Der Abschreckungseffekt

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jack000
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Der Abschreckungseffekt

Beitrag von jack000 »

Der Abschreckungseffekt hält Menschen durch Androhung von Strafe von unerwünschten Handlungen ab. Dabei gilt: Risiko = Entdeckungswarscheinlichkeit x Höhe der Strafe.

Es wird abgestritten, dass es einen Abschreckungseffekt überhaupt gibt. Nun, das mag bei Taten im Affekt (z.B. Ehepartner tötet Ehepartner bei Entdeckung einer Affaire) in der Tat stimmen, aber generell gilt das auch ?

Aus einem anderen Strang:
Uhl: Konsequent abschieben für den Mehmet-Effekt

Das Mehmet-Fazit von Hans-Peter Uhl erinnert an die alte Mao-Devise des "Bestrafe einen, erziehe hundert": "Bereits die öffentlichkeitswirksame Ausweisungsbemühung damals hat einen statistisch nachweisbaren Mehmet-Effekt ausgelöst", weiß der CSU-Mann SPIEGEL ONLINE zu berichten. Die Münchner Kriminalitätsstatistik habe einen deutlichen Rückgang an Straftaten von vergleichbaren Jugendlichen ausländischer Herkunft aufgezeigt. Potenzielle Straftäter hätten sich gedacht: "Obacht, wenn wir so weitermachen, ergeht es uns wie dem Mehmet und wir werden abgeschoben", glaubt Uhl zu wissen. Dieser Effekt habe ein halbes Jahr angehalten, dann habe er sich allerdings verflüchtigt, berichtet Uhl und verweist auf den SPIEGEL ONLINE vorliegenden "Sicherheitsreport 1998" des Münchner Polizeipräsidiums.

Unter der Zwischenüberschrift "Mehmet-Effekt" heißt es in dem Sicherheitsreport: Die Diskussion und letztliche Abschiebung des Serientäters habe "disziplinierend auf gefährdete Jugendliche" gewirkt, es hätten sich "etliche von diesen in der Ausübung von Straftaten" zurückgehalten. Dieser Eindruck werde "den Sachbearbeitern der Fachkommissariate und den Jugendbeamten vor Ort von den Jugendlichen selbst immer wieder bestätigt". Im Bericht für das Jahr 1999 hingegen heißt es: "Mehmet-Effekt schwächt sich ab."
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 62,00.html

Den Abschreckungseffekt gibt es offensichtlich, auch wenn manche Ideologen das nicht wahr haben wollen. Was aber ist zu tun, damit dieser Effekt nicht wieder abschwächt ?
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Thomas I
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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von Thomas I »

jack » Mo 19. Dez 2011, 20:58 hat geschrieben:Der Abschreckungseffekt hält Menschen durch Androhung von Strafe von unerwünschten Handlungen ab. Dabei gilt: Risiko = Entdeckungswarscheinlichkeit x Höhe der Strafe.

Es wird abgestritten, dass es einen Abschreckungseffekt überhaupt gibt. Nun, das mag bei Taten im Affekt (z.B. Ehepartner tötet Ehepartner bei Entdeckung einer Affaire) in der Tat stimmen, aber generell gilt das auch ?

Aus einem anderen Strang:

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 62,00.html

Den Abschreckungseffekt gibt es offensichtlich, auch wenn manche Ideologen das nicht wahr haben wollen. Was aber ist zu tun, damit dieser Effekt nicht wieder abschwächt ?
Sicher gibt es den. Nur die Gleichung dass mit der Zunahme der Strafe auch automatisch der Abschreckungeffekt zunimmt geht nicht auf.
Droht mir Todesstrafe für einen Tat, dann riskiere ich zur Not auch noch weitere Taten um nicht erwischt zu werden, denn was habe ich dann noch zu verlieren?

Es gibt eben eine Grenze von der an eine Steigerung der Strafe eben nicht zu einem Mehr an Abschreckung führt sondern wider zu einer Abnahme der Abschreckung.
Zuletzt geändert von Thomas I am Montag 19. Dezember 2011, 21:05, insgesamt 1-mal geändert.
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jack000
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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von jack000 »

Thomas I » Mo 19. Dez 2011, 21:05 hat geschrieben:
Sicher gibt es den. Nur die Gleichung dass mit der Zunahme der Strafe auch automatisch der Abschreckungeffekt zunimmt geht nicht auf.
Droht mir Todesstrafe für einen Tat, dann riskiere ich zur Not auch noch weitere Taten um nicht erwischt zu werden, denn was habe ich dann noch zu verlieren?

