Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Moderator: Moderatoren Forum 8

Skeptiker

Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

Ich bin im Cicero auf einen interessanten Artikel gestoßen, der mich stutzig gemacht hat.

Schon die Überschrift ließ mich verwundern: "KZ-Denkmal für Lesben"
https://www.cicero.de/kultur/kz-denkmal ... nderheiten

Zweifellos hat es Im Nationalsozialismus Verfolgung von Homosexuellen gegeben. Dabei hatte ich - als Laie auf dem Gebiet - aber immer den Eindruck, dass es die Nazis hauptsächlich auf die homosexuellen Männer abgesehen hatten. Inwiefern Homosexualität bei Frauen damals überhaupt verfolgt wurde, war mir nicht klar (im Artikel gibt es Informationen dazu).

Das führt dann auch schon zum eigentlichen Thema, nämlich, dass der Autor des Artikels die Position bezieht, dass Lesben im Nationalsozialismus keine besonders verfolgte Opfergruppe dargestellt haben - eigentlich im Gegenteil, den Männer gegenüber sogar im Vorteil waren und meist nicht bestraft wurden.

Es macht auf jeden Fall Sinn den Artikel zu lesen, denn da stehen mE sehr interessante Details zu dem Thema drin.

Wenn dem aber nun so ist, dann haben wir es bei den Aufstellen des Denkmals für Lesben im KZ Ravensbrück, doch um ein "mindestens" anrüchigen Vorgang zu tun. Gab es echte Verfolgung von Lesben aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, oder haben wir es hier um einen Fall von Anmaßung zu tun, der im zeitgeistlichen Kontexte einfach mal locker durchläuft - ohne großes Aufsehen?

Bitte eure Meinung.
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Es dürfte sich wohl sehr anbieten, das Gutachten des KZs durchzulesen, insofern es zugänglich ist und/oder sich wissenschaftliche Arbeiten anzuschauen. Ohne diese Grundlage dürfte es eine relativ brotlose Diskussion werden. Ein rumgestochere im Dunkeln.
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Ich weis nicht. Ich verstehe durchaus dein Anliegen Skeptiker, aber selbst wenn es sich nur um eine „kleine“ Gruppe von Verfolgten und ermordeten handelt, dann handelt es sich immer noch um Opfer des Holocaust. Das auch anderen, vielleicht sogar deutlich „größeren“ Opfergruppen bisher (?) nicht angemessen gedacht wurde kann kein Grund sein, der Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Sexualität nicht zu gedenken. Ansonsten stimme ich Elmar Brok zu, dass eine Beurteilung durch die Geschichtswissenschaft und die Durchsicht von KZ-Akten zielführender ist als diese Diskussion.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Mal ein Gegenpool zum obigen Artikel: https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/ ... 03344.html

Wenn es eine Verfolgung gegeben hat, sollte dieser gedacht werden.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:40)
Ich weis nicht. Ich verstehe durchaus dein Anliegen Skeptiker, aber selbst wenn es sich nur um eine „kleine“ Gruppe von Verfolgten und ermordeten handelt, dann handelt es sich immer noch um Opfer des Holocaust. Das auch anderen, vielleicht sogar deutlich „größeren“ Opfergruppen bisher (?) nicht angemessen gedacht wurde kann kein Grund sein, der Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Sexualität nicht zu gedenken. Ansonsten stimme ich Elmar Brok zu, dass eine Beurteilung durch die Geschichtswissenschaft und die Durchsicht von KZ-Akten zielführender ist als diese Diskussion.
Da liegst du falsch.

Aus dem Artikel geht relativ klar hervor, dass es eine systematische Verfolgung von Lesben in der Form wie z.B. gegen Schwule, nicht gegeben hat. Es steht also der Eindruck im Raum, dass hier eine Opferrolle reklamiert wird, die in der Form gar nicht bestand.

Es geht also nicht darum, dass es "nur eine kleine Opfergruppe" war, sondern darum, dass es eigentlich "keine" war, sondern Lesben nicht typischerweise aufgrund ihrer Eigenschaft als Lesben im KZ landeten, sondern aus ganz anderen Gründen.

Wenn das nicht klar genug ist, dann hier mal ein anderes Beispiel: Es gab sicherlich auch große, blonde, hellhäutige Männer, die im KZ zu Tode kamen. Sollte man nun ein Denkmal für große, blonde, hellhäutige Männer als KZ-Opfer aufstellen? Welcher Eindruck würde daraus entstehen?

Es ist eben dieser Eindruck der - wenn man dem Artikel glauben darf - äußerst anrüchig ist. Man muss sich ernsthaft fragen, ob sich da eine Gruppe von Menschen des Holocausts bedient um sich als Opfergruppe zu inszenieren. Das ist ein sehr harter Vorwurf!
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:50)

Aus dem Artikel geht relativ klar hervor, dass es eine systematische Verfolgung von Lesben in der Form wie z.B. gegen Schwule, nicht gegeben hat.
Da liegst du falsch.

Aus meinem verlinkten Artikel geht ganz klar hervor, dass es Verfolgung von Lesben gab, wenn auch auf subtilere Weise.

Und wer hat nun recht?
Genau das meinte Elmar Brok.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:48)

Mal ein Gegenpool zum obigen Artikel: https://m.tagesspiegel.de/gesellschaft/ ... 03344.html

Wenn es eine Verfolgung gegeben hat, sollte dieser gedacht werden.
Ich lese da schon weit vorne:
Nach wie vor tun sich die deutsche Geschichtswissenschaft wie auch die Gedenkstätten schwer mit queeren und feministischen Forschungsperspektiven: Sie werden nicht finanziert, nicht rezipiert, nicht übersetzt, vor allem aber nicht für relevant gehalten.
Also gibt es "queere und feministische Forschungsperspektiven", welche ein Problem mit den Geschichtswissenschaften haben. Das ist ja mal eine interessante Erkenntnis. Wie sehen sich "queere und feministische Forschungsperspektiven" eigentlich? Also "alternative" Wissenschaften? Mag es vielleicht einen Grund geben, warum man sie in den seriösen Wissenschaften nicht für "relevant" hält? Könnte das ggf. an ihrer Unwissenschaftlichkeit liegen?

Was soll ich also von einem Artikel halten, der sich Inhalte aus diesem Lager bedient? Du kannst es dir denken, oder?
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:55)
Da liegst du falsch.

Aus meinem verlinkten Artikel geht ganz klar hervor, dass es Verfolgung von Lesben gab, wenn auch auf subtilere Weise.

Und wer hat nun recht?
Genau das meinte Elmar Brok.
Der verlinkte Artikel kann ganz offensichtlich nicht als wissenschaftliche Quelle dienen.
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:58)

Der verlinkte Artikel kann ganz offensichtlich nicht als wissenschaftliche Quelle dienen.
Aber der von dir verlinkte Artikel soll als wissenschaftlich gelten?
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:58)

Ich lese da schon weit vorne:


Also gibt es "queere und feministische Forschungsperspektiven", welche ein Problem mit den Geschichtswissenschaften haben. Das ist ja mal eine interessante Erkenntnis. Wie sehen sich "queere und feministische Forschungsperspektiven" eigentlich? Also "alternative" Wissenschaften? Mag es vielleicht einen Grund geben, warum man sie in den seriösen Wissenschaften nicht für "relevant" hält? Könnte das ggf. an ihrer Unwissenschaftlichkeit liegen?

