EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

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frems
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EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

Etwas Lesestoff vorweg:
Die Abschaffung der Milchquote wird den Milchbauern nichts bringen, meint der Agrarsprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff, weil ein Sicherheitsnetz und Kriseninstrumente fehlen. Der Landwirt erwartet, dass bis 2020 weitere 20 % der Betriebe aufhören, wenn die Menge auf dem Markt weiter steigt.
http://www.topagrar.com/news/Home-top-N ... 44123.html

Der Wegfall der EU-Milchquote zum 1. April treibt derzeit in Niedersachsen die Preise für die Kühe hoch.
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... te100.html

Nach 31 Jahren schafft die EU die Milchquote ab. Die Erzeuger produzieren also ab sofort so viel Milch, wie sie wollen und können. Warum gab es die Quote? Wer profitiert von ihrer Abschaffung? Und was ist ein "Sofamelker"? Ein Überblick über Fragen und Antworten.
http://www.tagesschau.de/inland/milchquote-105.html

Landwirte müssen sich auf stärkere Preisschwankungen einstellen: Nach mehr als 30 Jahren ist die Milchquote in der EU Geschichte. Ein Rück- und Ausblick in Bildern.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 25517.html

Manche Landwirte bedauern den Wegfall der Milchquote
http://www.swp.de/ehingen/lokales/ehing ... 07,3142470
Was meint die werte Userschaft zu diesem Schritt der EU? Längst überfällig? Unverantwortlich für Mensch und Natur? Oder in der Praxis eh weitestgehend irrelevant?
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jack000
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von jack000 »

Die Milchquote hatte die Idee, das auch kleine bäuerliche Betriebe überleben können. Das Gegenteil aber war der Fall, daher ist dieses Konzept gescheitert.
Kleine bäuerliche Betriebe zu erhalten ist aber nach wie vor ein anzustrebendes Ziel, daher muss ein neues Konzept geschaffen werden welches diese Ziele auch erreichen kann.
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Watchful_Eye
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Watchful_Eye »

Kann man sagen, dass das sowas wie die Buchpreisbindung ist, nur für Milch? Wenn ja, sehe ich das eher als eine unnötige Symptombekämpfung der Schwachstellen des Kapitalismus. ;)
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Boracay »

Watchful_Eye » So 5. Apr 2015, 00:39 hat geschrieben:Kann man sagen, dass das sowas wie die Buchpreisbindung ist, nur für Milch? Wenn ja, sehe ich das eher als eine unnötige Symptombekämpfung der Schwachstellen des Kapitalismus. ;)
Was soll daran eine Schwachstelle sein? Wenn kleine Betriebe ich nicht lohnen dann müssen die schließen. Die Bauern fallen ja meist sehr weich, da Land an groessere Betreibe verkauft oder verpachtet werden kann.
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Liegestuhl
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Liegestuhl »

Watchful_Eye » So 5. Apr 2015, 01:39 hat geschrieben:Kann man sagen, dass das sowas wie die Buchpreisbindung ist, nur für Milch? Wenn ja, sehe ich das eher als eine unnötige Symptombekämpfung der Schwachstellen des Kapitalismus. ;)
Das Scheitern der Milchquote offenbart die kontraproduktive Wirkung von künstlichen Marktrestriktionen. Anstatt Milchberge über das freie Spiel von Angebot und Nachfrage abzubauen, haben die Euro-Sozialisten Quoten eingeführt.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von MN7 »

Im Gegensatz zum hochgradig wetterabhängigen Ackerbau ist die Milchproduktion sehr gut planbar, braucht keine staatliche Stütze. Die Milchquote ist teuer und volkswirtschaftlich vollkommen unnötig, ihr Erhalt ließe sich nur mit Korruption erklären.
Zuletzt geändert von MN7 am Sonntag 5. April 2015, 10:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Der Neandertaler
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo jack000.
jack000 hat geschrieben:Die Milchquote hatte die Idee, das auch kleine bäuerliche Betriebe überleben können. Das Gegenteil aber war der Fall, daher ist dieses Konzept gescheitert.
Kleine bäuerliche Betriebe zu erhalten ist aber nach wie vor ein anzustrebendes Ziel, daher muss ein neues Konzept geschaffen werden welches diese Ziele auch erreichen kann.
Einspruch Euer Ehren! Die Milchquote wurde 1984 eingeführt. Sie sollte zweierlei sicherstellen:
  • einerseits sollte damit die Sicherstellung der Bevölkerug mit Milch garantiert werden - andererseits: ohne zu Überproduktion zu führen - die Überproduktion sollte letztlich für den betroffenen Betrieb unrentabel werden. Man wollte also zukünftig Milchseen und Butterberge verhindern.
Betriebe, die ihre Quote ausgeschöpft hatten, konnten zusätzlich Quoten zukaufen. Also - Watchful_Eye: nicht adäquat zur Buchpreisbindung - eher zum Emissionshandel.
Wer mehr produziert, als seine Quote zuläßt (ohnen Quoten zuzukaufen), droht die Zahlung einer sogeannten "Superabgabe". Um auch kleinerer Betriebe das Überleben zu sichern, ging es also nur in zweiter Linie.

Zuletzt ist die Milchquote aber zum letzten Stückchen Planwirtschaft verkommen.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von schildkröte »

Watchful_Eye » So 5. Apr 2015, 01:39 hat geschrieben:Kann man sagen, dass das sowas wie die Buchpreisbindung ist, nur für Milch? Wenn ja, sehe ich das eher als eine unnötige Symptombekämpfung der Schwachstellen des Kapitalismus. ;)
Eigentlich nicht, denn die Buchpreisbindung hat einen kulturpolitischen Hintergrund, während die Milchquote rein politisches Hilfsmittel zu ökonomischer Steuerung ist (war).
Zutreffend ist allerdings Dein Vermerk zur Hilflosigkeit solcher Maßnahmen gegen die Entwicklungen des Kapitalismus. Mit Einzug der industriellen Landwirtschaft und der starken Anbindung ans Finanzkapital sind kleinere bäuerliche Betriebe "entbehrliche" Konkurrenz. Quotenregulierungen können diesen Prozess der Verdrängung nur bedingt aufhalten.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Adam Smith »

schildkröte » So 5. Apr 2015, 10:17 hat geschrieben: Mit Einzug der industriellen Landwirtschaft und der starken Anbindung ans Finanzkapital sind kleinere bäuerliche Betriebe "entbehrliche" Konkurrenz.
In Simbabwe hat der sozialistische Präsident die Großbauern enteignet und das Land den kleinen Bauern zur Verfügung gestellt. Prompt kam es in dem Land zu einer Hungersnot.
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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BlueMonday
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von BlueMonday »

Der Neandertaler » So 5. Apr 2015, 08:18 hat geschrieben: Die Milchquote wurde 1984 eingeführt. Sie sollte zweierlei sicherstellen:
  • einerseits sollte damit die Sicherstellung der Bevölkerug mit Milch garantiert werden - andererseits: ohne zu Überproduktion zu führen

Da offenbart sich der ganze Nonsens des Interventionsmus mal wieder.

Die Milchseen sind durch Subventionen entstanden, denen man dann in einer weiteren Intervention dann Herr werden wollte.
Die übliche Interventionsspirale. Korrektur der Korrektur der Korrektur...

Beim EE-Strom hat mans dann nicht quotiert, sondern die Abnahme zum garantierten Preis den Verbraucher einfach zahlen lassen ("EEG-Umlage"). Das hat dann noch ganz andere bizarre Blüten hervorgebracht.
Steigende Verbraucherpreise durch die Umlage auf der einen Seite und auf der anderen SolarWindStromschwemme zur Unzeit, für die man dann noch gezahlt hat, damit sie jemand abnimmt. Und je mehr der Verbraucher spart, um so mehr darf er zahlen für seinen Strom :)

Geplantes Chaos.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von MN7 »

schildkröte » So 5. Apr 2015, 09:17 hat geschrieben:Zutreffend ist allerdings Dein Vermerk zur Hilflosigkeit solcher Maßnahmen gegen die Entwicklungen des Kapitalismus. Mit Einzug der industriellen Landwirtschaft und der starken Anbindung ans Finanzkapital sind kleinere bäuerliche Betriebe "entbehrliche" Konkurrenz.
Diesen kleinen Betrieben fehlen die Leute und die Ausrüstung, um die von den großen Gesellschaften erbrachte Produktivität und Effizienz zu erreichen. Wenn sie sich nicht mit Innovationen oder Nischenmärkten über Wasser halten können, sind sie raus. Dafür muss sie niemand als "entbehrlich" deklarieren.

