Meistertitel so viel wert wie Studium

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aleph
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Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von aleph »

In einem bayerischen Supermarkt soll sich eine Kundin despektierlich über eine Mitarbeiterin hinter der Fleischtheke geäußert haben. Der Chef des Ladens ließ sich im Netz darüber aus. Die Reaktionen überraschten ihn.


Er schrieb: "Dieser Post geht an die junge Mutter, welche heute vor unserer Fleischtheke mit dem Finger auf die Verkäuferin gezeigt hat und zu ihrem Kind sagte: 'Wenn Du weiterhin nichts für die Schule lernst, dann stehst Du auch mal dort hinten!'"

Dem können wir nicht zustimmen! Wenn Ihr Kind weiterhin nichts lernt, dann steht es in der Schlange am Arbeitsamt!

In unseren Filialen arbeiten nämlich nur gut ausgebildete Fachkräfte, mit Schulabschluss und abgeschlossener Berufsausbildung, viele mit mittlerer Reife, einige sogar mit Abitur.

Und solange Menschen wie Sie mit dem Finger auf Menschen wie uns zeigen, macht es auch keinen Sinn Ihnen zu erklären, dass ein Meistertitel so viel Wert ist wie ein Studium und eine duale Ausbildung weltweit mehr zählt als ein Abitur.

Und jetzt für Sie nochmal ganz persönlich: "Einen Abschluss in Empathie und Menschlichkeit, Respekt und Wertschätzung erhält Ihr Kind nicht in der Schule - aber das erledigen wir später gerne für Sie. Falls Ihr Kind doch den Abschluss schafft und mit etwas Glück vielleicht dann doch hinter unserer Fleischtheke steht und eine Ausbildung macht, dann werden Menschen wie Sie trotzdem mit einem lächeln bedient, da es bei uns gelernt hat, dass jeder Mensch Respekt verdient. Auch wenn es manchmal etwas schwerer fällt!
Klick

Eigentlich eine harmlose Sache. Das Gespräch der Mutter mit dem Kind ist ganz normaler Erziehungsalltag. Täglich mahnen Millionen von Eltern ihre Kinder, fleißig zu sein, damit sie später einmal "etwas werden". Mit "etwas werden" ist normalerweise nicht die Verkäuferin gemeint (ich wusste gar nicht, dass da auch Meisterinnen an der Theke arbeiten).

Richtig ist allerdings: Nach dem EQR sind Meister und FH Abschluss gleich, allerdings ist das wenig relevant für den Alltag: FH-Absolventen werden es im Schnitt "weiter bringen".

Interessant sind die Kommentare im Netz, die einerseits einen immensen Neid auf die angebliche "höheren Klassen" zeigt, andererseits auch schön heuchlerisch sind: auch die Kritiker der Frau werden einen Zahnarzt "höher bewerten", als eine Verkäuferin.

Im Übrigen wusste ich nicht, dass Verkäuferinnen bei Edeka in Punkto Höflichkeit ausgebildet werden, das ist mir neu. Ehrlich gesagt machen sie auf mich den Eindruck, dass si e nicht ausgebildet sind.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
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Kael
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Kael »

Leider ist der Satz so nicht richtig.
Die Unis sind am durchziehen und die Meistertitel (gibt es ja auch nur in Deutschland) - sind leider eher weniger am werden. Obwohl man auch einen "Meister der Informatik" machen können sollte anstatt einen Bachelor. Aber das ist nun mal der Weg Europas.
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Fuerst_48
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Fuerst_48 »

Es ist aus den Köpfen der Erziehenden nicht und nicht herauszubringen, dass nur Akademiker es beruflich mal gut (!) haben werden.
Selbst in meinem Beruf gab es schon mal einen Überhang mit Wartelisten und Arbeitslosigkeit.
Und ohne Arbeit, egal, welcher, ist kein Erfolg einzufahren. Wohin der Fachkräftemangel führt, wurde ohnedies andernorts ausfühlrich beleuchtet.
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John Galt
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von John Galt »

Wer 40-50 Jahre lang Wurst aufschneiden will, der sollte dann vielleicht doch mal seine Existenz überdenken.
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Agesilaos Megas
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Agesilaos Megas »

Die Frage ist wohl eher: Ist Muttersein so viel wert wie ein Meistertitel? Kann doch sein, dass die junge Alte zu Hause sitzt und aus Langeweile ihren Sohn mit Nonsens füttert. Ist immerhin Westdeutschland/Bayern...
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Fuerst_48
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Fuerst_48 »

Agesilaos Megas hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:37)

Die Frage ist wohl eher: Ist Muttersein so viel wert wie ein Meistertitel? Kann doch sein, dass die junge Alte zu Hause sitzt und aus Langeweile ihren Sohn mit Nonsens füttert. Ist immerhin Westdeutschland/Bayern...
Mag stimmen. Aber dass Mütter in ihrem Kind eine Einzigartigkeit a la Einstein sehen, ist auch bekannt. Leider...
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aleph
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von aleph »

John Galt hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:36)

Wer 40-50 Jahre lang Wurst aufschneiden will, der sollte dann vielleicht doch mal seine Existenz überdenken.
so sehe ich das auch. nicht die Verkäuferin wird abgewertet, sondern die Karriere hinter der Theke als nicht erstrebenswert dargestellt.

das ist auch richtig so. nicht nur, weil andere arbeiten mehr Spass machen, sondern auch, weil unser Wohlstand als exportnation nicht von wurstverkäuferinnen geschaffen wurde, sondern durch innovative technische spitzenleistungen.
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Agesilaos Megas
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Agesilaos Megas »

Fuerst_48 hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:53)

