Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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Gregorius I
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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zorba » Mo 9. Jun 2014, 04:38 hat geschrieben:Mir bereitet eher Sorge das egal welche du von den etablierten Parteien wählst du immer die gleiche Politik erhälst. Was daran soll da noch Demokratisch sein? Viele Leute haben das auch verstanden und wählen halt "extrem". Die Mehrzahl aber leider nicht.
Da möchte ich doch glatt Gregorius´ Motto hier anführen: Errare humanum est, perseverare diabolicum.

"... immer die gleiche Politik" - das ist mir zu oberflächlich beschrieben. Ich kann nicht erkennen, dass es für unseren Staat und unsere Gesellschaft nachteilig sein könnte, wenn alle etablierten Parteien nicht infrage stellen, sondern sich einvernehmlich darum bemühen, ihre Politik nach rechts- und sozialstaatlichen Grundsätzen zu gestalten. Im Gegensatz dazu halten gerade die "extremen" Parteien diese Grundsätze für disponibel und sind also keine Alternative! Wähler extremer Parteien haben nichts verstanden!
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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Jekyll » Mo 9. Jun 2014, 10:18 hat geschrieben:Was bleibt ihr auch übrig? Wenn die Rechten trotz solch antisemitischer/rassistischer Gesinnung Zuspruch bekommen (oder gerade deshalb?), und zwar auf demokratischen Wege, dann bedeutet das, dass das Kind schon längst in den Brunnen gefallen ist.

Warum nur befürworten immer wieder Menschen den "Selbstmord" aus Angst vor dem "Tod"? :rolleyes:

Zum einen haben solche extremen Parteien keineswegs die Mehrheit der Wähler hinter sich, sodass "das Kind" keineswegs "in den Brunnen gefallen ist". Zum anderen braucht auch eine Demokratie nicht unbeschränkt tolerant zu sein, insbesondere nicht gegenüber Kräften, die Demokratie und Rechtsstaat zur Disposition stellen wollen!

Würde es da noch was nützen, an den Symptomen etwas ändern zu wollen?

Noch sind es nur "Symptome", die auf eine unzufriedene Stimmung in Teilen des Volkes bzw. der europäischen Völker hindeuten. Es bleibt genügend Zeit und bleiben genügend Mittel, diese augenblickliche Stimmung wieder aufzuhellen.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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JJazzGold » Mo 9. Jun 2014, 12:34 hat geschrieben: An den Symptomen erkennt man die Krankheit und die ist behandelbar, wenn auch nur über das StGB, oder code pénal. Trotzdem zweifel ich daran, ob es im Sinne einer heute gelebten Demokratie sein kann, solche Auswüchse achselzuckend akzeptieren zu müssen.

Gewiss, diese Mittel werden auch angewandt. Aber besser noch wäre es, der Bevölkerung wieder mehr Vertrauen in Demokratie, Rechts- und Sozialstaat zu vermitteln - in Deutschland jedenfalls ist es bisher ganz gut gelungen, die Radikalen politisch zu marginalisieren.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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EgleHuehn » Mo 9. Jun 2014, 13:43 hat geschrieben: Und ich bin mir sicher, dass in Deutschland auch nicht in allzu langer Ferne knallen wird. 720.000€ erhalten die Spanischen Nationalspieler beim Titelgewinn und für den Finaleinzug gibt es 360.000€. Das ist sogar mehr, als wenn unsere beim Titelgewinn erhalten könnten.

Es ist nur eine Frage der Zeit wenn das Volk hier aufbegehren wird. Die Demütigung wird immer größer für andere Staaten herzuhalten. Unsere Rentner und Kinder haben es verdient mehr zu erhalten anstatt nur Almosen und Predigten zur Verhältnismäßigkeit. Rentner in Armut, versteckte 1€ Jobber, die aus der Arbeitslosenstatistik fallen etc., 20€ an Kindergeld wird den Kindern von Hart IV Empfängern gestrichen.

Finde es gut, dass es in Frankreich zu so einem Wechseln in der Bevölkerung kommt und kommen wird. Etwas mehr Mut würde hier auch gut tun.

