-Abkommen an, wo sich der Norden vom Süden abgekoppelt und den mit dem Flüchtlingsproblem alleine gelassen hat. In der Finanzkrise ging es dann weiter "Nö, für die faulen Griechen will ich nicht bezahlen" und es für großen Ärger sorgte, dass die Griechen immer mehr Geld bekamen. Das Problem waren aber nicht die normalen Bürger in den PIIGS-Staaten, sondern deren Politiker, die bis heute ungeschoren sind. In der Flüchtlingskrise dachten sich dann die "Südstaaten", dass es eine gute Idee wäre, Flüchtlinge einfach durchzuwinken und das Problem auf den Norden abzuwälzen.

Keine Ahnung, was man da machen kann, vllt. ist die EU auch einfach nur zu schnell zu groß geworden.
Vermutlich hätte man von Anfang an jede Regelverletzung mit den auch vorgesehenen Strafen beantworten müssen. Die EU-Kommission hätte vermutlich auch von Anfang an dafür sorgen müssen, daß in der EU äußere Lasten... Flüchtlinge, Wirtschaftsflüchtlinge auf Binnenwanderung, Wirtschaftsflüchtlinge aus Nachbarländern... auf jeden Fall gemeinschaftlich und fair verteilt werden. Wenn erst einmal jeder nur die Dinge bekommt, nach denen er strebt, und den Rest auf andere abladen kann, dann ist die Solidarität schon ausgehöhlt. Dann gibt es die EU à la carte und die dümmliche Trickserei.

Der BREXIT gibt Veranlassung, nun einen fairen Neustart hin zu legen; zur Not muß man auch ganz hartnäckige Verweigerer links oder rechts liegen lassen und sich allein auf den Weg in die Zukunft machen. Das Schlimmste, was jetzt passieren könnte, wäre mit Wischiwaschi in den entstandenen Sumpf weiter hinein zu fahren. Dann kommt bald: "Rette sich wer kann!" Die Menschen und ihre Politiker ändern ja ihren Charakter nicht. Da muß es ein Korsett geben, daß sie vor neuerlichen Verbiegungen der Moral bewahrt.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

Den Populisten muss man etwas entgegen setzen, das ist ganz klar. Ein "Weiter so" ist es aber nicht, eine Nord-Süd- oder West-Ost-Spaltung ist es ebenso wenig wie ein schulmeisterlicher Chauvinismus.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von frems »

Zum Thema gibt's in der ZEIT einen Gastbeitrag. Darin geht's u.a. um die Abschaffung des Rats:

Zerstört die EU!
Die Europäische Union befindet sich nicht in einer Dauerkrise. Sie ist längst am Ende. Geben wir ihr den Gnadenstoß und fangen neu an!

http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-07/e ... ten-brexit
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

frems hat geschrieben:(28 Jul 2016, 17:47)
Zum Thema gibt's in der ZEIT einen Gastbeitrag. Darin geht's u.a. um die Abschaffung des Rats:
Zerstört die EU!
Die Europäische Union befindet sich nicht in einer Dauerkrise. Sie ist längst am Ende. Geben wir ihr den Gnadenstoß und fangen neu an!

http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-07/e ... ten-brexit
Von einer Politikwissenschaftlerin erwarte ich eigentlich, dass sie die bisherige Diskussion seit dem Lissabon-Vertrag 2007 über eine Änderung eben dieser EU-Verträge zusammenfasst, die einzelnen Vorschläge bewertet und das Besondere an ihrer Position begründet.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