Eigentlich ist doch diese Vergesellschaftung der landwirtschaftlichen Produktion immer eine der Kernforderungen der Antikapitalisten gewesen. Der einzige Unterschied ist nur, dass man hier anstelle marxistisch-leninistischer Voodoo-Ökonomen echte Wirtschaftsexperten im Management hat. Und die Gesellschaften deswegen hervorragend laufen.
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franktoast
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von franktoast »

BlueMonday » So 5. Apr 2015, 09:54 hat geschrieben:

Da offenbart sich der ganze Nonsens des Interventionsmus mal wieder.

Die Milchseen sind durch Subventionen entstanden, denen man dann in einer weiteren Intervention dann Herr werden wollte.
Die übliche Interventionsspirale. Korrektur der Korrektur der Korrektur...

Beim EE-Strom hat mans dann nicht quotiert, sondern die Abnahme zum garantierten Preis den Verbraucher einfach zahlen lassen ("EEG-Umlage"). Das hat dann noch ganz andere bizarre Blüten hervorgebracht.
Steigende Verbraucherpreise durch die Umlage auf der einen Seite und auf der anderen SolarWindStromschwemme zur Unzeit, für die man dann noch gezahlt hat, damit sie jemand abnimmt. Und je mehr der Verbraucher spart, um so mehr darf er zahlen für seinen Strom :)

Geplantes Chaos.
Ja, Interventionsspirale. Das kennen wir ja. Wahrscheinlich kommt nach der Mietpreisbremse dann irgendwann noch ne Steuererleichtung für Neubauten. (obwohl grad wohl relativ viel gebaut wird - aus Mangel an anderen Anlagen).

Beim Strom ist die Situation etwas anderes. Da entstehen keine "Stromberge". Eben weil die subventionierte Stromherstellung nur einen Teil ausmacht. EO.N und Co. können dann mit niedrigerer Produktion oder niedrigeren Preisen gegensteuern. Würde jeder Stromhersteller diese Subvention über dem Marktpreis bekommen, würde entsprechend ein großer Teil an Strom verpuffen und der Steuerzahler käme dafür auf.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von franktoast »

jack000 » Sa 4. Apr 2015, 23:09 hat geschrieben:Die Milchquote hatte die Idee, das auch kleine bäuerliche Betriebe überleben können. Das Gegenteil aber war der Fall, daher ist dieses Konzept gescheitert.
Kleine bäuerliche Betriebe zu erhalten ist aber nach wie vor ein anzustrebendes Ziel, daher muss ein neues Konzept geschaffen werden welches diese Ziele auch erreichen kann.
Warum? Weil man per se für den Kleinen und gegen den Großen ist? Wenn kleinere Betriebe aufgeben, dann in der Regel, weil sie zu unproduktiv sind. Was bringt eine unproduktivere Wirtschaft außer höhere Preise und somit weniger Wohlstand?
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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jorikke
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von jorikke »

jack000 » So 5. Apr 2015, 00:09 hat geschrieben:Die Milchquote hatte die Idee, das auch kleine bäuerliche Betriebe überleben können. Das Gegenteil aber war der Fall, daher ist dieses Konzept gescheitert.
Kleine bäuerliche Betriebe zu erhalten ist aber nach wie vor ein anzustrebendes Ziel, daher muss ein neues Konzept geschaffen werden welches diese Ziele auch erreichen kann.
Warum ist das ein anzustrebendes Ziel?
Kleine bäuerliche Betriebe sind schon heute ein Anachronismus. Die armen Menschen buckeln sich krumm, ohne ein adäquates Einkommen.
Zur Lebensmittelproduktion werden sie nicht mehr gebraucht.
Die Kinder wollen/können schon heute die Höfe nicht mehr übernehmen. Deshalb wäre es sinnvoller - als Überholtes künstlich zu subventionieren - Stilllegungsprämien zu zahlen und zusätzlich ein Gehalt für Landschaftspflege.
Schon viele Berufe sind durch industrielle Produktionsmethoden ausgestorben.
Man sollte die Agonie durch geeignete Maßnahmen abkürzen und sozial absichern.
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Der Neandertaler
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo BlueMonday.
BlueMonday hat geschrieben: Da offenbart sich der ganze Nonsens des Interventionsmus mal wieder.

Die Milchseen sind durch Subventionen entstanden, denen man dann in einer weiteren Intervention dann Herr werden wollte.
Die übliche Interventionsspirale. Korrektur der Korrektur der Korrektur...
Schon richtig, was Du sagst. Aber hinterher ist man immer schlauer!
Es würde der Sache bestimmt nicht gerecht, würde man Erkenntnisse von 1984 an ein Problem anlegen ... eine zeitliche Einordnung anlegen, die oder das zur Entstehung der genannten Milchseen oder Butterberge geführt hat.
Sprich:
  • jedwede Erkenntnis oder Anordnung hatte mit Sicherheit zu dieser Zeit, zu der diese anstand, ihre Berechtigung - um etwas bestimmtes zu erreichen ... um etwas in einer überschaubaren Zeit zu erreichen.
Beispiel:
  • Die Subventionierung ... etwa von Getreide (oder französischer Hähnchenschenkel), wenn sie in afrikanische Länder ausgeführt werden, hatte zu damaliger Zeit ebenso seine Berechtigung. Zu dieser Zeit herrschte dort eine große Hungersnot, die man schnellstens und effektiv bekämpfen mußte - einheimische Bauern schafften es nicht, ihre Bevölkerung adäquat und billig zu versorgen. Heutzutage schadet diese Praxis der einheimischen Landwirtschaft - weil importierte Produkte teilweis billiger sind als einheimische. Das Problem nur, wir haben mittlerweile 28 Staaten in der EU - und jedes Land hat eventuell andere Interessen. Hinzu kommen noch die verschiedenen Industriezweige - mit ebenfalls eigenen Interessen.

    Fazit:
    • den einmal eingeschlagen Weg (auch wenn er mittlerweile als fatal erkannt wurde), diesen wieder zu verlassen ... zum Besseren umzukehren, ist nicht immer ganz einfach ... bei 28 Staaten und mindest sovielen Interessen.
BlueMonday hat geschrieben:Beim EE-Strom hat mans dann nicht quotiert, sondern die Abnahme zum garantierten Preis den Verbraucher einfach zahlen lassen ("EEG-Umlage"). Das hat dann noch ganz andere bizarre Blüten hervorgebracht.
Ich gelte weitgehend als Besserwisser - weil ich weithin der Meinung bin, vieles besser zu wissen. Um diesem nachzukommen, ...
Verbesserung - Ergänzung:
  • die Quotierung erfolgte doch schon durch die Menge, die die Stromwirtschaft in ihr Netz einspeisen mußte ... die sie abnehmen mußte - zum Garantiepreis!
Zur Absurdität beigetragen hat zudem, daß es für den Einzelnen ökonomischer ... preiswerter war, wenn er etwa Solarstrom zum Garantiepreis an seinen örtlichen Stromkonzern zur Einspeisung abgab und die Strommenge, die er benötigte, ganz "normal" von dem gleichen Konzern abnahm. Alles subventioniert durch alle Stromkunden.
Diesen Irrsinn hat Politik glücklicher Weise nun teilweise beseitigt. Aber hat zumindest erreicht, daß etwa 25% erneuerbare Energieträger etabliert sind - wäre vielleicht ohne Garantieabnahme und Garantiepreis nicht erreicht worden ... bestimmt nicht in dieser recht kurzen Zeit.
Vielleicht hat man dies ... den Aberwitz nicht gesehen? Vielleicht hat man ihn gesehen, aber nicht sehen wollen ... ihn billigend inkauf genommen?
Aber man wollte mit dieser Subventionierung etwas Bestimmtes erreichen - hat man ja auch.

