Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

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BlueMonday
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Nov 2020, 21:04)

In diesem typischen Fall "Autoverkehr" sind wir eben keine Einzelfälle mehr. Es ist wirklich kein Problem, sich eine genau quantifizierte Risikowahrscheinlichkeit zu berechnen oder zu besorgen, wie hoch die Unfalltodwahrscheinlichkeit ist, wenn ich so und so alt bin, dort und dort wohne und um die und die Uhrzeit ins Auto steige. Es steigen aber eben noch zig andere Leute ins Auto. Ganz offensichtlich alles andere als ein Einzelfall. Opfer eines Terroranschlags zu werden ist oder wäre aber natürlich klarerweise ein Einzelfall. Unabhängig von den tatsächlichen Wahrscheinlichkeitswerten wird man einen solchen Einzelfall insofern als tragisch ansehen, weil man ihn als EInzelfall als eigentlich irgendwie verhinderbar ansieht. Während das "ins Auto steigen" quasi als eigentlich gar nicht verhinderbarer Normalfall angesehen wird. Das was alle oder scheinbar alle irgdendwie machen gewinnt eine wahrgenommene überproportionale Risikofreiheit einfach dadurch, dass es eben alle machen.
Ich habe es doch erklärt.
Also umgekehrt; In Wirklichkeit gibt es nur Myriaden von Einzelfällen. Und selbst das ist noch eine Abstraktion. Was du meinst, ist die "frequentistische Wahrscheinlichkeit". Das sind Vorstellungen über die Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst, Modellierung, Abstraktion, Einteilung in Fallklassen, Unterstellung von Homogenität. Dass also eine Zahl von Einzelfällen sich "gleichen", eben homogen sind. Abstraktion = Absehen vom Eigentlichen. Jede Grenzziehung, jeder Einschluss und Ausschluss in Klassen ist letztlich willkürlich.
Und damit ist das Ganze - spekulativ. Spekulation, die der Unsicherheit der Menschen (=fehlende/unzureichende Kenntnis zukünftiger Ereignisse) geschuldet ist.
Diese Spekulation wird Makulatur, wenn du dich am nächsten Tag mit deinem Auto um einen Baum wickelst oder der Baum stürzt auf dich und erschlägt dich. Case probability. Wie oft wurde da nun "gewürfelt"? Der Würfel ist Vorstellung. Induktion. Ein Schluss von Fällen der Vergangenheit, die man für "gleichgelagert" hält. Den anderen ist aber der Ziegel nicht auf den Kopp gefallen, nur dir. Da hilft dir eben nur nach oben zu schauen. Achtsamkeit. Defensives Fahren, "Karma" etc. Oder man ist eben unachtsam.

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)
Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

h“
Versuchst du deinen "Rotz" hier jetzt auch zu platzieren?

Wie viel Anschläge in der EU gab es "im Namen Allahs" = Islam - und wie viele "im Namen Jesu"= Christentum?

Willst du die anderen Foristen für doof verkaufen?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(06 Nov 2020, 15:21)

Ich habe es doch erklärt.
Also umgekehrt; In Wirklichkeit gibt es nur Myriaden von Einzelfällen. Und selbst das ist noch eine Abstraktion. Was du meinst, ist die "frequentistische Wahrscheinlichkeit". Das sind Vorstellungen über die Wirklichkeit, aber nicht die Wirklichkeit selbst, Modellierung, Abstraktion, Einteilung in Fallklassen, Unterstellung von Homogenität. Dass also eine Zahl von Einzelfällen sich "gleichen", eben homogen sind. Abstraktion = Absehen vom Eigentlichen. Jede Grenzziehung, jeder Einschluss und Ausschluss in Klassen ist letztlich willkürlich.
Und damit ist das Ganze - spekulativ. Spekulation, die der Unsicherheit der Menschen (=fehlende/unzureichende Kenntnis zukünftiger Ereignisse) geschuldet ist.
Diese Spekulation wird Makulatur, wenn du dich am nächsten Tag mit deinem Auto um einen Baum wickelst oder der Baum stürzt auf dich und erschlägt dich. Case probability. Wie oft wurde da nun "gewürfelt"? Der Würfel ist Vorstellung. Induktion. Ein Schluss von Fällen der Vergangenheit, die man für "gleichgelagert" hält. Den anderen ist aber der Ziegel nicht auf den Kopp gefallen, nur dir. Da hilft dir eben nur nach oben zu schauen. Achtsamkeit. Defensives Fahren, "Karma" etc. Oder man ist eben unachtsam.