In Deutschland "knallt" es in jedem Jahr - zu Silvester. Deine Prophezeiung hat sich erfüllt. :rolleyes:

Ein Punkt des zitierten Beitrages ist bedenkenswert: der gerade in Deutschland um sich greifende materielle Egoismus vieler Menschen - nicht zum wenigsten derjenigen, die ihr gutes Auskommen haben - und die abnehmende Bereitschaft, sich anderen Menschen resp. Völkern gegenüber solidarisch zu verhalten. Über die Ursachen dieser geistigen Beschränktheit vieler Menschen mag anderswo diskutiert werden, jedenfalls halte ich es im Zusammenhang dieses Stranges für höchst merkwürdig, dass diese Menschen wirklich glauben, dass die von ihnen favorisierten extremen Parteien ihnen ein "Paradies" schaffen könnten. Und wenn sie es könnten: auf wessen bzw. welcher Bevölkerungsgruppen Kosten oder Enteignungen würden sie denn vorübergehende Änderungen herbeiführen können?
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zorba »

Gregorius I » Mo 9. Jun 2014, 16:47 hat geschrieben:
"... immer die gleiche Politik" - das ist mir zu oberflächlich beschrieben. Ich kann nicht erkennen, dass es für unseren Staat und unsere Gesellschaft nachteilig sein könnte, wenn alle etablierten Parteien nicht infrage stellen, sondern sich einvernehmlich darum bemühen, ihre Politik nach rechts- und sozialstaatlichen Grundsätzen zu gestalten. Im Gegensatz dazu halten gerade die "extremen" Parteien diese Grundsätze für disponibel und sind also keine Alternative!
Ich hatte bereits auf der vorherigen Seite schon ein paar Beispiele aufgeführt. Hier könnte noch hinzufügen daß viele Leute Angst vor Überfremdung haben, daß diese Ängste aber von den etablierten Parteien aber ignoriert werden. Die Arbeitslosigkeit in vielen EU-Ländern ist sehr hoch. Hier ist schon Jahre lang von allen Parteien nicht viel Bewegt worden. Außerdem steht Brüssel oder besser gesagt die EU-Kommission für ein undurchsichtiges technokratisches Gebilde daß absurde Gesetze hervorbringt, und das wollen die Leute eben nicht.
Die haben sehr wohl verstanden. Was machst du denn wenn du jemanden etwas mitteilen möchtest und der dreht sich um. Dann gehst du zum nächsten.
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Beitrag von Gregorius I »

zorba » Mo 9. Jun 2014, 17:59 hat geschrieben:
Ich hatte bereits auf der vorherigen Seite schon ein paar Beispiele aufgeführt. Hier könnte noch hinzufügen daß viele Leute Angst vor Überfremdung haben, daß diese Ängste aber von den etablierten Parteien aber ignoriert werden. Die Arbeitslosigkeit in vielen EU-Ländern ist sehr hoch. Hier ist schon Jahre lang von allen Parteien nicht viel Bewegt worden. Außerdem steht Brüssel oder besser gesagt die EU-Kommission für ein undurchsichtiges technokratisches Gebilde daß absurde Gesetze hervorbringt, und das wollen die Leute eben nicht.

Phobien sind in erster Linie eine medizinische Angelegenheit. Um im Volk Phobien zu erzeugen, die nicht selten eingebildet, aber aus propagandistischen Gründen bis hin zu "Weltuntergängen" aller Art aufgebauscht werden, tun sich besonders die extremen Gruppierungen und Parteien in Deutschland hervor.

Politik wird von Menschen gemacht. Diese machen Fehler, die man benennen und kritisieren kann und muss, z. B. die europaweite Arbeitslosigkeit, insbesondere auch die Jugendarbeitslosigkeit. Aber was die Extremisten so treiben, brauchen Politiker nur insofern zu berücksichtigen, als sie aufpassen müssen, dass das Volk nicht übermäßig in die Irre geführt und in unnötige Phobien gehetzt wird. Bisher gelingt das ganz gut, insbesondere auch deshalb, weil gerade die Extremisten außer Phobien oder Sündenbocktheorien keinerlei Lösungsansätze z. B. für das Arbeitslosenproblem anbieten können.

Die haben sehr wohl verstanden. Was machst du denn wenn du jemanden etwas mitteilen möchtest und der dreht sich um. Dann gehst du zum nächsten.