Gleiches gilt für eingangs erwähnte Milchseen und Butterberge!
BlueMonday hat geschrieben:Steigende Verbraucherpreise durch die Umlage auf der einen Seite und auf der anderen SolarWindStromschwemme zur Unzeit, für die man dann noch gezahlt hat, damit sie jemand abnimmt. Und je mehr der Verbraucher spart, um so mehr darf er zahlen für seinen Strom :)

Geplantes Chaos.
Von "geplantem Chaos" würde ich nicht unbedingt reden - wohl aber von "billigend-inkauf-nehmen".
Sieh mal:
  • wenn es stimmt, daß der Verbraucher teilweise eine größere und effektivere Macht hat als Politik ... als politische Anordnungen, dann war der Weg schon richtig.
Ein Unternehmen ... ein wirtschaftlich denkendes und handelndes Unternehmen, daß auf Image ... auf öffentliche Meinung und Zuspruch angewiesen ist, dürfte nichts so sehr fürchten, wie den Wahrheits- und Ansehensverlußt seitens seiner Kunden. Wenn dieses, was Du beschreibst (örtlicher Stromüberschuß und "draufzahlen" beim "Ausland-Verkauf" dessen, damit das Netz nicht zusammenbricht), wenn dies in der Öffentlichkeit so wahrgenommen wird (ich bin überzeugt davon, daß es noch nicht so wahrgenommen worden ist - denn dies bezahlen wir letztendlich alle), ...
  • Politik würde den Druck auf diese Unternehmen, wegen fehlender Speicherkapazität und schnellen! Aufbau, nie so effektiv und innovativ bewerkstelligen können, wie die Öffentlichkeit.
Öffentlicher Druck, respektive: Empörung ... Wahrnehmung kann am effektivsen über den Preis hergestellt werden!
Wenn ich für jede Erfindung ... Umsetzung ... Verbesserung, die aufgrung dieses (öffentlichen) Drucks vorgenomen wurde, wenn ich dafür nur einen Euro bekommen würde, ... arbeiten brauchte ich dann bestimmt nicht mehr. Aber ob diese Verbesserungen auch erreicht worden wären, wenn dies nicht verursacht über den Preis und folgend über öffentlichen Verbraucher-Druck geschehen wäre, ...
  • ich weiß nicht?
Zweites Beispiel:
  • jahrelang wurde zum Stromsparen aufgefordert - etwa durch ausschalten von Standby-Schalter. Verbraucher-Gewohnheiten ... Verbraucher-Bequehmlichkeiten kannst Du aber selten einfach per Anordnunen oder durch Empfehlungen verändern. Also blieb nur der indirekte Weg: über den Preis.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von schokoschendrezki »

jorikke » So 5. Apr 2015, 12:37 hat geschrieben: Kleine bäuerliche Betriebe sind schon heute ein Anachronismus. Die armen Menschen buckeln sich krumm, ohne ein adäquates Einkommen.
Zur Lebensmittelproduktion werden sie nicht mehr gebraucht.
Die Kinder wollen/können schon heute die Höfe nicht mehr übernehmen. Deshalb wäre es sinnvoller - als Überholtes künstlich zu subventionieren - Stilllegungsprämien zu zahlen und zusätzlich ein Gehalt für Landschaftspflege.
Schon viele Berufe sind durch industrielle Produktionsmethoden ausgestorben.
Man sollte die Agonie durch geeignete Maßnahmen abkürzen und sozial absichern.
Stilllegungsprämien und zusätzlich ein Gehalt für Landschaftspflege gibt es doch seit 1993 in Form der Agrar-Ausgleichszahlungen (bis 2004 als Produktprämien und ab 2005 als entkoppelte, produktunabhängige Betriebsprämien). Ohne diese hätten die Bauernverbände niemals einem Abbau der EU-Agrarsubventionen zugestimmt.

Der Punkt ist aber: Letztendlich landen diese Gelder dann doch eher nicht bei denen, die Landwirtschaft betreiben.
Agrarforscher Jo Swinnen hat geschrieben: Wir sehen ganz klar, die Preise für Grund und Boden steigen mit den Subventionen. Ein großer Teil der Subventionen bleibt nicht als zusätzliches Einkommen bei den Bauern hängen, sondern landet bei den Landbesitzern und den Düngemittellieferanten et cetera. Als die neuen Länder der EU beitraten, sind in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn die Landpreise sofort drastisch gestiegen. Die Landbesitzer haben von den europäischen Subventionen weit mehr profitiert als die Bauern.
http://www.deutschlandfunk.de/milchquot ... _id=315857

Dass kleine bäuerliche Betriebe ein "Anachronismus" sind ... das sehe ich übrigens anders. Sie passen nur nicht in unsere von gleichförmigen Lebensmittel-Discountern geprägte Welt.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von pudding »

Boracay » So 5. Apr 2015, 06:51 hat geschrieben:
Was soll daran eine Schwachstelle sein? Wenn kleine Betriebe ich nicht lohnen dann müssen die schließen. Die Bauern fallen ja meist sehr weich, da Land an groessere Betreibe verkauft oder verpachtet werden kann.
Du stimmst mir folglich zu wenn ich sage Markt und Wettbewerb fördert Monopolisierung. Prima.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Moses »

pudding » Mi 8. Apr 2015, 12:11 hat geschrieben: Du stimmst mir folglich zu wenn ich sage Markt und Wettbewerb fördert Monopolisierung. Prima.
Wer würde Dir da wiedersprechen? Natürlich ist das so, deshalb mussten ja Regularien geschaffen werden um eine schädliche Monopolisierung einzudämmen - wenn Der markt in allen Punkten perfekt wäre müssten der Mensch nicht dauern eingreifen.
Aber das ist doch nicht neues.
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von schokoschendrezki »

Moses » Mi 8. Apr 2015, 12:15 hat geschrieben: Wer würde Dir da wiedersprechen? Natürlich ist das so, deshalb mussten ja Regularien geschaffen werden um eine schädliche Monopolisierung einzudämmen - wenn Der markt in allen Punkten perfekt wäre müssten der Mensch nicht dauern eingreifen.
Aber das ist doch nicht neues.
Aber es greift ja keine gewählte Instanz ein, die im übergeordneten Interesse der Gesellschaft und ihrer Bürger Regularien schafft, sondern es findet hinter den Kulissen demokratischer Instanzen ein Gerangel und Gezerre von Lobbyverbänden statt und die Regularien sind einfach eine Schnittmenge dieser Interessen. Zumindest in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU herrscht seit jeher dieses Prinzip.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Moses »

schokoschendrezki » Mi 8. Apr 2015, 13:06 hat geschrieben:
Aber es greift ja keine gewählte Instanz ein, die im übergeordneten Interesse der Gesellschaft und ihrer Bürger Regularien schafft, sondern es findet hinter den Kulissen demokratischer Instanzen ein Gerangel und Gezerre von Lobbyverbänden statt und die Regularien sind einfach eine Schnittmenge dieser Interessen. Zumindest in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU herrscht seit jeher dieses Prinzip.
Keine gewählte Instanz schafft Regularien zur Interessenwahrung der Allgemeinheit?
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_geg ... %A4nkungen
hier steht was anderes.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von schokoschendrezki »