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
So sehr mich das ganze interessiert. Aber ein wenig Schwierigkeit habe ich doch, deinen Überlegungen zu folgen. Der "frequentistische Wahrscheinlichkeitsbegriff" ist grob gesagt das, was ich in meinem Studium kennengelernt habe. Dass es Grundgesamtheiten gibt. Dass man unter bestimmten Voraussetzungen (Unabhängigkeit insbesondere) konkrete Aussagen über die Konvergenz von empirischen Stichprobenverteilungen machen kann. Sie laufen dann nicht irgendwohin sondern gegen eine Gaußsche Normalverteilung. (Zentraler Grenzwertsatz). Ganz egal um welches Thema es sich handelt. Dies scheint also ein wirklich absolut tiefliegendes, ontologisches Grundprinzip der Natur zu sein. Gott, wenns ihn gibt, muss irgendetwas von (1/(sqrt(2\pi\sigma^2))*e^((x-\mu)^2/(2*\sigma^2))) gewusst haben, als er die Welt erschuf.

Das Gegenmodell, der bayessche Wahrscheinlichkeitsbegriff basiert im Grunde auf der Vorstellung von "Wahrscheinlichkeit" als einem Grad von Abgebautheit von Unsicherheit unter Einberechnung von Vorwissen. Ich glaube aber, Wahrscheinlichkeit existiert objektiv. Und ist objektiv quantifizierbar. "Frequentismus" würd ich jetzt erstmal als Glauben an diese klassischen Methoden der Statistik ansehen. Und die Quantentheorie - zumindest in der Wahschreinlichkeitsinterpretation - zeigt, das Wahrscheinlichkeitsverteilungen tatsächlich auch ganz objektiv existieren. Und nicht nur das. Die Struktur der Zufälligkeit ist sozusagen der Kern des Universums, des ganzen Seins an sich.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Samstag 7. November 2020, 15:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Adam Smith »

Keinen_Faschismus! hat geschrieben:(06 Nov 2020, 05:00)

Gute Fragen!
Warum nehmen denn manche durch Terrorangriffe eine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft an?
Bei den wesensverwandten Amokläufen ist die Reaktion zwar auch stark aber weit weniger heftig und vor allem wird keine grundsätzliche Gefahr für die Gesellschaft angenommen.

Vielleicht ist die Ursache tribalistisches Denken, welches bei manchen die Emotionalität weitaus heftiger anspricht.
„Vorsicht da ist jemand aus einem anderen Stamm der aggressiv ist“
Ich kann mir vorstellen, dass es ähnliche Effekte bei Verfeindeten Fußballfans gibt.
Wenn jemand aus dem „eigenen“ Club aggressiv wird, wird das dann von manchen Fußballfans vermutlich ganz anders (emotional nicht so heftig) wahrgenommen, wie wenn jemand von einem „anderen“ Club aggressiv wird.
„Ist ja nur unser Horst, der ist halt so“

Wenn das stimmt kommt aber gleich die nächste Frage: woher kommt bei manchen dieses tribalistische Denken und lässt sich dieses abmildern/entfernen?
Ich denke diese „Identitäre Bewegung“ präsentiert ihr psychologisches Problem bereits in ihrem Namen: „Identität“
Die empfundene Identität ist vermutlich die Basis für tribalistisches Denken. Darum quatscht ein Kubiçek vermutlich auch so viel vom „eigenen“.

Damit hätte man wohl auch gleich ein logisches Werkzeug um dieses tribalistische Denken zu entfernen:
Dekonstruktion der Identität

Wenn dann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe nicht mehr empfunden wird, wird es manchen Menschen auch klarer Fakten zu sehen.
Dann ist es plötzlich nicht mehr „unser“ Horst vom Fußballclub xy der da gerade einen wehrlosen Menschen zusammenschlägt sondern einfach „ein“ Horst. Und die Bereitschaft dem wehrlosen Menschen zu helfen steigt rapide. Obwohl sich objektiv nichts geändert hat, sondern nur die Identität und empfundene Gruppenzugehörigkeit.

Wie kann man also die Identität der „Deutschen“so dekonstruieren, dass die „Deutschen“ den Islam nicht mehr als Gefahr betrachten (denn das ist die Ursache für die heftigen Reaktionen nach dem islamistischen Terrorangriff), sondern ihn nüchtern als Religion analog zum Christentum sehen, was er ja auch ist?

