Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

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jack000
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von jack000 »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 22:04)

Genau diese Gründe würde ich gerne wissen.
Nun, wenn jemand an den Folgen von hohem Zigarettenkonsum stirbt ist das sein Problem und seine Entscheidung. Wenn jemand aus niederen Beweggründen von jemand anderes ermordet wird ist das nun mal ein anderes Paar Schuhe.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Sören74 »

jack000 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 22:39)

Nun, wenn jemand an den Folgen von hohem Zigarettenkonsum stirbt ist das sein Problem und seine Entscheidung. Wenn jemand aus niederen Beweggründen von jemand anderes ermordet wird ist das nun mal ein anderes Paar Schuhe.
Und wie sieht es beispielsweise mit tödlichen Verkehrsunfällen aus, wenn man im Altersheim an Covid-19 erkrankt und daran stirbt, oder wenn eine Sepsis zu spät erkannt wird, und man nicht mehr helfen kann? Das wäre dann doch auch der zweiten Gruppen der unverschuldeten Fälle zuzuordnen.
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X3Q
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von X3Q »

Unglaublich ...

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jack000
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von jack000 »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 22:43)

Und wie sieht es beispielsweise mit tödlichen Verkehrsunfällen aus, wenn man im Altersheim an Covid-19 erkrankt und daran stirbt, oder wenn eine Sepsis zu spät erkannt wird, und man nicht mehr helfen kann? Das wäre dann doch auch der zweiten Gruppen der unverschuldeten Fälle zuzuordnen.
Nun, in Stuttgart sterben Menschen die von einer Stadtbahn überfahren wurden, in Ludwigsburg nicht weil es dort keine Stadtbahn gibt. Wenn man also ein gewisses Verkehrsmittel zulässt muss man damit rechnen das es Tote gibt. Aber gibt immer Kräfte und Vorschriften die daran arbeiten die Toten/Verletzten so gering wie möglich zu halten. Es ist aber unmöglich zu verhindern das es Tote/Verletzte gibt. Egal ob Bahn, Auto, Flugzeug oder Fahrrad.

Ein Mord aus niederen Beweggründen wird somit eine andere Bewertung zugeordnet, weil es durch nichts zu entschuldigen ist.
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Bleibtreu
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Bleibtreu »

X3Q hat geschrieben:(03 Nov 2020, 22:49)

Unglaublich ...
Das dachte ich Vorhin im TerrorAnschlagWienStrang auch schon:
Bleibtreu hat geschrieben:(03 Nov 2020, 16:11)

Dein RechtsVerstaendnis ist erschuetternd :|
Begreifst du immer noch nicht den Unterschied zwischen Versehen/Unfall [Arzt] und der ABSICHT [Terroristen] moeglichst viele Menschen zu Ermorden & zu Verstuemmeln?!
Der dortige Austausch ist scheinbar auch die Ursache fuer diesen Strang im WissenschaftsForum.
X3Q hat geschrieben:(03 Nov 2020, 20:20)
Wieso besteht überhaupt die Notwendigkeit terroristische Risiken vergleichend zu anderen Risiken zu betrachten?
Ist doch StandardRepertoire bei TerrorismusDiskussionen. Um sie zu marginalisieren: Es sterben viel mehr Menschen bei Verkehrsunfaelle, an Rauchen und Alkohol etc pp
• Wer fuer alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
https://www.shabak.gov.il/english/Pages/index.html#=1
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X3Q
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von X3Q »

Bleibtreu hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:17)

Das dachte ich Vorhin im TerrorAnschlagWienStrang auch schon:



Der dortige Austausch ist scheinbar auch die Ursache fuer diesen Strang im WissenschaftsForum.


Ist doch StandardRepertoire bei TerrorismusDiskussionen. Um sie zu marginalisieren: Es sterben viel mehr Menschen bei Verkehrsunfaelle, an Rauchen und Alkohol etc pp
Ist wahrscheinlich eine sich einstellende Nebenwirkung, wenn man als Moderator nahezu jeglichen Diskussionsfaden zu spammt.

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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Sören74 »

jack000 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:00)

Nun, in Stuttgart sterben Menschen die von einer Stadtbahn überfahren wurden, in Ludwigsburg nicht weil es dort keine Stadtbahn gibt. Wenn man also ein gewisses Verkehrsmittel zulässt muss man damit rechnen das es Tote gibt. Aber gibt immer Kräfte und Vorschriften die daran arbeiten die Toten/Verletzten so gering wie möglich zu halten. Es ist aber unmöglich zu verhindern das es Tote/Verletzte gibt. Egal ob Bahn, Auto, Flugzeug oder Fahrrad.

Ein Mord aus niederen Beweggründen wird somit eine andere Bewertung zugeordnet, weil es durch nichts zu entschuldigen ist.
Mir geht es jetzt nicht um einer Bewertung der Tat an sich. Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass Mord aus niederen Beweggründen zurecht als eine der schwersten Straftaten im Gesetzbuch gesehen wird, was sich auch nicht verjährt. Diese Bewertung ist richtig und wichtig und steht hier nicht zur Debatte.

Ich möchte die Frage mal anders stellen, was sollte das Ziel aus Sicht des Staates sein, wenn es um Menschenleben geht und wie setzt ein Staat seine begrenzten Ressourcen am besten für dieses Ziel ein? Ist da nicht ein Blick in Richtung Risikomanagement, womit man sich zumindest auseinandersetzen muss?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Sören74 »

Bleibtreu hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:17)

Ist doch StandardRepertoire bei TerrorismusDiskussionen. Um sie zu marginalisieren: Es sterben viel mehr Menschen bei Verkehrsunfaelle, an Rauchen und Alkohol etc pp
Ich bin kein Freund von Pauschalurteilen. Wenn jemand eine dezidiert andere Meinung zu einem bestimmten Thema hat, höre ich sie mir erstmal an und versuche sie (soweit es geht) nicht in eine Schublade zu stecken. Weil, obwohl ich vorher völlig anderer Meinung war, kann ich trotzdem etwas dazulernen. Ich begrüße es immer, wenn andere User ähnlich vorgehen. :)
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von jack000 »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:29)
Ich möchte die Frage mal anders stellen, was sollte das Ziel aus Sicht des Staates sein, wenn es um Menschenleben geht und wie setzt ein Staat seine begrenzten Ressourcen am besten für dieses Ziel ein? Ist da nicht ein Blick in Richtung Risikomanagement, womit man sich zumindest auseinandersetzen muss?
Aber das findet doch schon statt:
- Verkehrsregeln und Kontrolle
- Tempolimits da wo notwendig
- Vorschriften für die Sicherheitseinrichtungen von Autos
- Schulung von Lokführern bezüglich Sicherheit
- Hohe Steuern auf Zigaretten/Alkohol
- Sicherheitsvorschriften für Bahn und Flugverkehr
- Sicherheitsvorschriften für Gebäude (u.a. Brandschutz, Einsturzgefährdung)
- Sicherheitsvorschriften für Hauselektrik, elektrische Geräte
- Etc...

Bei all diesen Punkten hat es immer eine kontinuierliche Verbesserung/Verschärfung gegeben. Irgendwann sind aber auch Grenzen gesetzt bei denen man nicht mehr messbar vorankommt und ein gewisses Risiko hingenommen werden muss. Ansonsten müsste man Autoverkehr verbieten, oder Flugverkehr verbieten, etc...