Ein hübsches Bild. Aber es ist falsch. Denn gerade die Anhänger und Wähler der Extremisten wollen und können nicht zuhören und dem, was man ihnen mitteilt, inhaltlich folgen. Daher bleibe ich dabei: Wähler extremer Parteien haben nichts verstanden!
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nichtkorrekt » So 8. Jun 2014, 20:58 hat geschrieben: Das hab ich nicht behauptet, es wäre aber auch vermessen zu behaupten, die Nichtwähler seien mit dem status quo so zufrieden - genau deswegen wäre ja eine Meinungserhebung unter den Nichtwählern interessant.
Das liefe doch auf eine nachträgliche Wahl hinaus. Und das ist unzulässig. Ebenso, wie es unzulässig ist, die Ergebnisse von Briefwahlen vor der Ausählung abgegebener Stimmen bekanntzugeben. Wer auf sein Recht verzichtet hat, sollte Gründe dafür haben und nicht hinterher kommen und meinen "aber das wollte ich nicht". Hätte er das mit dem Nichtwollen ernst gemeint, dann hätee er einen plausiblen Grund gehabt, am Wahltag wählen zu gehen.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zollagent »

zorba » Mo 9. Jun 2014, 03:38 hat geschrieben:Mir bereitet eher Sorge das egal welche du von den etablierten Parteien wählst du immer die gleiche Politik erhälst. Was daran soll da noch Demokratisch sein? Viele Leute haben das auch verstanden und wählen halt "extrem". Die Mehrzahl aber leider nicht.
Da möchte ich doch glatt Gregorius´ Motto hier anführen: Errare humanum est, perseverare diabolicum.
Du hast es erfaßt "Die Mehrzahl leider nicht". Gerade die Mehrzahl ist es, die man in der Demokratie braucht. Und wenn diese Mehrzahl so wählt, daß keine Änderung eintritt, wird es keine Änderung geben. Dabei ist egal, wie radikal die Enttäuschten dann werden.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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zorba » Mo 9. Jun 2014, 05:15 hat geschrieben:Genau: die Nicht-Ablehnung der Diktatur der Finanzmärkte zum Beispiel. Über Jahre hinweg und Parteipolitisch übergreifend wurde Deutschland zum Billiglohnland. Drastisches Heruntersenken des angeblich über dimensionierten Beamtenstaates.
Deutschland ist kein Billiglohnland. Effizienz ist ein Stichwort, das mir bei den "Beamtenstaaten" so einfällt. Dieses Wort ist dort weitgehend unbekannt.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zollagent »

Jekyll » Mo 9. Jun 2014, 09:18 hat geschrieben:Was bleibt ihr auch übrig? Wenn die Rechten trotz solch antisemitischer/rassistischer Gesinnung Zuspruch bekommen (oder gerade deshalb?), und zwar auf demokratischen Wege, dann bedeutet das, dass das Kind schon längst in den Brunnen gefallen ist. Würde es da noch was nützen, an den Symptomen etwas ändern zu wollen?
Auch Wahlerfolge berechtigen poitische Extremisten nicht, sich Rechte anzumaßen, die ihnen nicht zustehen.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

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EgleHuehn » Mo 9. Jun 2014, 12:43 hat geschrieben: Und ich bin mir sicher, dass in Deutschland auch nicht in allzu langer Ferne knallen wird. 720.000€ erhalten die Spanischen Nationalspieler beim Titelgewinn und für den Finaleinzug gibt es 360.000€. Das ist sogar mehr, als wenn unsere beim Titelgewinn erhalten könnten.

Es ist nur eine Frage der Zeit wenn das Volk hier aufbegehren wird. Die Demütigung wird immer größer für andere Staaten herzuhalten. Unsere Rentner und Kinder haben es verdient mehr zu erhalten anstatt nur Almosen und Predigten zur Verhältnismäßigkeit. Rentner in Armut, versteckte 1€ Jobber, die aus der Arbeitslosenstatistik fallen etc., 20€ an Kindergeld wird den Kindern von Hart IV Empfängern gestrichen.