http://www.welt.de/print/die_welt/wirts ... egner.html
Welt 6. Juli 2017 Alle wissen, dass sich die EU ändern muss. Doch die mächtigen Nationen sind uneins wie nie. Es zeichnet sich eine Spaltung in zwei Lager ab
Martin Schulz hat daher auch schon einen Plan, wie auf die Krise zu reagieren ist: Die EU-Kommission soll zu einer echten europäischen Regierung aufgewertet werden. Das EU-Parlament soll diese Regierung kontrollieren, so wie der Bundestag die Bundesregierung. Eine zweite Kammer aus den Regierungen der Nationalstaaten würde das Gegengewicht der nationalen Interessen bilden.
Die Analyse des konservativen Teils dieser Bundesregierung sieht wie folgt aus: ...Wenn schon mehr Europa, dann in recht schnell umsetzbaren Politikfeldern, die den Bürgern auch wichtig sind.
Renzi will wie Hollande seit Längerem mehr Spielraum bei der EU-Defizitgrenze, um mehr investieren zu können.
Eine neue EU, den ganz großen Entwurf – solche Vorhaben lehnt er offiziell ab. "Ich weigere mich, alles auf den Prüfstand zu stellen", sagte Juncker im EU-Parlament in Straßburg.
Den Rat der Regierungschefs zu einer zweiten Kammer eines Bundesstaates EU umzubauen, würde bedeuten, dass die Nationalstaaten viel Macht an das EU-Parlament abgeben.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(29 Jul 2016, 06:59)

http://www.welt.de/print/die_welt/wirts ... egner.html
Welt 6. Juli 2017 Alle wissen, dass sich die EU ändern muss. Doch die mächtigen Nationen sind uneins wie nie. Es zeichnet sich eine Spaltung in zwei Lager ab




Den Rat der Regierungschefs zu einer zweiten Kammer eines Bundesstaates EU umzubauen, würde bedeuten, dass die Nationalstaaten viel Macht an das EU-Parlament abgeben.
Im Gleichschritt mit dieser Machtübertragung der Nationalstaaten an das EU-Parlament muß aber auch überlegt und umgesetzt werden, wie die Anbindung des EU-Parlaments an nationale Parlamente verbreitert und die demokratische Kontrolle der EU-Kommission durch das EU-Parlament gewährleistet ist. Im Grunde würden die Nationalstaaten doch ihre Interessen im EU-Parlament über ihre Abgeordneten vertreten, nur eben eingebettet in die Interessen vieler anderer Partner. Den Nationalstaaten aber macht der Verlust von Veto-Rechten sehr zu schaffen. Etwa eine Volksbefragung/Volksabstimmung in Frankreich hätte so keinen bestimmenden Einfluß auf das gemeinsame EU-Parlament. Wir reden also über einen sehr großen und sehr entscheidenden Schritt der EU.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

http://www.europarl.europa.eu/brussels/ ... start.html
Status Quo bei den Politikfelden der Union
Eine Mischung von Kompetenzen
Außerdem kann der Rat die Befugnisse der Union einstimmig und nach Zustimmung des EP erweitern, wenn dies erforderlich ist, um die Ziele des EU-Vertrags zu erfüllen (Art. 352 AEUV). Der Rat darf jedoch auf keinen Fall die Kompetenzen der Union eigenständig erweitern. Das dürfen allein die Mitgliedstaaten. Dabei muss Deutschland beachten, dass durch Übertragung weiterer Kompetenzen an die Union die Selbstständigkeit der Bundesrepublik nicht aufgegeben wird. Darüber wacht u. a. das Bundesverfassungsgericht (Konsequenz aus dem Urteil des BVerfG über den Lissabon-Vertrag).
Der Lissabonvertrag und das Bundesverfassungsgericht begrenzen die Vertiefung der EU.
Artikel 3 AEUV - Union hat ausschließliche Zuständigkeit: Z.B. Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.
Artikel 4 AEUV - Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten: Z.B. Sozialpolitik hinsichtlich der in diesem Vertrag genannten Aspekte.
Artikel 5 AEUV - Mitgliedstaaten koordinieren ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union.
Artikel 6 AEUV - Die Union ist für die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zuständig: Z.B. allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport.
Während Binnenmarktregeln und Währungspolitik der ausschließlichen Zuständigkeit der Union unterliegen, soll die Wirtschaftspolitik von den einzelnen Mitgliedsstaaten koordiniert werden.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(02 Aug 2016, 07:20)

http://www.europarl.europa.eu/brussels/ ... start.html
Status Quo bei den Politikfelden der Union

Der Lissabonvertrag und das Bundesverfassungsgericht begrenzen die Vertiefung der EU.

