@ adal :
Ok. Da du ja nicht antworten möchtest, führe ich eben einen virtuellen Disput mit Fr. Stern - um die Aussage Sarrazins zu bestätigen, auch ein Laie kann wissenschaftliche Aussagen / Statistiken mittels Verstandesbenutzung kritisieren. Schau mer mal, ob er Recht hat !
Frau Stern schreibt in der " Zeit " :
Aber zunächst zu den einfachsten Grundlagen: Prozentangaben müssen stets eine Bezugsgröße haben (»Prozent von was?«). Wenn ein Mensch in einem Intelligenztest 100 Punkte erreicht, würde eine Erblichkeit von 50 Prozent dann heißen, dass er die Hälfte dieser Punkte seinen Genen und die andere Hälfte seiner Umwelt zu verdanken hat? Dieses Missverständnis entsteht, wenn Intelligenz fälschlicherweise als eine absolute Größe aufgefasst wird.
Die absolute Intelligenz eines Menschen lässt sich aber gar nicht messen. Für eine seriöse Erblichkeitsschätzung kann man nur die relativen Unterschiede innerhalb einer Gruppe vergleichen. Der statistische Fachausdruck hierfür ist »Varianz«, und in diese Größe geht – vereinfacht gesprochen – die Abweichung jeder einzelnen Person vom Durchschnittswert ein. Nichts anderes gibt der Intelligenzquotient (IQ) an. Man muss deshalb nicht von der Vererbung von Intelligenz, sondern von der Erblichkeit von Intelligenzunterschieden sprechen.
Die gesamte Kritik Sarrazins richtet sich im Kern an der unterschiedlichen Varianz aus. Die Gruppe, die er konkretisiert, ist eine Teilgruppe einer größeren, die offensichtlich nicht den Mittelwert der gesamten Gruppe, sondern ein Komprimat der abweichenden Varianz, hinsichtlich fehlender Begabung für naturwissenschaftlich - technisches Verständnis repräsentiert. Genau daran richtet sich die Kritik Sarrazins aus, denn alle anderen Intelligenzbereiche ( räumliche, sprachliche, emotionale etc. Intelligenz ) sind für seine Kritik und die Debatte hier sekundär. Bereits dieser pragmatische Ansatz schließt eine eugenische Bewertung des grundsätzlichen Wertes eines Menschen aus - hier hat sich ein nüchterner Ökonom die Arbeit gemacht, die ( möglichen ) Folgen dieser Varianz in ihren ökonomisch - gesellschaftlichen Folgen zu beleuchten, eingebunden in den Kontext demografischer Probleme des Landes und wirtschaftlicher Notwendigkeiten. ...
Wenn alle Menschen völlig identische Gene hätten, dann könnten diese auch keine Unterschiede in der Intelligenz erklären. Tatsächlich trifft das aber nur für eineiige Zwillinge zu: Unterscheiden sie sich in einem Merkmal, lässt sich das nicht auf ihre Gene zurückführen. So findet man bei gemeinsam aufgewachsenen eineiigen Zwillingen auch eine sehr hohe Übereinstimmung im IQ. Einen Rückschluss auf den Einfluss der Gene lässt das aber noch nicht zu, weil Zwillinge von der Befruchtung bis ins Erwachsenenleben hinein einer Vielzahl von Einflüssen gemeinsam ausgesetzt sind. Elternhaus, Ernährung, Freundeskreis, Kita oder Schule – das alles fassen Forscher als »Umwelt« zusammen.
Diesen Einfluss negiert Sarrazin nicht, kritikwürdig wäre nur sein Zahlenspiel von 50 -80 % erblicher Einfluss, der natürlich nicht der eindeutigen Falsifizierbarkeit unterliegt, andererseits empirische Beispiele und Gegenbeispiele auch keine verallgemeinernden Rückschlüsse zulassen.
Dasselbe gilt auch für zweieiige Zwillingspaare, insbesondere für gleichgeschlechtliche. Ihr genetischer Code ist nicht identisch, sondern weist eine mit »normalen« Geschwistern vergleichbare Übereinstimmung auf. Hätten Gene keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen von Intelligenzunterschieden, sollten sich zweieiige Zwillingspaare genauso stark ähneln wie eineiige. Das ist aber ganz eindeutig nicht der Fall, wie alle Studien zeigen. Zudem ist die Übereinstimmung im IQ bei zweieiigen Zwillingspaaren kaum höher als bei »normalen« Geschwisterpaaren, obwohl diese aufgrund ihrer Altersdifferenz deutlich unterschiedlicher aufwachsen.
Dies bestätigt die prinzipielle Annahme Sarrazins, Intelligenz unterliegt einer erblichen Weitergabe, strittig also die prozentuale Höhe in einer vertretbaren Variablen.
Angesichts dieser Befundlage müssen wir uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, alle Menschen ließen sich zu geistigen Überfliegern und damit gleich machen. Statistische Analysen, in denen – grob gesagt – die Übereinstimmung bei eineiigen Zwillingspaaren mit jener bei zweieiigen in Beziehung gesetzt wird, lassen derzeit den Schluss zu: In entwickelten Ländern mit allgemeiner Schulpflicht sind mindestens 50 Prozent der Intelligenzunterschiede auf Variationen in den Genen zurückzuführen.
Das bestätigt Sarrazin eindrucksvoll im Prinzip, vernachlässigt man die die Erweiterung auf " 80 % ", die man ihm nicht vorwerfen kann, denn er spricht stets von " bis zu 80 % ", bezieht sich dabei auf andere wissenschaftliche Quellen, die umstritten oder wissenschaftlich als unseriös gelten könnten - als Meinung wäre dies aber zulässig. Sarrazin behauptet 80% nicht als Mittelwert.