Was soll ich also von einem Artikel halten, der sich Inhalte aus diesem Lager bedient? Du kannst es dir denken, oder?
Offensichtlich werden sie ja doch rezipiert, wie man an dem Streit erkennen kann. Und das eine solche Kritik ausgerechnet im „Cicero“ erscheint... da kann ich mir ja denken was ich davon halten soll, wenn es aus eine solchen Ecke kommt.

Mal ehrlich, wollen wir so diskutieren?
Zuletzt geändert von NicMan am Samstag 17. Juli 2021, 23:02, insgesamt 1-mal geändert.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Benutzeravatar
3x schwarzer Kater
Beiträge: 25827
Registriert: Montag 26. Mai 2014, 16:25
user title: Do legst di nieda
Wohnort: Schwaben

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 22:40)

Ich weis nicht. Ich verstehe durchaus dein Anliegen Skeptiker, aber selbst wenn es sich nur um eine „kleine“ Gruppe von Verfolgten und ermordeten handelt, dann handelt es sich immer noch um Opfer des Holocaust. Das auch anderen, vielleicht sogar deutlich „größeren“ Opfergruppen bisher (?) nicht angemessen gedacht wurde kann kein Grund sein, der Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Sexualität nicht zu gedenken. Ansonsten stimme ich Elmar Brok zu, dass eine Beurteilung durch die Geschichtswissenschaft und die Durchsicht von KZ-Akten zielführender ist als diese Diskussion.
Das Anliegen ist wohl den Lesbenverbänden eine Instrumentalisierung des Holocaust zu unterstellen. Was für sich gesehen natürlich Unsinn ist und auch dem verlinkten Cicero- Artikel so nicht hervorgeht. Dieser etwas seltsame Gedankengang entspringt wohl der kruden Phantasie des Threaderstellers. Und nein die ermordeten Lesben wären kein Opfer des Holocaust, weil man eben gemeinhin unter dem Holocaust den Völkermord an den Juden versteht. Auch wenn das sicherlich die weitaus größte Opfergruppe der Nazis war landeten im KZ auch andere unliebsame Personen, eben z.B. Homosexuelle. Inwieweit sich hier nun eine Instrumentalisierung des Holocaust ableiten lässt erschließt sich mir nicht und wäre vom Threadersteller erstmal herauszuarbeiten. Ansonsten ist die Frage in der Überschrift nichts anderes als der Versuch einer Unterstellung für die sich weder im Text noch in der verlinkten Quelle irgendwelche Belege finden lassen.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:02)
...
Ansonsten ist die Frage in der Überschrift nichts anderes als der Versuch einer Unterstellung für die sich weder im Text noch in der verlinkten Quelle irgendwelche Belege finden lassen.
ich zitiere:
Geschichtsverbiegung im Dienste einer neuen Opferkultur
Letztlich war der politische Druck, den die Aktivist*innen entfalteten, wohl zu groß. Entgegen dem eigenen Bekunden, die Situation lesbischer KZ-Häftlinge zunächst mit einer Ausstellung aufarbeiten zu wollen, hat die Stiftung nunmehr den Antrag für das Gedenkzeichen genehmigt. Der Widmungstext soll lauten: „In Gedenken aller lesbischen Frauen und Mädchen im Frauen-KZ Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden verfolgt, inhaftiert, auch ermordet. Ihr seid nicht vergessen.“ Doch die rabulistische Rechtfertigung, mit diesem Text sei doch nichts über die wahren Verfolgungsgründe der inhaftierten Frauen gesagt, kann ebenso wenig überzeugen wie der Versuch, den Verfolgungsbegriff einfach so auszuweiten, dass er sämtliche Formen von Benachteiligung und Herabsetzung umfasst. Jeder Gedenkstättenbesucher, der vor diesem Zeichen steht, wird es so lesen, wie es die Initiatorinnen wünschten: Als Beleg dafür, dass weibliche Homosexualität ebenso ein Verfolgungsgrund gewesen sei wie etwa die jüdische Herkunft oder politischer Widerstand gegen das NS-Regime.
https://www.cicero.de/kultur/kz-denkmal ... nderheiten

Und du erkennst die Instrumentalisierung nicht? Erstaunlich!
Benutzeravatar
conscience
Beiträge: 4331
Registriert: Samstag 4. Juni 2016, 13:56
user title: von Radikalinski

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von conscience »

Hier wird durch den Thread Ersteller mit Geschichte Politik gemacht.

Zur Übersicht der Forschungslage bitte hier klicken
Zuletzt geändert von conscience am Samstag 17. Juli 2021, 23:09, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:02)

Das Anliegen ist wohl den Lesbenverbänden eine Instrumentalisierung des Holocaust zu unterstellen. Was für sich gesehen natürlich Unsinn ist und auch dem verlinkten Cicero- Artikel so nicht hervorgeht. Dieser etwas seltsame Gedankengang entspringt wohl der kruden Phantasie des Threaderstellers. Und nein die ermordeten Lesben wären kein Opfer des Holocaust, weil man eben gemeinhin unter dem Holocaust den Völkermord an den Juden versteht. Auch wenn das sicherlich die weitaus größte Opfergruppe der Nazis war landeten im KZ auch andere unliebsame Personen, eben z.B. Homosexuelle. Inwieweit sich hier nun eine Instrumentalisierung des Holocaust ableiten lässt erschließt sich mir nicht und wäre vom Threadersteller erstmal herauszuarbeiten. Ansonsten ist die Frage in der Überschrift nichts anderes als der Versuch einer Unterstellung für die sich weder im Text noch in der verlinkten Quelle irgendwelche Belege finden lassen.
Skeptiker hätte lieber gleich auf folgenden Wiki-Artikel verlinkt: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Homosex ... ozialismus

Da steht keinesfalls, dass Lesben nicht verfolgt wurden, sondern dass dies die These eines Historikers ist, welche jedoch keineswegs den Forschungskonsens darstellt.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

conscience hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:07)

Hier wird durch den Thread Ersteller mit Geschichte Politik gemacht.

Zur Übersicht der Forschungslage klick hier
Danke für die Primärquelle. Das verweist die Behauptung von politisch motivierter Forschung ins Reich der Mythen.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Der Kutscher

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Der Kutscher »

Ein schwieriges Thema, ich denke das die Threadüberschrift etwas unglücklich gewählt ist. Der von Dir verlinkte Artikel ist sehr negativ geschrieben was das Thema lesbische Frauen im KZ betrifft. Da wird quasi so getan als sei gerade erst gestern das Thema urplötzlich und völlig unberechtigt, befeuert nur durch die aktuellen Genderdiskussionen, aufgetaucht. Wusstest Du das es bereits Mitte der 1980er Jahre in der damaligen DDR entsprechende Bemühungen lesbischer Frauen gab einen solchen speziellen Gedenkort einzurichten? Ich glaube nicht, sonst hättest Du die Überschrift anders gewählt.