Während Binnenmarktregeln und Währungspolitik der ausschließlichen Zuständigkeit der Union unterliegen, soll die Wirtschaftspolitik von den einzelnen Mitgliedsstaaten koordiniert werden.
Man hat aber den Fehler erkannt, daß sich die Wirtschafts- und Währungspolitik im Euroraum nicht trennen lassen. Wenn die Koordinierung der beteiligten Staaten nicht funktioniert, und das tut sie ja nicht, dann geht der Euro zu Bruch.

Das Verfassungsgericht wird eine Übertragung von Hoheitsrechten durch Verfassungsänderung mit Sicherheit nicht behindern. Wozu auch? Ein Parlamentsbeschluß mit verfassungsändernder
Mehrheit genügt dazu.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(02 Aug 2016, 14:14)
Man hat aber den Fehler erkannt, daß sich die Wirtschafts- und Währungspolitik im Euroraum nicht trennen lassen. Wenn die Koordinierung der beteiligten Staaten nicht funktioniert, und das tut sie ja nicht, dann geht der Euro zu Bruch.
Es muss in den verbleibenden großen EWU-Ländern, Deutschland, Frankreich und Italien auch eine politische Mehrheit bei den nationalen Wahlen für eine Wirtschaftsregierung entstehen, damit im Europäischen Rat der Regierungschefs und im EU-Parlament eine qualifizierte Mehrheit dafür gefunden werden kann. Eine Veränderung der EU-Verträge in Bezug auf die einzelnen Politikfelder ergibt sich aus den politischen Konflikten der Vergangenheit auf eben diesen Politikfeldern:
Wähler hat geschrieben:(24 Jul 2016, 08:11)
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SZ 4. Juli 2016 Europa-Politik entzweit die Bundesregierung
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von frems »

Wähler hat geschrieben:(29 Jul 2016, 06:59)

http://www.welt.de/print/die_welt/wirts ... egner.html
Welt 6. Juli 2017 Alle wissen, dass sich die EU ändern muss. Doch die mächtigen Nationen sind uneins wie nie. Es zeichnet sich eine Spaltung in zwei Lager ab




Den Rat der Regierungschefs zu einer zweiten Kammer eines Bundesstaates EU umzubauen, würde bedeuten, dass die Nationalstaaten viel Macht an das EU-Parlament abgeben.
Nicht zwangsläufig, wenn man die Kompetenzen neu ausrichtet. Da wäre es kein Widerspruch, einige Bereich der EU an Nationalstaaten und Untereinheiten abzutreten und zugleich in anderen Themenfeldern der EU entsprechende Befugnisse zu geben. Sinnvoll wäre natürlich eine Abschaffung der Nationalstaaten, aber das dürfte es in absehbarer Zeit nicht geben, wenn nicht etwas großes Unerwartetes passiert. In der ZEIT scheint es nun eine Reihe von Gastbeiträgen zu geben:

Der Markenkern der EU ist kaputt
Die Idee von Europa ist zu gut, um sie aufzugeben. Nur hat das Image der Union stark gelitten. Wie man es wieder aufbaut, kann die EU von der Wirtschaft lernen.

http://www.zeit.de/politik/2016-08/kris ... ettansicht
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(02 Aug 2016, 16:57)

Es muss in den verbleibenden großen EWU-Ländern, Deutschland, Frankreich und Italien auch eine politische Mehrheit bei den nationalen Wahlen für eine Wirtschaftsregierung entstehen, damit im Europäischen Rat der Regierungschefs und im EU-Parlament eine qualifizierte Mehrheit dafür gefunden werden kann. Eine Veränderung der EU-Verträge in Bezug auf die einzelnen Politikfelder ergibt sich aus den politischen Konflikten der Vergangenheit auf eben diesen Politikfeldern:
Klar, ohne diese Partner, aber auch A, NL, FIN und die Balten kann man den Schritt zur Wirtschaftsregierung nicht machen. Um diese Partner auch dazu ein zu stimmen, könnte man in der Euro-Gruppe die gemeinschaftliche Haftung einführen; die gemeinsame Wirtschaftsregierung verantwortet also die Haushalte der Mitglieder, die deshalb nicht mehr nach Belieben ihre Haushalte aufstellen können, sondern nur mit Zustimmung der Wirtschaftsregierung planen dürfen.