Finde es gut, dass es in Frankreich zu so einem Wechseln in der Bevölkerung kommt und kommen wird. Etwas mehr Mut würde hier auch gut tun.
Den Wunsch nach einer Revolution verlautbaren Anhänger chancenloser Politischer Richtungen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Und zwar aus der Einsicht heraus, daß ihre Ansichten keine nennenswerten Chancen haben.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zorba »

zollagent » Mo 9. Jun 2014, 21:32 hat geschrieben: Deutschland ist kein Billiglohnland. Effizienz ist ein Stichwort, das mir bei den "Beamtenstaaten" so einfällt. Dieses Wort ist dort weitgehend unbekannt.


http://www.handelsblatt.com/politik/kon ... 63064.html
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zollagent »

Klar doch, ein Okonom aus einem Konkurrenzland ist natürlich die Institution. Es bleibt dabei, Deutschland ist kein Billiglohnland. Man sollte die passenden Zahlen schon parat haben! ;)
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von Tantris »

Dann lies mal den artikel, kamerad!

Billiglohnländer wären z.b. kambodscha, indonesien oder russland.

Dort verdient man pro monat 50-500 euro.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von schokoschendrezki »

"Billiglohnland" ist doch ein Musterbeispiel für das, was man einen politischen Kampfbegriff nennt. Immer und überall flexibel einsetzbar, wenn es an konkreten Argumenten fehlt. Und dann ist es auch noch ein simples Werbereizwort für die, die ihr Produkt als eben eines nicht aus einem Billiglohnland verkaufen möchten.

Was in in dem einem Land als "Billiglohn" gewertet wird, kann woanders einen erheblichen sozialen Fortschritt bedeuten. Wenn man den historischen Verlauf mit berücksichtigt.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zorba »

Tantris » Di 10. Jun 2014, 11:44 hat geschrieben: Dann lies mal den artikel, kamerad!

Billiglohnländer wären z.b. kambodscha, indonesien oder russland.

Dort verdient man pro monat 50-500 euro.
Meine Güte Tantris!!
Deutschland als Billiglohnland in der Eurozone.
oder wie wär es hiermit:
http://www.zeit.de/2013/33/arbeitsmarkt ... hn/seite-5
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Beitrag von schokoschendrezki »

Gregorius I » Mo 9. Jun 2014, 17:23 hat geschrieben: Ein Punkt des zitierten Beitrages ist bedenkenswert: der gerade in Deutschland um sich greifende materielle Egoismus vieler Menschen - nicht zum wenigsten derjenigen, die ihr gutes Auskommen haben - und die abnehmende Bereitschaft, sich anderen Menschen resp. Völkern gegenüber solidarisch zu verhalten. Über die Ursachen dieser geistigen Beschränktheit vieler Menschen mag anderswo diskutiert werden, jedenfalls halte ich es im Zusammenhang dieses Stranges für höchst merkwürdig, dass diese Menschen wirklich glauben, dass die von ihnen favorisierten extremen Parteien ihnen ein "Paradies" schaffen könnten. Und wenn sie es könnten: auf wessen bzw. welcher Bevölkerungsgruppen Kosten oder Enteignungen würden sie denn vorübergehende Änderungen herbeiführen können?
Es ist aber gewiss nicht einfach der materielle Egoismus, der in Frankreich die Leute Le Pens Partei wählen lässt. Es ist wohl eher eine diffuse Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Zeit mit vermeintlich sicheren Gewissheiten.

Die ungarische Jobbik etwa führt in ihren offiziellen politischen Zielen alles mögliche an: Vom Kampf gegen israelische Investoren und Banken in Ungarn bis zur Rückeroberung ehemals ungarischer Gebiete. Von klassischen Versprechungen an materiellen Egoismus wie "mehr Lohn" ist gar nicht die Rede. Und sie wird dennoch gewählt. Von Leuten, die im Vergleich eine ganze Menge weniger verdienen als ein Durchschnittsfranzose.

Kann es sein, dass die europäischen Sozialdemokraten deshalb so relativ erfolglos sind, weil sie immer noch davon ausgehen, dass man "den Leuten" vor allem mehr Kaufkraft versprechen muss, um gewählt zu werden?
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Re:

Beitrag von zorba »

schokoschendrezki » Di 10. Jun 2014, 12:52 hat geschrieben: Es ist aber gewiss nicht einfach der materielle Egoismus, der in Frankreich die Leute Le Pens Partei wählen lässt. Es ist wohl eher eine diffuse Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Zeit mit vermeintlich sicheren Gewissheiten.