Wie könnte man den vierten Schritt der Dekonstruktion in der Praxis dort anwenden?
Vielleicht so:
„Islam und Christentum sind abrahamitische Brüder“
Also Anstelle von:
„Unsere Religion ist christlich“
Ein:
„Unsere Religion ist abrahamitisch“
Warum kann der Islam nicht damit aufhören überall die Scharia einzuführen? Die Einführung verschlimmert immer alles. Die Menschen fühlen sich nun unterdrückt und es gibt nun noch mehr Menschen die die Lösung der Unterdrückung und der Verstümmelungen in noch mehr Islam sehen. Das ist doch keine wünschenswerte Gesellschaft.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(06 Nov 2020, 15:21)

Vielleicht noch eine Analogie. Es ist Krieg, 1917, ein massiver Frontalangriff soll erfolgen. Der Einsatzstab rechnet anhand von "Erfahrungen"(>Induktion) mit 50% Verlusten, die "man" geneigt ist einzugehen. Der kleine Soldat unten im Graben wird das vermutlich ganz anders sehen. Er ist der - Einzelfall - wie alle Kameraden neben ihm, die alle auch nicht sterben wollen. Und ob nun jemand im Einzelfall stirbt, das hängt nicht von einem einzelnen schnöden Münzwurf ("fifty-fifty") ab, sondern entscheidet sich im Verlauf des Angriffs an Abertausenden Handlungen und Einzelentscheidungen, die vorab gar nicht bekannt sein können. Letztlich dampft das Ganze darauf zusammen, dass man induktiv schließen soll und auch muss. Aber das ist eben nicht die ganze Story. Der andere nicht unerhebliche Teil besteht aus Unsicherheit, die sich im Einzelfall auf die ganze Größe entfaltet. Wie gesagt. Ganze Versicherungen bauen darauf auf. Wenn der Einzellfall sicher wäre, dann wäre er nicht mehr versicherungsfähig.
Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von naddy »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. ,,,
Wieso das? Beispielsweise wird die Variable "Fahrer" (besser: Fahrerverhalten) durch Kenntnis möglicher Unfallursachen verändert. Wenigstens in einigen Fällen. ;)

Und das hat doch dann selbstverständlich Auswirkungen auf die "Unfallwahrscheinlichkeit", oder bist Du anderer Meinung?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von schokoschendrezki »

naddy hat geschrieben:(08 Nov 2020, 15:32)

Wieso das? Beispielsweise wird die Variable "Fahrer" (besser: Fahrerverhalten) durch Kenntnis möglicher Unfallursachen verändert. Wenigstens in einigen Fällen. ;)

Und das hat doch dann selbstverständlich Auswirkungen auf die "Unfallwahrscheinlichkeit", oder bist Du anderer Meinung?
Bin ich nicht. "Kenntnis möglicher Unfallursachen" gehört nur eben einfach zu den Gegebenheiten. So wie "aktuell Glatteis".

Allerdings: Diese Diskussion "Bayesianer versus Frequentisten" .... das ist nicht eigentlich die Frage des Threaderstellers. Hier gehts glaub ich doch eher um die (Unlogik der) Psychologie der Risikobewertung und nicht so sehr um die Art und Weise der Herleitung von Wahrscheinlichkeitsmodellen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
Radikaler Reduktionismus führt, wie man am Vertreter hier immer wieder erleben kann, zu noch krasserer Verzerrung der Naturanachauung! Die Natur funktioniert hoch statistisch. Als Beispiel: evolutionär ausgebildete Gestalten oder Anpassungen berücksichtigen auch nicht den exotischen Einzelfall. Es ist kein Lebewesen an Meteoritenschläge angepasst, schon im Falle Blitz und Hagel dürfte es gegen Null gehen.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Corella hat geschrieben:(09 Nov 2020, 09:16)

Radikaler Reduktionismus führt, wie man am Vertreter hier immer wieder erleben kann, zu noch krasserer Verzerrung der Naturanachauung! Die Natur funktioniert hoch statistisch. Als Beispiel: evolutionär ausgebildete Gestalten oder Anpassungen berücksichtigen auch nicht den exotischen Einzelfall. Es ist kein Lebewesen an Meteoritenschläge angepasst, schon im Falle Blitz und Hagel dürfte es gegen Null gehen.
Das würde ich so nicht unterschreiben.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2020, 15:42)