Eine Diskussion über das Risiko aus niederen Beweggründen ermordet zu werden, nur weil es selten vorkommt, halte ich da für fragwürdig ...
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Sören74 »

jack000 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:56)

Aber das findet doch schon statt:
- Verkehrsregeln und Kontrolle
- Tempolimits da wo notwendig
- Vorschriften für die Sicherheitseinrichtungen von Autos
- Schulung von Lokführern bezüglich Sicherheit
- Hohe Steuern auf Zigaretten/Alkohol
- Sicherheitsvorschriften für Bahn und Flugverkehr
- Sicherheitsvorschriften für Gebäude (u.a. Brandschutz, Einsturzgefährdung)
- Sicherheitsvorschriften für Hauselektrik, elektrische Geräte
- Etc...

Bei all diesen Punkten hat es immer eine kontinuierliche Verbesserung/Verschärfung gegeben. Irgendwann sind aber auch Grenzen gesetzt bei denen man nicht mehr messbar vorankommt und ein gewisses Risiko hingenommen werden muss. Ansonsten müsste man Autoverkehr verbieten, oder Flugverkehr verbieten, etc...
Das sehe ich sehr ähnlich.
jack000 hat geschrieben:Eine Diskussion über das Risiko aus niederen Beweggründen ermordet zu werden, nur weil es selten vorkommt, halte ich da für fragwürdig ...
Und gerade das würde ich gerne verstehen, weshalb.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von jack000 »

Sören74 hat geschrieben:(04 Nov 2020, 00:52)

Das sehe ich sehr ähnlich.
Schön das wir einer ähnlichen Meinung sind ... :)
Und gerade das würde ich gerne verstehen, weshalb.
Deswegen: "das Risiko aus niederen Beweggründen ermordet zu werden"
"Sie verbieten nicht die Hassrede. Sie verbieten die Rede, die sie hassen"
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Skeptiker »

Sören74 hat geschrieben:(04 Nov 2020, 00:52)
Das sehe ich sehr ähnlich.

Und gerade das würde ich gerne verstehen, weshalb.
Weil es nicht als unabwendbar gesehen wird. Der „Drops ist noch nicht gelutscht“.
Wohl vielleicht bei denen, die solche Taten gerne ignorieren, nicht aber bei denen, die „Kopfabschneiden für Unterricht“ eben nicht als hinnehmbares Lebensrisiko einstufen - so wie du es scheinbar tust.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Adam Smith »

X3Q hat geschrieben:(03 Nov 2020, 23:23)

Ist wahrscheinlich eine sich einstellende Nebenwirkung, wenn man als Moderator nahezu jeglichen Diskussionsfaden zu spammt.

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edit [MOD] Hier sind Meinungen und Begründungen gefragt. Bitte sehr persönliche Anfeindungen zu unterlassen. H2O
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
Adam Smith
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Adam Smith »

Erstens versetzt Terror sehr viele Menschen in Todesangst. Hunderte Menschen dürften in Wien Angst um ihr Leben gehabt haben. So etwas liegt bei einem Autounfall z.B. nicht vor.

Zweitens kann ein fehlerhafter Flugzeugtyp schnell zu vielen weiteren toten Menschen führen. Deshalb sind die Menschen hier aufgebrachter, wenn ein Flugzeug abstürzt.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Teeernte »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 18:14)

Hallo, die Anschläge in den letzten Wochen machen traurig, ohne Frage.

....

Ich frage mich, wieso wir trotz klarer Unterschiede in den Zahlen andere "Gewichte" in der Risikoeinschätzung legen. Gerade das, was eigentlich eher typisch und gewöhnlich ist, wie Rauchen und Alkohol ist auch mit am gefährlichsten. Ist das gar eine Verdrängungsstrategie, die vielleicht sogar einen Sinn hat?
Mann ....immer diese POLITISCHE Propaganda.

Stell Dir vor es währe RECHTER Terror....dann würdst Du ganz andere Töne anstimmen.

TERROR ist TERROR. Egal von welcher Seite.

Hier gibts KEINE Risikoabwägung. Einer ist bereits zu viel.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von H2O »

Wenn Menschen mit Absicht und Heimtücke ermordet werden, dann wird diese Untat seit urdenklichen Zeiten als furchtbares Verbrechen bewertet, das gesühnt werden soll. In unserer Rechtsprechung verjähren solche Taten nie, müssen die Täter also noch knapp vor ihrem natürlichen Ableben vor Gericht Rechenschaft ablegen.

Die Tatsache, daß wir Menschen sterben müssen, ist uns als Menschheit auch seit Urzeiten bewußt.

Wenn ein Mensch durch eigene Unzulänglichkeit stirbt (Sucht, Leichtsinn) nehmen wir das hin.

Sterben durch menschliche Unzulänglichkeit (fehlende Schutzeinrichtungen, Konstruktionsfehler, Leichtsinn) Dritte, dann gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen: Sicherheitseinrichtungen als Norm, Prüfung und Zulassung für den Gebrauch, Bestrafung des Täters.

Den heimtückischen Mord nun in eine Statistik der übrigen Möglichkeiten, sein Leben zu verlieren, einzugliedern, das ist ein Gedanke, auf den man auch erst einmal kommen muß. Ich kann mich damit nicht anfreunden. Die Ausgangsbedingungen für das Schreckliche sind ganz einfach nicht vergleichbar.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Teeernte »

H2O hat geschrieben:(04 Nov 2020, 10:02)

Wenn Menschen mit Absicht und Heimtücke ermordet werden, dann wird diese Untat seit urdenklichen Zeiten als furchtbares Verbrechen bewertet, das gesühnt werden soll. In unserer Rechtsprechung verjähren solche Taten nie, müssen die Täter also noch knapp vor ihrem natürlichen Ableben vor Gericht Rechenschaft ablegen.

Die Tatsache, daß wir Menschen sterben müssen, ist uns als Menschheit auch seit Urzeiten bewußt.

Wenn ein Mensch durch eigene Unzulänglichkeit stirbt (Sucht, Leichtsinn) nehmen wir das hin.

Sterben durch menschliche Unzulänglichkeit (fehlende Schutzeinrichtungen, Konstruktionsfehler, Leichtsinn) Dritte, dann gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen: Sicherheitseinrichtungen als Norm, Prüfung und Zulassung für den Gebrauch, Bestrafung des Täters.

Den heimtückischen Mord nun in eine Statistik der übrigen Möglichkeiten, sein Leben zu verlieren, einzugliedern, das ist ein Gedanke, auf den man auch erst einmal kommen muß. Ich kann mich damit nicht anfreunden. Die Ausgangsbedingungen für das Schreckliche sind ganz einfach nicht vergleichbar.
Auch da noch ein UNTERSCHIED - der TERRORIST bedroht die GESAMTE Bevölkerungzu JEDER ZEIT, (die nicht seiner Ansicht ist ).

Es gibt keinen "Netten" Terroristen !
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von franzmannzini »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 18:14)

Hallo, die Anschläge in den letzten Wochen machen traurig, ohne Frage. Egal wo sie stattfinden. Mitgefühl für die Opfer und Angehörigen. In der Berichterstattung und Kommentaren bin ich aber doch überrascht, wie viel Aufmerksamkeit man den Terroranschlägen widmet und von einer realen Bedrohung spricht. Ich hätte vermutet (und auch gehofft), dass die Covid-19-Pandemie vielleicht auch zu einer Revision unserer gesellschaftlichen Ängste führt. Wenn man eine rein nüchterne Betrachtung heranzieht, dann ist es um ein vielfaches (Faktor 100-1000) wahrscheinlicher, an Covid-19 zu versterben als durch einen Terroranschlag. Das Zahlenverhältnis wird noch größer, wenn man selbst kein Bewohner einer Millionenstadt ist. Selbst für Menschen unter 40 ist die Todesgefahr durch das Virus größer als durch einen Anschlag.