Moses » Mi 8. Apr 2015, 13:46 hat geschrieben: Keine gewählte Instanz schafft Regularien zur Interessenwahrung der Allgemeinheit?
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_geg ... %A4nkungen
hier steht was anderes.
Im Falle der Milchquote ist die Gemeinsame Agrarpolitik der EU entscheidend. Und ich sage ja gar nicht, dass die Regulationsinstanzen nicht demokratisch gewählt sind. Ich sage noch nicht mal, dass beratende Lobbyarbeit grundsätzlich abzulehnen ist. Die Agrar- und Landbesitzerlobbys "beraten" aber nicht nur sondern schicken im Ernstfall, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen, Traktoren und Landmaschinen nach Brüssel.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Moses »

schokoschendrezki » Mi 8. Apr 2015, 13:52 hat geschrieben:
Im Falle der Milchquote ist die Gemeinsame Agrarpolitik der EU entscheidend. Und ich sage ja gar nicht, dass die Regulationsinstanzen nicht demokratisch gewählt sind. Ich sage noch nicht mal, dass beratende Lobbyarbeit grundsätzlich abzulehnen ist. Die Agrar- und Landbesitzerlobbys "beraten" aber nicht nur sondern schicken im Ernstfall, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen, Traktoren und Landmaschinen nach Brüssel.
Da gebe ich Dir wiederum recht - nur ist das mit den Träckern in Brüssel ja auch nicht viel anders als die dauernde Streikerei bei der bahn - die Bauern haben eben niemanden den sie sonst "bestreiken" können :D
Der Herr gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht hinnehmen kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Macc »

Die unsäglichen Milchbauern sowieso.
Was habe sie vor einiger Zeit für einen Zirkus veranstaltet. Haben mit ihren Traktoren alles
lahmgelegt, viele Liter Milch in den Rinnstein ( !!! ) fließen lassen. Laut posaunt :
" Der Milchpreis ist viel zu niedrig. davon können wir nicht leben ! "

Und heute ? Heute sind se immer noch da - Lächerlich
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paradoxx
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von paradoxx »

Jedem Subventionsempfänger stehen andere gegenüber, für die gilt: "Sauf & friss oder stirb"
Willensbildung ist demokratisch-repräsentativ oder totalitär, eins schließt das andere aus (s. Art. 137 GG)
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frems
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

Ein Wiederauferstehen des Quotenregimes will eigentlich niemand. Aber marktfremde Eingriffe sind bereits wieder in Kraft. So haben sich die EU-Länder im März auf ein freiwilliges System des Mengenabbaus geeinigt. Die Milcherzeuger dürfen sich danach offiziell über Mengen absprechen – normalerweise ein schwerer Verstoß gegen das Kartellrecht. Doch hier gilt eine Ausnahme.

Allein: Bisher hat diese Produktionsbegrenzung in Deutschland nicht gewirkt. Milchviehhalter-Lobbyist Romuald Schaber sieht in der freiwilligen Begrenzung denn auch eher ein Ablenkungsmanöver als eine Lösung. Er verlangt stattdessen direkte finanzielle Anreize: 30 Cent für jeden nicht produzierten Liter Milch sollen die Bauern nach seinen Vorstellungen erhalten.
http://www.welt.de/wirtschaft/article15 ... mscht.html

30 Cent. Das wären also mehr als der heutige Milchpreis. Aber ein guter Vorschlag. Ich habe heute 50.000 Liter Milch nicht produziert. :)
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Milady de Winter
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Milady de Winter »

Wie wäre es mit einer Begrenzung der Milchproduktion und dafür einfach höhere Preise pro Liter? Für mich ist diese Überproduktion einfach unverantwortlich, und sie heizt die Dumpingpreisspirale immer weiter an. Krank.
- When he called me evil I just laughed -
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frems
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

Milady de Winter hat geschrieben:(20 May 2016, 18:43)

Wie wäre es mit einer Begrenzung der Milchproduktion und dafür einfach höhere Preise pro Liter? Für mich ist diese Überproduktion einfach unverantwortlich, und sie heizt die Dumpingpreisspirale immer weiter an. Krank.
Das ist halt die Marktwirtschaft. Keiner will seine Produktion begrenzen, denn je weniger er pro Liter verdient, desto mehr will er auf den Markt werfen. Und reduziert er und die Preise steigen, haben "alle anderen" was davon, da sie weiter viel produzieren.

Ich versuch mir nur gerade vorzustellen, die Automobilbauer produzieren mehr Fahrzeuge als nachgefragt werden. Und wenn viele Wagen keinen Käufer finden und die Preise purzeln, dann schreit man zum Staat, dass man gerne Zuschüsse hätte, um gewohnte Einnahmen zu erhalten. :?
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 18:31)

http://www.welt.de/wirtschaft/article15 ... mscht.html

30 Cent. Das wären also mehr als der heutige Milchpreis. Aber ein guter Vorschlag. Ich habe heute 50.000 Liter Milch nicht produziert. :)
Das eigentliche Problem ist vermutlich im Vordringen des industriellen Anbaus von Nahrungsmitteln und der industriellen Massentierhaltung zu sehen. Deren Anbaukosten, Finanzierungskosten und die Einkaufsmacht als Großverbraucher von Saatgut, Düngemitteln und Futtermitteln liegen vermutlich weitaus günstiger als die der vielen mittelständischen bäuerlichen Betriebe.

Die unerwünschten und lebensfeindlichen Nebenwirkungen dieses flächendeckenden Raubbaus werden unsere Gesellschaft eines Tages ereilen (Vergiftete Böden, verseuchtes Grundwasser, vernichtete Artenvielfalt). Aber dann haben die Kapitaleigner längst ihre Investitionen mehrfach erwirtschaftet, und die gesellschaftlichen Kosten landen wieder bei der Allgemeinheit.

Als Wahlvolk spielen die kleinen und mittleren Landwirte nicht mehr die große Rolle; deshalb ist ihr Untergang unvermeidlich. Weiterhin sind billige Nahrungsmittel das, was der städtische Verbraucher sich wünscht. Da bleibt wenig Raum für das Überleben kleiner und mittlerer Höfe "auf Kosten der Verbraucher".

Speziell in der Milcherzeugung muß man sehen, daß das Weidevieh abgelöst wird durch Tiere, die den Rest ihres Lebens in riesigen Ställen angebunden und dort mit auf dem Weltmarkt eingekauftem Futter gefüttert, getränkt, mechanisch entmistet und abgemolken werden. Diese Milch kann kostengünstiger erzeugt werden als mit Weidevieh, wo mehr Menschen damit befaßt sind, die Tiere ab zu melken und die Milch an Sammelstellen zum Abtransport in Molkereien zusammen zu schütten.

Ich vermute, daß es eine Nische geben wird, wo Milch "aus biologischer Erzeugung" ihren Markt finden wird; aber das bleibt eine Nische, und für Mogeleien ist vermutlich auch gesorgt, wie bei der Erzeugung von Eiern oder Gemüse.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 18:57)

Das eigentliche Problem ist vermutlich im Vordringen des industriellen Anbaus von Nahrungsmitteln und der industriellen Massentierhaltung zu sehen. Deren Anbaukosten, Finanzierungskosten und die Einkaufsmacht als Großverbraucher von Saatgut, Düngemitteln und Futtermitteln liegen vermutlich weitaus günstiger als die der vielen mittelständischen bäuerlichen Betriebe.
Für so ein romantisiertes Bild von Bauernfamilien gibt's ja zig Milliarden Euro Subventionen von Bund und EU. Aber selbst die kleinsten Betriebe sind in der Moderne angekommen und unterscheiden sich höchstens bei den Skaleneffekten von Großbetrieben. Letztendlich wird man sich damit abfinden müssen, dass einige mit der Zeit gehen, wenn sie nicht mit der Zeit gehen.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 19:19)

Für so ein romantisiertes Bild von Bauernfamilien gibt's ja zig Milliarden Euro Subventionen von Bund und EU. Aber selbst die kleinsten Betriebe sind in der Moderne angekommen und unterscheiden sich höchstens bei den Skaleneffekten von Großbetrieben. Letztendlich wird man sich damit abfinden müssen, dass einige mit der Zeit gehen, wenn sie nicht mit der Zeit gehen.
Das Thema müssen Sie aber an den Stichworten "Einkaufsmacht" und "Arbeitskosten" entlang sehen. Dann haben mechanisiert bearbeitete Großflächen mit Monokulturen und Riesenställe mit vielen tausend Tieren ganz einfach Kostenvorteile. Das kann kein Landwirt mit seinen geringen Bodenflächen und seiner Familie im Einsatz einholen, selbst wenn er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten der selben Verfahren bedient.