Bei allem Streit um die genaue Definition von Intelligenz – sie wird als das Potenzial einer Person verstanden, sich die mündliche und schriftliche Sprache sowie den Umgang mit mathematischen und anderen Symbolsystemen der jeweiligen Kultur anzueignen und dies alles für schlussfolgerndes Denken zu nutzen. Die genetischen Voraussetzungen, die alle Menschen – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – dafür mitbringen, können sich aber nur bei entsprechender familiärer und schulischer Förderung entfalten. So wie eine Pflanze nur an einem guten Standort und bei ausreichender Bewässerung und Düngung jene Größe erreicht, die ihre Gene vorsehen.
Ok. Das negiert Sarrazin ebenfalls nicht.
Was heißt hier erblich?
Hier kommen wir zu einem scheinbar paradoxen Schluss, der das »mindestens« erklärt: Dass nicht sogar 100 Prozent der Intelligenzunterschiede auf genetische Variation zurückzuführen sind, liegt im Wesentlichen an der ungleichen Verteilung von Bildungschancen in allen Ländern der Welt – wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße. In einer Gesellschaft, in der alle Kinder von Anfang an die für ihre geistige Entwicklung optimale familiäre und schulische Unterstützung vorfänden, könnte jedes die in seinen Genen vorgesehene Intelligenz erreichen. Die Anzahl richtiger Antworten im IQ-Test würde bei allen ansteigen, die Unterschiede aber würden bestehen bleiben oder sogar noch zunehmen, weil einige Gene erst unter optimalen Bedingungen wirksam würden.
Sehr schön - auch das bestätigt Sarrazin in seinen Thesen - der dem " hervorkitzeln " dieser
nicht erblich bedingten Potentiale über Bildung, ca. 80 Seiten seines Buches widmet !
Weil wir aber von einer solchen Bildungsgerechtigkeit weit entfernt sind, gilt: Erreicht ein deutschstämmiger rundum geförderter Akademikersohn, »nur« einen durchschnittlichen IQ, ist davon auszugehen, dass seine Gene einfach nicht mehr hergeben. Wird hingegen bei einer türkischstämmigen Tochter aus bildungsfernem Hause derselbe Wert gemessen, ist anzunehmen, dass sie ihr genetisches Potenzial nicht optimal in Intelligenz umsetzen konnte. Unter besseren Bedingungen hätte sie wohl einen höheren IQ erzielt. Bei den Kindern mit Migrationshintergrund ist also mehr verborgenes Intelligenzpotenzial zu finden als bei den deutschstämmigen Kindern.
Das steht in keinster Weise im Widerspruch zu Sarrazin. Das unlautere in dieser " wissenschaftlichen " Argumentation ist aber das Verlassen wissenschaftlicher Prinzipien dadurch, in dem die " Annahme " für die türkische Tochter bei schlechteren Ergebnissen, durch Sie von vornherein oder tendenziell ..
auf die schlechteren Umstände projeziert wird - und nicht korreliert mit a ) ihren eigenen, eingänglichen Aussagen über die durchaus vorhandene Varianz in der individuellen, genetischen Weitergabe - und b) was hier noch
viel wichtiger ist ( ! ) , diese Aussage ist nicht in den voraussetzenden Kontext der Kritik von Sarrazin eingebunden, der ja ein mehrheitliches Vorhandensein einer solchen, negativen Varianz hinsichtlich der Qualität der erblichen Weitergabe einer diesbezüglichen Disposition ( naturwissenschaftliche Begabung )
NUR aus der
organisatorischen Konstitution der Teilgruppe folgert - schlicht gesagt : Viele Individuen ( 1. Einwanderergeneration ), mit jeweils ( mehrheitlich ) der entsprechenden individuellen Varianz ( wie in Ihrem Beispiel diese türkische Tochter ), bilden in Folge eine eigne Teilgruppe, die diese Varianz als neue Gesamtgruppe dann repräsentiert - zumindest mehrheitlich - und damit nicht mehr den statistischen Mittelwert zu einer größeren Gruppe wiederspiegelt, in der diese spezielle Varianz eine viel kleinere Bedeutung hätte.
Nun schreiben sie weiter oben allerdings selber :
"
... Angesichts dieser Befundlage müssen wir uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, alle Menschen ließen sich zu geistigen Überfliegern und damit gleich machen. Statistische Analysen, in denen – grob gesagt – die Übereinstimmung bei eineiigen Zwillingspaaren mit jener bei zweieiigen in Beziehung gesetzt wird, lassen derzeit den Schluss zu: In entwickelten Ländern mit allgemeiner Schulpflicht sind mindestens 50 Prozent der Intelligenzunterschiede auf Variationen in den Genen zurückzuführen ... "
Ganz einfache Logik, Fr. Stern, um meine und ihre Aussage in Korrelation zu bringen genügt bereits, um ihre der politischen Korrektheit geopferte wissenschaftlich - nüchterne Unbestechlichkeit zu entlarven ! Das erachte ich als beschämend für Sie ! Oder meinen Sie, ich
als absoluter Laie auf dem Gebiet der Genetik erkenne simple Kontexte besser als Sie ? ( Meine Begabung liegt im Erkennen von " Inkonsistenz ". ) Dann wären Sie schlicht unfähig und inkompetent, was verzeihlicher wäre !
Leider werden Sie vermutlich diesen Beitrag hier niemals lesen - und leider wird die " Zeit " eine solche Antwort eines Laien vermutlich auch niemals abdrucken. Alles Gute für Sie, Fr. Stern, wünscht ihnen ein Schelm, der nix Böses dabei denkt ...

Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.