Aber wenn ich die vielen Kommentare lese, könnte man meinen, dass der Terror sprichwörtlich am Schrecken nichts verloren hat, obwohl die Entwicklung der Zahlen eigentlich eine positive Botschaft liefern:

https://www.watson.ch/wissen/schweiz/98 ... man-kennen

In Europa sind in den letzten 30 Jahren nie mehr als 200 Menschen im Jahr Terroropfer geworden. In den letzten 50 Jahren nie mehr als 450. Durch Lockerbie bildet das Jahr 1988 den bisherigen Zwischenrekord.

Ich frage mich, wieso wir trotz klarer Unterschiede in den Zahlen andere "Gewichte" in der Risikoeinschätzung legen. Gerade das, was eigentlich eher typisch und gewöhnlich ist, wie Rauchen und Alkohol ist auch mit am gefährlichsten. Ist das gar eine Verdrängungsstrategie, die vielleicht sogar einen Sinn hat?
Die verschiedene Gewichtung von Sterbensrisiken ist leider dem emotionalen und nicht dem rationalen Empfinden geschuldet.
Wie auch bei radioaktiver Strahlung kann man die Bedrohung nicht sehen, somit scheint vielen Menschen die Bedrohung durch
Terrorismus hoher zu sein, als die von einem unsichtbar agierenden Virus.
Erst wenn der jeweilige Mensch direkt betroffen ist, kommt er in der Realität an, und ändert sein Verhalten.
Der Mensch hat sich leider nicht so weit entwickelt, wie er denkt.
Eigentlich sitzt er immer noch in seiner Höhle und wartet darauf, das ein Blitz einschlägt, damit er Feuer machen kann.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

Das eigentliche Problem liegt auch darin, dass die Wirklichkeit des Handelns sich nicht mit "Risiken" ausreichend umfassen lässt, sondern vielmehr Unsicherheit dabei eine große Rolle spielt. Sprich, man weiß nicht vorab mit wievielen Würfeln man überhaupt würfelt, wieviele Seiten jeder dieser Würfel hat, wie oft gewürfelt wird usw. Die Unterscheidung zwischen Fallwahrscheinlichkeit(case probability) vs frequentistischer Wahrscheinlichkeit(class probability). Der Einzelfall ist das Unsichere. Und der Einzelfall, das sind wir jeweils selbst, unser einmalig gegebenes Leben, jeder Moment davon. Und wenn man nun Wahrscheinlichkeiten modelliert über eine große Zahl über diese Einmaligkeiten hinweg, Fälle also, die man als "homogen" ansieht, dann besteht wieder die Frage, ob man mit dieser unterstellten Homogenität wirklich richtig liegt, was man vielleicht übersehen hat und vor allem welche Änderungen und Überraschungen die Zukunft bringt. Also allein mit dem "Risiko" kann man nur argumentieren, wenn man eine völlig gleichbleibende und daher bekannte Welt annimmt.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Occham »

BlueMonday hat geschrieben:(05 Nov 2020, 20:12)

Das eigentliche Problem liegt auch darin, dass die Wirklichkeit des Handelns sich nicht mit "Risiken" ausreichend umfassen lässt, sondern vielmehr Unsicherheit dabei eine große Rolle spielt. Sprich, man weiß nicht vorab mit wievielen Würfeln man überhaupt würfelt, wieviele Seiten jeder dieser Würfel hat, wie oft gewürfelt wird usw. Die Unterscheidung zwischen Fallwahrscheinlichkeit(case probability) vs frequentistischer Wahrscheinlichkeit(class probability). Der Einzelfall ist das Unsichere. Und der Einzelfall, das sind wir jeweils selbst, unser einmalig gegebenes Leben, jeder Moment davon. Und wenn man nun Wahrscheinlichkeiten modelliert über eine große Zahl über diese Einmaligkeiten hinweg, Fälle also, die man als "homogen" ansieht, dann besteht wieder die Frage, ob man mit dieser unterstellten Homogenität wirklich richtig liegt, was man vielleicht übersehen hat und vor allem welche Änderungen und Überraschungen die Zukunft bringt. Also allein mit dem "Risiko" kann man nur argumentieren, wenn man eine völlig gleichbleibende und daher bekannte Welt annimmt.
Mit wenig Reife erlebt man sich gern vielfältig bzw. "würfelt mit vielen würfeln die jeweils unzählbar viele Seiten haben". aber hast du nun viel schlechte Erfahrung, die du zumindest als schlecht empfindest, dann bist zu auch gezwungen Reifer zu werden und dann würfelt man auch nicht mehr so oft. Aber beides gehört zur Persönlichkeit, da gibt es nichts auszumerzen und wenn sich nun die Reifen Persönlichkeiten an den unreiferen orientieren würden, dann wäre viel gewonnen, denn anders rum funktioniert nicht.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(03 Nov 2020, 19:08)

Der Mensch wird das Risiko aber nicht in Relation zur Strecke gewichten.
Ich kenne die Statistik nicht im Detail, aber ich denke 2h Flugzeit sind lebensgefährlicher als 2h Autofahrt.
Also das glaube ich ja eher nicht. Bei einem gegebenen grundsätzlichen Unfallrisiko pro Augenblick ändert sich an den relativen Risiken doch erstmal nix, wenn man die Zeitlängen erhöht.

Es können natürlich Ermüdungserscheinungen in Betracht kommen. Die sind aber bei einem Otto-Normal-Autofahrer ganz gewiss beträchtlicher als in einem Flugzeug oder einem ICE.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(05 Nov 2020, 20:12)

Das eigentliche Problem liegt auch darin, dass die Wirklichkeit des Handelns sich nicht mit "Risiken" ausreichend umfassen lässt, sondern vielmehr Unsicherheit dabei eine große Rolle spielt. Sprich, man weiß nicht vorab mit wievielen Würfeln man überhaupt würfelt, wieviele Seiten jeder dieser Würfel hat, wie oft gewürfelt wird usw. Die Unterscheidung zwischen Fallwahrscheinlichkeit(case probability) vs frequentistischer Wahrscheinlichkeit(class probability). Der Einzelfall ist das Unsichere. Und der Einzelfall, das sind wir jeweils selbst, unser einmalig gegebenes Leben, jeder Moment davon. Und wenn man nun Wahrscheinlichkeiten modelliert über eine große Zahl über diese Einmaligkeiten hinweg, Fälle also, die man als "homogen" ansieht, dann besteht wieder die Frage, ob man mit dieser unterstellten Homogenität wirklich richtig liegt, was man vielleicht übersehen hat und vor allem welche Änderungen und Überraschungen die Zukunft bringt. Also allein mit dem "Risiko" kann man nur argumentieren, wenn man eine völlig gleichbleibende und daher bekannte Welt annimmt.
In diesem typischen Fall "Autoverkehr" sind wir eben keine Einzelfälle mehr. Es ist wirklich kein Problem, sich eine genau quantifizierte Risikowahrscheinlichkeit zu berechnen oder zu besorgen, wie hoch die Unfalltodwahrscheinlichkeit ist, wenn ich so und so alt bin, dort und dort wohne und um die und die Uhrzeit ins Auto steige. Es steigen aber eben noch zig andere Leute ins Auto. Ganz offensichtlich alles andere als ein Einzelfall. Opfer eines Terroranschlags zu werden ist oder wäre aber natürlich klarerweise ein Einzelfall. Unabhängig von den tatsächlichen Wahrscheinlichkeitswerten wird man einen solchen Einzelfall insofern als tragisch ansehen, weil man ihn als EInzelfall als eigentlich irgendwie verhinderbar ansieht. Während das "ins Auto steigen" quasi als eigentlich gar nicht verhinderbarer Normalfall angesehen wird. Das was alle oder scheinbar alle irgdendwie machen gewinnt eine wahrgenommene überproportionale Risikofreiheit einfach dadurch, dass es eben alle machen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Nov 2020, 20:52)

Also das glaube ich ja eher nicht. Bei einem gegebenen grundsätzlichen Unfallrisiko pro Augenblick ändert sich an den relativen Risiken doch erstmal nix, wenn man die Zeitlängen erhöht.

