Ich habe die 26 Seiten jetzt auch.Platon » Mo 14. Jan 2013, 14:05 hat geschrieben:Buch ausgeliehen und die ersten 26 Seiten gelesen.
Heranführung an das Thema, insbesondere die Gründe für die koloniale Expansion in überragender Weise genannt und beschrieben. Dazu die Nennung einiger Debatten.
Sehr lesenswert.
Zum Kapitel "Zum Thema": Was inzwischen sooo einen Bart hat, ist die Suche nach Kontinuitäten, welchen entlang alles zum Holocaust zusammenlaufen soll. Deutsche Geschichte vor 1945 wird geradezu inflationär dazu herangezogen, die Bereitschaft und den Weg in die Katastrophe des Dritten Reichs zu erklären. Als bräuchte man diese ständige Suche als Totschlagargument, jedweder denkbaren Infragestellung der Sinnhaftigkeit irgendeiner Forschungsfrage, oder wie hier der Verfassung eines weiteren Standardwerks zum Thema Kolonien, im vorauseilenden Gehorsam entgegenzuwirken. Dem ist mitnichten so. Es gibt weißgott genügend zutreffende Kontinuitäten, ich wollte das aber nur einmal ansprechen und ich glaube nicht, dass die Episode deutscher Kolonien sich zur Spurensuche allzu gut eignet.
Denn die eurozentristischen, von erdrückender Überlegenheit geprägten Weltsichten waren ohne Frage ein Nährboden für rassistisches Denken aber sie waren kein deutsches Alleinstellungsmerkmal. Ich denke da an das britische Schlagwort der "white mens burden" und der Arroganz der Briten sowie eigentlich aller westlichen Kolonialmächte gegenüber alle kolonisierten indigenen Bevölkerungen. Was ich da sage, ist definitiv kein stereotyper Revisionismus oder eine Relativierung.(Ist ja nicht so, dass so was hier etwas Neues wäre

Aber deutscher Kolonialismus ist ein Thema, das irgendeinen wie auch immer gearteten Zusammenhang zum Rassismus im Dritten Reich nicht braucht, um diskutiert werden zu dürfen.
Dem Autor ist das ja auch nicht vorzuwerfen. Er nennt ja auch moderne Herangehensweisen, wie den Postcolonial Studies (in weites Feld).
Ich wollte das nur auch einmal gesagt haben.
Ach ja: Er spricht davon, im Gegensatz zu den westlichen Nationen sei eine Revolution "ausgeblieben". Ich möchte doch bitten: Sie ist gescheitert, nicht ausgeblieben. Freilich bleibt eine Revolution auch aus, wenn sie scheitert. Aber der Umstand, dass eine Revolution gescheitert ist, ist doch wichtig genug, um erwähnt zu werden. Dieses eine kleine Wörtchen hätte gereicht um diese wichtige Präzisierung beiläufig unterzubringen. Von Historikern darf man so was schon erwarten.
Zu den folgenden Seiten würden mir einige kleine Fußnoten einfallen, beispielsweise sei es erlaubt, zu betonen, wie sehr sich Bismarck gegen die Errichtung von Kolonien gesträubt hat. Er sah richtig voraus, dass sie weitaus mehr politischen Ärger einbringen werden als dass sie sich wirtschaftlich lohnen würden. Aber darauf wird im Buch noch eingegangen werden, nehme ich schwer an.