Stirbt der Mensch gern alleine ?

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tommesw
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Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von tommesw »

Innerhalb von drei Tagen habe ich zwei Menschen an den Lungenkrebs verloren.
In beiden Fällen saß ich stunden am Sterbebett, habe ihre Hand gehalten und sie
gestreichelt. Obwohl sie mit Morphium vollgepumpt waren, hatte ich den Eindruck
ihnen Erleichterung gegeben zu haben.

Aber der Tot ist erst gekommen als ich für eine Minute das Zimmer verlassen hatte.
Ich musste auf die Toilette und als ich wieder kam, hatten sie aufgehört zu atmen.
Der Arzt im Krankenhaus sagte das gleiche, wie der Arzt im Haus meiner Mutter.
Sie sagten, dass das fast immer so sei. Sie meinten, dass es die Sterbenden wohl
mitbekommen, wenn sie alleine sind und dann loslassen.

Mir sind dann Berichte von Bekannten eingefallen, die gesehen haben wollen,
wie zum Todeszeitpunkt ein Licht aufgestiegen sein soll. Ich habe das immer
als durch Schmerz hervor gerufene Einbildungen abgetan. Aber ob ihr es glaubt
oder nicht, ich habe in beiden Fällen gesehen, wie sich die Vorhänge bewegt haben,
obwohl kein Fenster offen oder jemand anderes im Zimmer war. Dort war nichts,
was evtl. einen Windstoss hätte verursachen können.

Was ist da passiert ? Hat da irgend etwas darauf gewartet ungesehen verschwinden
zu können ? Stirbt der Mensch deshalb gerne alleine ?




Grüße
"Wer nicht kann, was er will, muß das wollen,was er kann. Denn das zu wollen, was er nicht kann, wäre töricht." (Leonardo da Vinci)
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Umetarek
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Umetarek »

Man kann leichter gehen, wenn man dabei nicht so viel Leiden verursacht, glaube ich. Vorrausetzung ist, dass man alles geklärt hat, was man klären wollte. Mein Beileid! Ich wünsch dir viel Kraft!
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FelixKrull
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von FelixKrull »

hallo tommesw,

ich glaube, kein mensch mag es diesen weg alleine zu gehen. du hast ihr die hand gehalten und ihr das gefühl der geborgenheit - der sicherheit - gegeben und das ist unbezahlbar.

...ob es zufall war oder nicht, als du das zimmer kurz verlassen hattest und sie mit dem leben aufgehört hat, spielt doch keine rolle. du hast sie bekleidet. ich denke, sie war dir dankbar.

gruss nobody
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watisdatdenn?
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von watisdatdenn? »

ich habs bei meiner uroma, und meinen zwei omas miterlebt.

ich finde der tod hat was würdevolles, wenn man im kreis seiner familie entschläft..
was genau zum zeitpunkt des todes geschehen ist, weiß ich aber nicht mehr. ich weiß nur noch, dass der exakte zeitpunkt recht schwer festzustellen war, da tote nach dem entschlafen noch etwas ausatmen..
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Billie Holiday
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Billie Holiday »

vor 7 Jahren rief der Altenpfleger meiner Oma an und meinte,es gehe zuende mit ihr, ob ich nicht kommen will.
Ich habe dann die ganze Nacht Händchen gehalten und ihr beim Sterben zugeguckt. Gottseidank hat sie noch mitbekommen, dass ich da war.
Man sollte diese Möglichkeit nutzen, wenn man die Gelegenheit dazu hat.
Meine Oma ist sanft eingeschlafen und hat noch mal meine Hand gedrückt. Das war schön.
Sterben müssen wir alle mal, und bei meiner Oma wurde es Zeit, sie war krank und sehr alt.

Es ist gut, wenn man einen Kranken begleiten kann, auch wenn einen die Sinnlosigkeit und das Elend selber fast krank machen.