Es können natürlich Ermüdungserscheinungen in Betracht kommen. Die sind aber bei einem Otto-Normal-Autofahrer ganz gewiss beträchtlicher als in einem Flugzeug oder einem ICE.
Es ging in dem Fall um Flugangst. „Risiko“ war in dem Sinne das falsche Wort. Eher hätte es „Risikoempfinden“ heißen müssen.
Der Angst ist es egal wieviel Kilometer sie als Belohnung geschenkt bekommt. Wenn ich Angst vor dem Absturz habe, dann egal ob ich nach München oder nach Melbourne fliege.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von ThorsHamar »

Sören74 hat geschrieben:(03 Nov 2020, 22:04)

Genau diese Gründe würde ich gerne wissen.
Es wird eben instinktiv unterschiedlich wahrgenommen, ob ein technisches Unglück passiert oder eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft besteht.
Deshalb ist da Mathematik keine wirkliche Hilfe, denn die jeweilige Bewertung ist eine Sache der individuellen Gewichtung.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Sören74

Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Sören74 »

ThorsHamar hat geschrieben:(05 Nov 2020, 22:39)

Es wird eben instinktiv unterschiedlich wahrgenommen, ob ein technisches Unglück passiert oder eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft besteht.
Deshalb ist da Mathematik keine wirkliche Hilfe, denn die jeweilige Bewertung ist eine Sache der individuellen Gewichtung.
Könnte man da nicht die individuelle Gewichtung ein stückweit mit Hilfe der Mathematik verschieben? Ich weiß, dass Ängste eine Emotion sind und nicht dem direkten Denken zugänglich. Aber ähnlich wie bei einer Angstkrankheit kann man lernen, mit ihnen umzugehen. Und so könnte man auch lernen, mehr auf die berechneten Risiken zu schauen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von ThorsHamar »

Sören74 hat geschrieben:(05 Nov 2020, 23:19)

Könnte man da nicht die individuelle Gewichtung ein stückweit mit Hilfe der Mathematik verschieben? Ich weiß, dass Ängste eine Emotion sind und nicht dem direkten Denken zugänglich. Aber ähnlich wie bei einer Angstkrankheit kann man lernen, mit ihnen umzugehen. Und so könnte man auch lernen, mehr auf die berechneten Risiken zu schauen.
... das kann man sicher, z.b. mit Hilfe von Schnaps ... :cool:
Im Ernst: Man kann natürlich Ängste und Bewertungen beeinflussen, in alle möglichen Richtungen, aktiv und passiv.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
Eric Arthur Blair
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Keinen_Faschismus! »

Sören74 hat geschrieben:(05 Nov 2020, 23:19)
Könnte man da nicht die individuelle Gewichtung ein stückweit mit Hilfe der Mathematik verschieben? Ich weiß, dass Ängste eine Emotion sind und nicht dem direkten Denken zugänglich. Aber ähnlich wie bei einer Angstkrankheit kann man lernen, mit ihnen umzugehen. Und so könnte man auch lernen, mehr auf die berechneten Risiken zu schauen.
Gute Fragen!
Warum nehmen denn manche durch Terrorangriffe eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft an?
Bei den wesensverwandten Amokläufen ist die Reaktion zwar auch stark aber weit weniger heftig und vor allem wird keine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft angenommen.

Vielleicht ist die Ursache tribalistisches Denken, welches bei manchen die Emotionalität weitaus heftiger anspricht.
„Vorsicht da ist jemand aus einem anderen Stamm der aggressiv ist“
Ich kann mir vorstellen, dass es ähnliche Effekte bei Verfeindeten Fußballfans gibt.
Wenn jemand aus dem „eigenen“ Club aggressiv wird, wird das dann von manchen Fußballfans vermutlich ganz anders (emotional nicht so heftig) wahrgenommen, wie wenn jemand von einem „anderen“ Club aggressiv wird.
„Ist ja nur unser Horst, der ist halt so“

Wenn das stimmt kommt aber gleich die nächste Frage: woher kommt bei manchen dieses tribalistische Denken und lässt sich dieses abmildern/entfernen?
Ich denke diese „Identitäre Bewegung“ präsentiert ihr psychologisches Problem bereits in ihrem Namen: „Identität“
Die empfundene Identität ist vermutlich die Basis für tribalistisches Denken. Darum quatscht ein Kubiçek vermutlich auch so viel vom „eigenen“.

Damit hätte man wohl auch gleich ein logisches Werkzeug um dieses tribalistische Denken zu entfernen:
Dekonstruktion der Identität

Wenn dann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht mehr empfunden wird, wird es manchen Menschen auch klarer Fakten zu sehen.
Dann ist es plötzlich nicht mehr „unser“ Horst vom Fußballclub xy der da gerade einen wehrlosen Menschen zusammenschlägt sondern einfach „ein“ Horst. Und die Bereitschaft dem wehrlosen Menschen zu helfen steigt rapide. Obwohl sich objektiv nichts geändert hat, sondern nur die Identität und empfundene Gruppenzugehörigkeit.

Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

Wie könnte man den vierten Schritt der Dekonstruktion in der Praxis dort anwenden?
Vielleicht so:
„Islam und Christentum sind abrahamitische Brüder“
Also Anstelle von:
„Unsere Religion ist christlich“
Ein:
„Unsere Religion ist abrahamitisch“
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von H2O »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)

Gute Fragen!
Warum nehmen denn manche durch Terrorangriffe eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft an?
Bei den wesensverwandten Amokläufen ist die Reaktion zwar auch stark aber weit weniger heftig und vor allem wird keine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft angenommen.

Vielleicht ist die Ursache tribalistisches Denken, welches bei manchen die Emotionalität weitaus heftiger anspricht.
„Vorsicht da ist jemand aus einem anderen Stamm der aggressiv ist“
Ich kann mir vorstellen, dass es ähnliche Effekte bei Verfeindeten Fußballfans gibt.
Wenn jemand aus dem „eigenen“ Club aggressiv wird, wird das dann von manchen Fußballfans vermutlich ganz anders (emotional nicht so heftig) wahrgenommen, wie wenn jemand von einem „anderen“ Club aggressiv wird.
„Ist ja nur unser Horst, der ist halt so“

Wenn das stimmt kommt aber gleich die nächste Frage: woher kommt bei manchen dieses tribalistische Denken und lässt sich dieses abmildern/entfernen?
Ich denke diese „Identitäre Bewegung“ präsentiert ihr psychologisches Problem bereits in ihrem Namen: „Identität“
Die empfundene Identität ist vermutlich die Basis für tribalistisches Denken. Darum quatscht ein Kubiçek vermutlich auch so viel vom „eigenen“.

Damit hätte man wohl auch gleich ein logisches Werkzeug um dieses tribalistische Denken zu entfernen:
Dekonstruktion der Identität

Wenn dann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht mehr empfunden wird, wird es manchen Menschen auch klarer Fakten zu sehen.
Dann ist es plötzlich nicht mehr „unser“ Horst vom Fußballclub xy der da gerade einen wehrlosen Menschen zusammenschlägt sondern einfach „ein“ Horst. Und die Bereitschaft dem wehrlosen Menschen zu helfen steigt rapide. Obwohl sich objektiv nichts geändert hat, sondern nur die Identität und empfundene Gruppenzugehörigkeit.

Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

Wie könnte man den vierten Schritt der Dekonstruktion in der Praxis dort anwenden?
Vielleicht so:
„Islam und Christentum sind abrahamitische Brüder“
Also Anstelle von:
„Unsere Religion ist christlich“
Ein:
„Unsere Religion ist abrahamitisch“
Eine sehr grobe Vereinfachung unserer schrecklichen Eigenheiten. Der Mörder mordet ja, weil wir ganz genau nicht seiner Gesinnung entsprechen. Viele Worte um nichts!
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von IQ1/0 »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)
Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten
Hochinteressant ist hier (bei all dem leeren Geschwätz dieses Beitrags) nur eines: würde man im Forum "eine Dekonstruktion der muslimischen Identität" fordern, würde der Strang umgehend gelöscht und der User gesperrt. So wie man auch den Papst im vollgepissten Gewand zeigen darf, von Linken sehr gerne gesehen, von den selben Leuten aber sehr viel Verständnis für die "Unerträglichkeit von Mohammed-Karikaturen" gezeigt wird.
Lächerlich, auf welche Weise man noch immer - noch dazu voller Selbstverachtung - vorgeht.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von ThorsHamar »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)

Gute Fragen!
Warum nehmen denn manche durch Terrorangriffe eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft an? .....
...weil damit genau die Intention des Terroristen erkannt wurde.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Nov 2020, 21:04)

In diesem typischen Fall "Autoverkehr" sind wir eben keine Einzelfälle mehr. Es ist wirklich kein Problem, sich eine genau quantifizierte Risikowahrscheinlichkeit zu berechnen oder zu besorgen, wie hoch die Unfalltodwahrscheinlichkeit ist, wenn ich so und so alt bin, dort und dort wohne und um die und die Uhrzeit ins Auto steige. Es steigen aber eben noch zig andere Leute ins Auto. Ganz offensichtlich alles andere als ein Einzelfall. Opfer eines Terroranschlags zu werden ist oder wäre aber natürlich klarerweise ein Einzelfall. Unabhängig von den tatsächlichen Wahrscheinlichkeitswerten wird man einen solchen Einzelfall insofern als tragisch ansehen, weil man ihn als EInzelfall als eigentlich irgendwie verhinderbar ansieht. Während das "ins Auto steigen" quasi als eigentlich gar nicht verhinderbarer Normalfall angesehen wird. Das was alle oder scheinbar alle irgdendwie machen gewinnt eine wahrgenommene überproportionale Risikofreiheit einfach dadurch, dass es eben alle machen.
Ich habe es doch erklärt.
Also umgekehrt; In Wirklichkeit gibt es nur Myriaden von Einzelfällen. Und selbst das ist noch eine Abstraktion. Was du meinst, ist die "frequentistische Wahrscheinlichkeit". Das sind Vorstellungen über die Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst, Modellierung, Abstraktion, Einteilung in Fallklassen, Unterstellung von Homogenität. Dass also eine Zahl von Einzelfällen sich "gleichen", eben homogen sind. Abstraktion = Absehen vom Eigentlichen. Jede Grenzziehung, jeder Einschluss und Ausschluss in Klassen ist letztlich willkürlich.
Und damit ist das Ganze - spekulativ. Spekulation, die der Unsicherheit der Menschen (=fehlende/unzureichende Kenntnis zukünftiger Ereignisse) geschuldet ist.
Diese Spekulation wird Makulatur, wenn du dich am nächsten Tag mit deinem Auto um einen Baum wickelst oder der Baum stürzt auf dich und erschlägt dich. Case probability. Wie oft wurde da nun "gewürfelt"? Der Würfel ist Vorstellung. Induktion. Ein Schluss von Fällen der Vergangenheit, die man für "gleichgelagert" hält. Den anderen ist aber der Ziegel nicht auf den Kopp gefallen, nur dir. Da hilft dir eben nur nach oben zu schauen. Achtsamkeit. Defensives Fahren, "Karma" etc. Oder man ist eben unachtsam.

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)
Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

h“
Versuchst du deinen "Rotz" hier jetzt auch zu platzieren?

Wie viel Anschläge in der EU gab es "im Namen Allahs" = Islam - und wie viele "im Namen Jesu"= Christentum?

Willst du die anderen Foristen für doof verkaufen?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(06 Nov 2020, 15:21)

Ich habe es doch erklärt.
Also umgekehrt; In Wirklichkeit gibt es nur Myriaden von Einzelfällen. Und selbst das ist noch eine Abstraktion. Was du meinst, ist die "frequentistische Wahrscheinlichkeit". Das sind Vorstellungen über die Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst, Modellierung, Abstraktion, Einteilung in Fallklassen, Unterstellung von Homogenität. Dass also eine Zahl von Einzelfällen sich "gleichen", eben homogen sind. Abstraktion = Absehen vom Eigentlichen. Jede Grenzziehung, jeder Einschluss und Ausschluss in Klassen ist letztlich willkürlich.
Und damit ist das Ganze - spekulativ. Spekulation, die der Unsicherheit der Menschen (=fehlende/unzureichende Kenntnis zukünftiger Ereignisse) geschuldet ist.
Diese Spekulation wird Makulatur, wenn du dich am nächsten Tag mit deinem Auto um einen Baum wickelst oder der Baum stürzt auf dich und erschlägt dich. Case probability. Wie oft wurde da nun "gewürfelt"? Der Würfel ist Vorstellung. Induktion. Ein Schluss von Fällen der Vergangenheit, die man für "gleichgelagert" hält. Den anderen ist aber der Ziegel nicht auf den Kopp gefallen, nur dir. Da hilft dir eben nur nach oben zu schauen. Achtsamkeit. Defensives Fahren, "Karma" etc. Oder man ist eben unachtsam.

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
So sehr mich das ganze interessiert. Aber ein wenig Schwierigkeit habe ich doch, deinen Überlegungen zu folgen. Der "frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff" ist grob gesagt das, was ich in meinem Studium kennengelernt habe. Dass es Grundgesamtheiten gibt. Dass man unter bestimmten Voraussetzungen (Unabhängigkeit insbesondere) konkrete Aussagen über die Konvergenz von empirischen Stichprobenverteilungen machen kann. Sie laufen dann nicht irgendwohin sondern gegen eine Gaußsche Normalverteilung. (Zentraler Grenzwertsatz). Ganz egal um welches Thema es sich handelt. Dies scheint also ein wirklich absolut tiefliegendes, ontologisches Grundprinzip der Natur zu sein. Gott, wenns ihn gibt, muss irgendetwas von (1/(sqrt(2\pi\sigma^2))*e^((x-\mu)^2/(2*\sigma^2))) gewusst haben, als er die Welt erschuf.

Das Gegenmodell, der bayessche Wahrscheinlichkeitsbegriff basiert im Grunde auf der Vorstellung von "Wahrscheinlichkeit" als einem Grad von Abgebautheit von Unsicherheit unter Einberechnung von Vorwissen. Ich glaube aber, Wahrscheinlichkeit existiert objektiv. Und ist objektiv quantifizierbar. "Frequentismus" würd ich jetzt erstmal als Glauben an diese klassischen Methoden der Statistik ansehen. Und die Quantentheorie - zumindest in der Wahschreinlichkeitsinterpretation - zeigt, das Wahrscheinlichkeitsverteilungen tatsächlich auch ganz objektiv existieren. Und nicht nur das. Die Struktur der Zufälligkeit ist sozusagen der Kern des Universums, des ganzen Seins an sich.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Samstag 7. November 2020, 15:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Adam Smith »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)

Gute Fragen!
Warum nehmen denn manche durch Terrorangriffe eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft an?
Bei den wesensverwandten Amokläufen ist die Reaktion zwar auch stark aber weit weniger heftig und vor allem wird keine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft angenommen.