Ein Artikel von 2017 geht darauf ein:
„Ich wollte nicht sterben, bevor ich eine Frau geküsst habe“

Lesbische Frauen waren in der NS-Zeit vielfach bedroht - viele wurden verfolgt, kamen ins KZ. Doch Forschung und Gedenkstätten verhindern ein würdiges Gedenken. ANNA HÁJKOVÁ BIRGIT BOSOLD

Mitte der 1980er Jahre versuchte die Ost-Berliner Gruppe „Lesben in der Kirche“ mit verschiedenen Aktionen in der „Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück“ an die lesbischen Opfer zu erinnern. Verhindert wurde das damals von der Staatsmacht. Mehr als 35 Jahre später befürwortet nun die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten endlich, dass der lesbischen Inhaftierten von Ravensbrück gedacht wird. Die Entscheidung ist ein wichtiger Erfolg für all die Gruppen und Einzelpersonen, die sich viele Jahre beharrlich und beherzt dafür engagierten.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 03344.html

Lies Dir mal bitte den ganzen Artikel durch, ich finde dieser ist wesentlich ausgewogener als der von Dir verlinkte. Die Problematik das sich eine ausschließliche Verfolgung auf Grund lesbischer Lebensweise nur in seltenen Fällen nachweisen lässt wird ausführlich angesprochen und mMn in den richtigen Kontext gerückt.

Ebenfalls aus dem von mir verlinkten Artikel:
Das wichtigste Argument der Gegner des Gedenkens an die im NS verfolgten Lesben ist, dass Lesben eben nicht verfolgt wurden. Tatsächlich kriminalisierten die Paragraphen 175 und 175a nur die männliche Homosexualität. Zwar gab es Debatten darüber, auch die weibliche Homosexualität unter Strafe zu stellen. Weibliche Homosexualität blieb aber straflos, vor allem, weil Frauen kein eigenständiges sexuelles Begehren zugestanden wurde

Dennoch greift dieses Argument zu kurz. Die Doyenne der historischen Forschung zur Geschichte lesbischer Frauen im NS, die Historikerin Claudia Schoppmann, weist darauf hin, dass die „vielfältigen Kontrollmechanismen gegenüber Frauen im familiären, rechtlichen, politischen und ökonomischen Bereich“ die Anwendung des Strafrechts überflüssig machten. Lesbische Frauen waren zudem in der NS-Gesellschaft, die jedes sozial nonkonforme Verhalten sanktionierte, besonders auffällig und damit besonders gefährdet.

Die Historikerin Laurie Marhoefer dokumentierte den Fall der Würzburgerin Ilse Totzke. Die 1913 geborene Totzke bevorzugte Herrenkleidung und trug einen „Eton“, einen modischen, lesbisch konnotierten Kurzhaarschnitt. Totzke wurde wiederholt als lesbisch denunziert, weil ihr Lebensstil den Normen der Gesellschaft widersprach. Die Gestapo wiederum interessierte sich für den Umstand, dass sie jüdische Freundinnen und Freunde hatte, verfolgte die Denunziationen und lud Personen, die nicht denunziert hatten, als Zeugen vor. Ihnen kam nun die Schlüsselrolle zu, über Totzke zu urteilen und zu bezeugen, dass sie eine untadelige „Volksgenossin“ sei. Im Jahr 1942 wurde Totzke bei dem Versuch verhaftet, mit einer jüdischen Freundin in die Schweiz zu fliehen. Sie wurde nach Ravensbrück deportiert und war dort bis April 1945 inhaftiert.
Dieses Beispiel macht deutlich das sich Holocaust und Verfolgung lesbischer Frauen gar nicht immer trennen läßt. Die lesbischen Frauen waren schon per se wegen ihrer „Andersartigkeit“ verdächtig und standen unter Beobachtung, wenn jeder Schritt kritisch beäugt wird bleibt es kaum aus das sich „was finden läßt“ das dann für eine Verhaftung als Vorwand dient. Das Beispiel mit der „vergnügungssüchtigen Lesbe bei der BVG in dem von Dir verlinkten Artikel ist sehr herabwürdigend für die Frauen dargestellt, geradezu entehrend. Unterschwellig transportiert der ganze Artikel eine Aversion gegen Lesben, ein regelrecht homophobes Machwerk, das nur schwer erträglich ist.

Ich finde wir, die wir das Glück hatten nicht in dieser Zeit leben zu müssen, sollten sehr viel vorsichtiger und feinfühliger mit dem Thema Verfolgung zur NS Zeit umgehen, niemand und nichts gibt uns das Recht über eines der Opfer und seine Lebensweise zu urteilen. Genau das aber passiert zwischen den Zeilen in dem von Dir verlinkten Artikel, die Aversionen des Autors gegen lesbische Frauen wird nur allzu deutlich.
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

Elmar Brok hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:01)
Aber der von dir verlinkte Artikel soll als wissenschaftlich gelten?
Nein, aber ich habe auch nicht den Anspruch verfasst, man dürfe zu dem Thema erst dann etwas sagen, wenn es aus wissenschaflichen Quellen stammt. NicMan und du sagen das aber. Dann darf ich seinen Verweis doch entsprechend aufnehmen, oder?

Der Autor des Artikels im Cicero ist übrigens seit vielen Jahren ein Experte auf dem Gebiet. Seine Auffassung steht auf der Seite der Geschichtswissenschaften. Auf der Seite welcher "Wissenschaften" steht denn der Artikel im Tagesspiegel. Ich hatte oben ja schon erwähnt, dass der Eindruck wohl bestehen muss, dass er mehr Ideologie als wissenschaftlichen Fakt promotet.
Benutzeravatar
conscience
Beiträge: 4331
Registriert: Samstag 4. Juni 2016, 13:56
user title: von Radikalinski

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von conscience »

Warum wurden homosexuelle Männer stärker verfolgt als lesbische Frauen ?

Frauen standen immer noch zur Erzeugung von Nachkommenschaft zur Verfügung, homosexuelle Männer gemäß der NS Ideologie waren davon auszuschließen.
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:11)

Nein, aber ich habe auch nicht den Anspruch verfasst, man dürfe zu dem Thema erst dann etwas sagen, wenn es aus wissenschaflichen Quellen stammt. NicMan und du sagen das aber. Dann darf ich seinen Verweis doch entsprechend aufnehmen, oder?

Der Autor des Artikels im Cicero ist übrigens seit vielen Jahren ein Experte auf dem Gebiet. Seine Auffassung steht auf der Seite der Geschichtswissenschaften. Auf der Seite welcher "Wissenschaften" steht denn der Artikel im Tagesspiegel. Ich hatte oben ja schon erwähnt, dass der Eindruck wohl bestehen muss, dass er mehr Ideologie als wissenschaftlichen Fakt promotet.
Das ist halt ein reines Autoritätsargument. Mich überzeugt das nicht. Und auch wenn er diese These wissenschaftlich plausibel darlegen kann und es auch tut, ist es letztlich nur eine wissenschaftliche Perspektive auf diese Thematik. Es kann sehr gut begründete Standpunkte geben, die zu einem anderen Schluss kommen.