Dazu nochmal. Weil es mich wirklich interessiert. Von einer Wahrscheinlichkeit auf den Einzelfall zu schließen, ist selbstverständlich unzulässig. Aber dennoch existieren objektiv gegebene Wahrscheinlichkeiten. Zum Beispiel die eines Autounfalls unter den und den gegebenen Umständen. Das Gesamtsystem aus Straße, Fahrer, Auto, äußeren Umständen usw. hat eine sehr komplexe Struktur aber letztendlich doch eine jeweils genau bezifferbare Unfallwahrscheinlichkeit. DIe man nur erstens ökonomischer und einfacher aus empirischen Daten statistisch annähert und die sich zweitens nicht durch ein Vorwissen ändert. Der Einfluss eines solchen Vorwissens müsste eben "nur" durch die Hinzufügung von Rückkopplungsmechanismen in die Modellbildung einfließen.
Worüber reden wir? Vielleicht noch einmal zur Verdeutlichung.
Es gibt zwei Sphären. Einmal sind es die "Daten". Das ist - Vergangenheit. Da kann man vielleicht von "Objektivität" oder besser Intersubjektivität sprechen. So können wir uns über einen Verkehrsunfall verständigen, der bereits geschehen ist und den als "Tatsache", als tatsächlichen Fall zusammen "wahrnehmen". Ebenso können wir dann mehrere geschehene Unfälle wahrnehmen, können deren Zahl feststellen, in einem Zeitraum etc. 1000 Unfälle in einem Jahr bspw. Obwohl die alle höchst unterschiedlich als Einzelfall zustande gekommen sind, homogenisieren wir sie zu der recht groben Fallklasse "Verkehrsunfall". Also nehmen wir zum Beispiel einen konkreten Straßenabschnitt. Wir zählen, wieviele Autos mit und ohne Unfall in einem Jahr durchfahren. Und so kommen wir zur bereits erwähnten "frequentistischen Wahrscheinlichkeit". Frequenz, also Häufigkeit. Zwei Datenhaufen der Vergangenheit nebeneinander aufgehäuft. Und dann nehmen wir den kleinen Haufen der Unfallzahl und setzen ihn ins Verhältnis mit der Gesamtzahl der Durchfahrten. Und haben dann eine vermeintliche "Unfallwahrscheinlichkeit" bei der Durchfahrt des untersuchten Streckenabschitts. Was wir "objektiv" haben, ist aber streng genommen nur eine Aussage über die Vergangenheit. Für eine "Wahrscheinlichkeit" müsste man darüberhinaus eine gleichbleibende Welt unterstellen, zumindest für den untersuchten Abschnitt.

Andererseits geht es bei "Risiken"(und das ist ja das Thema hier) nicht um die Vergangenheit, sondern um dem Umgang mit dem zukünftigen Geschehen. Das ist aber niemandem bekannt. Es bleibt immer Unsicherheit. Wenn man einfach induktiv schließen würde: Weil es in der Vergangenheit so war, wird es im zukünftigen Zeitabschnitt auch so bleiben, dann ist das eben ein fallibler Schluss(=Spekulation). Und keine objektive Tatsache.

Und wie gesagt, das ist ja auch nur die grobe Sicht des Aggregats. Wenn wir zwei unsere Körpergröße messen und dann durch zwei teilen, haben wir unsere Durchschnittskörpergröße, aber sofern wir nicht gleich groß sind, ist niemand tatsächlich so groß wie dieser Durchschnitt. Der Durchschnitt schneidet dem Größeren von uns den Kopf ab und stückelt ihn an den fiktiven Durchschnittsmenschen. Der Durchschnitt ist ein Artefakt, eine künstliche Größe. Der Durchschnittsanzug wird uns nicht passen. Und das ist die Wirklichkeit, mit der wir tatsächlich umgehen müssen. Der eine muss sich zwängen, der andere die Hosenbeine nach oben krempeln. Oder .. man differenziert feiner. Löst größere, gröbere Fallklassen in immer kleinere Klassen (Konfektionsgrößen) auf. Am Ende steht immer der Einzelfall als Wirklichkeit (der Maßanzug gemessen an der wirklichen Körpergröße). Oder das brennende Haus, das ein Brandstifter in Brand gesetzt hat und kein Würfelwurf aus vergangenen Daten.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

BlueMonday hat geschrieben:(10 Nov 2020, 15:22)


Andererseits geht es bei "Risiken"(und das ist ja das Thema hier) nicht um die Vergangenheit, sondern um dem Umgang mit dem zukünftigen Geschehen[/i]. Das ist aber niemandem bekannt. Es bleibt immer Unsicherheit. Wenn man einfach induktiv schließen würde: Weil es in der Vergangenheit so war, wird es im zukünftigen Zeitabschnitt auch so bleiben, dann ist das eben ein fallibler Schluss(=Spekulation). Und keine objektive Tatsache.