Auf jeden Fall wäre die gemeinsame Wirtschaftsregierung ein Riesenschritt in Richtung eines europäischen Bundesstaats. Man darf ja nicht vergessen, daß immer wieder gesagt wird, daß das Haushaltsrecht (Mittelzuweisung) der Kernbereich der parlamentarischen Verantwortung ist.

Dazu müßte auch die Rolle des EU-Parlaments und des EU-Ministerrats neu festgelegt werden, damit die Wirtschaftsregierung demokratisch kontrolliert und unterstützt werden kann.

So gesehen ist aber auch klar, daß nur Mitglieder des Euro-Raums in dieser vertieften Union mitwirken können. So ist sicher auch der Druck der EU-Kommission auf Vertragserfüllung aller Partner zu verstehen, die sich bei Aufnahme in die EU auch bereit erklärt hatten, den Euro einführen zu wollen. Davon kann sich nur Dänemark ohne Verdruß fernhalten, weil Dänen und Briten bei Aufnahme in die EU ein Sonderrecht ertrotzt hatten. Mit BREXIT ist das für die Briten vorläufig ausgestanden... ;)
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(02 Aug 2016, 16:57)
Es muss in den verbleibenden großen EWU-Ländern, Deutschland, Frankreich und Italien auch eine politische Mehrheit bei den nationalen Wahlen für eine Wirtschaftsregierung entstehen, damit im Europäischen Rat der Regierungschefs und im EU-Parlament eine qualifizierte Mehrheit dafür gefunden werden kann. Eine Veränderung der EU-Verträge in Bezug auf die einzelnen Politikfelder ergibt sich aus den politischen Konflikten der Vergangenheit auf eben diesen Politikfeldern:
H2O hat geschrieben:(02 Aug 2016, 19:36)
Klar, ohne diese Partner, aber auch A, NL, FIN und die Balten kann man den Schritt zur Wirtschaftsregierung nicht machen. Um diese Partner auch dazu ein zu stimmen, könnte man in der Euro-Gruppe die gemeinschaftliche Haftung einführen; die gemeinsame Wirtschaftsregierung verantwortet also die Haushalte der Mitglieder, die deshalb nicht mehr nach Belieben ihre Haushalte aufstellen können, sondern nur mit Zustimmung der Wirtschaftsregierung planen dürfen.
Ich finde es wichtiger, dass sich erst einmal die unterschiedlichen Vorstellungen über eine effektive Finanz- und Wirtschaftspolitik annähern. Wenn schon die Bundesregierung in sich zerstritten über diese Themen ist, wie soll dann eine qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat hergestellt werden. Auf dem Weg zu einer zentralen Haushaltsplanung und -überwachung, sowie einer gemeinschaftlichen Haftung sind noch viele "handwerkliche Aufgaben" zu erledigen.
http://www.euractiv.de/section/eu-innen ... -gelingen/
Euractiv 3. September 2015 So kann Europa gelingen
Um das Vertrauen der Menschen zurück zu gewinnen, sollten aus meiner Sicht (Joachim Poß) folgende drei Punkte – neben der Flüchtlingspolitik – Priorität haben: eine engere Koordinierung der Haushalts- und Finanzpolitik, die effektive Bekämpfung von Steuerdumping und die Umsetzung des Juncker-Plans für mehr reale Investitionen.
Die möglicherweise wichtigste Aufgabe für Europa ist derzeit, die Wirtschaft in den Krisenländern zu beleben. Neben Reformen in den Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene ist dabei das Investitionsprogramm der Juncker-Kommission von zentraler Bedeutung. Insbesondere die mediterranen Länder leiden seit Jahren unter mangelnden Investitionen. Der Europäische Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) unterstützt private und staatliche Investitionen, wo sie durch Kreditklemmen, enorme wirtschaftliche Unsicherheit und Sparmaßnahmen gefährdet sind. Es ist deshalb sehr wichtig, dass sich die Mitgliedstaaten aktiver engagieren, damit ausreichend Projekte gefördert werden können.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von DarkLightbringer »