Natürlich kannst und darfst du dazu eine Meinung haben. Ich habe nie gesagt, dass nur jemand mit Quellen seine Meinung äußern darf. Ich bin allerdings für mich zum Schluss gekommen, dass ich zu diesem Thema keine Position beziehen werde, solange ich mich nicht ansatzweise mit dem Forschungsstand auseinandergesetzt habe. Da mich das Thema zu wenig umtreibt, als dass ich mich in den Forschungsstand einlesen wollen würde, beziehe ich keine Position.
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

conscience hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:07)

Hier wird durch den Thread Ersteller mit Geschichte Politik gemacht.

Zur Übersicht der Forschungslage bitte hier klicken
Ich zitiere:
Über die forschungskulturellen Unterschiede könnte nachgedacht werden: Es besteht eine größere Offenheit der anglophonen Historiographie gegenüber anderen Denkrichtungen, ein größeres Interesse an mentalitäts-, körper- und sexualwissenschaftlichen Themen, eine gewisse Unbefangenheit gegenüber politischer Standpunktnahme usw. Hingegen verharren im deutschsprachigen Raum die HistorikerInnen meist in der Tradition ihres Fachs.
Danke. Da brauche ich nicht weiterlesen. Die "deutschen Geschichtswissenschaften" sind also noch nicht "so weit" wie die - ich sag mal spöttisch - "woken" anglophonen (offensichtlich sind die US-amerikanischen gemeint).

In meinen Augen sagt der Artikel in diesem einen Absatz eher etwas aus über die politische Unterwanderung von Geschichtswissenschaften, als dass ich vermuten würde, dass die deutschen Geschichtswissenschaften bösartigerweise Aspekte heutiger sehr einflussreicher Minderheitenlobbyisten nicht ausreichend würdigen. Aber das ist natürlich meine laienhafte Interpretation.

Welchen Wissenschaften ist die genannte Veröffentlichung eigentlich zuzurechnen?
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

conscience hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:15)
Warum wurden homosexuelle Männer stärker verfolgt als lesbische Frauen ?

Frauen standen immer noch zur Erzeugung von Nachkommenschaft zur Verfügung, homosexuelle Männer gemäß der NS Ideologie waren davon auszuschließen.
Du zeigst, dass du dir den verlinkten Artikel im Eröffnungsbeitrag nicht durchgelesen hast. Sehr schwach dann so vom Leder zu ziehen.
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:24)

Ich zitiere:


Danke. Da brauche ich nicht weiterlesen. Die "deutschen Geschichtswissenschaften" sind also noch nicht "so weit" wie die - ich sag mal spöttisch - "woken" anglophonen (offensichtlich sind die US-amerikanischen gemeint).

In meinen Augen sagt der Artikel in diesem einen Absatz eher etwas aus über die politische Unterwanderung von Geschichtswissenschaften, als dass ich vermuten würde, dass die deutschen Geschichtswissenschaften bösartigerweise Aspekte heutiger sehr einflussreicher Minderheitenlobbyisten nicht ausreichend würdigen. Aber das ist natürlich meine laienhafte Interpretation.

Welchen Wissenschaften ist die genannte Veröffentlichung eigentlich zuzurechnen?
Achso, du willst gar nicht diskutieren, sondern hast bereits eine Meinung und hast dich in wenigen Minuten in die gesamte geschichtswissenschaftliche Thematik eingelesen. Wer so tautologisch argumentiert hat es natürlich leicht.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:09)
Danke für die Primärquelle. Das verweist die Behauptung von politisch motivierter Forschung ins Reich der Mythen.
Primärquelle? Tatsächlich? Welcher Fachbereich steht dahinter? Reden wir hier von Geschichtswissenschaften, oder Wissenschaften von Interessengruppen für Interessengruppen?
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:26)

Achso, du willst gar nicht diskutieren, sondern hast bereits eine Meinung und hast dich in wenigen Minuten in die gesamte geschichtswissenschaftliche Thematik eingelesen. Wer so tautologisch argumentiert hat es natürlich leicht.
Klar habe ich eine Meinung und sicher möchte ich darüber diskutieren. Aber dann nenne mir doch mal die Hintergründe dieser "Primärquelle". Entstammt die anerkannten Geschichtswissenschaften? Da habe ich doch nach dem was ich daraus zitiert habe meine argen Zweifel. Du nicht?
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:28)

Primärquelle? Tatsächlich? Welcher Fachbereich steht dahinter? Reden wir hier von Geschichtswissenschaften, oder Wissenschaften von Interessengruppen für Interessengruppen?
Google hift: https://de.wikipedia.org/wiki/Invertito

Und nein Skeptiker, so läuft das nicht. Du zitierst einen Historiker, der eine sicherlich begründete wissenschaftliche Sicht auf die Dinge hat. Weil du dir aber nicht erklären kannst, weshalb die Sicht dieses einen Historikers kein Forschungskonsens ist, machst du eine Verschwörung, bzw. eine "Unterwanderung" der Geschichtswissenschaft aus. Du bist deinen vermeintlichen Gegnern von "links" ähnlicher als du denkst. Das das Thema innerhalb der Forschung einfach umstritten ist kommt dir offenbar nicht in den Sinn.
Zuletzt geändert von NicMan am Samstag 17. Juli 2021, 23:31, insgesamt 1-mal geändert.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Benutzeravatar
conscience
Beiträge: 4331
Registriert: Samstag 4. Juni 2016, 13:56
user title: von Radikalinski

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von conscience »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:28)

Primärquelle? Tatsächlich? Welcher Fachbereich steht dahinter? Reden wir hier von Geschichtswissenschaften, oder Wissenschaften von Interessengruppen für Interessengruppen?

Warum sollte man darauf eingehen, da der Thread Ersteller keine historische Fachausbildung besitzt.
Benutzeravatar
3x schwarzer Kater
Beiträge: 25827
Registriert: Montag 26. Mai 2014, 16:25
user title: Do legst di nieda
Wohnort: Schwaben

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:06)

ich zitiere:

https://www.cicero.de/kultur/kz-denkmal ... nderheiten

Und du erkennst die Instrumentalisierung nicht? Erstaunlich!
Das müsstest du schon genauer herausarbeiten. Bisher bist du der einzige der hier offensichtlich den Holocaust instrumentalisiert um seine Lieblingshassobjekte zu diskreditieren.
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:31)
Google hift: https://de.wikipedia.org/wiki/Invertito

Und nein Skeptiker, so läuft das nicht. Du zitierst einen Historiker, der eine sicherlich begründete wissenschaftliche Sicht auf die Dinge hat. Weil du dir aber nicht erklären kannst, weshalb die Sicht dieses einen Historikers kein Forschungskonsens ist, machst du eine Verschwörung, bzw. eine "Unterwanderung" der Geschichtswissenschaft aus. Du bist deinen vermeintlichen Gegnern von "links" ähnlicher als du denkst. Das das Thema innerhalb der Forschung einfach umstritten ist kommt dir offenbar nicht in den Sinn.
Zwischen WEM ist das Thema denn umstritten? Eventuell zwischen Wissenschaftlern und Interessenverbänden? Dir fällt das Problem nicht auf?
Troh.Klaus
Beiträge: 7363
Registriert: Samstag 28. Oktober 2017, 21:56