Nun ist es aber so, dass bei allen Ansätzen im Bereich Risikomanagement eben genau die Häufigkeit eines Ereignisses in der Vergangenheit als Basis für dessen Wiedereintritt genommen wird.

Denn etwas anders steht ja nicht zur Verfügung.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von BlueMonday »

Realist2014 hat geschrieben:(10 Nov 2020, 16:43)

Nun ist es aber so, dass bei allen Ansätzen im Bereich Risikomanagement eben genau die Häufigkeit eines Ereignisses in der Vergangenheit als Basis für dessen Wiedereintritt genommen wird.

Denn etwas anders steht ja nicht zur Verfügung.

Sicherlich. Aber es bleibt eben immer eine Unsicherheitskomponente.

Die Ausgangsfrage ist ja hier, wieso Risiken unterschiedlich bewertet werden.
Das zeigt sich schon am Versicherungswesen. Unternehmerischer Erfolg basiert auf der zutreffenden Vorhersage eines zukünftigen Marktzustands. Also Bewirtschaftung von Unsicherheit, ohne zu wissen, ohne wissen zu können, richtig zu liegen. So auch und gerade bei einer Versicherung.
Das Unternehmen platziert dazu Wetten am Markt. Und was heißt platzieren. Man braucht jemanden, der einem die Wette abkauft, der also gegenläufig wettet.
Im Falle der Versicherung ist das der Versicherungsnehmer. Und der wettet gegen die Versicherung, dass der Versicherungsfall früher oder häufiger eintritt, so dass er unterm Strich weniger Prämie zahlt als ihm von der Versicherung ausgezahlt wird.
Selbst wenn der Versicherungsnehmer die gleichen Daten, die gleichen Statistiken zur Verfügung hätte wie die Versicherung, würde er dennoch die ermittelten Häufigkeiten anders bewerten, sprich gegenläufig wetten. Nur so kommt der Versicherungsvertrag überhaupt zustande.

Der Threadersteller hat sich nun auf das Risiko von Terrorakten im Vergleich zu anderen Gefahren bezogen. Argumentiert da auch mit Häufigkeiten.
Damit verkennt er allerdings das Wesen des Terrorismus. Hier geht es nicht vordergründig um eine große Häufung von Fällen, sondern der gemeine Terrorist ist ja gerade an einer hochasymmetrischen Auseinandersetzung interessiert.
Mit geringsten Mitteln großen Kosteneffekt auf der anderen Seiten hervorzurufen. Der unmittelbare Terrorakt ist da nur der kleinere Teil. Das Wesentliche des Terrors ist die im Nachgang der Tat erzeugte großflächige Unsicherheit. Eben nicht zu wissen, wann der nächste Terrorangriff erfolgt, wo er erfolgt, wie und in welchem Ausmaß er erfolgt, von wem er ausgeführt wird. Eine Unsicherheit, die nur mit hohen Kosten wieder zu verringern ist.
Gerade die Häufung wird eher vermieden, also das Erzeugen von Mustern und damit Vorhersehbarkeiten. Hohe Heterogenität der Fälle und Unsicherheit ist die Folge. Das Letzte, was da also weiterhilft, sind "Wahrscheinlichkeiten", die man aus Häufigkeiten ex post unterstellt.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

BlueMonday hat geschrieben:(11 Nov 2020, 05:45)

Sicherlich. Aber es bleibt eben immer eine Unsicherheitskomponente.

Die Ausgangsfrage ist ja hier, wieso Risiken unterschiedlich bewertet werden.
Das zeigt sich schon am Versicherungswesen. Unternehmerischer Erfolg basiert auf der zutreffenden Vorhersage eines zukünftigen Marktzustands. Also Bewirtschaftung von Unsicherheit, ohne zu wissen, ohne wissen zu können, richtig zu liegen. So auch und gerade bei einer Versicherung.
Das Unternehmen platziert dazu Wetten am Markt. Und was heißt platzieren. Man braucht jemanden, der einem die Wette abkauft, der also gegenläufig wettet.
Im Falle der Versicherung ist das der Versicherungsnehmer. Und der wettet gegen die Versicherung, dass der Versicherungsfall früher oder häufiger eintritt, so dass er unterm Strich weniger Prämie zahlt als ihm von der Versicherung ausgezahlt wird.
Selbst wenn der Versicherungsnehmer die gleichen Daten, die gleichen Statistiken zur Verfügung hätte wie die Versicherung, würde er dennoch die ermittelten Häufigkeiten anders bewerten, sprich gegenläufig wetten. Nur so kommt der Versicherungsvertrag überhaupt zustande.
Das hast du korrekt beschrieben. Ich verweise auf die Definition des Wortes Risiko:

"Effekt der Unsicherheit der Zielerreichung" ( aus den ISO Normen im Bereich Managementsysteme - 9001, 27001, 22301 usw.)

Auch unser staatliches Rentensystem ist eine "Wette"- was viel ja nicht begreifen.
Der Threadersteller hat sich nun auf das Risiko von Terrorakten im Vergleich zu anderen Gefahren bezogen. Argumentiert da auch mit Häufigkeiten.
Damit verkennt er allerdings das Wesen des Terrorismus. Hier geht es nicht vordergründig um eine große Häufung von Fällen, sondern der gemeine Terrorist ist ja gerade an einer hochasymmetrischen Auseinandersetzung interessiert.
Mit geringsten Mitteln großen Kosteneffekt auf der anderen Seiten hervorzurufen. Der unmittelbare Terrorakt ist da nur der kleinere Teil. Das Wesentliche des Terrors ist die im Nachgang der Tat erzeugte großflächige Unsicherheit. Eben nicht zu wissen, wann der nächste Terrorangriff erfolgt, wo er erfolgt, wie und in welchem Ausmaß er erfolgt, von wem er ausgeführt wird. Eine Unsicherheit, die nur mit hohen Kosten wieder zu verringern ist.
Gerade die Häufung wird eher vermieden, also das Erzeugen von Mustern und damit Vorhersehbarkeiten. Hohe Heterogenität der Fälle und Unsicherheit ist die Folge. Das Letzte, was da also weiterhilft, sind "Wahrscheinlichkeiten", die man aus Häufigkeiten ex post unterstellt.
Hier geht es ja auch um etwas anderes. Das Ziel ist ja - wie oben beschrieben - die Beeinflussung der Handlungsweise durch die Terrorakte der Zielgruppen ( Ungläubige bei islamistischem Hintergeund) , um denen das Leben zu vergällen..
Also eine durch diese Akte erzeugte Neubewertung
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Zunder
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Zunder »

Ein Versicherter, der beim Abschluß einer Lebensversicherung gegen die Versicherung wettet, erzielt den höchsten Gewinn, wenn er möglichst bald ins Gras beißt. Der Sinn des Wettens besteht ja bekanntlich in dem Bestreben, vom Gewinn nichts abzubekommen.

Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

Die Geschichte des Wettens muß auf jeden Fall neu geschrieben werden.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Zunder hat geschrieben:(11 Nov 2020, 23:53)

Ein Versicherter, der beim Abschluß einer Lebensversicherung gegen die Versicherung wettet, erzielt den höchsten Gewinn, wenn er möglichst bald ins Gras beißt. Der Sinn des Wettens besteht ja bekanntlich in dem Bestreben, vom Gewinn nichts abzubekommen.

Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

Die Geschichte des Wettens muß auf jeden Fall neu geschrieben werden.
Wer eine Kapitallebensversicherung abschließt "wettet" natürlich auf ein langes Leben.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Zunder hat geschrieben:(11 Nov 2020, 23:53)


Vielleicht besteht der Sinn des Wettens aber auch darin, daß der Wettanbieter, z.B. die Rentenkasse, permanent pekuniär überfordert ist.

D n.
Logischerweise profitieren in Bezug auf das staatliche Rentensystem diejenigen die lange leben , vom frühen Versterben der anderen.

Das ist Systemimmanent und alternativlos.

Bei privaten Renten ist das anders- dort kann die Option "vererben" gewählt werden.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Risikobewertung wird offensichtlich von vielen Faktoren beeinflusst.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Mega-Trend in den westlichen Industriegesellschaften, Risiken möglichst zu beseitigen. Nie zuvor lebten die Menschen in Europa so lange in Frieden - und das auf einem Wohlstandniveau, dass es so zuvor auch noch nie in der Geschichte gegeben hat. Wenn die "Pflicht" erledigt ist, hat man die Muße, sich um die "Kür" zu kümmern.