Ein Ausweg im Kleinen wäre noch der Aufbau von Genossenschaften; aber auch dort können die vielen Familien nicht ihr Auskommen finden, sondern allenfalls als willkommenes Nebeneinkommen davon einen Nutzen haben. So weit ich das als Stadtmensch beobachten konnte, geben viele Landwirte auf, verpachten ihre Äcker und Weiden an Großbetriebe oder geben sie als Beteiligung in Genossenschaften, die zuletzt dann in gleicher Weise Raubbau mit der Ackerfläche treiben, wie andere Kapitalgesellschaften auch.

Da tickt aus meiner Sicht eine Zeitbombe, die unsere Gesellschaft ereilen wird. Ist es denn romantisch, das Grundwasser nicht zu verseuchen mit Düngemitteln und Rückständen von Medikamenten für die Massentierhaltung, die natürliche Bodenfruchtbarkeit und die Vielfalt der Pflanzen und Tiere in unserer Landschaft zu erhalten? Das alles sind unsere Lebensgrundlagen!
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 19:45)

Das Thema müssen Sie aber an den Stichworten "Einkaufsmacht" und "Arbeitskosten" entlang sehen. Dann haben mechanisiert bearbeitete Großflächen mit Monokulturen und Riesenställe mit vielen tausend Tieren ganz einfach Kostenvorteile. Das kann kein Landwirt mit seinen geringen Bodenflächen und seiner Familie im Einsatz einholen, selbst wenn er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten der selben Verfahren bedient.
Na das meinte ich doch mit den Skaleneffekten bei Großbetrieben. Das ist in nahezu allen Wirtschaftszweigen so und das schon unterm Kaiser.
Ein Ausweg im Kleinen wäre noch der Aufbau von Genossenschaften; aber auch dort können die vielen Familien nicht ihr Auskommen finden, sondern allenfalls als willkommenes Nebeneinkommen davon einen Nutzen haben. So weit ich das als Stadtmensch beobachten konnte, geben viele Landwirte auf, verpachten ihre Äcker und Weiden an Großbetriebe oder geben sie als Beteiligung in Genossenschaften, die zuletzt dann in gleicher Weise Raubbau mit der Ackerfläche treiben, wie andere Kapitalgesellschaften auch.

Da tickt aus meiner Sicht eine Zeitbombe, die unsere Gesellschaft ereilen wird. Ist es denn romantisch, das Grundwasser nicht zu verseuchen mit Düngemitteln und Rückständen von Medikamenten für die Massentierhaltung, die natürliche Bodenfruchtbarkeit und die Vielfalt der Pflanzen und Tiere in unserer Landschaft zu erhalten? Das alles sind unsere Lebensgrundlagen!
Der primäre Sektor ist doch heutzutage winzig. Ob beim BIP oder der Zahl an Beschäftigten, ist das doch ein Witz. Eine Halbierung über 20 Jahre würde kaum einer bemerken. Dann arbeiten einige halt bei expandierenden Großbetrieben, während sich andere beruflich umorientieren müssen, so wie es üblich ist. Bei uns haben früher Hunderttausende im Hafen gearbeitet. Heute ist die Zahl vierstellig (das Stadtmarketing wirft gerne mit anderen Zahlen um sich).

Ökologisch besser sind Kleinbetriebe aber nicht. Da machen sich viele gerne was vor und denken an Naturromantik, obwohl so ein durchschnittlicher Acker ein zugespritztes Gebiet voller Monokulturen ist, wo kaum Leben ist. Da ist jede Industriebrache, die man mal drei Jahre in Ruhe lässt, ökologisch wertvoller. Die kultivierte Landschaft ist ja die bezwungene Natur und nicht das Wilde.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

Zur Entscheidung von 1984:

Natürlich war die Einführung der Quote auch damals nciht unumstritten. ;) Einer meiner Kommilitonen, der Sohn des ehem. Ldw-Ministers Glup und Herrscher über einen gar prächtigen 300 ha -Hof war natürlich der Meinung, dass man das alles dem markt überlassen solle. :p
Das grundlegende bei EU-Entscheidungen , das wir aus unserer Perspektive meistens nciht sehen, ist dass in dieser EU immer versucht werden muss , einen verträglichen Ausgleich sehr verschiedener Interessen herbeizuführen. In diesem Fall heisst das: viele klein und kleinststrukturierte Betriebe in den Mittelmeerländern, Süddeutschland und Österreich. Unter bevorzugteren Bedingungen wirtschaftende , grössere Betriebe in Dänemark, Holland, GB und NW-Deutschland. Eine sehr marktorientierte Lösung hätte schlciht und ergreifend Italien, Griechenland und Spanien sozial und gesellschaftlich überfordert, da wäre zuviel dran kaputt gegangen. Strukturwandel hier, im Dunstkreis von Hannover oder Hamburg(Arbeitsstellen) hat eine gänzlich andere menschliche Dimension als Strukturwandel im Mezzogiorno.

Diesen Hintergrund der unterschiedlichsten Voraussetzungen muss man im Prinzip bei jeder EU-Entscheidung immer bedenken.

zu heute:
Nun ja, R.Schaber hat sicherlich das Privileg bei solchen Vollpfosten wie dem nds. Landwirtschaftsminister ein und ausgehen zu dürfen und dort seinen Senf zum allerbestesten zu geben.
Zu sagen hat er zum Glück nix.
Ein Milchpreiszyklus dauert 3-5 Jahre. Sprich um 2020 wird man wirklich erste Beurteilungen über die Auswirkungen der Abschaffung der Quote aufstellen können.
Die mengenreduktion erfolgt übrigens schon............. durch die Landwirte und Mokereien selbst. Der heutige DMK -Bericht für April weist eine 4% niedrigere Anlieferungsmenge aus als im selben Monat des Vorjahres.
Romualds Kollegen, die nciht labern sondern handeln , können ja schliesslich durchaus rechnen.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 19:53)

Na das meinte ich doch mit den Skaleneffekten bei Großbetrieben. Das ist in nahezu allen Wirtschaftszweigen so und das schon unterm Kaiser.


Der primäre Sektor ist doch heutzutage winzig. Ob beim BIP oder der Zahl an Beschäftigten, ist das doch ein Witz. Eine Halbierung über 20 Jahre würde kaum einer bemerken. Dann arbeiten einige halt bei expandierenden Großbetrieben, während sich andere beruflich umorientieren müssen, so wie es üblich ist. Bei uns haben früher Hunderttausende im Hafen gearbeitet. Heute ist die Zahl vierstellig (das Stadtmarketing wirft gerne mit anderen Zahlen um sich).

Ökologisch besser sind Kleinbetriebe aber nicht. Da machen sich viele gerne was vor und denken an Naturromantik, obwohl so ein durchschnittlicher Acker ein zugespritztes Gebiet voller Monokulturen ist, wo kaum Leben ist. Da ist jede Industriebrache, die man mal drei Jahre in Ruhe lässt, ökologisch wertvoller. Die kultivierte Landschaft ist ja die bezwungene Natur und nicht das Wilde.
Das stimmt so wirklich nicht. Ich erinnere mich an meine Jugendzeit im Hunsrück. Dort hatte ein Kleinbauer vielleicht 4 Kühe und zwei Ochsen als Zugtiere für den Pflug, die Egge, die Mähmaschine und den Erntewagen. An den Feldern und Alleen wuchsen Obstbäume, auf den ausgelesenen Ackersteinen Brombeeren und Himbeeren. Allerdings waren diese Menschen ziemlich arm, hielten ihre Häuser und Stallungen und Scheunen in Eigenarbeit in Stand. Ab und an bekamen die Ochsen einmal neue Eisen unter den Hufen oder der Wagen einen neuen Eisenreifen. Aber eins war sicher: Auch in etlichen Jahrhunderten hätten dort Menschen bescheiden leben können. Ich glaube nicht, daß unsere industriell genutzte Fläche solche Zukunftsaussichten hat.