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Troh.Klaus »

conscience hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:15)
Warum wurden homosexuelle Männer stärker verfolgt als lesbische Frauen ?
Frauen standen immer noch zur Erzeugung von Nachkommenschaft zur Verfügung, homosexuelle Männer gemäß der NS Ideologie waren davon auszuschließen.
So war das wohl.
Hier noch eine weitere Quelle zu dem Thema:
https://www.widerstand-1933-1945.de/con ... cle/127/-/
Seriös geht anders.
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:34)

Zwischen WEM ist das Thema denn umstritten? Eventuell zwischen Wissenschaftlern und Interessenverbänden? Dir fällt das Problem nicht auf?
Nein. Zwischen Wissenschaftlern und solchen Wissenschaftlern, die DU aufgrund deiner ideologischen Position nicht anerkennst. Zu behaupten, es handele sich bei einer angesehenenen wissenschaftlichen Zeitschrift um einen Interessensverband ist einfach unsäglich.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:33)
Das müsstest du schon genauer herausarbeiten. Bisher bist du der einzige der hier offensichtlich den Holocaust instrumentalisiert um seine Lieblingshassobjekte zu diskreditieren.
Ich instrumentalisiere den Holocaust nicht. Das weise ich scharf von mir. Ich stelle eine Begebenheit zur Diskussion, die den Eindruck nahelegt, dass Interessenverbände den Holocaust instrumentalisieren. Es ist infam dem auf diese Weise zu begegnen.

Sicherlich hast du den Artikel gelesen - oder etwa nicht? Dann ist dir ja bekannt, dass es Lesbenverbänden "nicht ausreichte" dass in allgemeiner Form auf die Opfer von der Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus gedacht wurde. Es musste eine Würdigung "speziell für Lesben" her, obwohl geschichtlich belegt ist, dass Männer wesentlich stärker derart verfolgt wurden. Das sehe ich als Geschichtsklitterung auf Basis des Holocaust zum Zwecke von Interessenpolitik heute - und das IST eine Instrumentalisierung.
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Übrigens hat Alexander Zinn in besagter Veröffentlichung ebenfalls einen Beitrag beigesteuert:

Alexander Zinn
Wider die „Überidentifikation“ mit den Opfern. Streitschrift für einen
Paradigmenwechsel in der schwulen und lesbischen Geschichtsschreibung

So sieht wissenschaftlicher Diskurs aus. Das hat nichts mit 'Interessenverbänden' zu tun.

https://www.hsozkult.de/journal/id/zeit ... aben-12171
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:24)

Ich zitiere:


Danke. Da brauche ich nicht weiterlesen. Die "deutschen Geschichtswissenschaften" sind also noch nicht "so weit" wie die - ich sag mal spöttisch - "woken" anglophonen (offensichtlich sind die US-amerikanischen gemeint).

In meinen Augen sagt der Artikel in diesem einen Absatz eher etwas aus über die politische Unterwanderung von Geschichtswissenschaften, als dass ich vermuten würde, dass die deutschen Geschichtswissenschaften bösartigerweise Aspekte heutiger sehr einflussreicher Minderheitenlobbyisten nicht ausreichend würdigen. Aber das ist natürlich meine laienhafte Interpretation.

Welchen Wissenschaften ist die genannte Veröffentlichung eigentlich zuzurechnen?
Es ist ja durchaus lobenswert, dass du kritisch bist. Aber wieso bist du nur der Meinung kritisch gegenüber, die nicht deiner eigenen (scheinbaren) widerspricht? Der von dir verlinkte Artikel ist nicht wissenschaftlich. Quellen fehlen vollkommen. Zudem ist er durchtränkt von politischer Ideologie. Der fast schon peinliche Versuch, dieses Ereignis in die "kulturmarxistische Revolution" einzuordnen. Es ist für ihn nicht möglich, andere Perspektiven anzuerkennen. Stattdessen werden diese auf billige Weise diskreditiert. Das ist sicherlich Vieles, aber nicht wissenschaftlich. Geschichtswissenschaft ist durch Pluralität, Multiperspektivität und Kontroversität geprägt. Anhand deiner eigenen Standards müsste der von dir verlinkte Artikel höchst unplausibel sein und dürfte erst recht nicht als Grundlage für diese Diskussion dienen.
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:36)

Nein. Zwischen Wissenschaftlern und solchen Wissenschaftlern, die DU aufgrund deiner ideologischen Position nicht anerkennst. Zu behaupten, es handele sich bei einer angesehenenen wissenschaftlichen Zeitschrift um einen Interessensverband ist einfach unsäglich.
NENNE MIR DOCH ENDLICH MAL DEN FACHBEREICH AUS DEM DEINE "PRIMÄRQUELLE" STAMMT. Dann wissen wir doch um "welche" Wissenschaftler es sich handelt. Sind das unabhängige Geschichtswissenschaftler?
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:34)

Zwischen WEM ist das Thema denn umstritten? Eventuell zwischen Wissenschaftlern und Interessenverbänden? Dir fällt das Problem nicht auf?
Deiner Meinung nach ist dieses Thema also in der "richtigen" Geschichtswissenschaft nicht umstritten?
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:44)

NENNE MIR DOCH ENDLICH MAL DEN FACHBEREICH AUS DEM DEINE "PRIMÄRQUELLE" STAMMT. Dann wissen wir doch um "welche" Wissenschaftler es sich handelt. Sind das unabhängige Geschichtswissenschaftler?
Ja, hoffentlich, DEIN Autor hat da schließlich auch veröffentlicht :p
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:44)

NENNE MIR DOCH ENDLICH MAL DEN FACHBEREICH AUS DEM DEINE "PRIMÄRQUELLE" STAMMT. Dann wissen wir doch um "welche" Wissenschaftler es sich handelt. Sind das unabhängige Geschichtswissenschaftler?
Geschichtswissenschaftler sind nie unabhängig! Wäre auch absurd, wenn sie unabhängig wären. Dann bräuchte es keine Geschichtswissenschaft.
Der Kutscher

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Der Kutscher »

Skeptiker hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:11)
Der Autor des Artikels im Cicero ist übrigens seit vielen Jahren ein Experte auf dem Gebiet. Seine Auffassung steht auf der Seite der Geschichtswissenschaften. Auf der Seite welcher "Wissenschaften" steht denn der Artikel im Tagesspiegel. Ich hatte oben ja schon erwähnt, dass der Eindruck wohl bestehen muss, dass er mehr Ideologie als wissenschaftlichen Fakt promotet.
Welcher der beiden Artikel mehr „Ideologie“ transportiert als Wissenschaft lässt sich sehr leicht herauslesen, der vom Tagesspiegel ist es jedenfalls nicht.

Noch ein „unwissenschaftlicher“ Artikel des Tagesspiegel:
Unbekannt ist bis heute, wie vielen Frauen im „Dritten Reich“ Unrecht angetan wurde – weil ihre Liebe dem eigenen Geschlecht galt. Oder weil ihnen dies nachgesagt wurde. Womöglich handelt es sich um eine relativ geringe Anzahl. Doch auch wenn sie nicht im selben Ausmaß und auf ähnliche Weise verfolgt wurden wie homosexuelle Männer: Es hat diese Frauen gegeben und sie haben gelitten – in Fürsorgeheimen und psychiatrischen Anstalten, in Haftanstalten und Konzentrationslagern. Der Begriff „Verfolgung“ darf nicht länger nur auf polizeiliche und justizielle Repression beschränkt werden.


