Das Feld nördlich von Snischne ist nicht sofort einsehbar, ein Eisenbahndamm und ein Wald schützen das Feld vor Blicken, auf der anderen Seite des Bahndamms liegt eine kleine Siedlung aus Gehöften. Jedes Häuschen umgeben Zäune und Mauern. Am 17. Juli hören die Anwohner nach 16 Uhr ein seltsames Geräusch, jeder beschreibt es etwas anders, sie hörten eine Explosion, ein "Buch, Buch", einen lauten Schlag, ein langes Zischen, ein "Schum", ein lang anhaltendes Geräusch. Ein älterer Mann erinnert sich, die Schienenschwellen und das Gras hätten gebrannt. Seine Frau stößt ihn in die Seite, er soll schweigen. Die Siedlung liegt im Separatistengebiet; wer wissen will, was hier genau passiert ist, sollte das Vertrauen der Leute gewinnen, mehrmals mit ihnen sprechen und ihnen zusichern, Namen und Fotos nicht zu veröffentlichen.
So erzählt schließlich einer, dass drüben im Feld eine Raketenabschussrampe gestanden habe, in der Nähe des Bahndammes. Er selbst sei im Haus gewesen, habe einen Schlag gehört, "Bach, bach", und einen langanhaltenden Ton, er sei auf die Straße hinausgelaufen. Später habe er das Flugzeug vom Himmel fallen sehen. Sein Freund habe die Rampe mit den vier Raketen schon vor dem Abschuss gesehen, "da steht so ein irres Teil".
Auf die Frage, ob russische Soldaten oder Separatisten die Rakete abgeschossen hätten, lacht der Mann:
"Welcher Bergmann schießt mit Raketen?"
Die Explosion reißt den Mantel, der den Kopf der Rakete umgibt, in Splitter, die Schrapnells bilden eine Wolke aus hochenergetischen Teilchen, in die das Zielobjekt hineinfliegt. Die Zerstörung entsteht durch die Energie der Teilchen, nicht durch ihre Masse - das getroffene Flugzeug wird regelrecht durchsiebt.
In Ausnahmefällen ist es allerdings möglich, dass die Crew der Abschussrampe mithilfe des Feuerleitradars ein Ziel selbstständig erfasst und beschießt. Die Gefahr eines Irrtums ist sehr viel größer, die Männer am Boden können dann nicht erkennen, ob es sich um ein ziviles Flugzeug, ein Kampfjet oder ein Transportflugzeug handelt.
Website von VKontakte, 16.50 Uhr
Auf der Profilseite von Igor Girkin, dem Oberkommandierenden der Separatisten der "Donezker Volksrepublik", erscheint bei VKontakte eine Triumphmeldung:
"Wir haben euch gewarnt, fliegt nicht durch unseren Himmel." Angehängt ist ein Video, das die rauchenden Trümmer von MH17 zeigt. "Der Vogel fiel aufs offene Feld, er beschädigte keine bewohnten Orte."
Später ließ er verlauten, die Meldung sei eine Fälschung. Aber auch über seinen Twitter-Account schickte er die Siegesmeldung an seine Follower.
Die regierungsnahe Agentur Ria Nowosti berichtet, ein Augenzeuge habe vor dem Absturz der ukrainischen Antonow gesehen, "dass eine Rakete das Flugzeug getroffen und eine Explosion ausgelöst hat". Der russische TV-Sender Lifenews, der von den Führern der Rebellen mit Meldungen versorgt wird, berichtet vom Abschuss einer ukrainischen Militärmaschine durch eine Rakete der Rebellen. Nachdem klar ist, dass ein Passagierflugzeug getroffen wurde, meldet der Sender: Abschuss durch eine ukrainische Buk.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131242892.html