H2O hat geschrieben:(02 Aug 2016, 14:14)

Man hat aber den Fehler erkannt, daß sich die Wirtschafts- und Währungspolitik im Euroraum nicht trennen lassen. Wenn die Koordinierung der beteiligten Staaten nicht funktioniert, und das tut sie ja nicht, dann geht der Euro zu Bruch.

Das Verfassungsgericht wird eine Übertragung von Hoheitsrechten durch Verfassungsänderung mit Sicherheit nicht behindern. Wozu auch? Ein Parlamentsbeschluß mit verfassungsändernder
Mehrheit genügt dazu.
Sicher. Eine solche Verfassungsänderung strebt aber niemand an und selbst wenn sie jemand anstreben würde, so wären damit noch nicht die Unionspartner überzeugt. Eine Partei oder ein Land kann nicht alles allein machen oder bestimmen.

Der Trend geht zum "unvertieften" Staatenbund und zur praktischen Politik.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(03 Aug 2016, 17:53)

Ich finde es wichtiger, dass sich erst einmal die unterschiedlichen Vorstellungen über eine effektive Finanz- und Wirtschaftspolitik annähern. Wenn schon die Bundesregierung in sich zerstritten über diese Themen ist, wie soll dann eine qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat hergestellt werden. Auf dem Weg zu einer zentralen Haushaltsplanung und -überwachung, sowie einer gemeinschaftlichen Haftung sind noch viele "handwerkliche Aufgaben" zu erledigen.
http://www.euractiv.de/section/eu-innen ... -gelingen/
Euractiv 3. September 2015 So kann Europa gelingen
In dieser Sache bin ich nicht so sicher wie Sie, ob dieser löbliche Ansatz einer Harmonisierung der Prioritäten schon vor dem Beschluß zur gemeinsamen Wirtschaftsregierung umgesetzt werden kann. Sie sagen es doch in anderem Zusammenhang selbst: Schon in der Bundesregierung bestehen Meinungsunterschiede über bestimmte Themen... und dennoch werden wir unser Land nicht in unabhängige Bundesländeraufteilen, sondern bei einer Bundesregierung bleiben.

So ähnlich stelle ich mir das künftige Miteinander in einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung vor: Man wird im Vertrauen auf den Gemeinschaftssinn um gemeinsame Lösungen ringen, man wird demokratische Filter einbauen müssen, damit niemand bösartig abgewürgt wird, und man wird am Ende auch gemeinsam beschließen, wie es weiter gehen soll. Parlament und Ministerrat stehen weiterhin als Mitentscheider zur Verfügung.

Daß auf diesem Wege ernsthafte Arbeit zu leisten sein wird, das ist doch klar. Ich stelle mir das so ähnlich vor, wie Koalitionsverhandlungen, jetzt aber mit sämtlichen Euro-Partnern für eine Lösung auf Dauer.
Wähler
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Wähler »

