Ich habe es doch erklärt.schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Nov 2020, 21:04)
In diesem typischen Fall "Autoverkehr" sind wir eben keine Einzelfälle mehr. Es ist wirklich kein Problem, sich eine genau quantifizierte Risikowahrscheinlichkeit zu berechnen oder zu besorgen, wie hoch die Unfalltodwahrscheinlichkeit ist, wenn ich so und so alt bin, dort und dort wohne und um die und die Uhrzeit ins Auto steige. Es steigen aber eben noch zig andere Leute ins Auto. Ganz offensichtlich alles andere als ein Einzelfall. Opfer eines Terroranschlags zu werden ist oder wäre aber natürlich klarerweise ein Einzelfall. Unabhängig von den tatsächlichen Wahrscheinlichkeitswerten wird man einen solchen Einzelfall insofern als tragisch ansehen, weil man ihn als EInzelfall als eigentlich irgendwie verhinderbar ansieht. Während das "ins Auto steigen" quasi als eigentlich gar nicht verhinderbarer Normalfall angesehen wird. Das was alle oder scheinbar alle irgdendwie machen gewinnt eine wahrgenommene überproportionale Risikofreiheit einfach dadurch, dass es eben alle machen.
Also umgekehrt; In Wirklichkeit gibt es nur Myriaden von Einzelfällen. Und selbst das ist noch eine Abstraktion. Was du meinst, ist die "frequentistische Wahrscheinlichkeit". Das sind Vorstellungen über die Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst, Modellierung, Abstraktion, Einteilung in Fallklassen, Unterstellung von Homogenität. Dass also eine Zahl von Einzelfällen sich "gleichen", eben homogen sind. Abstraktion = Absehen vom Eigentlichen. Jede Grenzziehung, jeder Einschluss und Ausschluss in Klassen ist letztlich willkürlich.
Und damit ist das Ganze - spekulativ. Spekulation, die der Unsicherheit der Menschen (=fehlende/unzureichende Kenntnis zukünftiger Ereignisse) geschuldet ist.
Diese Spekulation wird Makulatur, wenn du dich am nächsten Tag mit deinem Auto um einen Baum wickelst oder der Baum stürzt auf dich und erschlägt dich. Case probability. Wie oft wurde da nun "gewürfelt"? Der Würfel ist Vorstellung. Induktion. Ein Schluss von Fällen der Vergangenheit, die man für "gleichgelagert" hält. Den anderen ist aber der Ziegel nicht auf den Kopp gefallen, nur dir. Da hilft dir eben nur nach oben zu schauen. Achtsamkeit. Defensives Fahren, "Karma" etc. Oder man ist eben unachtsam.
Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.