Ihre Industriebrache kann man ganz gut in meiner Großstadt beobachten. Das Gelände muß einige Meter tief von den Rückständen verantwortungsloser Nutzung gereinigt werden... verseucht mit stark gesundheitsschädlichen Hinterlassenschaften der Betriebe, die dort "gewirtschaftet" hatten. Die Kosten trägt jetzt die Allgemeinheit. So wird das auch kommen mit anderen industriell genutzten Flächen... wobei man froh sein kann, wenn die mit Einsatz von Geld wieder in den Zustand "unbedenklich" zu bringen sein werden.

Mir ist auch klar, daß ich mit meinen Mahnungen gegen die Vorteile kurzfristiger Nutzung nicht ankommen werde; aber vielleicht helfen sie doch, die allergröbsten Dummheiten zu vermeiden. Der Verdrängungswettbewerb in der Milcherzeugung ist letztlich nur eine Begleiterscheinung dieses Wandels.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Milady de Winter »

Ich bin bereit, für die Milch mehr zu zahlen. Ich tu das auch jetzt schon, wobei man sich nie sicher sein kann, ob teurere Milch sich auch automatisch bis zum Bauern auszahlt, nur bei der preisgedrückten Discounter- und Eigenmarkenmilch kann wahrscheinlich nur dann überhaupt noch was für den Erzeuger rausspringen, wenn er Unmengen produziert. Und dazu braucht er wiederum Unmengen Vieh... eine Spirale.

Mein Fazit ist jedenfalls, dass in den meisten anderen Ländern, in denen ich Milchprodukte kaufte, diese doch wesentlich teuerer waren als in Deutschland. Fiel mir vor allem in den USA auf.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

frems hat geschrieben:Der primäre Sektor ist doch heutzutage winzig. Ob beim BIP oder der Zahl an Beschäftigten, .
Fatalerweise steht der Vermögenswert des Besitzes an grund und Boden aber noch im Raum. :D
Ein ha Ackerland mag zwar nur 300€ Gewinn bringen.................. hat aber einen Marktwert als Ackerland von 50000€.
14 Mio ha LN haben wir. Multiplizieren sie.

Und dieser WErt findet sich dann eben an anderer Stelle in der Wirtschaft wieder . Zuvörderst als Sicherheit bei krediten. Eine Anpassung an die Rentabilität würde ...... zig Banken in den Abgrund jagen.

Dazu kommt dann der gesellschaftliche Flächenfrass. Der sich natürlich auf die Preise auswirkt. Sprich an dem Punkt ist der winzige primäre Sektor eben nicht mehr ganz so winzig.
Um es konkret zu machen: ich habe hier schon 3 Anfragen in anderthalb Jahren von diversen Körperschaften zum Flächenkauf auf dem Tisch. minimumangebot das anderhalbfache des Richtwertes.
mit meinem Weizen bin ich winzig, da hast du recht. Mit meinem Boden bin ich ein kleienr König. Das knappste von allen Gütern. Unvermehrbar. ;)
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 20:12)

Das stimmt so wirklich nicht. Ich erinnere mich an meine Jugendzeit im Hunsrück. Dort hatte ein Kleinbauer vielleicht 4 Kühe und zwei Ochsen als Zugtiere für den Pflug, die Egge, die Mähmaschine und den Erntewagen. An den Feldern und Alleen wuchsen Obstbäume, auf den ausgelesenen Ackersteinen Brombeeren und Himbeeren. Allerdings waren diese Menschen ziemlich arm, hielten ihre Häuser und Stallungen und Scheunen in Eigenarbeit in Stand. Ab und an bekamen die Ochsen einmal neue Eisen unter den Hufen oder der Wagen einen neuen Eisenreifen. Aber eins war sicher: Auch in etlichen Jahrhunderten hätten dort Menschen bescheiden leben können. Ich glaube nicht, daß unsere industriell genutzte Fläche solche Zukunftsaussichten hat.

Ihre Industriebrache kann man ganz gut in meiner Großstadt beobachten. Das Gelände muß einige Meter tief von den Rückständen verantwortungsloser Nutzung gereinigt werden... verseucht mit stark gesundheitsschädlichen Hinterlassenschaften der Betriebe, die dort "gewirtschaftet" hatten. Die Kosten trägt jetzt die Allgemeinheit. So wird das auch kommen mit anderen industriell genutzten Flächen... wobei man froh sein kann, wenn die mit Einsatz von Geld wieder in den Zustand "unbedenklich" zu bringen sein werden.

Mir ist auch klar, daß ich mit meinen Mahnungen gegen die Vorteile kurzfristiger Nutzung nicht ankommen werde; aber vielleicht helfen sie doch, die allergröbsten Dummheiten zu vermeiden. Der Verdrängungswettbewerb in der Milcherzeugung ist letztlich nur eine Begleiterscheinung dieses Wandels.
Ochsen als Zugtiere, wie ineffizient und verschwenderisch. Wenn alle so arbeiten würden, dann könnten wir nicht mal 10 Mio. Menschen versorgen. Aber im 21. Jahrhundert macht das doch eh keiner mehr. Ganz zu schweigen von der körperlichen Belastung für den Menschen, die man niemanden unnötig zumuten sollte. Mit Kurzsichtigkeit hat das doch nicht zu tun. Wer das nur romantisiert und die Gegenwart ausblendet, der ist schneller seinen Job los als ihm lieb ist.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

Welfenprinz hat geschrieben:(20 May 2016, 20:18)

Fatalerweise steht der Vermögenswert des Besitzes an grund und Boden aber noch im Raum. :D
Ein ha Ackerland mag zwar nur 300€ Gewinn bringen.................. hat aber einen Marktwert als Ackerland von 50000€.
14 Mio ha LN haben wir. Multiplizieren sie.
Das mag ja so sein, aber volkswirtschaftlich ist es erstmal unbedeutend, wenn ein Landwirt den Acker vom Nachbarn übernimmt und die Höfe zusammenführt bzw. gemeinsam bearbeitet. Einen gesellschaftlichen Zusammenbruch kann ich da nicht erkennen. Wo wäre denn der Untergang, wenn westdeutsche Höfe in ihrer Größe etwas mehr in Richtung Ostdeutschland gehen?
Und dieser WErt findet sich dann eben an anderer Stelle in der Wirtschaft wieder . Zuvörderst als Sicherheit bei krediten. Eine Anpassung an die Rentabilität würde ...... zig Banken in den Abgrund jagen.

Dazu kommt dann der gesellschaftliche Flächenfrass. Der sich natürlich auf die Preise auswirkt. Sprich an dem Punkt ist der winzige primäre Sektor eben nicht mehr ganz so winzig.
Um es konkret zu machen: ich habe hier schon 3 Anfragen in anderthalb Jahren von diversen Körperschaften zum Flächenkauf auf dem Tisch. minimumangebot das anderhalbfache des Richtwertes.
mit meinem Weizen bin ich winzig, da hast du recht. Mit meinem Boden bin ich ein kleienr König. Das knappste von allen Gütern. Unvermehrbar. ;)
Ach, ein Hafenbecken zuschütten und schon ist etwas Fläche da. :p

Mir ging's ja nur um die volkswirtschaftliche Bedeutung, wenn Kleinbetriebe weniger werden durch Übernahmen/Fusionen. Die Flächennutzung bleibt dann ja die gleiche.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

Milady de Winter hat geschrieben:
Ich bin bereit, für die Milch mehr zu zahlen.
Wirst du auch. Das geht in Zyklen auf und ab. ;)
Das die Butter 70 ct kostet wie momentan wird zu Weihnachten schon nicht mehr so sein.