Vielleicht ist die Ursache tribalistisches Denken, welches bei manchen die Emotionalität weitaus heftiger anspricht.
„Vorsicht da ist jemand aus einem anderen Stamm der aggressiv ist“
Ich kann mir vorstellen, dass es ähnliche Effekte bei Verfeindeten Fußballfans gibt.
Wenn jemand aus dem „eigenen“ Club aggressiv wird, wird das dann von manchen Fußballfans vermutlich ganz anders (emotional nicht so heftig) wahrgenommen, wie wenn jemand von einem „anderen“ Club aggressiv wird.
„Ist ja nur unser Horst, der ist halt so“

Wenn das stimmt kommt aber gleich die nächste Frage: woher kommt bei manchen dieses tribalistische Denken und lässt sich dieses abmildern/entfernen?
Ich denke diese „Identitäre Bewegung“ präsentiert ihr psychologisches Problem bereits in ihrem Namen: „Identität“
Die empfundene Identität ist vermutlich die Basis für tribalistisches Denken. Darum quatscht ein Kubiçek vermutlich auch so viel vom „eigenen“.

Damit hätte man wohl auch gleich ein logisches Werkzeug um dieses tribalistische Denken zu entfernen:
Dekonstruktion der Identität

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Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

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„Unsere Religion ist abrahamitisch“
Warum kann der Islam nicht damit aufhören überall die Scharia einzuführen? Die Einführung verschlimmert immer alles. Die Menschen fühlen sich nun unterdrückt und es gibt nun noch mehr Menschen die die Lösung der Unterdrückung und der Verstümmelungen in noch mehr Islam sehen. Das ist doch keine wünschenswerte Gesellschaft.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(06 Nov 2020, 15:21)

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von naddy »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. ,,,
Wieso das? Beispielsweise wird die Variable "Fahrer" (besser: Fahrerverhalten) durch Kenntnis möglicher Unfallursachen verändert. Wenigstens in einigen Fällen. ;)

Und das hat doch dann selbstverständlich Auswirkungen auf die "Unfallwahrscheinlichkeit", oder bist Du anderer Meinung?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

naddy hat geschrieben:(08 Nov 2020, 15:32)

Wieso das? Beispielsweise wird die Variable "Fahrer" (besser: Fahrerverhalten) durch Kenntnis möglicher Unfallursachen verändert. Wenigstens in einigen Fällen. ;)

Und das hat doch dann selbstverständlich Auswirkungen auf die "Unfallwahrscheinlichkeit", oder bist Du anderer Meinung?
Bin ich nicht. "Kenntnis möglicher Unfallursachen" gehört nur eben einfach zu den Gegebenheiten. So wie "aktuell Glatteis".

Allerdings: Diese Diskussion "Bayesianer versus Frequentisten" .... das ist nicht eigentlich die Frage des Threaderstellers. Hier gehts glaub ich doch eher um die (Unlogik der) Psychologie der Risikobewertung und nicht so sehr um die Art und Weise der Herleitung von Wahrscheinlichkeitsmodellen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
Radikaler Reduktionismus führt, wie man am Vertreter hier immer wieder erleben kann, zu noch krasserer Verzerrung der Naturanachauung! Die Natur funktioniert hoch statistisch. Als Beispiel: evolutionär ausgebildete Gestalten oder Anpassungen berücksichtigen auch nicht den exotischen Einzelfall. Es ist kein Lebewesen an Meteoritenschläge angepasst, schon im Falle Blitz und Hagel dürfte es gegen Null gehen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Corella hat geschrieben:(09 Nov 2020, 09:16)

Radikaler Reduktionismus führt, wie man am Vertreter hier immer wieder erleben kann, zu noch krasserer Verzerrung der Naturanachauung! Die Natur funktioniert hoch statistisch. Als Beispiel: evolutionär ausgebildete Gestalten oder Anpassungen berücksichtigen auch nicht den exotischen Einzelfall. Es ist kein Lebewesen an Meteoritenschläge angepasst, schon im Falle Blitz und Hagel dürfte es gegen Null gehen.
Das würde ich so nicht unterschreiben.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
Worüber reden wir? Vielleicht noch einmal zur Verdeutlichung.
Es gibt zwei Sphären. Einmal sind es die "Daten". Das ist - Vergangenheit. Da kann man vielleicht von "Objektivität" oder besser Intersubjektivität sprechen. So können wir uns über einen Verkehrsunfall verständigen, der bereits geschehen ist und den als "Tatsache", als tatsächlichen Fall zusammen "wahrnehmen". Ebenso können wir dann mehrere geschehene Unfälle wahrnehmen, können deren Zahl feststellen, in einem Zeitraum etc. 1000 Unfälle in einem Jahr bspw. Obwohl die alle höchst unterschiedlich als Einzelfall zustande gekommen sind, homogenisieren wir sie zu der recht groben Fallklasse "Verkehrsunfall". Also nehmen wir zum Beispiel einen konkreten Straßenabschnitt. Wir zählen, wieviele Autos mit und ohne Unfall in einem Jahr durchfahren. Und so kommen wir zur bereits erwähnten "frequentistischen Wahrscheinlichkeit". Frequenz, also Häufigkeit. Zwei Datenhaufen der Vergangenheit nebeneinander aufgehäuft. Und dann nehmen wir den kleinen Haufen der Unfallzahl und setzen ihn ins Verhältnis mit der Gesamtzahl der Durchfahrten. Und haben dann eine vermeintliche "Unfallwahrscheinlichkeit" bei der Durchfahrt des untersuchten Streckenabschitts. Was wir "objektiv" haben, ist aber streng genommen nur eine Aussage über die Vergangenheit. Für eine "Wahrscheinlichkeit" müsste man darüberhinaus eine gleichbleibende Welt unterstellen, zumindest für den untersuchten Abschnitt.

Andererseits geht es bei "Risiken"(und das ist ja das Thema hier) nicht um die Vergangenheit, sondern um dem Umgang mit dem zukünftigen Geschehen. Das ist aber niemandem bekannt. Es bleibt immer Unsicherheit. Wenn man einfach induktiv schließen würde: Weil es in der Vergangenheit so war, wird es im zukünftigen Zeitabschnitt auch so bleiben, dann ist das eben ein fallibler Schluss(=Spekulation). Und keine objektive Tatsache.

Und wie gesagt, das ist ja auch nur die grobe Sicht des Aggregats. Wenn wir zwei unsere Körpergröße messen und dann durch zwei teilen, haben wir unsere Durchschnittskörpergröße, aber sofern wir nicht gleich groß sind, ist niemand tatsächlich so groß wie dieser Durchschnitt. Der Durchschnitt schneidet dem Größeren von uns den Kopf ab und stückelt ihn an den fiktiven Durchschnittsmenschen. Der Durchschnitt ist ein Artefakt, eine künstliche Größe. Der Durchschnittsanzug wird uns nicht passen. Und das ist die Wirklichkeit, mit der wir tatsächlich umgehen müssen. Der eine muss sich zwängen, der andere die Hosenbeine nach oben krempeln. Oder .. man differenziert feiner. Löst größere, gröbere Fallklassen in immer kleinere Klassen (Konfektionsgrößen) auf. Am Ende steht immer der Einzelfall als Wirklichkeit (der Maßanzug gemessen an der wirklichen Körpergröße). Oder das brennende Haus, das ein Brandstifter in Brand gesetzt hat und kein Würfelwurf aus vergangenen Daten.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

BlueMonday hat geschrieben:(10 Nov 2020, 15:22)


Andererseits geht es bei "Risiken"(und das ist ja das Thema hier) nicht um die Vergangenheit, sondern um dem Umgang mit dem zukünftigen Geschehen[/i]. Das ist aber niemandem bekannt. Es bleibt immer Unsicherheit. Wenn man einfach induktiv schließen würde: Weil es in der Vergangenheit so war, wird es im zukünftigen Zeitabschnitt auch so bleiben, dann ist das eben ein fallibler Schluss(=Spekulation). Und keine objektive Tatsache.