Die ungarische Jobbik etwa führt in ihren offiziellen politischen Zielen alles mögliche an: Vom Kampf gegen israelische Investoren und Banken in Ungarn bis zur Rückeroberung ehemals ungarischer Gebiete. Von klassischen Versprechungen an materiellen Egoismus wie "mehr Lohn" ist gar nicht die Rede. Und sie wird dennoch gewählt. Von Leuten, die im Vergleich eine ganze Menge weniger verdienen als ein Durchschnittsfranzose.

Kann es sein, dass die europäischen Sozialdemokraten deshalb so relativ erfolglos sind, weil sie immer noch davon ausgehen, dass man "den Leuten" vor allem mehr Kaufkraft versprechen muss, um gewählt zu werden?
Die Richtlinien der Politik wird doch eh kaum noch von den Politikern bestimmt.
Das Problem ist das die Politiker fast nur noch als Marionetten gewisser Lobbyisten fungieren. Sei es die Lobby aus der Pharma, Finanz, oder Militärindustrie. Diesem Diktat würden auch die sogenannten extremen Parteien unterliegen. Aber soweit ist man ja noch nicht in Europa.
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Beitrag von schokoschendrezki »

zorba » Di 10. Jun 2014, 13:03 hat geschrieben: Die Richtlinien der Politik wird doch eh kaum noch von den Politikern bestimmt.
Das Problem ist das die Politiker fast nur noch als Marionetten gewisser Lobbyisten fungieren. Sei es die Lobby aus der Pharma, Finanz, oder Militärindustrie. Diesem Diktat würden auch die sogenannten extremen Parteien unterliegen. Aber soweit ist man ja noch nicht in Europa.
Da ist es eine gute Idee, wenn in der Ukraine ein Industrie-Oligarch mal ohne Lobbyisten und Politikermarionetten auskommt, und einfach gleich selbst die Regierunsverantwortung übernimmt. ;)

Aber mal im Ernst: "Marionette" ist ein zu vereinfachtes Bild. Und in gewisser Weise hat das EU-Parlament ja gerade ein wenig den Aufstand geprobt. Das wäre eine Alternative, der ich einige Chancen geben würde: Eine proeuropäische Partei, die sich gegen den gewachsenen Filz in Brüssel und für ein starkes, direkt gewähltes europäisches Parlament einsetzt.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zorba »

Vielleicht könnte man hier drüber mal nachdenken und schmunzeln:

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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von Tantris »

zorba » Di 10. Jun 2014, 12:41 hat geschrieben: Meine Güte Tantris!!
Deutschland als Billiglohnland in der Eurozone.
oder wie wär es hiermit:
http://www.zeit.de/2013/33/arbeitsmarkt ... hn/seite-5
Genau das meine ich:
Mit haltlosen übertreibungen... wenn putin ein paar schwule auf einer demo verprügel lässt, dann ist das ein verbrechen, aber eben kein holocaust.

Verstehst du?

Und in D ist der durchschnittslohn halt um ein vielfaches höher als in russland oder indonesien. Das solltest du nicht verniedlichen, indem du uns vorflunkerst, in D sei es doch auch nicht besser.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von Jekyll »

Gregorius I » Mo 9. Jun 2014, 16:07 hat geschrieben:Gewiss, diese Mittel werden auch angewandt. Aber besser noch wäre es, der Bevölkerung wieder mehr Vertrauen in Demokratie, Rechts- und Sozialstaat zu vermitteln - in Deutschland jedenfalls ist es bisher ganz gut gelungen, die Radikalen politisch zu marginalisieren.
Das Einzige, was in Deutschland bisher ganz gut gelungen ist, ist eine starke Wirtschaft aufzubauen. Das ist der einzige Grund, warum Spinner-Parteien wie die NPD so marginal geblieben sind. Wenn hier irgendwann mal griechische Verhältnisse herrschen sollten, wird von diesem "marginalisierenden Erfolg" gegen die Radikalen nicht viel übrig bleiben. Moral kommt nunmal nach dem Fressen.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Beitrag von Blasphemist »