H2O hat geschrieben:(03 Aug 2016, 19:37)
In dieser Sache bin ich nicht so sicher wie Sie, ob dieser löbliche Ansatz einer Harmonisierung der Prioritäten schon vor dem Beschluß zur gemeinsamen Wirtschaftsregierung umgesetzt werden kann. Sie sagen es doch in anderem Zusammenhang selbst: Schon in der Bundesregierung bestehen Meinungsunterschiede über bestimmte Themen... und dennoch werden wir unser Land nicht in unabhängige Bundesländeraufteilen, sondern bei einer Bundesregierung bleiben.
Die Wähler würden bei der nächsten Euorpawahl einen solchen Prozess unterstützen, wenn ihnen bis dahin einzelne Projekte einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung angeboten würden. Die rein formale Einsetzung einer Wirtschaftsregierung dürfte in meinen Augen nicht so überzeugend sein. Wenn der Brexit-Prozess vorangeschritten ist, dürften aber die Chancen einer Wirtschaftsregierung steigen, weil Frankreich und Italien dafür sind und einen gemeinsamen Euro-Haushalt wollen. Cinqe Stelle und Front National würden allerdings eine solche Wirtschaftsregierung bekämpfen. Von daher müssen die sozialdemokratischen Regierungen vorsichtig agieren.
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Adam Smith
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Adam Smith »

Wähler hat geschrieben:(04 Aug 2016, 06:26)

Die Wähler würden bei der nächsten Euorpawahl einen solchen Prozess unterstützen, wenn ihnen bis dahin einzelne Projekte einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung angeboten würden. Die rein formale Einsetzung einer Wirtschaftsregierung dürfte in meinen Augen nicht so überzeugend sein. Wenn der Brexit-Prozess vorangeschritten ist, dürften aber die Chancen einer Wirtschaftsregierung steigen, weil Frankreich und Italien dafür sind und einen gemeinsamen Euro-Haushalt wollen. Cinqe Stelle und Front National würden allerdings eine solche Wirtschaftsregierung bekämpfen. Von daher müssen die sozialdemokratischen Regierungen vorsichtig agieren.
Hier müssten dann aber alle Euro-Länder dafür sein. Und ein gemeinsamer Haushalt setzt meines Erachtens voraus, dass die Sozialsysteme identisch sind.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Wähler hat geschrieben:(04 Aug 2016, 06:26)

Die Wähler würden bei der nächsten Euorpawahl einen solchen Prozess unterstützen, wenn ihnen bis dahin einzelne Projekte einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung angeboten würden. Die rein formale Einsetzung einer Wirtschaftsregierung dürfte in meinen Augen nicht so überzeugend sein. Wenn der Brexit-Prozess vorangeschritten ist, dürften aber die Chancen einer Wirtschaftsregierung steigen, weil Frankreich und Italien dafür sind und einen gemeinsamen Euro-Haushalt wollen. Cinqe Stelle und Front National würden allerdings eine solche Wirtschaftsregierung bekämpfen. Von daher müssen die sozialdemokratischen Regierungen vorsichtig agieren.
Mit diesem Vorgehen bin ich völlig einverstanden; natürlich und vernünftigerweise müssen Wirtschafts- und Finanzthemen auf europäischer Ebene auch den Wählern in den Euro-Staaten ausführlich vermittelt werden... durchaus auch gegensätzliche, aber bitte immer mit dem Ziel, daß wir Europäer darum gemeinschaftlich ringen werden, um gemeinsame Lösungen unserer kommenden Aufgaben zu erzielen... nicht etwa, um einen "glanzvollen Sieg" der einen Vorstellung über die andere zu erzielen. Also eine völlig demokratische und faire Durchsprache, "ergebnisoffen" den Wählern in der EU vorgelegt. Uns allen sollte die künftigen Streitigkeiten klar sein, und natürlich auch die Standpunkte unserer nationalen Parteien zu diesen Punkten, und mit wem sie sich dazu verbünden würden. Auch das wird in Europa geschehen, wenn aus dem Konzept ein Projekt wird.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(04 Aug 2016, 06:34)

Hier müssten dann aber alle Euro-Länder dafür sein. Und ein gemeinsamer Haushalt setzt meines Erachtens voraus, dass die Sozialsysteme identisch sind.
Im besten Falle wäre das nach einiger Zeit der Eingewöhnung so. Wir stehen auch im Sozialwesen vor unterschiedlichen geschichtlich gewachsenen sozialen Gerüsten. Man kann diese vertrauten Sicherungssysteme nicht mit dem Umlegen eines Schalters vereinheitlichen. Das kann erst nach langem Ringen und gewachsenem Vertrauen in die Gemeinschaft gelingen.