Die Autorin ist Historikerin und als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Gedenkstätte Deutscher Widerstand tätig.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 936-2.html

Eine weitere Person die namentlich genannt wird in dem von Dir als „unwissenschaftlich“ verurteilten Artikel des Tagesspiegel:
Ilse Kokula (* 13. Januar 1944 in Sagan, Schlesien[1]) ist eine deutsche Pädagogin, Autorin und LGBT-Aktivistin. Ihre Forschungen zur Geschichte lesbischen Lebens und zur Lesbenbewegung im deutschsprachigen Raum gelten als wegweisend. Kokula ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ilse_Kokula
Schwer verdächtige Person, „Trägerin des Bundesverdienstkreuzes“ und LGBT-Aktivistin, solchen Personen darf man nichts glauben, gar nichts, die sollten alle ins … ach nein, geht ja leider nicht mehr.

Die nächste:
Kirsten Plötz (* 1964) ist eine deutsche Historikerin und Sachbuch-Autorin.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Kirsten_Plötz
Eine Historikerin, was weiß die denn schon, sollte sich besser um Kind, Küche, Kirche kümmern. Was anderes können die Weiber eh nicht.

Mal zur Abwechslung ein Mann, bestimmt so eine schwule Schwuchtel, wer studiert schon sowas und schreibt mit so einem Thema seine Dissertation.
Jens Dobler studierte Erziehungswissenschaften, Psychologie und Neuere Geschichte.[1] Seine Studien an der Technischen Universität Berlin schloss er 2008 mit einer Dissertation über die Homosexuellenverfolgung durch die Berliner Polizei von 1848 bis 1933 ab.[2]
Als freier Autor verfasste Dobler unter anderem einen Katalog zur Geschichte der Schwulen in Berlin-Kreuzberg. Zudem ist er Mitarbeiter in verschiedenen wissenschaftlichen Vereinen und Gesellschaften.[1] Von 2010 bis 2015 war er Leiter des Archivs sowie der Bibliothek des Schwulen Museums in Berlin.[3] Seitdem leitet er die Polizeihistorische Sammlung im Polizeipräsidium Berlin.[4]
https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Dobler

Die nächste Frau finden wir in der englischsprachigen Wikipedia:
Jane Caplan is an academic and historian specialising in Nazi Germany and the history of the documentation of individual identity. She is currently Visiting Professor at Birkbeck, University of London, Visiting Professor of History at Gresham College and Emeritus Fellow at St. Antony's College, University of Oxford.
https://en.wikipedia.org/wiki/Jane_Caplan

Auf diese Personen und deren Arbeit beruft sich der Artikel, natürlich alles durch und durch Links-grün-LGBT versifft und keineswegs wissenschaftlich.
Der Cicero-Artikel ist von Herrn Alexander Zinn, Historiker und anerkannt für viele seiner Publikationen. Ich will dem Mann gar nicht seine Fachkompetenz absprechen, aber hier ist er gewaltig auf dem Holzweg. Es gibt genügend wissenschaftliche Kapazitäten die zu völlig anderen Schlüssen kommen als er. Wenn Du also nur ihn gelten lassen willst und alle anderen nicht: Deine Sache, aber wissenschaftlich ist so eine Herangehensweise nicht. :|
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:46)
Ja, hoffentlich, DEIN Autor hat da schließlich auch veröffentlicht :p
Dann ist er ja wohl doch nicht so unwissenschaftlich - hört, hört :p

Um also nochmal auf den Kern zurückzukommen:
Nun war die Situation lesbischer Frauen in der NS-Zeit durchaus prekär, denn die Nationalsozialisten lehnten auch die weibliche Homosexualität ab. Anders als in der mann-männlichen, sahen sie in der lesbischen Liebe aber keine „Staatsgefahr“. Das von Heinrich Himmler entwickelte Bedrohungsszenario, schwule Männer könnten den nationalsozialistischen „Männerstaat“ unterwandern und zerstören, traf auf Frauen nicht zu. Deswegen verzichteten die Machthaber bei der Verschärfung des Homosexuellenparagrafen 175 im Jahr 1935 auch ganz bewusst auf eine Kriminalisierung der lesbischen Liebe.

Für Österreich, wo weibliche Homosexualität schon lange unter Strafe stand, wurde nach dem „Anschluss“ festgelegt, die reichsdeutschen Regelungen zu übernehmen. Da sich dies aber kriegsbedingt verzögerte, gab Roland Freisler 1942 schließlich die Anweisung, „die lesbische Liebe nicht mehr zu bestrafen“. Zwar ermittelte die Polizei auch gegen lesbische Frauen, wenn sie von böswilligen Nachbarn angezeigt wurden. Doch die Staatsanwaltschaft stellte diese Verfahren regelmäßig ein. Zu Sanktionen kam es allenfalls, wenn Kinder involviert waren. So wurde den beiden Berliner Fabrikarbeiterinnen Hildegard W. und Helene T. von der Gestapo das Zusammenwohnen verboten, weil sie, „ohne auf die Kinder Rücksicht zu nehmen, ihr schamloses Treiben ungeniert ausgeführt“ hätten.

Die Lage lesbischer Frauen war also widersprüchlich: Sie war von Stigmatisierung, teilweise auch von Repression geprägt, in erster Linie aber von Toleranz, also von einer weitgehenden Duldung. Unkorrekt wäre es, von Verfolgung zu sprechen, denn es war der erklärte Wille der NS-Machthaber, die weibliche Homosexualität straffrei zu lassen. Auch auf andere Formen der Verfolgung, so insbesondere auf die Anordnung von KZ-Haft, finden sich in den Erlassen von Gestapo und Reichssicherheitshauptamt keine Hinweise. Doch obwohl all das bekannt und anerkannt ist, bemühen sich einige lesbische und schwule Historiker seit Jahren, anhand biografischer Einzelfälle nachzuweisen, was sich im Großen nicht belegen lässt.
https://www.cicero.de/kultur/kz-denkmal ... nderheiten

Der Autor beschreibt also sehr detailiert das, was mW allgemeiner Konsens in der Geschichtswissenschaft ist (wie ja der Tagesspiegel eindrucksvoll bestätigt hat). Nämlich, dass es keine systematische Verfolgung von Lesben gegeben hat.

Daher auch meine Frage danach "was für Wissenschaftler" das sind, die da eine andere Position vertreten. Ich vermute einen Bias, denn wenn ich die mir bekannten Fakten und die mir bekannte Interessenpolitik zusammenbringe, dann wird daraus ein klares Bild - und vielen Dank an den Tagesspiegel, der dieses Bild ja schon beschrieben hat ;)
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:01)

Dann ist er ja wohl doch nicht so unwissenschaftlich - hört, hört :p

Um also nochmal auf den Kern zurückzukommen:

https://www.cicero.de/kultur/kz-denkmal ... nderheiten

Der Autor beschreibt also sehr detailiert das, was mW allgemeiner Konsens in der Geschichtswissenschaft ist (wie ja der Tagesspiegel eindrucksvoll bestätigt hat). Nämlich, dass es keine systematische Verfolgung von Lesben gegeben hat.