Jekyll » Di 10. Jun 2014, 21:41 hat geschrieben:Das Einzige, was in Deutschland bisher ganz gut gelungen ist, ist eine starke Wirtschaft aufzubauen. Das ist der einzige Grund, warum Spinner-Parteien wie die NPD so marginal geblieben sind. Wenn hier irgendwann mal griechische Verhältnisse herrschen sollten, wird von diesem "marginalisierenden Erfolg" gegen die Radikalen nicht viel übrig bleiben. Moral kommt nunmal nach dem Fressen.
Naja, das einzige....jetzt untertreibst du aber.
Wir waren 3 mal Weltmeister, 1 mal Papst, 2 mal ESC Gewinner. Wir haben die Türken assimiliert, und die Italiener. Wir waren schon im Weltall und haben mehrer Nobelpreisträger.
Und nicht zu vergessen.... die Autobahnen.....hmmm, hab ich grad Autobahn geschrieben, Aua.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von zorba »

Leider wird hier für mich als Nicht-Gläubigen zuviel von Religion gesprochen, aber in vielen Punkten trifft er meine Meinung zur EU:
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Re:

Beitrag von Gregorius I »

schokoschendrezki » Di 10. Jun 2014, 12:52 hat geschrieben: Es ist aber gewiss nicht einfach der materielle Egoismus, der in Frankreich die Leute Le Pens Partei wählen lässt. Es ist wohl eher eine diffuse Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Zeit mit vermeintlich sicheren Gewissheiten.

Natürlich sind sehr viele Franzosen unzufrieden mit ihren Politikern insgesamt. Insofern hat sie nicht allein "der materielle Egoismus" zu ihren Wahlentscheidungen veranlasst.

Die ungarische Jobbik etwa führt in ihren offiziellen politischen Zielen alles mögliche an: Vom Kampf gegen israelische Investoren und Banken in Ungarn bis zur Rückeroberung ehemals ungarischer Gebiete. Von klassischen Versprechungen an materiellen Egoismus wie "mehr Lohn" ist gar nicht die Rede. Und sie wird dennoch gewählt. Von Leuten, die im Vergleich eine ganze Menge weniger verdienen als ein Durchschnittsfranzose.

Die Unzufriedenheit der Franzosen mit ihren Politikern: hat sie nicht etwas mit der sozialen Lage der Bevölkerung zu tun, mit der Krise der Wirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit - also durchaus auch mit materiellen Verhältnissen? Und wenn die ungarische Jobbik mit Investoren, Banken und Ansprüchen auf ehemalige ungarische Gebiete politisch punkten kann, stehen dann etwa keine materiellen Erwägungen im Hintergrund der Überlegungen ihrer Wähler?

Kann es sein, dass die europäischen Sozialdemokraten deshalb so relativ erfolglos sind, weil sie immer noch davon ausgehen, dass man "den Leuten" vor allem mehr Kaufkraft versprechen muss, um gewählt zu werden?

Die Möglichkeiten einer politischen Partei, die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken, sind begrenzt. Wesentlicher hierbei sind die Tarifpartner, die die Löhne und Gehälter aushandeln. Grundsätzlich versprechen alle Parteien dem Volk, dass es nach der Wahl mehr Geld in der Tasche habe - was sich dann zumeist in Pfennig-/Centbeträgen in der monatlichen Lohnabrechung bemerkbar macht, die rasch diversen Kostenerhöhungen zum Opfer fallen. Die SPD - und das verhindert ihr politisches Fortkommen - hat sich als Partei des sog. "kleinen Mannes" dadurch diskreditiert, dass sie aus dem angeblichen Grund der Haushaltskonsolidierung die Sozialleistungen für die ohnehin Ärmsten stark reduziert, die Renten der Masse der arbeitenden und durchschnittlich verdienenden Bevölkerung erheblich und bis zur Gefahr einer umfangreichen Altersarmut abgesenkt hat, ohne die finanzstarken Bevölkerungsschichten entsprechend angemessen zu belasten, es also nicht geschafft hat, hier eine Gerechtigkeit herbeizuführen. Außerdem hat sie den Staatshaushalt nicht erkennbar konsolidiert, obwohl sie in den letzten 16 Jahren 7 Jahre regiert und weitere 5 Jahre mitregiert hat! Aber die Fehler der SPD sind ein ganz anderes Thema.
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Re: Re:

Beitrag von pikant »

[quote="Gregorius I » Mi 11. Jun 2014, 16:32"]


Natürlich sind sehr viele Franzosen unzufrieden mit ihren Politikern insgesamt. Insofern hat sie nicht allein "der materielle Egoismus" zu ihren Wahlentscheidungen veranlasst.