Meine insgesamt nicht von Sachkenntnis im Einzelnen belastete Meinung ;) :
Zunächst werden die Haushaltsgrenzen der einzelnen Volkswirtschaften festgelegt. Will sagen, daß jeder Teilnehmer nur in diesem gemeinschaftlich festgelegten Rahmen wirtschaften darf. Er muß dann selbst in diesem Rahmen seine nationalen Rangfolgen der Mittelzuweisung festlegen. Die Mittelzuweisung kann auch nur im Rahmen seiner Steueraufkommen liegen. Wer nichts verdient, der kann auch nichts zuweisen... natürlich mit Finanzausgleich, über den die Gemeinschaft in jeder Haushaltsperiode verhandeln muß. Eine gute Aufgabe für das EU-Parlament ;)
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Die Sommerpause ist so einigermaßen ohne größere Aufregung für die EU überstanden... der islamistische Terror blieb uns Deutschen auch nicht erspart.

Jetzt haben sich die führenden Politiker der EU-Gründungsmitglieder D, F, I in Italien zu einer Gesprächsrunde versammelt, die sich vermutlich ein gemeinsames Bild von der wirtschaftlichen Schieflage der EU verschaffen wollen. Ich werde den Verdacht nicht los, daß es darum geht, uns Deutsche weiter zum Goldesel im Finanzausgleich der EU zu ernennen.

Hoffentlich kann die Kanzlerin dafür ein tüchtiges Schritt Fortschritt für das europäische Projekt heraus handeln: Die vertiefte Union mit einer demokratisch kontrollierten Wirtschaftsregierung. Denn ohne diesen Fortschritt sehe ich keinen vernünftigen Grund, weitere Opfer in den undisziplinierten Laden ein zu schießen. Die Zaghaftigkeit der Bundesregierung zahlt sich da nicht aus.

Nachtrag:

Das Treffen ist zu Ende gegangen ohne greifbare Ergebnisse:
http://www.t-online.de/nachrichten/deut ... -tun-.html

Man will gemeinsam mehr für europäische Verteidigung tun... was und wie ist im Dunkeln, wie seit Jahren inzwischen: Nichts Erkennbares!

Man will den Terror durch vermehrte Zusammenarbeit der Geheimdienste bekämpfen... davon ist seit dem Mordüberfall auf Charlie Hebdo die Rede. Was und wie ... einfach gar nichts.

Man will wettbewerbsfähiger werden, insbesondere in der Digitalwirtschaft... tja, das wollte man auch schon seit Jahren. Die Briten wollten das schon, bevor sie sich in den BREXIT stürzten: Nichts Beobachtbares!

Man will die Grenzen schützen, aber Leute aus dem Mittelmeer fischen. Was Europa tun will/soll, um den Zustrom ab zu stellen... einfach nichts, gar nichts.

MP Renzi will starke Wachstumssignale setzen; wodurch und wie... nichts, denn das wollte Italien schon immer.

Aber immerhin: Europa ist die Lösung, nicht das Problem.

Letzteres meine ich natürlich auch, aber so handlungsunfähig wie jetzt kann aus dieser Union bestimmt nichts werden! Auf das Treffen hätte man ebenso gut verzichten können! Schade!
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Fuerst_48 hat geschrieben:(26 Aug 2016, 19:08)

Die Frage ist die Richtung des Schwunges...solange nicht jene Länder den EURO haben, die die Kriterien erfüllen, wie Dänemark oder Schweden, im Gegensatz dazu aber die baltischen Staaten, die wirtschaftlich so marode sind wie Portugal oder Spanien und Griechenland, wird die Schieflage sich nicht ändern.
Die EU kann doch nie das homogene große Land werden, daß Ihnen vorschwebt. Daran hindern uns Sprache, Geschichte, Staatsgröße und wirtschaftliche Unterschiede.