Daher auch meine Frage danach "was für Wissenschaftler" das sind, die da eine andere Position vertreten. Ich vermute einen Bias, denn wenn ich die mir bekannten Fakten und die mir bekannte Interessenpolitik zusammenbringe, dann wird daraus ein klares Bild - und vielen Dank an den Tagesspiegel, der dieses Bild ja schon beschrieben hat ;)
Ach Skeptiker, du könntest auch einfach mal zugeben, wenn du dich geirrt hast. Ich habe nie geschrieben, dass die Position von Herrn Zinn nicht "wissenschaftlich" wäre, sondern dass sie offenbar - weil es andere, ebenfalls wissenschaftlich begründete Perspektiven gibt - nicht dem Konsens der Geschichtswissenschaft entspricht. Dir haben nun mehrere Teilnehmer hier eröffnet, dass du keinerlei Beleg für deine Behauptung gebracht hast, weshalb die Position von Herrn Zinn die einzig richtige wäre. In der Geschichtswissenschaft kann es durchaus zu einem Thema zwei wohlbegründete Positionen geben. Während ich also ein strittiges Forschungsthema sehe, siehst du eine "Unterwanderung" oder einen "Bias" der Geschichtswissenschaft.

Wenn ich jetzt hingehe und jeden der Geschichtswissenschaftler aufliste, welche in dem Band publiziert haben, wirst du ja doch nur deren Kompetenz in Frage stellen. Das ist also vergebene Liebesmüh.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

Elmar Brok hat geschrieben:(17 Jul 2021, 23:49)
Geschichtswissenschaftler sind nie unabhängig! Wäre auch absurd, wenn sie unabhängig wären. Dann bräuchte es keine Geschichtswissenschaft.
:? Das darfst du mir gerne erklären.
Natürlich hat jeder Mensch eine Perspektive mit der er auf die Geschichte blickt. Aber sorry, es muss einem doch klar sein, dass es die Perspektive nicht verbessert, wenn sie zusätzlich noch von einem Interesse geleitet ist. Auch das wird übrigens wunderbar von Zinn im Artikel als „Hase-Ente-Illusion“ bezeichnet - du hast das ja gelesen ...
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Es wäre übrigens für ernstgemeinte Diskussionen gut, die Artikel in solchen Sammelbänden auch mal zu lesen, statt sich an Formulierungen im Tagespiegel oder dem Cicero aufzuhängen. Dann sieht man auch, wie Geschichtswissenschaft wirklich funktioniert. Und warscheinlich findet man sogar wissenschafliche Entgegnungen auf Entgegnungen - hört hört, in der Wissenschaft wird tatsächlich DISKUTIERT :?
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

NicMan hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:14)

Es wäre übrigens für ernstgemeinte Diskussionen gut, die Artikel in solchen Sammelbänden auch mal zu lesen, statt sich an Formulierungen im Tagespiegel oder dem Cicero aufzuhängen. Dann sieht man auch, wie Geschichtswissenschaft wirklich funktioniert. Und warscheinlich findet man sogar wissenschafliche Entgegnungen auf Entgegnungen - hört hört, in der Wissenschaft wird tatsächlich DISKUTIERT :?
Und wer lieber Artikel im Internet liest, kann sich ja ein Streitgespräch zum Thema anhören: https://www.berliner-zeitung.de/kultur- ... 8?pid=true
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:09)
Ach Skeptiker, du könntest auch einfach mal zugeben, wenn du dich geirrt hast.
Das macht man üblicherweise aber nicht, wenn man im Recht ist :x
Ich habe nie geschrieben, dass die Position von Herrn Zinn nicht "wissenschaftlich" wäre, ...
korrekt, das waren andere. Auf die bezog sich meine Replik
... sondern dass sie offenbar - weil es andere, ebenfalls wissenschaftlich begründete Perspektiven gibt - nicht dem Konsens der Geschichtswissenschaft entspricht.
Da bin ich eben anderer Ansicht. Natürlich mag es in den Geschichtswissenschaften unterschiedliche Meinungen zum Thema geben. Damit ist aber nicht gesagt, dass es keinen Grundkonsens zur Situation lesbischer Frauen im Nationalsozialismus gibt. Er beschreibt die Situation der lesbischen Frauen in den KZs ungeschönt, aber auch den "Glaubenskrieg" teils eben auch interessenbehafteter Wissenschaftler. An der Stelle passt das zu meiner Wahrnehmung - deine mag anders aussehen. Kein Problem.
Dir haben nun mehrere Teilnehmer hier eröffnet, dass du keinerlei Beleg für deine Behauptung gebracht hast, weshalb die Position von Herrn Zinn die einzig richtige wäre. In der Geschichtswissenschaft kann es durchaus zu einem Thema zwei wohlbegründete Positionen geben. Während ich also ein strittiges Forschungsthema sehe, siehst du eine "Unterwanderung" oder einen "Bias" der Geschichtswissenschaft.
Auch der von dir verlinkte Artikel im Tagesspiegel spricht von einem Konflikt zwischen "Geschichtswissenschaften und Gedenkstätten" mit "queeren und feministischen Forschungsperspektiven". Bedeutet doch wohl, dass hier den Geschichtswissenschaften ein Konsens im Sinne Zinns unterstellt wird. Du hast damit selber den Beleg dafür geliefert, dass Zinn hier sehr wohl für den Konsens spricht. Bringe du also doch bitte mal den Nachweis, dass die anderen wissenschaftlichen Meinungen eben mehr als nur "andere wissenschaftliche Meinungen" sind.
Wenn ich jetzt hingehe und jeden der Geschichtswissenschaftler aufliste, welche in dem Band publiziert haben, wirst du ja doch nur deren Kompetenz in Frage stellen. Das ist also vergebene Liebesmüh.
Nochmal: Deine Quelle legt nahe, dass Zinn den aktuellen Konsens beschreibt. Es mag viele andere Meinungen geben - mag alles sein - aber woraus ließe sich belegen, dass eine Verfolgung lesbischer Frauen eine geschichtliche Tatsache ist, so wie es durch das Denkmal suggeriert wird?
Elmar Brok
Beiträge: 3304
Registriert: Freitag 7. Februar 2020, 15:54

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Elmar Brok »

Skeptiker hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:14)

:? Das darfst du mir gerne erklären.
Natürlich hat jeder Mensch eine Perspektive mit der er auf die Geschichte blickt. Aber sorry, es muss einem doch klar sein, dass es die Perspektive nicht verbessert, wenn sie zusätzlich noch von einem Interesse geleitet ist. Auch das wird übrigens wunderbar von Zinn im Artikel als „Hase-Ente-Illusion“ bezeichnet - du hast das ja gelesen ...
Ok. Zwei Punkte. Ein Wissenschaftler ist immer von der Gesellschaft abhängig. Wieso sollte die Gesellschaft ihn an einer Universität sonst bezahlen? Sie sieht einen Nutzen für sich darin, dass er dort das macht, was er macht. Gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen gehen da oft Hand in Hand. Dass in einer demokratischen nachkriegzeitlichen Gesellschaft Geschichte nicht mehr als die Geschichte der großen Männer verstanden wird, sondern diverser (Geschlechtergeschichte) und pluralistischer wird, liegt auf der Hand.