Es gibt eben eine Grenze von der an eine Steigerung der Strafe eben nicht zu einem Mehr an Abschreckung führt sondern wider zu einer Abnahme der Abschreckung.
Das sehe ich genauso. Allerdings gibt es ja Serienstraftäter mit ellenlangen Vorstrafenregistern aber ohne 1 Tag Knast.

Daher sind wir noch lange nicht beim "Break even" des Abschreckungseffekts, sondern beim Start.
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Thomas I
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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von Thomas I »

jack » Mo 19. Dez 2011, 21:08 hat geschrieben: Das sehe ich genauso. Allerdings gibt es ja Serienstraftäter mit ellenlangen Vorstrafenregistern aber ohne 1 Tag Knast.

Daher sind wir noch lange nicht beim "Break even" des Abschreckungseffekts, sondern beim Start.
Da stimme ich dir zu!
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jack000
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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von jack000 »

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USA TOMORROW
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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von USA TOMORROW »

Thomas I » 19. Dez 2011, 21:05 hat geschrieben: Droht mir Todesstrafe für einen Tat, dann riskiere ich zur Not auch noch weitere Taten um nicht erwischt zu werden, denn was habe ich dann noch zu verlieren?
Dieses bei TS-Gegnern sehr beliebte Argument erschließt sich mir nicht so ganz. Gilt das nicht ebenso für lebenslange Haftstrafen? Und in Ländern mit Todesstrafe kann die eine weitere Tat den Unterschied zwischen lebenslanger Haft und Todesstrafe machen.
"It is incorrect to say that biological data cannot be decisive. It is scientifically correct to say that an individual human life begins at conception."

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Re: Der Abschreckungseffekt

Beitrag von Bonsta »

jack » Mo 19. Dez 2011, 20:58 hat geschrieben:Der Abschreckungseffekt hält Menschen durch Androhung von Strafe von unerwünschten Handlungen ab. Dabei gilt: Risiko = Entdeckungswarscheinlichkeit x Höhe der Strafe.

Es wird abgestritten, dass es einen Abschreckungseffekt überhaupt gibt. Nun, das mag bei Taten im Affekt (z.B. Ehepartner tötet Ehepartner bei Entdeckung einer Affaire) in der Tat stimmen, aber generell gilt das auch ?

Aus einem anderen Strang:

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 62,00.html

Den Abschreckungseffekt gibt es offensichtlich, auch wenn manche Ideologen das nicht wahr haben wollen. Was aber ist zu tun, damit dieser Effekt nicht wieder abschwächt ?
Natürlich gibt es den Abschreckungseffekt. Die "Ideologen" sehen nur das Problem darin, dass unser heutiges Strafsystem keineswegs immer der Abschreckung dienlich ist, geschweige denn der Resozialisation.

Gefängnis ist meißtens die denkbar schlechteste Variante. Wir wissen aus Erfahrung, dass die wenigsten besser wieder rauskommen, als sie reingekommen sind. Also ist hier ganz offensichtlich kein Abschreckungsreffekt eingetreten.

Es gibt zwei Effekte der Abschreckung: Der eine wirkt gesellschaftlich - wie im Fall Mehmet - und der andere auf der persönlichen Ebene.

Gesellschaftliche Abschreckung ist aber auch dann wirkungslos, wenn im persönlichen Umfeld andere Kriminelle erst viel später zur Verantwortung gezogen werden, als die Tat selbst her ist. Das verleitet regelrecht zur Nachahmung. Als Beispiel Ladendiebstahl. Wenn ein Jugendlicher dafür erst 1 1/2 Jahre später vor Gericht zitiert wird, hatte er schon genug Gelegenheit damit zu prahlen, was garantiert Nachahmer nach sich zieht. Hier wirkt nur das Unmittelbare. Wie sich die Strafe gestaltet, liegt dann aber vor allem an der Person selbst und ihrem Umfeld. Da kann es zu erheblichen Unterschieden kommen - oder sollte es zumindest.

Festzuhalten bleibt: Strafe und die Wirkmechanismen der Abschreckung sind ein vielschichtiges Thema. Die richtige Dosis machts auch hier. Das ist aber oft schwieriger, als so mancher glaubt und hat vor allem fast überhaupt nichts mit dem zu tun, was gerne durch "härteres Strafen" gefordert wird. Dass jemand Abscheckung aber grundsätzlich leugnet, ist mir nicht bekannt.
Zuletzt geändert von Bonsta am Dienstag 20. Dezember 2011, 14:46, insgesamt 1-mal geändert.
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