Nun ist es aber so, dass bei allen Ansätzen im Bereich Risikomanagement eben genau die Häufigkeit eines Ereignisses in der Vergangenheit als Basis für dessen Wiedereintritt genommen wird.

Denn etwas anders steht ja nicht zur Verfügung.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

Realist2014 hat geschrieben:(10 Nov 2020, 16:43)

Nun ist es aber so, dass bei allen Ansätzen im Bereich Risikomanagement eben genau die Häufigkeit eines Ereignisses in der Vergangenheit als Basis für dessen Wiedereintritt genommen wird.

Denn etwas anders steht ja nicht zur Verfügung.

Sicherlich. Aber es bleibt eben immer eine Unsicherheitskomponente.

Die Ausgangsfrage ist ja hier, wieso Risiken unterschiedlich bewertet werden.
Das zeigt sich schon am Versicherungswesen. Unternehmerischer Erfolg basiert auf der zutreffenden Vorhersage eines zukünftigen Marktzustands. Also Bewirtschaftung von Unsicherheit, ohne zu wissen, ohne wissen zu können, richtig zu liegen. So auch und gerade bei einer Versicherung.
Das Unternehmen platziert dazu Wetten am Markt. Und was heißt platzieren. Man braucht jemanden, der einem die Wette abkauft, der also gegenläufig wettet.
Im Falle der Versicherung ist das der Versicherungsnehmer. Und der wettet gegen die Versicherung, dass der Versicherungsfall früher oder häufiger eintritt, so dass er unterm Strich weniger Prämie zahlt als ihm von der Versicherung ausgezahlt wird.
Selbst wenn der Versicherungsnehmer die gleichen Daten, die gleichen Statistiken zur Verfügung hätte wie die Versicherung, würde er dennoch die ermittelten Häufigkeiten anders bewerten, sprich gegenläufig wetten. Nur so kommt der Versicherungsvertrag überhaupt zustande.

Der Threadersteller hat sich nun auf das Risiko von Terrorakten im Vergleich zu anderen Gefahren bezogen. Argumentiert da auch mit Häufigkeiten.
Damit verkennt er allerdings das Wesen des Terrorismus. Hier geht es nicht vordergründig um eine große Häufung von Fällen, sondern der gemeine Terrorist ist ja gerade an einer hochasymmetrischen Auseinandersetzung interessiert.
Mit geringsten Mitteln großen Kosteneffekt auf der anderen Seiten hervorzurufen. Der unmittelbare Terrorakt ist da nur der kleinere Teil. Das Wesentliche des Terrors ist die im Nachgang der Tat erzeugte großflächige Unsicherheit. Eben nicht zu wissen, wann der nächste Terrorangriff erfolgt, wo er erfolgt, wie und in welchem Ausmaß er erfolgt, von wem er ausgeführt wird. Eine Unsicherheit, die nur mit hohen Kosten wieder zu verringern ist.
Gerade die Häufung wird eher vermieden, also das Erzeugen von Mustern und damit Vorhersehbarkeiten. Hohe Heterogenität der Fälle und Unsicherheit ist die Folge. Das Letzte, was da also weiterhilft, sind "Wahrscheinlichkeiten", die man aus Häufigkeiten ex post unterstellt.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

BlueMonday hat geschrieben:(11 Nov 2020, 05:45)

Sicherlich. Aber es bleibt eben immer eine Unsicherheitskomponente.

Die Ausgangsfrage ist ja hier, wieso Risiken unterschiedlich bewertet werden.
Das zeigt sich schon am Versicherungswesen. Unternehmerischer Erfolg basiert auf der zutreffenden Vorhersage eines zukünftigen Marktzustands. Also Bewirtschaftung von Unsicherheit, ohne zu wissen, ohne wissen zu können, richtig zu liegen. So auch und gerade bei einer Versicherung.
Das Unternehmen platziert dazu Wetten am Markt. Und was heißt platzieren. Man braucht jemanden, der einem die Wette abkauft, der also gegenläufig wettet.
Im Falle der Versicherung ist das der Versicherungsnehmer. Und der wettet gegen die Versicherung, dass der Versicherungsfall früher oder häufiger eintritt, so dass er unterm Strich weniger Prämie zahlt als ihm von der Versicherung ausgezahlt wird.
Selbst wenn der Versicherungsnehmer die gleichen Daten, die gleichen Statistiken zur Verfügung hätte wie die Versicherung, würde er dennoch die ermittelten Häufigkeiten anders bewerten, sprich gegenläufig wetten. Nur so kommt der Versicherungsvertrag überhaupt zustande.
Das hast du korrekt beschrieben. Ich verweise auf die Definition des Wortes Risiko:

"Effekt der Unsicherheit der Zielerreichung" ( aus den ISO Normen im Bereich Managementsysteme - 9001, 27001, 22301 usw.)

Auch unser staatliches Rentensystem ist eine "Wette"- was viel ja nicht begreifen.
Der Threadersteller hat sich nun auf das Risiko von Terrorakten im Vergleich zu anderen Gefahren bezogen. Argumentiert da auch mit Häufigkeiten.
Damit verkennt er allerdings das Wesen des Terrorismus. Hier geht es nicht vordergründig um eine große Häufung von Fällen, sondern der gemeine Terrorist ist ja gerade an einer hochasymmetrischen Auseinandersetzung interessiert.
Mit geringsten Mitteln großen Kosteneffekt auf der anderen Seiten hervorzurufen. Der unmittelbare Terrorakt ist da nur der kleinere Teil. Das Wesentliche des Terrors ist die im Nachgang der Tat erzeugte großflächige Unsicherheit. Eben nicht zu wissen, wann der nächste Terrorangriff erfolgt, wo er erfolgt, wie und in welchem Ausmaß er erfolgt, von wem er ausgeführt wird. Eine Unsicherheit, die nur mit hohen Kosten wieder zu verringern ist.
Gerade die Häufung wird eher vermieden, also das Erzeugen von Mustern und damit Vorhersehbarkeiten. Hohe Heterogenität der Fälle und Unsicherheit ist die Folge. Das Letzte, was da also weiterhilft, sind "Wahrscheinlichkeiten", die man aus Häufigkeiten ex post unterstellt.
Hier geht es ja auch um etwas anderes. Das Ziel ist ja - wie oben beschrieben - die Beeinflussung der Handlungsweise durch die Terrorakte der Zielgruppen ( Ungläubige bei islamistischem Hintergeund) , um denen das Leben zu vergällen..
Also eine durch diese Akte erzeugte Neubewertung
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Zunder »

Ein Versicherter, der beim Abschluß einer Lebensversicherung gegen die Versicherung wettet, erzielt den höchsten Gewinn, wenn er möglichst bald ins Gras beißt. Der Sinn des Wettens besteht ja bekanntlich in dem Bestreben, vom Gewinn nichts abzubekommen.

Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

Die Geschichte des Wettens muß auf jeden Fall neu geschrieben werden.
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3x schwarzer Kater
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Zunder hat geschrieben:(11 Nov 2020, 23:53)

Ein Versicherter, der beim Abschluß einer Lebensversicherung gegen die Versicherung wettet, erzielt den höchsten Gewinn, wenn er möglichst bald ins Gras beißt. Der Sinn des Wettens besteht ja bekanntlich in dem Bestreben, vom Gewinn nichts abzubekommen.

Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

Die Geschichte des Wettens muß auf jeden Fall neu geschrieben werden.
Wer eine Kapitallebensversicherung abschließt "wettet" natürlich auf ein langes Leben.
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Realist2014
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Zunder hat geschrieben:(11 Nov 2020, 23:53)


Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

D n.
Logischerweise profitieren in Bezug auf das staatliche Rentensystem diejenigen die lange leben , vom frühen Versterben der anderen.

Das ist Systemimmanent und alternativlos.

Bei privaten Renten ist das anders- dort kann die Option "vererben" gewählt werden.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Astrocreep2000
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Risikobewertung wird offensichtlich von vielen Faktoren beeinflusst.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Mega-Trend in den westlichen Industriegesellschaften, Risiken möglichst zu beseitigen. Nie zuvor lebten die Menschen in Europa so lange in Frieden - und das auf einem Wohlstandniveau, dass es so zuvor auch noch nie in der Geschichte gegeben hat. Wenn die "Pflicht" erledigt ist, hat man die Muße, sich um die "Kür" zu kümmern.

In (West-)Deutschland gab es z.B. bis in 70ern noch jährlich 30.000 Tote im Straßenverkehr, aktuell sind es knapp 3.000. Dazu wurde vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat die "Vison Zero" entwickelt mit dem Ziel, in absehbarer Zeit überhaupt überhaupt keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr beklagen zu müssen... Wenn autonomes Fahren möglich sein wird (sobald denn die damit zusammenhängenden ethisch-moralischen Fragen überhaupt zu klären sind), wird kein Mensch mehr ans Steuer dürfen...

Eigenverantwortung wird abgebaut, Reglementierung nimmt zu ... kommt aber offensichtlich darauf an, worum es geht: 120.000 Tote pro Jahr durch die Folgen von Tabak-Konsum sind ok, wenige Zehntausend Tote durch Covid-19 sind es nicht. Das habe ich - ehrlich gesagt - auch noch nicht verstanden.

Dann hängt es natürlich auch von der Gesellschaft ab: 250.000 Covid-19-Tote in den USA haben 70 Mio. Wähler nicht abgehalten Trump erneut zu wählen. Andererseits sind die auch bereit, 30.000 Tote pro Jahr durch Schusswaffen in Kauf zu nehmen für ihre krude Vorstellung von "Freiheit". Da gibt es also auch ein ganz anderes Risikoempfinden als bei uns. Hängt halt vom Thema ab. Dass es im Hinblick auf den Klimawandel tatsächlich nicht so rosig bestellt ist um unsere Spezies (oder zumindest deren ärmsten und schwächsten Vertreter) juckt die "Trumpisten" dann immerhin konsequenter Weise auch nicht.

Wer wiederum den Krieg in Syrien hautnah erlebt hat, dürfte sich aktuell "sogar" in Deutschland ziemlich sicher fühlen.

Ist eben alles relativ ... Auch das "Risiko".
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von H2O »

Ja, ein wirklich kluger Beitrag! Den müßte man nun vernünftig gliedern und Punkt für Punkt ab arbeiten. Versuchen wir das einmal!
Meruem
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Meruem »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(30 Nov 2020, 21:07)

Risikobewertung wird offensichtlich von vielen Faktoren beeinflusst.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Mega-Trend in den westlichen Industriegesellschaften, Risiken möglichst zu beseitigen. Nie zuvor lebten die Menschen in Europa so lange in Frieden - und das auf einem Wohlstandniveau, dass es so zuvor auch noch nie in der Geschichte gegeben hat. Wenn die "Pflicht" erledigt ist, hat man die Muße, sich um die "Kür" zu kümmern.

In (West-)Deutschland gab es z.B. bis in 70ern noch jährlich 30.000 Tote im Straßenverkehr, aktuell sind es knapp 3.000. Dazu wurde vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat die "Vison Zero" entwickelt mit dem Ziel, in absehbarer Zeit überhaupt überhaupt keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr beklagen zu müssen... Wenn autonomes Fahren möglich sein wird (sobald denn die damit zusammenhängenden ethisch-moralischen Fragen überhaupt zu klären sind), wird kein Mensch mehr ans Steuer dürfen...

Eigenverantwortung wird abgebaut, Reglementierung nimmt zu ... kommt aber offensichtlich darauf an, worum es geht: 120.000 Tote pro Jahr durch die Folgen von Tabak-Konsum sind ok, wenige Zehntausend Tote durch Covid-19 sind es nicht. Das habe ich - ehrlich gesagt - auch noch nicht verstanden.

Dann hängt es natürlich auch von der Gesellschaft ab: 250.000 Covid-19-Tote in den USA haben 70 Mio. Wähler nicht abgehalten Trump erneut zu wählen. Andererseits sind die auch bereit, 30.000 Tote pro Jahr durch Schusswaffen in Kauf zu nehmen für ihre krude Vorstellung von "Freiheit". Da gibt es also auch ein ganz anderes Risikoempfinden als bei uns. Hängt halt vom Thema ab. Dass es im Hinblick auf den Klimawandel tatsächlich nicht so rosig bestellt ist um unsere Spezies (oder zumindest deren ärmsten und schwächsten Vertreter) juckt die "Trumpisten" dann immerhin konsequenter Weise auch nicht.

Wer wiederum den Krieg in Syrien hautnah erlebt hat, dürfte sich aktuell "sogar" in Deutschland ziemlich sicher fühlen.

Ist eben alles relativ ... Auch das "Risiko".
Naja du vergisst beim dem Vergleich Tabak hat eben ökonomische Lobbyinteressen im Hintergrund das Coronavirus nicht; dass gleiche könnte man übrigens über den Alkohol sagen ich meine zig tausende Menschen werden auch pro Jahr indirekt ( durch Alkohol verursachte Aggression und Gewalt , Unfälle durch alkoholisierte Fahrer usw ) oder direkt ( Komabesäufnise, durch zahlreiche alkoholbedingte Krankheiten) Opfer dieses Suchtmittel ( was im Form von Bier sogar als sogenanntes "KULTURGUT" gefeiert wird , weil nüchtern die Realität scheinbar für viele nicht mehr zu ertragen ist) dass wird auch alles billigend in Kauf genommen und warum? Ja weil da auch von Staat und der Alkohol Lobby nackte ökonomische Interessen mit rein spielen. Risiko ist in der Tat relativ.
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Astrocreep2000
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Ich bin jedenfalls gespannt, wie "konsequent" es demnächst weitergeht - denn wenn der Umgang mit der Covid-19-Pandemie einen nachhaltigen Bewusstseinswandel markiert ...

... dann müsste demnächst ein Tabak- und Alkoholverbot folgen (Zucker gehörte im Hinblick auf Herz- und Gefäßkrankheiten auch auf die rote Liste), denn die dadurch verursachten Todesfälle gehen in die Hundertausende. Und die Masken werden wir auch nicht mehr los ... Die "normalen" jährlichen Grippetoten gehen ja auch schnell in die Tausende - und warum sollten die weniger vermeidenswürdig sein als Covid-19?
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