@Ермолов
Vor 50 Jahren gab es auch keine Infrastruktur gen Westeuropa. Irgendwo muss man ja anfangen. Vor allem weil die Bedeutung Europas noch vor der Ukraine-Krise in der Exportstruktur bereits am Sinken war, während der Anteil von Exporten nach Asien wuchs.
Das ist ohnehin vernünftig, die Abhängigkeit ist ja bilateral. So wie die EU russische Rohstoffe braucht, benötigt Russland die Deviseneinnahmen. Wenn sowohl Russland als auch die EU ihre Quellen/Abnehmer diversifizieren sinkt für die Zukunft die Möglichkeit ökonomische Abhängigkeiten für politische Machtspiele zu missbrauchen. Grundsätzlich bin ich kein Freund von Sanktionen aber noch viel weniger einer militärischer Interventionen.
Bezüglich Ukraine, Russland bricht in Zeiten der Stärke Verträge, die es in Zeiten der Schwäche abgeschlossen hat, um schlimmeres zu verhindern. Die spezifischen historischen Ereignisse spielen für Russland natürlich eine Rolle, aber auf militärische Stärke wird das Fehlen eines integrativen politischen Konzeptes nicht ersetzen. Ökonomisch ist Russland zu schwach, geographisch zu groß und dünn besiedelt, um die GUS-Staaten dauerhaft zu dominieren und die Sicherheit der russischen Minderheiten zu gewährleisten. Das geht nur über Kooperation und der Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit und da ist Russlands Politik Unterentwickelt, Innen, wie Außenpolitisch. Damit will ich die spezifischen Probleme in der Ukraine und die erhebliche Mitschuld der ukrainischen Politik nicht bestreiten, aber auch diese Intervention wird nicht dazu beitragen, das es den Russen in den ehemaligen anderen Kolonien besser gehen wird. Ganz im Gegenteil, sie werden immer stärker der Gefahr aus gesetzt, zu den Opfern noch kommender nationaler Befreiungsbewegungen zu werden, da ihr Loyalität von Moskau eingefordert und/oder instrumentalisiert wird. Das lässt sich kein Nationalstaat lange gefallen, auch Russland nicht.
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Ja, aber nicht unter den ursprünglichen Wert. Wenn es so wäre, hätte man die Investitionen schon früher getätigt und durch die Einsparungen in der Zukunft Gewinne gemacht. Solche Opportunitätskosten belässt man nicht unberücksichtigt. Tatsächlich werden durch die steigenden Energiekosten neuere Technologien wirtschaftlich, die es bei den alten Preisen nicht waren, aber die Gesamtausgaben dürften steigen, weil die Einsparungen lediglich ein kleinerer Kompensationseffekt ggü. dem größeren Einkommenseffekt sind. Kann man mikroökonomisch leicht begründen.
Das ist ein gutes Argument, lässt man mal die nicht vorhersagbaren technischen Durchbrüche außen vor, werden die Energiepreise auf hohem Niveau stagnieren, was die Industrien aus dem Bereich alternativer Energien fördern wird bis in die Massenproduktion, Energieeffizienz wird eben immer wichtiger. Aber das eigentliche Risiko für Russlands Staatsbilanzen erwächst nicht aus alternativen Energien oder Sanktionen, sondern es entsteht bei einer sich abkühlenden Weltwirtschaft durch sinkende Nachfrage. Es kann dann jederzeit zu einem Anbieterwettbewerb kommen, bei denen sich die Förderländer gegenseitig unterbieten und die Fördermenge sogar noch ausweiten um die Haushaltslöcher zu stopfen. Da gerät Russland in Probleme, weil die Förderkosten/Infrastrukturkosten in Sibirien doch deutlich höher sind, als in den Steppen des mittleren/nahen Ostens. Besonders schwierig wird dies, wenn die Einnahmen zur Kriegsführung benötigt werden und damit rationale öknomische Überlegungen verdrängen, was in einigen islamischen Staaten schnell passieren kann. Die durch niedrige Zinsen und hohe Verschuldung erkaufte lange konjunkturelle Aufschwungphase wird nicht ewig anhalten, die ist ohnehin historisch bereits einmalig lang, die Schulden entsprechend hoch. Nun wird der Westen natürlich auch darunter leiden, aber Russland wird es härter treffen. Darauf führe ich die Probleme Russlands zurück, Staatsanleihen zu emittieren. Die Kapitalmärkte handeln aufgrund zukünftiger Erwartungen, die haben sich für Russland bereits ein getrübt. Es muss nicht so kommen, aber man sollte auf keinen Fall so leichtsinnig sein, die Möglichkeit einfach zu ignorieren, da geht aber weit über den Ukraine Konflikt hinaus. Es ist eher erschreckend, wie kurzfristig viele Menschen denken/planen.
Ähm nö. Gerade die Erschließung der großen Fördergebiete Sibiriens in der Nachkriegszeit ermöglichte erst die Exporte gen Europa und zusätzliches Angebot auf dem Weltmarkt. Davor kam das meiste sowjetische Erdöl aus dem Kaukasus (deswegen wollte Hitler ja auch Maikop und Baku und nicht die sibirische Taiga haben).
Es gibt für Öl auch alternative fossile Energieträger, die je nach Preislage substituierend verwendet werden. Das zusätzlich Angebot an Erdöl hat den Anstieg der Preise für Kohle reduziert. Arabisches Öl floss dann verstärkt nach SO-Asien, Russisches nach Europa. Die Preise sind mit der Industrialisierung SO-Asiens zwar angezogen, aber durch Substituierungsmöglichkeiten auch abgebremst. Die Umstellung von Kohle auf Erdöl in den 70ern, seit den 80-90ern auf Erdgas, wie sie in vielen europäischen Blockheizkraftwerken und Zentralheizungsanlagen statt fand, wurde durch den niedrigeren Preis bewirkt. Steigt der Preis für Öl und Gas jetzt an, wird es eine Renaissance der Kohle geben. Die nötigen Umrüstungskosten lassen solche Prozesse aber lange dauern, 10-15 Jahre. Auf den Zeitraum werden auch die Sanktionen nachwirken, wenn der Konflikt in der Ukraine nicht politisch gelöst wird.
Ich befürchte, in diesem Falll werden die marktwirtschaftlichen Mechanismen von dir etwas überbewertet. Polen dürfte das Land sein, welches unabhängig von seiner Produktivität von den EU-Agrartöpfen am meisten profitiert.
Das kann sein. Der EU Agrarmarkt ist auch eher eine Schwäche der EU, ist ja nicht so, das in der EU alles toll wäre. Aber es ist nicht die EU, die zu wenig Nahrungsmittel produziert, das Russland das trotz der riesigen Landflächen und geringen Bevölkerungdichte nicht schafft, spricht gegen das politsch-ökonomische System.