Die Überwachung der Stopp-Seiten ist hoch bedenklich: Jemand, der wirklich gezielt nach Kinderpornographie sucht, der wird natürlich die Filterung umgehen und Vorkehrungen treffen, dass von seinem Rechner aus keine Verbindungen zu den Überwachungs-Servern aufgebaut werden.
Eine solche Überwachung wird man also kaum zu Ermittlungserfolgen gegen solche Leute führen, sondern die Ermittlungen werden bevorzugt Menschen treffen, die entsprechende Links untergejubelt bekommen**, weil sie jemand reinreiten will, oder die Websites besuchen, die aus zweifelhaften Gründen in der Sperr-Liste landen.
Peddargh hat geschrieben:Beratungsresistent?
Ich weiß nicht...
Mich würde interessieren wer da beraten hat.
Schäuble hat ihr beim Formulieren geholfen, kein Witz…
Es ist für die Regierung wesentlich geschickter, Frau von der Leyen mit soetwas vorzuschicken als z. B. einen Schäuble, der nach Vorratsdatenspeicherung, BKA-Gesetz, Online-Durchsuchung und seinen abfälligen Äußerungen über das Verfassungsgericht für viele schon ein rotes Tuch ist.
Einem Schäuble, der mit Internet-Filterung zum Kampf gegen Kinderpornographie ankommt, und dann den Bezug zur Kinderpornographie aus dem Entwurf streicht, hätte doch kaum jemand geglaubt, dass es ihm um Kinderpornographie geht. Bei Frau von der Leyen hat der Großteil der Presse eine ganze Weile gebraucht, die Pläne kritisch zu hinterfragen.
Claud hat geschrieben:Grundsätzlich habe ich kein so großes Problem mit der Sperrung von KiPo Seiten, da auch im Internet gegen diese abscheuliche Verbrechen vorgegangen werden muss.
Die Frage ist: Was ist der Nutzen und zu welchen Preis wird er erzielt? Von Kinderpornographie ist im Gesetzesentwurf mittlerweile keine Rede mehr. Eine sachliche Betrachtung kommt zu dem Ergebnis, dass der Nutzen* sehr fragwürdig bis gering ist, zu einem hohen Preis.
Wir erleben hier einen Paradigmen-Wechsel hin zu totalitärem Kontrollwahn.
Früher hieß es, es interessiert den Staat nicht, was die Bürger machen, und es gibt besonders geschützte Räume wie Privatwohnungen, Telekommunikation oder Briefverkehr, aber wenn ein Verdacht besteht, dann wird ermittelt.
Jetzt interessiert sich der Staat für alles und jeden. Statt besonders geschützter Räume heißt es nun, es dürfe keine »rechtsfreien Räume« geben, statt Ermittlungen bei Verdacht heißt es nun, alle werden überwacht, unabhängig von einem konkreten Verdacht.
Zusätzlich ist die Gesetzeslage so gestaltet, dass jeder Angst haben muss, unbegründet oder im Fall unliebsamen politischen Engagements zum Opfer umfangreicher Ermittlungen, die sein Leben beeinträchtigen (z. B. Hausdurchsuchungen, Beeinträchtigung des Rufs) zu werden.
Bei Kritikern der Internet-Filterung, die zur Untermauerung ihrer Kritik »geheime« Filterlisten anderer Länder mit zweifelhaften Einträgen angeführt haben, hat es bereits Durchsuchungen gegeben.
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* Die Argumentation von Frau von der Leyen ist, die, dass Internet-Benutzer, die zufällig auf Kinderpornographie stoßen dadurch pädophil werden, was sich durch solche Sperren angeblich verhindern ließe. Selbstverständlich gibt es keinen haltbaren Beleg für ihre Ansteckungs-These der Art »Ich habe einen nackten Mann gesehen, bin ich jetzt schwul?«.
** Ein Website-Betreiber könnte z. B. einen 1px-großen iframe einbinden, den niemand bemerkt, und der auf ein entsprechendes Angebot verweist. Besucher seiner Website würden so, automatisch auf Stopp-Seiten landen, und überwacht werden, ohne es zu merken (Zumindest solange, bis die Polizei vor der Tür steht).