In der Euro-Zone sehe ich jene EU-Partner, die sich unbedingt an dem europäischen Projekt einer sich stetig vertiefenden Gemeinschaft ohne nationalen Überschwang beteiligen möchten. Diesen Partnern würde ich bei allen Unterschieden mit größtem Wohlwollen begegnen... also den von Ihnen genannten Balten, Spaniern, Portugiesen und Griechen nach Kräften politisch und wirtschaftlich helfen, ihren Wohlstand durch eigene Arbeit zu verbessern und auf Augenhöhe mit zu bestimmen, welchen Weg die EU gehen sollte.

Die EU sollte nicht allein ein wirtschaftliches Projekt sein, sondern ein vorrangig politisches Projekt, das geschichtlich bedingte Vorbehalte und Gegnerschaften in der EU stetig abbaut und zu wachsendem Verständnis für unsere Partner führt. Natürlich ist die Wirtschaft ein wesentlicher Baustein auf diesem Wege; da hat Deutschland doch ganz erhebliche Möglichkeiten, wenn Neid und Mißgunst dem keine Grenzen setzen. Warum also nicht Pflänzchen setzen in den etwas zurück gebliebenen Partnerstaaten, aus denen sich wertvolle Ergänzungen für deutsche Unternehmen heranbilden können. Dazu könnten Staatsverträge geschlossen, deutsches Steuergeld investiert und deutsche Unternehmen gewonnen werden.

Vielleicht ist das ein Weg, "die Griechen etwas deutscher werden zu lassen", wie die Kanzlerin vor einigen Jahren meinte. Immerhin würden Griechen dann Arbeit und Brot haben, Steuern zahlen und hoffentlich in erfolgreichen Unternehmen eine Zukunft gestalten können. Mit "Griechen" meine ich sämtliche Partner in wirtschaftlicher Schieflage... und ich begrüße Anstrengungen unserer französischen und italienischen Partner, ihrerseits die "Griechen" etwas italienischer oder französischer werden zu lassen, gern auch "uns Griechen" hier zu Lande!
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von Fuerst_48 »

Volle Zustimmung!
Nur sollte Brüssel auch ab und zu kenntlich machen, dass es sich seiner Grenzen bewußt ist, was die Umsetzbarkeit der vollkommenen EU betrifft. Und nicht mit sinnlosen Regulativen den denkenden Büreger frustrieren.
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Re: Wie läßt sich die EU verbessern?

Beitrag von H2O »

Fuerst_48 hat geschrieben:(27 Aug 2016, 11:16)

Volle Zustimmung!
Nur sollte Brüssel auch ab und zu kenntlich machen, dass es sich seiner Grenzen bewußt ist, was die Umsetzbarkeit der vollkommenen EU betrifft. Und nicht mit sinnlosen Regulativen den denkenden Büreger frustrieren.
Wir europäischen Mitbürger dürfen doch aber nie vergessen, daß "Brüssel" letztlich die Summe unserer kleinen Staaten abbildet. Dort geschieht nichts, was nicht in irgend einem oder gleich noch mehreren Staaten der EU als wünschenswert und an zu streben überlegt wurde. Ich fürchte, daß auf dem Gebiet der Wirtschaft die allermeisten Regeln in der Gemeinschaft auf deutsche Wünsche zurück gehen... wäre angenehm überrascht, wenn das meinerseits eine maßlos übertriebene Annahme wäre.

Manchmal wünschte ich mir in Brüssel starkknochige Bürokraten, die solchen Betrügern nach Art des VW-Abgasskandals einmal tüchtig eins zwischen die Hörner gäben, oder den Filz von Politik-Interessenvertretungen-Medien-Unternehmen durchschnitten, der sich in eingeschwungenen Gesellschaften fast zwangsläufig ausbreitet. Aber wie organisiert man dort die demokratische Kontrolle der Sachwalter?
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