Mein Fazit ist jedenfalls, dass in den meisten anderen Ländern, in denen ich Milchprodukte kaufte, diese doch wesentlich teuerer waren als in Deutschland. Fiel mir vor allem in den USA auf.
im Vorfeld der Abschaffung der Quote gab es natürlich diverse vergleichende Betrachtungen zwischen Staaten/Wirtschaftsräumen mit und ohne Markteingriffe.
ERgebnis: der Durchscnittserzeugerpreis während eines Zyklus ist gleich. Die Schwankungen sind in unregulierten Märkten grösser.
Was bei dem momentanen Gejammere schlicht und ergreifend verschwiegen wird, ist dass es natürlich auch in der Quote gewaltige Preisschwaniungen gab. Den Tiefstpreis von 2009 haben wir derzeit noch nciht mal erreicht.
Die Quote hat den zweck für den sie geschaffen wurde nie erfüllt.

Der ladenendkundenpreis im LEH leitet sich anders ab.In Deutschland erfüllen Grundnahrungsmittel, egal ob bei aldi oder Edeka, einzig und allein den Zweck die Kunden in den Laden zu holen. WErtschöpfung wird damit nciht betrieben. der l Milch, das pf Zucker, das kg Mehl wird quasi so durchgereicht.

Diese LEH-'Strategie ist dann in anderen Ländern anders. Wal-Mart wird mit anderen Produkten dasselbe machen wie aldi mit Milch und Zucker.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 20:19)

Ochsen als Zugtiere, wie ineffizient und verschwenderisch. Wenn alle so arbeiten würden, dann könnten wir nicht mal 10 Mio. Menschen versorgen. Aber im 21. Jahrhundert macht das doch eh keiner mehr. Ganz zu schweigen von der körperlichen Belastung für den Menschen, die man niemanden unnötig zumuten sollte. Mit Kurzsichtigkeit hat das doch nicht zu tun. Wer das nur romantisiert und die Gegenwart ausblendet, der ist schneller seinen Job los als ihm lieb ist.
Und doch hat die alte Bundesrepublik ihre Menschen so recht und schlecht ernährt; sicher weniger Übergewicht... wie der unvergessene Manfred Schmidt Anfang der 50er Jahre schrieb: Die Quadratmeter zu säubernder deutscher Haut nehmen zu ;) Tja, stellen Sie sich eine Zeit vor, in der unsere riesigen Ackermaschinen nicht mehr mit Treibstoff versorgt werden können.. oder lieber nicht. Dann kommen Esel, Ochsen und Pferde vielleicht wieder zu Ehren, wie die Jahrtausende zuvor auch.

In meinem Weltbild geht es auch gar nicht um das gute Leben, sondern um das langfristige Überleben. Hoffen wir, daß der Übergang schleichend kommt und nicht durch eine Katastrophe, etwa einen großen Krieg!

Wer das nur romantisiert und die Gegenwart ausblendet, der ist schneller seinen Job los als ihm lieb ist.

Tja, einen Hutterer oder einen Amish werden Sie damit nicht beeindrucken... die kommen in ihren Gemeinschaften fast autark zurecht.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 20:31)

Und doch hat die alte Bundesrepublik ihre Menschen so recht und schlecht ernährt; sicher weniger Übergewicht... wie der unvergessene Manfred Schmidt Anfang der 50er Jahre schrieb: Die Quadratmeter zu säubernder deutscher Haut nehmen zu ;) Tja, stellen Sie sich eine Zeit vor, in der unsere riesigen Ackermaschinen nicht mehr mit Treibstoff versorgt werden können.. oder lieber nicht. Dann kommen Esel, Ochsen und Pferde vielleicht wieder zu Ehren, wie die Jahrtausende zuvor auch.

In meinem Weltbild geht es auch gar nicht um das gute Leben, sondern um das langfristige Überleben. Hoffen wir, daß der Übergang schleichend kommt und nicht durch eine Katastrophe, etwa einen großen Krieg!
Die Bundesrepublik mit dem Waldsterben, dem versifften Rhein und den Hausfrauen, die die Arbeitszeiten unter Tage kannten und sich daran orientierten, um die Wäsche aufzuhängen? Der ganze Feinstaub durch ungefilterte Pkw mit einem Benzinverbrauch, den man heute lieber nicht mehr erwähnt? Das war doch alles ein Dreck. Und heute Auflagen gelten eben für alle, egal ob Familienbetrieb oder 'n Ticken größer. Aber nun gut, Familienbetrieb vermarktet sich als Name gut, vor allem bei Lidl (Schwarz-Gruppe), Aldi, Bertelsmann, Boehringer, Tengelmann, Otto-Gruppe, Marquard & Bahls, Tchibo, Dr. Oetker, Schlecker, C&A, Globus Handelshof, DM, Rossmann, ... alles Familienbetriebe, die per Definition edel sind und alle anderen böse. :|
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 20:31)
Tja, einen Hutterer oder einen Amish werden Sie damit nicht beeindrucken... die kommen in ihren Gemeinschaften fast autark zurecht.
Auch nicht. Ich war bei den Amischen mehrmals und war dann doch etwas enttäuscht. Und Selbstversorgung ist kein Modell für eine urbanisierte Gesellschaft. Ob es erstrebenswert wäre, wenn wir wieder Lebensverhältnisse wie im Mittelalter kriegen, wage ich aber auch zu bezweifeln, selbst wenn es flächenmäßig funktionieren würde.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 20:31)

Und doch hat die alte Bundesrepublik ihre Menschen so recht und schlecht ernährt;ht.
Das ist einer der falschen Ausgangsinformationen aus denen dann weitere falsche Erkenntnisse, hauptsächlich Verklärungen der Vergangenheit, abgeleitet werden.

Deutschland war bis ende der 70er Nettogetreideimporteur.
Alle Massnahmen der 60er Jahre, die man kurz unter "Grüner Plan" zusammen fasst, dienten einer nachhaltigen Produktionssteigerung, vor allem bei Getreide und Rindfleisch, da die Versorgungslage da mehr als bedenklcih war.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 20:39)

Die Bundesrepublik mit dem Waldsterben, dem versifften Rhein und den Hausfrauen, die die Arbeitszeiten unter Tage kannten und sich daran orientierten, um die Wäsche aufzuhängen? Der ganze Feinstaub durch ungefilterte Pkw mit einem Benzinverbrauch, den man heute lieber nicht mehr erwähnt? Das war doch alles ein Dreck. Und heute Auflagen gelten eben für alle, egal ob Familienbetrieb oder 'n Ticken größer. Aber nun gut, Familienbetrieb vermarktet sich als Name gut, vor allem bei Lidl (Schwarz-Gruppe), Aldi, Bertelsmann, Boehringer, Tengelmann, Otto-Gruppe, Marquard & Bahls, Tchibo, Dr. Oetker, Schlecker, C&A, Globus Handelshof, DM, Rossmann, ... alles Familienbetriebe, die per Definition edel sind und alle anderen böse. :|
Den versifften Rhein, das Waldsterben oder die schwarzen Wolken über der Ruhr werden Sie doch nicht den Ochsengespannen im Hunsrück zuschreiben wollen? Wir redeten doch über die Milchwirtschaft... Butter und Käse haben wir selbst gemacht, die Omis haben Wolle gesponnen und gestrickt: Altersheim... das kannte man dort gar nicht.

Ach ja, Pkw... gab's im gesamten Dorf einen, der dem Arzt gehörte. Ansonsten Autobus... Aber die Leute auf dem Lande dort waren sehr arm nach heutigen Maßstäben, gezwungenermaßen auch bedürfnislos, das stimmt schon. Die Landmenschen dort unterschieden sich kaum von Hutterern und Amish, was ihre tägliche Lebensführung betraf. Ja, der Milchpreis juckte die auch nicht. ;)
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 20:58)

Den versifften Rhein, das Waldsterben oder die schwarzen Wolken über der Ruhr werden Sie doch nicht den Ochsengespannen im Hunsrück zuschreiben wollen? Wir redeten doch über die Milchwirtschaft... Butter und Käse haben wir selbst gemacht, die Omis haben Wolle gesponnen und gestrickt: Altersheim... das kannte man dort gar nicht.