Mein Beileid!
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
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von Dahlenberg
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von von Dahlenberg »

Das Wichtigste in unserem Leben ist die Verbundenheit und die Liebe anderer Menschen. Je schlechter es uns geht, desto mehr sind wir auf die Hilfe und Zuneigung anderer angewiesen. Die Vorstellung, ohne eine vertraute, geliebte Person diesen letzten Abschnitt gehen zu müssen ist grausam. Ich glaube daher, dass du deinen Angehörigen einen wichtigen Dienst erwiesen hast und ihnen den Abschied deutlich erleichtert hast. Nicht jeder hat das Glück dieser letzten Begleitung.
Andromache

Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Andromache »

Ob der Mensch gern alleine stirbt, kann ich nicht sagen.
Als meine Mutter starb, war ich die letzten Minuten bei ihr. Sie starb früh morgens und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie sich ans Leben geklammert hat, bis nochmal jemand zu ihr kam. Ich habe sie die letzten Wochen zu Hause gepflegt und obwohl sie große Dosen Morphium bekam, hatte ich doch das Gefühl, sie spüre meine Anwesenheit.
Ich denke immer, sie wollte irgendwie Abschied nehmen.
Mein Beileid.
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Tirolerin
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Tirolerin »

Ich habe da eher Gegenteiliges gehört.

Da hat der Sterbende noch "gewartet", bis die zweitälteste Tochter ins Krankenhaus kommen und ihn noch einmal sehen konnte. Aufgrund der geographischen Entfernung hat sie für die Anreise beinahe 2 Stunden gebraucht. Als sie dann da war, starb er nach wenigen Minuten. Eher ein Abschied-Nehmen-Lassen.
"Höret, was Erfahrung spricht: Hier ist's so wie anderswo. Nichts Genaues weiß man nicht, dieses aber ebenso."
(Otto - Ein Komiker muss ja nicht immer aus der Politik kommen - Grünmandl)
Häretiker
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Häretiker »

Ich war beim Tod meiner Mutter an ihrem Bett. Eine Minute vorher hat sie noch mit uns gesprochen, dann herrschte etwas Ruhe, wir waren alle betreten. Dann ist sie gestorben, einfach so, in einer Gesprächspause, zwischen zwei Atemzügen.

Da gabs kein »Licht«, nichts ist gen Himmel gefahren und auch sonst ist nichts passiert..

Eine äußerst unschöne Erfahrung, mein Beileid.
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Thomas I
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Thomas I »

Ich glaube da gibt es keine verallgemeinerbaren Erfahrungen.
Auch ob es per se eine äußerst unschöne Erfahrung ist wage ich zu bezweifeln, wenn ein alter Mensch nach einem langen Leben entschläft muss das nichts unschönes sein.
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Häretiker »

Thomas I hat geschrieben:Auch ob es per se eine äußerst unschöne Erfahrung ist wage ich zu bezweifeln, wenn ein alter Mensch nach einem langen Leben entschläft muss das nichts unschönes sein.
Wenn der Mensch mit 68 grade mal das jüngst festgeschriebene Rentenalter um ein Jahr überschritten hat, dann ist das eine unschöne Erfahrung. So haben jedenfalls meine Familie und ich das empfunden.
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yogi61
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von yogi61 »

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Thomas I
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Thomas I »

Häretiker hat geschrieben: Wenn der Mensch mit 68 grade mal das jüngst festgeschriebene Rentenalter um ein Jahr überschritten hat, dann ist das eine unschöne Erfahrung. So haben jedenfalls meine Familie und ich das empfunden.
Mit 68 ist man ja auch nach heutigen Maßstäben nicht alt.
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yogi61
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von yogi61 »

Thomas I hat geschrieben:Ich glaube da gibt es keine verallgemeinerbaren Erfahrungen.
Auch ob es per se eine äußerst unschöne Erfahrung ist wage ich zu bezweifeln, wenn ein alter Mensch nach einem langen Leben entschläft muss das nichts unschönes sein.
Dem stimme ich zu und gehe sogar noch weiter und sage,dass selbst nach einem nicht so langem Leben,der Tod wohl wirklich eine Erlösung sein kann. Es kommt auf die Umstände an.
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Häretiker
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Häretiker »

