Alle wollen es (die EU-Kommission und die Kanadier) - aber die
Wallonen blockieren es. Was ist den CETA überhaupt?

Darum soll es hier gehen, so dass sich jeder ein eigenes
Bild von CETA machen kann.

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Zeitlicher Ablauf von CETA
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Die Verhandlungen über CETA starteten 2009. Sie wurden von der
EU-Kommission mit Kanada unter strenger Geheimhaltung geführt.
CETA = "Comprehensive Economic and Trade Agreement".
Wirtschaftsvertreter saßen im Wesentlichen am Verhandlungstisch,
die Öffentlichkeit und die Parlamente blieben ausgeschlossen. Eine
Rohfassung des Textes wurde 2014 veröffentlicht, die endgültige
Fassung am 29.02.2016.
Die Besonderheit: Die EU-Kommission sieht das CETA-Abkommen
als "rein juristisches" Abkommen, das in reiner EU-Kompetenz liegt,
und muss somit NICHT von den einzelnen EU-Parlamenten
ratifiziert werden (Aussage vom 5.7.2016).
Nur aus "politischen Gründen" sollen einzelne Mitgliedsländer den
Vertrag aber doch ratifizieren. Hier hat sich Belgien jetzt verweigert.
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Inhalt von CETA
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1. CETA ist der erste Handelsvertrag der EU, der Investitionsgerichte vorsieht:
Ausländische Investor_innen können die Vertragsstaaten in einer Paralleljustiz
nach CETA-Recht verklagen, wenn sie ihre zukünftigen Profiterwartungen durch
Gesetzgebungen eingeschränkt sehen. Damit kommen auf die Staaten Klagen
in Milliardenhöhe zu. So unterhalten viele der größten US-Firmen in Kanada
Niederlassungen. Über CETA würden sie EU-Staaten verklagen können, selbst
wenn das TTIP-Abkommen zwischen den USA und der EU scheitert.
2. Zugleich wird der Spielraum für eine Gesetzgebung zugunsten des
Gemeinwohls erheblich eingeschränkt. Die "Regulatorische Kompensation"
sieht - wie bei TTIP - vor, dass bei Gesetzgebungen, die wirtschaftliche
Interessen berühren, eine Kommission der Wirtschaftsvertreter (Lobbyisten)
angehört und berücksichtigt werden sollen. Durch den übergeordneten
Gemischten CETA-Ausschuss ist sogar eine nachträgliche Veränderung des
Vertrages ohne demokratische Kontrolle möglich; denn seine Beschlüsse sind
für die Vertragsparteien bindend und umzusetzen.
3. CETA ist völkerrechtlich bindend. Die berüchtigte „Zombieklausel“ in Kapitel
30 sieht für den unwahrscheinlichen Fall einer Kündigung des Vertrags sogar
vor, dass die Klagerechte für Investoren noch weitere 20 Jahre erhalten
bleiben.
4. CETA listet nicht wie GATS (das Dienstleistungsabkommen der WTO)
die zu liberalisierenden Bereich auf (Positivliste), sondern NUR die
Ausnahmen davon (Negativliste). Damit stehen der Privatisierung
der Versorgung (Wasser, Strom, Erdgas, Entsorgung) Tür und Tor offen.
Einmal deregulierte und privatisierte Bereiche dürfen nicht mehr
zurückgenommen werden („Stillstand“- und „Sperrklinken“-Klauseln). CETA
sieht keine eindeutige, grundsätzliche Ausnahme von öffentlichen
Dienstleistungen von der Liberalisierung vor.
5. CETA sieht neutrale Vergabekriterien für kommunale ökologische und
soziale Projekte. Damit wird die kommunale Selbstverwaltung ausgehebelt.
Die öffentliche Förderung von Kultureinrichtungen unterliegt ebenfalls
der Neutralität, d.h. darf meistens aus Neutralitätsgründen nicht
weitergeführt werden.
6. Nachsorgeprinzip: Gefährliche Produkte und Technologien können demnach
erst dann aus dem Verkehr gezogen werden, wenn ihre Risiko wissenschaftlich
zweifelsfrei nachgewiesen ist. Das ist meistens viel zu spät. Durch regulatorische
Zusammenarbeit können so Gentechnik oder mit hormonellen Masthilfen
erzeugtes Fleisch auf unseren Tisch kommen.
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Speziell kanadische Elemente von CETA
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7. Die Treibstoffrichtlinie der EU soll das extrem klimaschädliche
Schweröl aus kanadischen Teersanden zulassen. Unter CETA können
Unternehmen gegen ein mögliches künftiges Verbot der Schiefergasförderung
(Fracking) klagen.
Anmerkung: Kanada ist unter dem CETA-ähnlichen NAFTA-Abkommen bereits
verklagt worden, nachdem die Provinz Québec Fracking gestoppt hatte.
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CETA im Windschatten von TTIP
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Bei den zähen fortwährenden Diskussionen um TTIP konnte
CETA still und heimlich weiterentwickelt und von der EU-Kommission
unterzeichnet werden.
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Bundesverfassungsgericht
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Das BVG hat am 13.10.2016 eine einstweilige Anordnung gegen
eine CETA-Zustimmung abgelehnt. Allerdings unter der Voraussetzung,
dass eine einseitige Kündigung von CETA durch Deutschland
möglich ist (was ja wiederum im CETA-Vertrag selbst ausgeschlossen
wird).
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Links:
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Attack
http://www.attac.de/index.php?id=71381
Norbert Häring
http://norberthaering.de/de/27-german/n ... eiterlesen
Heute Show
BVG:
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 6-071.html
Wiso:
http://library.fes.de/pdf-files/wiso/12500.pdf
Analyse und Bewertung:
http://www.boeckler.de/pdf_fof/S-2014-779-1-1.pdf
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Also: Bevor Du sagst, Du seist für CETA - oder Du seist dagegen,
bitte erstmal mit den Inhalten befassen, und überlegen, was das
für Dich und Deine Umgebung bedeutet.
