Ferit » Mi 28. Aug 2013, 14:29 hat geschrieben:
Nochmal: die Aufständischen sind keine Demokraten. Das sind skrupellose Islamisten, die in Syrien die Scharia errichten wollen. Assad sind die Hände gebunden, er kann gar nicht anders als die Ordnung wiederherzustellen.
So einfach ist die Sache bei Weitem nicht was die Fraktionierung der Rebellen/Opposition anbelangt:
Nur passt es einfach zu gut in die westliche Wahrnehmung nahöstlicher Krisen, den Konflikt in Syrien auf rein konfessionelle Bruchlinien zu reduzieren. Demnach dominieren radikale Islamisten – soll heißen: Terroristen – den Aufstand gegen Assad. Deren Präsenz ist zweifellos ein enormes Problem, ihre Kampfkraft ist aber keineswegs so groß, wie die Schlagzeilen in einigen westlichen, auch deutschen, Medien suggerieren. Erst durch den jüngsten Ausbruch des Konfliktes zwischen der Freien Syrischen Armee und islamistischen Gruppen wurde deutlich, dass die Salafisten weder die einzige noch die einzig wichtige Gruppe der Opposition bilden.
Seit 2011 hat die Führung alles darangesetzt, die Oberhand zu gewinnen. Schon in den ersten Monaten der Revolution, als Tausende von Menschen mit erhobenen Händen auf die Straßen strömten, um zu zeigen, dass sie unbewaffnet sind, und lange bevor es die Freie Syrische Armee oder die islamistische Jabhat al-Nusra gab, bezeichnete Assad die Demonstranten als Terroristen.
Damit ist eine perfide Dynamik in der Berichterstattung und in der äußeren Wahrnehmung des Syrienkonflikts in Gang gesetzt worden. Statt die Revolution als einen Volksaufstand zu begreifen, der durch ein autoritäres Regime brutal niedergeschlagen wird, dreht sich ein Großteil der Diskussion im Westen um die radikale Minderheit der Aufständischen. Die Revolution wird mit Salafisten identifiziert, die, wenn nicht jetzt, so doch in Zukunft vor allem Christen verfolgen werden.
Assads Propaganda, die sehr effektiv mit westlichen Ängsten spielt, zeigt Erfolg. Sie hat ihm und seinem Vorgehen zwar nicht mehr Sympathien gebracht, aber die Opposition diskreditiert. Die Debatte über eine Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft, die horrende Zahl von mittlerweile über 100.000 Toten, die Berichte von Gefolterten und Verschwundenen sind längst in den Hintergrund getreten. Selbst glaubhafte Meldungen über den Einsatz von Chemiewaffen – von den USA im vergangenen Jahr noch als "rote Linie" bezeichnet – haben nicht zu einem Aufschrei geführt. Vielmehr wird nun automatisch eingewandt, man könne aus Syrien keine verlässlichen Informationen bekommen. Auch wenn es mittlerweile kaum noch einen Ort in Syrien gibt, an dem das Regime unangefochten herrscht: Damaskus hat sich einen guten Teil der Definitionshoheit darüber zurückerobert, was in diesem Krieg als Fakt gilt.
http://www.zeit.de/2013/33/assad-dschih ... propaganda