In (West-)Deutschland gab es z.B. bis in 70ern noch jährlich 30.000 Tote im Straßenverkehr, aktuell sind es knapp 3.000. Dazu wurde vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat die "Vison Zero" entwickelt mit dem Ziel, in absehbarer Zeit überhaupt überhaupt keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr beklagen zu müssen... Wenn autonomes Fahren möglich sein wird (sobald denn die damit zusammenhängenden ethisch-moralischen Fragen überhaupt zu klären sind), wird kein Mensch mehr ans Steuer dürfen...

Eigenverantwortung wird abgebaut, Reglementierung nimmt zu ... kommt aber offensichtlich darauf an, worum es geht: 120.000 Tote pro Jahr durch die Folgen von Tabak-Konsum sind ok, wenige Zehntausend Tote durch Covid-19 sind es nicht. Das habe ich - ehrlich gesagt - auch noch nicht verstanden.

Dann hängt es natürlich auch von der Gesellschaft ab: 250.000 Covid-19-Tote in den USA haben 70 Mio. Wähler nicht abgehalten Trump erneut zu wählen. Andererseits sind die auch bereit, 30.000 Tote pro Jahr durch Schusswaffen in Kauf zu nehmen für ihre krude Vorstellung von "Freiheit". Da gibt es also auch ein ganz anderes Risikoempfinden als bei uns. Hängt halt vom Thema ab. Dass es im Hinblick auf den Klimawandel tatsächlich nicht so rosig bestellt ist um unsere Spezies (oder zumindest deren ärmsten und schwächsten Vertreter) juckt die "Trumpisten" dann immerhin konsequenter Weise auch nicht.

Wer wiederum den Krieg in Syrien hautnah erlebt hat, dürfte sich aktuell "sogar" in Deutschland ziemlich sicher fühlen.

Ist eben alles relativ ... Auch das "Risiko".
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H2O
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von H2O »

Ja, ein wirklich kluger Beitrag! Den müßte man nun vernünftig gliedern und Punkt für Punkt ab arbeiten. Versuchen wir das einmal!
Meruem
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Meruem »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(30 Nov 2020, 21:07)

Risikobewertung wird offensichtlich von vielen Faktoren beeinflusst.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Mega-Trend in den westlichen Industriegesellschaften, Risiken möglichst zu beseitigen. Nie zuvor lebten die Menschen in Europa so lange in Frieden - und das auf einem Wohlstandniveau, dass es so zuvor auch noch nie in der Geschichte gegeben hat. Wenn die "Pflicht" erledigt ist, hat man die Muße, sich um die "Kür" zu kümmern.

In (West-)Deutschland gab es z.B. bis in 70ern noch jährlich 30.000 Tote im Straßenverkehr, aktuell sind es knapp 3.000. Dazu wurde vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat die "Vison Zero" entwickelt mit dem Ziel, in absehbarer Zeit überhaupt überhaupt keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr beklagen zu müssen... Wenn autonomes Fahren möglich sein wird (sobald denn die damit zusammenhängenden ethisch-moralischen Fragen überhaupt zu klären sind), wird kein Mensch mehr ans Steuer dürfen...

Eigenverantwortung wird abgebaut, Reglementierung nimmt zu ... kommt aber offensichtlich darauf an, worum es geht: 120.000 Tote pro Jahr durch die Folgen von Tabak-Konsum sind ok, wenige Zehntausend Tote durch Covid-19 sind es nicht. Das habe ich - ehrlich gesagt - auch noch nicht verstanden.

Dann hängt es natürlich auch von der Gesellschaft ab: 250.000 Covid-19-Tote in den USA haben 70 Mio. Wähler nicht abgehalten Trump erneut zu wählen. Andererseits sind die auch bereit, 30.000 Tote pro Jahr durch Schusswaffen in Kauf zu nehmen für ihre krude Vorstellung von "Freiheit". Da gibt es also auch ein ganz anderes Risikoempfinden als bei uns. Hängt halt vom Thema ab. Dass es im Hinblick auf den Klimawandel tatsächlich nicht so rosig bestellt ist um unsere Spezies (oder zumindest deren ärmsten und schwächsten Vertreter) juckt die "Trumpisten" dann immerhin konsequenter Weise auch nicht.

Wer wiederum den Krieg in Syrien hautnah erlebt hat, dürfte sich aktuell "sogar" in Deutschland ziemlich sicher fühlen.