Thomas I hat geschrieben:Mit 68 ist man ja auch nach heutigen Maßstäben nicht alt.
Das ist zwar richtig, aber es ist auch neumodisch und, zumindest für mich, teilweise schwer einzusehen. Statt das Alter zu achten und aus seinen Erfahrungen zu lernen, wird »der Alte« zum »Jugendlichen forgeschittenen Alters« umdeklariert,

Das ist unredlich und es ist auch dumm. In diesem Zusammenhang hat die »Islamisierung« zumindest ein Gutes: starker Familienverband und das Wort der Ältesten zählt noch etwas.

Ich verstehe aber Deinen Einwand. In einer generationslosen Gesellschaft hedonistischer Individuen gibt es solche Bedenken nicht.
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Häretiker »

yogi61 hat geschrieben:Dem stimme ich zu und gehe sogar noch weiter und sage,dass selbst nach einem nicht so langem Leben,der Tod wohl wirklich eine Erlösung sein kann. Es kommt auf die Umstände an.
Interessante Aussage, die hat mich fast etwas wütend gemacht. Ich frage mich grade, warum ich so reagiert habe.
Kannst Du das etwas näher erläutern ? Deine Wort bzgl. der »Erlösung« klangen jedenfalls nicht so, wie ich sie aus meiner katholischen Erziehung kenne.

Pls explain.
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Thomas I
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von Thomas I »

Häretiker hat geschrieben: Das ist zwar richtig, aber es ist auch neumodisch und, zumindest für mich, teilweise schwer einzusehen. Statt das Alter zu achten und aus seinen Erfahrungen zu lernen, wird »der Alte« zum »Jugendlichen forgeschittenen Alters« umdeklariert,

Das ist unredlich und es ist auch dumm. In diesem Zusammenhang hat die »Islamisierung« zumindest ein Gutes: starker Familienverband und das Wort der Ältesten zählt noch etwas.

Ich verstehe aber Deinen Einwand. In einer generationslosen Gesellschaft hedonistischer Individuen gibt es solche Bedenken nicht.
Also meine Eltern kommen gerade in das Alter und natürlich sind sie körperlich nicht mehr so wie mit 40 oder 20 (aber mein Gott, ich schaff mit Mitte 30 auch nicht das was mit 18 noch problemlos ging) - aber deswegen sind sie noch nicht alt.
Alt ist meine Schwiegermutter mit 80, da setzt langsam ein Abbau ein der sich auch auf den Alltag durchschlägt...

Mit weiter zunehmender Lebenserwartung verschiebt sich der Zeitpunkt in dem ein Mensch als alt gilt nunmal.
Derzeit liegt sie schon bei durchschnittlich 80 und vermutlich werden einige von uns noch erleben wie sie 90 oder gar 100 erreicht.
Und 68 ist dann gerade mal 2/3 von 100...

Vor 150 Jahre war ein Mensch mit 68 schon uralt, keine Frage. Ich sehe aber nichts negatives daran, dass das heute nicht mehr so ist!
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yogi61
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Re: Stirbt der Mensch gern alleine ?

Beitrag von yogi61 »

Häretiker hat geschrieben: Interessante Aussage, die hat mich fast etwas wütend gemacht. Ich frage mich grade, warum ich so reagiert habe.
Kannst Du das etwas näher erläutern ? Deine Wort bzgl. der »Erlösung« klangen jedenfalls nicht so, wie ich sie aus meiner katholischen Erziehung kenne.

Pls explain.
Nein,sie waren auch nicht religiös gemeint. Ich meinte mit der Erlösung das Recht jedes einzelnen Menschen auf den Tod,wenn es aufgrund starker Schmerzen nicht mehr geboten ist,seinen Körper und Geist bis zur Unkenntlichkeit zu quälen und das müssen auch die Angehörigen akzeptieren.
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