Es gibt schon verschiedene Stufen der Abhängigkeit. Das will ich gar nicht bestreiten. Aber auch Herr Zinn ist von Interessen geleitet. Ich könnte ihm genauso vorwerfen, dass er von dem Interesse geleitet, die kulturmarxistische Revolution zu identifizieren, entblößen und kritisieren, selektiv auf diese Frage an die Vergangenheit blickt. Deshalb finde ich es schwierig, zu sagen, dass der und der letztlich nur Auftragsarbeit macht oder alles seiner Ideologie passend macht und ein anderer nicht. Du hast schon Recht, dass das Vorgehen der Lesbenverbände, wie es im Artikel beschrieben wird, problematisch ist. Es vergiftet das Klima und ist schädlich für die Aufarbeitung. Dafür ist es dann fast schon irrelevant, ob die Meinung von Herrn Zinn Forschungsstand ist oder höchstumstritten. Mir persönlich ist die Forschung zum 20. Jahrhundert viel zu politisch aufgeladen. Das stört mich auch. Es betrifft uns einfach nochmal deutlich stärker als Dinge, die in der Antike oder im Mittelalter stattgefunden haben. Das ist zum Einen spannend und auch mal wirklich gesellschaftlich relevant, zum Anderen deutlich populistischer und von Ideologie bestimmter. Mir würde es beispielsweise schwer fallen, emotionslos und so neutral wie möglich, die Schuldfrage der Nazi-Zeit zu diskutieren. Und meine Erfahrung ist, dass Emotionen in diesen Fragen selten gut sind.
Zuletzt geändert von Elmar Brok am Sonntag 18. Juli 2021, 00:42, insgesamt 1-mal geändert.
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

NicMan hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:14)
Es wäre übrigens für ernstgemeinte Diskussionen gut, die Artikel in solchen Sammelbänden auch mal zu lesen, statt sich an Formulierungen im Tagespiegel oder dem Cicero aufzuhängen. Dann sieht man auch, wie Geschichtswissenschaft wirklich funktioniert. Und warscheinlich findet man sogar wissenschafliche Entgegnungen auf Entgegnungen - hört hört, in der Wissenschaft wird tatsächlich DISKUTIERT :?
Wir diskutieren doch auch. Dürfen nur Wissenschaftler diskutieren? Dieses ist kein Wissenschaftsforum - wir sind hier bei "Gesellschaft/Gender" - und das aus gutem Grunde, denn ich halte auch die wissenschaftliche Debatte für stark von aktiven Interessen gefährdet. Das empfinde ich als bedrohlich, denn wenn Tatsachen schlicht durch Menpower weggequasselt werden, dann bleibt von seriöser Wissenschaft am Ende nichts mehr über.
Der Kutscher

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Der Kutscher »

Skeptiker hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:33)

aber woraus ließe sich belegen, dass eine Verfolgung lesbischer Frauen eine geschichtliche Tatsache ist, so wie es durch das Denkmal suggeriert wird?
Reichen 66 verurteilte Frauen aus oder sind das zu wenige das Sie es nicht zur Kenntnis nehmen?
Anders war die Rechtslage in Österreich. Dort sanktionierte der Paragraf 129Ib des österreichischen Strafgesetzbuches die „Unzucht mit einer Person desselben Geschlechts“ mit Zuchthaus von einem bis fünf Jahren. Dieses Gesetz betraf beide Geschlechter. Es wurde nach der Annexion Österreichs im März 1938 weiterhin gegen Frauen angewandt. Dies führte zu der paradoxen Situation, dass weibliche Homosexualität in Österreich – im Gegensatz zum sogenannten Altreich – strafrechtlich verfolgt wurde. Die Zahl der Verurteilten stieg auch in der „Ostmark“ stark an: Allein in Wien wurden zwischen 1938 und 1943 über 1100 Männer sowie 66 Frauen nach Paragraf 129Ib verurteilt, was einem Frauenanteil von etwa fünf Prozent entspricht. Auch deutsche Frauen konnten strafverfolgt werden, da das „Tatortprinzip“ entscheidend war.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 49936.html
Benutzeravatar
NicMan
Vorstand
Beiträge: 6395
Registriert: Freitag 23. September 2016, 12:27
user title: Statistiker und Epistemologe

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von NicMan »

Skeptiker hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:33)

Nochmal: Deine Quelle legt nahe, dass Zinn den aktuellen Konsens beschreibt. Es mag viele andere Meinungen geben - mag alles sein - aber woraus ließe sich belegen, dass eine Verfolgung lesbischer Frauen eine geschichtliche Tatsache ist, so wie es durch das Denkmal suggeriert wird?
In Österreich gab es diese defintiv, und das hat auch Alexander Zinn bestätigt (http://www.cultpress.de/rosa-winkel/Ale ... 2.2021.pdf) . Ihm geht es wohl darum nachzuweisen, dass eine Verfolgung im "Altreich" nicht stattgefunden habe. Da kann man dann eben diskutieren ob das ausreichend ist, um als nicht "verfolgt" zu gelten.
"In God we trust, all others bring data." –William Edwards Deming (1900-1993)
Skeptiker

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Skeptiker »

Der Kutscher hat geschrieben:(18 Jul 2021, 00:44)
Reichen 66 verurteilte Frauen aus oder sind das zu wenige das Sie es nicht zur Kenntnis nehmen?

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 49936.html
Was haben denn 66 verurteilte Frauen nach strengerer Rechtssprechung in Österreich, mit Lesben im KZ Ravenbrück zu tun? Ravensbrück liegt in Nordbrandenburg, also nicht in Österreich.

Selbst in Österreich stehen den 66 Lesben 1100 Schwule gegenüber. Sagen dir die Zahlen irgendetwas? Das galt für die SCHÄRFEREN Regelungen in Österreich! Was mag dann wohl im "Altreich" gegolten haben ... vielleicht das was Herr Zinn beschreibt ... :eek:
Der Kutscher

Re: Instrumentalisieren Lesbenverbände den Holocaust für Interessenpolitik?

Beitrag von Der Kutscher »

Österreich war zu der Zeit von Deutschland besetzt und wenn Sie nur ein wenig Geschichtswissen besitzen so muß Ihnen bekannt sein das Häftlinge auch aus besetzten Gebieten nach Deutschland verbracht wurden. Ravensbrück war das Frauen-KZ im Dritten Reich.
Insgesamt waren etwa 132.000 Frauen und Kinder, 20.000 Männer und 1.000 weibliche Jugendliche aus 40 Nationen und Volksgruppen im KZ Ravensbrück und im KZ Uckermark interniert.[1] Man geht davon aus, dass 28.000 Häftlinge in Ravensbrück ums Leben gekommen sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Ravensbrück
Antworten