Ach ja, Pkw... gab's im gesamten Dorf einen, der dem Arzt gehörte. Ansonsten Autobus... Aber die Leute auf dem Lande dort waren sehr arm nach heutigen Maßstäben, gezwungenermaßen auch bedürfnislos, das stimmt schon. Die Landmenschen dort unterschieden sich kaum von Hutterern und Amish, was ihre tägliche Lebensführung betraf. Ja, der Milchpreis juckte die auch nicht. ;)
Ich hab von Landwirtschaft nicht viel Ahnung, aber ich glaube nicht, dass man für Milch Zugtiere wie Ochsen benötigt. Die Kühe müssen nur entsaftet werden und das regelmäßig, damit die Euter nicht anschwillen (hat mir ein Engelchen mal geflüstert).

Und ein Autobus, der bei jeder Beschleunigung mal schöne schwarze Wolken macht, ist nicht besser als zehn moderne Pkw. Und richtig, wer selbst nur am Euter nuckelt wie ein Kalb, dem kann es egal sein, was der Markt so hergibt. Ist aber trotzdem kein Modell für 80 Mio. :s
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

Welfenprinz hat geschrieben:(20 May 2016, 20:45)

Das ist einer der falschen Ausgangsinformationen aus denen dann weitere falsche Erkenntnisse, hauptsächlich Verklärungen der Vergangenheit, abgeleitet werden.

Deutschland war bis ende der 70er Nettogetreideimporteur.
Alle Massnahmen der 60er Jahre, die man kurz unter "Grüner Plan" zusammen fasst, dienten einer nachhaltigen Produktionssteigerung, vor allem bei Getreide und Rindfleisch, da die Versorgungslage da mehr als bedenklcih war.
Das stimmt in den genannten Teilbereichen. Aber ich sagte ja auch "so recht und schlecht". Und man sollte ehrlicherweise auch sagen, daß unsere heutige "Autarkie" nur scheinbar funktioniert, denn ich bin sehr sicher, daß Futtermittel für unsere Massentierhaltung zu großen Teilen aus Süd-Amerika und Afrika eingeführt werden. Wieviel das heute ist... keine Ahnung; vielleicht wissen Sie darüber mehr.

Das ist für ein Industrieland auch keine Schande, so wie es auch keine Schande wäre, einen großen Teil unseres Fleischbedarfs oder Getreidebedarfs ein zu führen. Eine Schande ist dagegen, daß wir Nahrungsmittel auch noch exportieren mit Beihilfen aus Steuermitteln, und wir damit die Erzeugung in Armutsregionen unterbieten. Auch das hängt im weiteren Sinne mit dem niedrigen Milchpreis und einer landwirtschaftlichen Überproduktion zusammen.
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frems
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(20 May 2016, 21:12)

Das stimmt in den genannten Teilbereichen. Aber ich sagte ja auch "so recht und schlecht". Und man sollte ehrlicherweise auch sagen, daß unsere heutige "Autarkie" nur scheinbar funktioniert, denn ich bin sehr sicher, daß Futtermittel für unsere Massentierhaltung zu großen Teilen aus Süd-Amerika und Afrika eingeführt werden. Wieviel das heute ist... keine Ahnung; vielleicht wissen Sie darüber mehr.

Das ist für ein Industrieland auch keine Schande, so wie es auch keine Schande wäre, einen großen Teil unseres Fleischbedarfs oder Getreidebedarfs ein zu führen. Eine Schande ist dagegen, daß wir Nahrungsmittel auch noch exportieren mit Beihilfen aus Steuermitteln, und wir damit die Erzeugung in Armutsregionen unterbieten. Auch das hängt im weiteren Sinne mit dem niedrigen Milchpreis und einer landwirtschaftlichen Überproduktion zusammen.
Man sollte das nicht so national betrachten. Wir Hanseaten haben schon vor 500 Jahren gehandelt statt uns komplett selbst zu versorgen. Da half auch der Aufkauf der Vier- und Marschlande nichts. Das ist nicht schlimm. Einfach Kulturoptimist bleiben.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

Diese Selbstversorgeridylle - so schön wie ich das finde, für mich gehört die hausschlachtung auch definitv zu den schönen ERinnerungen- ist aber nun mal das trügerische an der Verklärung.

Mit der selbstgebutterten Rahm auf dem Hundsrück (oder überallanders)-hof ist niemandem im Ruhrpott oder Ballungsraum hamburg geholfen.
Das ist die staatliche -oder gesellschaftliche - Aufgabe, in die die Landwirtschaft in einer modernen Industriegesellschaft eingebunden ist: Teil und Gleid einer arbeitsteiligen Wirtschaft zu sein.

Dass die Gesamtversorgungslage dann natürlich nur im Saldo des handels zu betrachten ist, weil Zitronen und Ananas nun mal schlecht im hunsrück gedeihen , ist klar.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 21:05)

Ich hab von Landwirtschaft nicht viel Ahnung, aber ich glaube nicht, dass man für Milch Zugtiere wie Ochsen benötigt. Die Kühe müssen nur entsaftet werden und das regelmäßig, damit die Euter nicht anschwillen (hat mir ein Engelchen mal geflüstert).

Und ein Autobus, der bei jeder Beschleunigung mal schöne schwarze Wolken macht, ist nicht besser als zehn moderne Pkw. Und richtig, wer selbst nur am Euter nuckelt wie ein Kalb, dem kann es egal sein, was der Markt so hergibt. Ist aber trotzdem kein Modell für 80 Mio. :s
Doch, die Ochsen brauchte man für die Nahrungsmittelerzeugung... auch für die Milch, um das Heu für die Winterfütterung ein zu fahren. Mittelgebirge mit steilen Hängen als Wiesen. Geackert wurde auf flacheren Kuppen. Stellen Sie sich vor: Trecker kamen dort erst in den 1950ern zum Einsatz, Wasser für Mensch und Tier aus zwei öffentlichen Brunnen. Ich weiß auch noch, was ein Joch ist und Holzeimer für Wasser. Das war in der Römerzeit oder im Heiligen Römischen Reich bestimmt nicht so viel anders...

Um gleich noch einen Zahn zu ziehen: Der stinkende Bus fuhr zweimal am Tag bis zur ebenso stinkenden Eisenbahn mit dicken Qualmwolken. Das war denn aber schon -zig Kilometer weit weg.

Stimmt schon, keine Grundlage für 80 Mio Einwohner. Meine Bedenken richten sich auch deshalb gegen diese Art der landwirtschaftlichen Flächennutzung. Und die hat nun wieder mit unserem Überangebot von Nahrungsmitteln zu tun. Ob die wohl nachhaltig ist?
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von Welfenprinz »

Was für ein Überangebot?
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: EU schafft Milchquote ab: Sinn oder Unsinn?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(20 May 2016, 21:15)

Man sollte das nicht so national betrachten. Wir Hanseaten haben schon vor 500 Jahren gehandelt statt uns komplett selbst zu versorgen. Da half auch der Aufkauf der Vier- und Marschlande nichts. Das ist nicht schlimm. Einfach Kulturoptimist bleiben.
Das ist ein Ansatz, den ich sofort verstehen und unterstützen kann. Die alten Hansekaufleute brachten eben Tuch aus Flandern zu den Heringsfischern in Bergen oder zu den Getreidebauern im Baltikum oder an der Weichsel, oder sie handelten mit Metallwaren aus den Manufakturen, die sich um Erzlagerstätten gebildet hatten.

Schade, dieser weiträumige Handel ist an der Bildung von Nationalstaaten mit eigenen wirtschaftlichen Interessen gescheitert, und damit auch das Niederdeutsche als Handelssprache ausgestorben. Haben wir ersetzt durch Denglisch ;)

Und nun haben wir eine zu hohe Milchproduktion! Export von Milchpulver nach China... wirklich!
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