Bogdan hat geschrieben: ↑Donnerstag 10. April 2025, 15:39
dann führe ich mal die bekannten Systeme auf:
- Parlamentarische Systeme (Dt. und weitere Staaten in der EU
- Präsidentielle Systeme (Beispiel USA und Russland)
- Semipräsidentielle Systeme (Beispiel Frankreich)
Ich ergänze Chinas "vertikale demokratische Meritokratie". Dieser Begriff - anders als der offiziellere 'Gesamtprozessvolksdemokratie' - wurde von Daniel Bell eingeführt und in
China first! Was liberale Demokratien von der größten Einparteiendiktatur lernen könnten kursorisch und idealiter erklärt:
Aus der Reformära ging ein maßgebliches politisches Ideal des heutigen China hervor, das von Regierungsbeamten, Reformern, Intellektuellen und der Bevölkerung im Großen und Ganzen weitgehend geteilt wird, und das man als »vertikale demokratische Meritokratie« bezeichnen könnte.
Es bedeutet im Wesentlichen ein Mehr an Demokratie auf den unteren Verwaltungsebenen, während das politische System mit jeder höheren Ebene meritokratischer wird. Genauer gesagt waren es drei Prinzipien, die in den vergangenen drei Jahrzehnten die politischen Reformen in China geleitet haben: Je niedriger die Verwaltungsebene, desto demokratischer kann das System sein; die mittlere Verwaltungsebene ist der Bereich, der sich am besten eignet, um mit neuen Verfahren und Institutionen zu experimentieren; und auf den höheren Verwaltungsebenen muss das System vorwiegend meritokratisch sein.
Oder kurz: Demokratie ganz unten, Experimente in der Mitte, Meritokratie an der Spitze.
In
Ist Demokratie abhängig von der Bevölkerungsgröße? schrieb ich darüber, wie die Bedeutungsverschiebung und Praxis der Demokratie von direkter zu repräsentativer Demokratie notwendig wurde durch die Größe der Nationalstaaten im Vergleich zu den Stadtstaaten der Antike. Etwas, was wir meiner Meinung auch bei der EU sehen. Je größer ein System - mit Nationalstaaten und Supranationalität - wird, desto weniger demokratisch geht es an der Spitze zu.
Bell schreibt über Vor- und Nachteile verschiedener demokratischer Systeme:
In einem Mehrparteiensystem gibt es keine Gewähr dafür, dass gute Leistung auf den unteren Verwaltungsebenen mit Beförderung auf höhere Ebenen belohnt wird. Da das Schlüsselpersonal mit den Wahlperioden wechselt, gibt es auch weniger Anreize, Beamte für Positionen auf höherer Ebene auszubilden… Führungspersonal, das darauf fokussiert ist, die nächste Wahl zu gewinnen, trifft eher Entscheidungen nach kurzfristigen politischen Erwägungen als die Amtskollegen in China. Demokratisch gewählte Führer sind auch anfälliger für den Lobbyismus mächtiger Interessengruppen. Die von der Regierungspolitik betroffenen Interessen von Nichtwählern, wie etwa die von zukünftigen Generationen, werden tendenziell eher geopfert, wenn sie mit den Interessen von Wählern und Spendengebern für den Wahlkampf in Konflikt geraten.
In so einem System kann es keinen Trump oder Baerbock geben, ebenso wenig einen Brexit. Dies kann positiv als auch negativ bewertet werden.
Trittin fasst die politischen Systeme des Westen übrigens bevorzugt unter dem Begriff des 'demokratischen Kapitalismus' zusammen. Ein Nachteil dieser Systeme ist, dass sie nie wahrlich eine demokratische Gesellschaft bilden können, weil das Wirtschaftssystem im Kapitalismus immer autoritär organisiert ist - anders als das politische Systeme.