schokoschendrezki » Di 10. Jun 2014, 12:52 hat geschrieben:
Es ist aber gewiss nicht einfach der materielle Egoismus, der in Frankreich die Leute Le Pens Partei wählen lässt. Es ist wohl eher eine diffuse Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Zeit mit vermeintlich sicheren Gewissheiten.
Natürlich sind sehr viele Franzosen unzufrieden mit ihren Politikern insgesamt. Insofern hat sie
nicht allein "
der materielle Egoismus" zu ihren Wahlentscheidungen veranlasst.
Die ungarische Jobbik etwa führt in ihren offiziellen politischen Zielen alles mögliche an: Vom Kampf gegen israelische Investoren und Banken in Ungarn bis zur Rückeroberung ehemals ungarischer Gebiete. Von klassischen Versprechungen an materiellen Egoismus wie "mehr Lohn" ist gar nicht die Rede. Und sie wird dennoch gewählt. Von Leuten, die im Vergleich eine ganze Menge weniger verdienen als ein Durchschnittsfranzose.
Die Unzufriedenheit der Franzosen mit ihren Politikern: hat sie nicht etwas mit der sozialen Lage der Bevölkerung zu tun, mit der Krise der Wirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit - also durchaus auch mit materiellen Verhältnissen? Und wenn die ungarische Jobbik mit Investoren, Banken und Ansprüchen auf ehemalige ungarische Gebiete politisch punkten kann, stehen dann etwa keine materiellen Erwägungen im Hintergrund der Überlegungen ihrer Wähler?
Kann es sein, dass die europäischen Sozialdemokraten deshalb so relativ erfolglos sind, weil sie immer noch davon ausgehen, dass man "den Leuten" vor allem mehr Kaufkraft versprechen muss, um gewählt zu werden?
Die Möglichkeiten einer politischen Partei, die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken, sind begrenzt. Wesentlicher hierbei sind die Tarifpartner, die die Löhne und Gehälter aushandeln. Grundsätzlich versprechen alle Parteien dem Volk, dass es nach der Wahl mehr Geld in der Tasche habe - was sich dann zumeist in Pfennig-/Centbeträgen in der monatlichen Lohnabrechung bemerkbar macht, die rasch diversen Kostenerhöhungen zum Opfer fallen. Die SPD - und das verhindert ihr politisches Fortkommen - hat sich als Partei des sog. "kleinen Mannes" dadurch diskreditiert, dass sie aus dem angeblichen Grund der Haushaltskonsolidierung die Sozialleistungen für die ohnehin Ärmsten stark reduziert, die Renten der Masse der arbeitenden und durchschnittlich verdienenden Bevölkerung erheblich und bis zur Gefahr einer umfangreichen Altersarmut abgesenkt hat, ohne die finanzstarken Bevölkerungsschichten entsprechend angemessen zu belasten, es also nicht geschafft hat, hier eine Gerechtigkeit herbeizuführen. Außerdem hat sie den Staatshaushalt nicht erkennbar konsolidiert, obwohl sie in den letzten 16 Jahren 7 Jahre regiert und weitere 5 Jahre mitregiert hat! Aber die Fehler der SPD sind ein ganz anderes Thema.