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Jung, ohne Karriere und wütend
Das größte Konfliktpotenzial in einer ständig wachsenden Welt liegt heute in der riesigen Diskrepanz zwischen Arm und Reich, in Glaubenskonflikten und im Kampf um Rohstoffe. Und künftig werden auch die Folgen des Klimawandels, gewaltige Flüchtlingsströme und Bürgerkriege Zündstoff für weltweite Konflikte liefern, so der Sozialwissenschaftler Harald Welzer in seinem Buch "Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird?"
Noch schärfer analysiert der Soziologe Gunnar Heinsohn, wenn er in Ressourcenknappheit und Überbevölkerung zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für künftige Kriege sieht. In seiner Analyse "Söhne und Weltmacht" kommt er zu dem Schluss, dass es immer dann zu blutigen Kämpfen kommt, wenn in Gesellschaften den überzähligen jungen Männern zwar genügend Platz, Nahrung und Qualifizierung zur Verfügung stehen, es an akzeptablen Positionen für sie aber mangelt: Sie sind jung, ohne Karriere, wütend. Ein "youth bulge" - Phänomen, vor allem in der islamischen und schwarzafrikanischen Welt, eine aufkeimende Gefahr für den Weltfrieden.
Warlords, Guerillakrieg und Terror
Charakteristisch für die Kriege der Neuzeit ist jedenfalls, dass Staaten als Akteure nahezu abgedankt haben. Die Kämpfer heute sind Warlords, Guerillagruppen und internationale Terrornetzwerke, die sich meist aus einem übergroßen Anteil perspektivloser Jugendlicher rekrutieren. "Asymmetrische Kriege" nennt der Politologe Herfried Münkler diese ungleichen Kriege zwischen Rebellen und staatlichen Militärs.
Dass sich dabei in den letzten 20 Jahren die Zahl der Atommächte ganz nebenbei auf mindestens neun erhöht hat, wird oft vergessen. Besonders beunruhigend hier ist der Dauerkonflikt der beiden Erzfeinde Indien und Pakistan, wo die Gefahr besteht, dass nukleare Waffen in die Hände der Taliban gelangen könnten. Auch die isolierte Nuklearmacht Nordkorea droht immer wieder mit Vergeltung und atomarer Abschreckung. Und damit nicht genug, auch Holocaust-Leugner Mahmud Ahmadinedschad, Staatschef des Iran, bastelt weiter an der Bombe.
Wie hoch ist das Kriegsrisiko?
Ist die Rüstungsspirale der Atommächte nicht schon längst außer Kontrolle geraten? Steigt mit der ständig wachsenden Weltbevölkerung auch das Risiko eines Krieges? Sind perspektivlose Männer ein Kriegsrisiko? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gewalt? Über diese und andere Fragen diskutieren im ZDF-nachtstudio Volker Panzer und seine Gäste, wie immer im Anschluss an die Spätausgabe der "heute"-Nachrichten.
Eine interessante Frage, die da aufgeworfen wurde: was wäre gewesen, wenn wir Deutschen uns so verhalten hätten nach dem Krieg, wie viele Völker in den Entwicklungsländern, besonders aber die Palästinenser? Antwort: Wir hätten heute 500 Millionen Deutsche, die meisten unter 20 und arbeitslos. Das wäre ein Konfliktpotential in Europa.
Da die Europäer aber überaltert und sehr beschäftigt sind, haben sie natürlich keine Lust Kriege zu führen und lassen sich nicht für Heldentaten begeistern. In Amerika lebt der Heroismusgedanke noch ein wenig, aber das ist reinster Selbstbetrug: Soldaten enden niemals als Helden, höchstens als Krüppel oder Tote. Meines Erachtens sollte man andere Dinge heroisieren, als den Krieg.