Ist eben alles relativ ... Auch das "Risiko".
Naja du vergisst beim dem Vergleich Tabak hat eben ökonomische Lobbyinteressen im Hintergrund das Coronavirus nicht; dass gleiche könnte man übrigens über den Alkohol sagen ich meine zig tausende Menschen werden auch pro Jahr indirekt ( durch Alkohol verursachte Aggression und Gewalt , Unfälle durch alkoholisierte Fahrer usw ) oder direkt ( Komabesäufnise, durch zahlreiche alkoholbedingte Krankheiten) Opfer dieses Suchtmittel ( was im Form von Bier sogar als sogenanntes "KULTURGUT" gefeiert wird , weil nüchtern die Realität scheinbar für viele nicht mehr zu ertragen ist) dass wird auch alles billigend in Kauf genommen und warum? Ja weil da auch von Staat und der Alkohol Lobby nackte ökonomische Interessen mit rein spielen. Risiko ist in der Tat relativ.
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Astrocreep2000 »

Ich bin jedenfalls gespannt, wie "konsequent" es demnächst weitergeht - denn wenn der Umgang mit der Covid-19-Pandemie einen nachhaltigen Bewusstseinswandel markiert ...

... dann müsste demnächst ein Tabak- und Alkoholverbot folgen (Zucker gehörte im Hinblick auf Herz- und Gefäßkrankheiten auch auf die rote Liste), denn die dadurch verursachten Todesfälle gehen in die Hundertausende. Und die Masken werden wir auch nicht mehr los ... Die "normalen" jährlichen Grippetoten gehen ja auch schnell in die Tausende - und warum sollten die weniger vermeidenswürdig sein als Covid-19?
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(30 Nov 2020, 21:07)

Risikobewertung wird offensichtlich von vielen Faktoren beeinflusst.

Aus meiner Sicht ist es auf jeden Fall ein Mega-Trend in den westlichen Industriegesellschaften, Risiken möglichst zu beseitigen. ".
Nein

Beseitigung bedeutet Eliminierung der Grundursache/Grundbedrohung.

Das bedeute dann eben nicht zu fliegen ode rnicht mit dem Auto zu fahren.


Der "Trend" ist die Risiken zu reduzieren.

Sowohl die Häufigkeit/Eintrittswahrscheinlichkeit als auch die Auswirkungen.
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(01 Dec 2020, 16:58)

Ich bin jedenfalls gespannt, wie "konsequent" es demnächst weitergeht - denn wenn der Umgang mit der Covid-19-Pandemie einen nachhaltigen Bewusstseinswandel markiert ...

... dann müsste demnächst ein Tabak- und Alkoholverbot folgen (Zucker gehörte im Hinblick auf Herz- und Gefäßkrankheiten auch auf die rote Liste), denn die dadurch verursachten Todesfälle gehen in die Hundertausende. Und die Masken werden wir auch nicht mehr los ... Die "normalen" jährlichen Grippetoten gehen ja auch schnell in die Tausende - und warum sollten die weniger vermeidenswürdig sein als Covid-19?
Die Folgen eines "Alkohohlverbotes" sind Teile des Geschichtsunterrichts in den USA....
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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Re: Wieso werden Risiken so unterschiedlich bewertet?

Beitrag von Realist2014 »

Meruem hat geschrieben:(30 Nov 2020, 21:47)

Naja du vergisst beim dem Vergleich Tabak hat eben ökonomische Lobbyinteressen im Hintergrund das Coronavirus nicht; dass gleiche könnte man übrigens über den Alkohol sagen ich meine zig tausende Menschen werden auch pro Jahr indirekt ( durch Alkohol verursachte Aggression und Gewalt , Unfälle durch alkoholisierte Fahrer usw ) oder direkt ( Komabesäufnise, durch zahlreiche alkoholbedingte Krankheiten) Opfer dieses Suchtmittel ( was im Form von Bier sogar als sogenanntes "KULTURGUT" gefeiert wird , weil nüchtern die Realität scheinbar für viele nicht mehr zu ertragen ist) dass wird auch alles billigend in Kauf genommen und warum? Ja weil da auch von Staat und der Alkohol Lobby nackte ökonomische Interessen mit rein spielen. Risiko ist in der Tat relativ.
Nein, sondern Empirik....

USA vor 100 Jahren....
Laut Aussage der linken Ideologen sind alle ökonomisch erfolgreichen dumm, und die wahre Intelligenz tritt sich in der untersten ökonomischen Etage auf die Füße.....daher muss diese Etage ausgebaut werden
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