Die Unzufriedenheit der Franzosen mit ihren Politikern: hat sie nicht etwas mit der sozialen Lage der Bevölkerung zu tun, mit der Krise der Wirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit - also durchaus auch mit materiellen Verhältnissen?

/quote]


das sind die Hauptgruende fuer das Erstarken der FN - die Unzufriedenheit mit der Regierung und der groessten Oppostionspartei, die hohe Arbeitslosigkeit, gefuehlte hohe Kriminalitaet und gefuehlte hohe Auslaenderrate im Land.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von Gregorius I »

Jekyll » Di 10. Jun 2014, 21:41 hat geschrieben:Das Einzige, was in Deutschland bisher ganz gut gelungen ist, ist eine starke Wirtschaft aufzubauen. Das ist der einzige Grund, warum Spinner-Parteien wie die NPD so marginal geblieben sind. Wenn hier irgendwann mal griechische Verhältnisse herrschen sollten, wird von diesem "marginalisierenden Erfolg" gegen die Radikalen nicht viel übrig bleiben. Moral kommt nunmal nach dem Fressen.

Das wirtschaftlich Geleistete ist nicht unwichtig, aber auch nicht die einzige Leistung! Deutschland hat eine stabile Demokratie aufgebaut, ist ein funktionierender Rechtsstaat, Deutschlands Bürger haben weitestgehende Freiheiten. Das sollte man aus einer Beurteilung nicht ausblenden!

Ob wirtschaftliche Probleme in Deutschland zu einem signifikanten Anstieg von Wählern extremistisch-radikaler Parteien führen würden, wäre möglich, kann aber nicht sicher vorausgesagt werden. Denn die Deutschen haben in dieser Hinsicht historische Erfahrung und wissen mehrheitlich, dass Extremisten selten akzeptable Lösungen parat haben.
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Re: Frankreich - Rechte bekommen Zuspruch

Beitrag von schokoschendrezki »

Sehr zu empfehlen im Zusammenhang mit dem Thema dieses Threads: "Tea-Party in Frankreich. Der Kulturkampf um die Homoehe" (http://www.deutschlandfunk.de/gleichges ... _id=289685, ein Feature von Hans Woller im Deutschlandfunk vom 1. August.

Neben einer Beschreibung verschiedener aktueller konservativer bis rechtspopulistischer Bewegungen ("französischer Frühling", "Demo für alle", "Die Wächter" usw.) wird insbesondere die Frage gestellt, ob Frankreich (als Ganzes) tatsächlich eine nachhaltig rechtskonservative Wende macht bzw. ob die Generation der Kinder der 68er die liberale Ideenwelt ihrer Eltern quasi wieder zurückrollen möchte, oder ob es sich bei diesen Bewegungen eher um die letzten "Nachgefechte" eines überwundenen Konservativismus handelt und die Bedeutung dieser Bewegungen durch die Eigendynamik von sozialen Netzwerken im Internet einfach nur übertrieben hochgespielt wird.

Ich sehe es so, dass die Entwicklungen in Ländern wie Ungarn oder Frankreich verschiedene Seiten ein- und derselben Entwicklung in Europa sind: Einer konservativen Wende mit Themen, die man als "Scheingefechte" bezeichnen könnte. Denn weder ist die Existenz von ein paar hundert gleichgeschlechtlichen Ehen tatsächlich eine Bedrohung für einen Franzosen noch ist die Wiederherstellung eines Großungarischen Reichs in den Grenzen vor 1918 eine wirkliche Option. Nichtsdestotrotz sind sie für die Beteiligten so relevant, dass in Frankreich Konservative schon mal Bürgerbündnisse mit islamischen Moralpredigern eingehen, weil beide Seiten sich gleichermaßen vom "Modernismus" bedroht sehen.
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