Mag stimmen. Aber dass Mütter in ihrem Kind eine Einzigartigkeit a la Einstein sehen, ist auch bekannt. Leider...
Im Vordergrund sollte das Glück, nicht das Prestige eines Berufes oder des Intellekts stehen; denn nicht die Mutter muss täglich in den späteren Schuhen ihres Kindes stehen...
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Alter Stubentiger
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Alter Stubentiger »

aleph hat geschrieben:(01 Jun 2019, 11:22)

Klick

Eigentlich eine harmlose Sache. Das Gespräch der Mutter mit dem Kind ist ganz normaler Erziehungsalltag. Täglich mahnen Millionen von Eltern ihre Kinder, fleißig zu sein, damit sie später einmal "etwas werden". Mit "etwas werden" ist normalerweise nicht die Verkäuferin gemeint (ich wusste gar nicht, dass da auch Meisterinnen an der Theke arbeiten).

Richtig ist allerdings: Nach dem EQR sind Meister und FH Abschluss gleich, allerdings ist das wenig relevant für den Alltag: FH-Absolventen werden es im Schnitt "weiter bringen".

Interessant sind die Kommentare im Netz, die einerseits einen immensen Neid auf die angebliche "höheren Klassen" zeigt, andererseits auch schön heuchlerisch sind: auch die Kritiker der Frau werden einen Zahnarzt "höher bewerten", als eine Verkäuferin.

Im Übrigen wusste ich nicht, dass Verkäuferinnen bei Edeka in Punkto Höflichkeit ausgebildet werden, das ist mir neu. Ehrlich gesagt machen sie auf mich den Eindruck, dass si e nicht ausgebildet sind.
Die Verkäuferin bei Edeka steht natürlich auf der untersten Stufe bei den Fachkräften. Im Supermarkt werden auch gern Berufsfremde angelernt. Das sind auch keine richtigen Verkäuferinnen sondern Regaleinräumerinnen.

Eine echte Verkäuferin kann mehr. Schon eine gute Konditoreifachverkäuferin ist eine gefragte Fachkraft denn richtige Verkaufen ist mehr als Wurst in Scheiben schneiden. Das fängt schon bei der Warenpräsentation an. Da sind schon Marketingkenntnisse erforderlich. Wer einfach seine Ware planlos in die Theke schmeißt wird sein blaues Wunder erleben. Nur mal als ein Beispiel. Im letzten Betrieb hatten wir einen Betriebsberater der regelmässig durch die Filialen gefahren ist und Testkäufe und Kundengespräche initiiert hat um die Verkäuferinnen zu testen. Mit anschließender Schulung.

Es gibt viele Berufe die einem vielleicht einfach erscheinen aber es nicht sind. Darum sollte man auch denen Wertschätzung entgegenbringen die vielleicht weniger angesehen sind als ein Doktor. Aber ohne diese Leute läuft der Laden eben auch nicht. Da sitzt dann der Doktor und wartet 6 Wochen auf einen Sanitärfachmann der sein Klo wieder repariert. Und warum wartet er so lange? Weil es keiner mehr machen will. Weil man da ja schmutzige Hände kriegt und es auch mal stinkt. Da macht die Jugend lieber was mit Medien. Mediengestalter oder Influencer. Das ist hip.
Niemand hat vor eine Mauer zu errichten (Walter Ulbricht)
...und die Mauer wird noch in 50 oder 100 Jahren stehen (Erich Honecker)
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Occham »

aleph hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:57)

so sehe ich das auch. nicht die Verkäuferin wird abgewertet, sondern die Karriere hinter der Theke als nicht erstrebenswert dargestellt.

das ist auch richtig so. nicht nur, weil andere arbeiten mehr Spass machen, sondern auch, weil unser Wohlstand als exportnation nicht von wurstverkäuferinnen geschaffen wurde, sondern durch innovative technische spitzenleistungen.
Eigentlich sollte man gar keinen Beruf abwerten, gemacht werden müssen sie ja doch alle.
Ebiker
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Ebiker »

aleph hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:57)

so sehe ich das auch. nicht die Verkäuferin wird abgewertet, sondern die Karriere hinter der Theke als nicht erstrebenswert dargestellt.

das ist auch richtig so.
Dann gibts bald wirklich nur noch abgepackte Industrienahrung.
Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand behalten W.U.
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von Dampflok94 »

John Galt hat geschrieben:(01 Jun 2019, 12:36)

Wer 40-50 Jahre lang Wurst aufschneiden will, der sollte dann vielleicht doch mal seine Existenz überdenken.
Warum sollte er/sie das tun? Wenn jemand mit seinem Leben und seinem Beruf zufrieden ist, dann ist doch alles schön! Mit welchem Recht hat jemand von außen da rein zu quatschen mit der Behauptung ein solcher Job sei nicht ausreichend. Das mag ja dann für dich gelten. Ich weiß ja nicht, ob Du in deiner Tätigkeit die Erfüllung gefunden hast. Aber falls da so sein sollte ist eines sicher: Das würde auch nicht für jeden gelten.
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
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aleph
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Re: Meistertitel so viel wert wie Studium

Beitrag von aleph »

Ebiker hat geschrieben:(01 Jun 2019, 19:04)

Dann gibts bald wirklich nur noch abgepackte Industrienahrung.
Die wird hauptsächlich von den Leuten gekauft, die etwas weniger karriereorientiert gewesen sind. An der Fleischtheke kaufen eher Leute, die gut qualifiziert sind und entsprechend verdienen.

Früher war der Status von Verkäuferinnen noch schlechter, als heute, trotzdem gab es genügend Leute, die diese Arbeiten ausführten.
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