Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Moderator: Moderatoren Forum 2

Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Rote_Galaxie hat geschrieben:(09 Feb 2018, 22:10)

Es gab nie "verschiedene Kulturen" es gibt nur eine Kultur die sich austauscht.
Die Französische Kultur wurde von der Deutschen z. B beeinflusst und umgekehrt.
Dem könnte man natürlich entgegensetzen, dass Deutschland und Frankreich mit dem Frankenreich zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert ohnehin eine gemeinsame Vergangenheit haben und in gewisser Hinsicht zusammengehören. Es gibt wesentlich einfachere und offensichtlichere Gegenargumente in Bezug auf
DarkAngel hat geschrieben: Es gibt Kulturen, aber keine kulturellen Ressourcen und somit auch keinen "Zugriff". Man lebt IN einer Kultur und erkennt deren Werte an und als Universalist erkennt man die Universalität bestimmter Werte - z.B. der Menschenrechte an.
Menschen werden durch soziale Interaktion innerhalb einer Kultur geprägt und diese Prägungsphase ist mit dem 6. bis 7. Lebensjahr abgeschlossen.
Bekanntlich wird in deutschen Radio-/Internetsendern nicht 90 Prozent deutsche Volksmusik und sonstige irgendwie deutschrpachige Musik und 10 Prozent Pop/Rock/Jazz gesendet, sondern eher umgekehrt, Es gibt also definitiv einen "Zugriff", und zwar einen in jeder Hinsicht unglaublich dominierenden auf (vermeintlich existierende, aber in Wirklichkeit gar nicht vorhandene) fremde "Kulturen"), Es gibt nur und ausschließlich Hervorbgringungen von Individuen, Was soll zum Beispiel "Polish Jazz" sein? Mit Tomasz Stanko als exemplarisch herausragender Figur? Polnische Kultur? Afroamerikanische Kultur? Was denn nun? Und nichts hat sich als unbergündeter erwiesen, als die panikmachende Dystopie von einem "Einheitsbrei". Alles andere als "breiartig" ist die Welt voin heute. In positiver wie in negativer Hinsicht,
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:09)

Ja klar, weil der Philosophen Alain de Benoist das sagt, ist das so, denn Beoist ist im Besitz der absoluten Wahrheit.
Und auch wenn es dir nicht gefällt - es sind KEINE imaginierten Kulturen, sondern ganz reale unterschiedliche Kulturen. Die unterscheiden sich nämlich und zwar gründlich. Ich möchte mal einen Chinesen, Inder oder Japaner erleben, wenn du ihm erklärst, sein Kultur wäre imaginär oder schlimmer noch. Echt - du merkst wirklich nichts mehr.
Die Aufklärung hat ganz offensichtlich einen ganz großen Bogen um dich gemacht, denn:

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen." Immanuel Kant

Du benutzt deinen Verstand nicht ohne Leitung eines anderen, du lässt denken und plapperst nach.

Und natürlich "es lebe der Unterschied" - Menschen sind nunmal unterschiedlich. Es wäre schlimm, wenn's nicht so wäre!
Was Alain de Benoist sagt oder schreibt, könnte nicht entegegengesetzer zu meinen eigenen Vorstellungen sein! Meine Argumentation ist die, dass das Konzept "Ethnopluralismus", das Leute wie Benoist vertreten, wissentlich oder unwissentlch, genau auf das hinauslaufen, was DU vertrittst.

Das, was gegenwärtig in Japan (und leider nicht nur dort) an nationaler Rückbesinnung läuft, mag von den Beteiligten - so wie auch von Islamisten, Russland-Fanatikern usw, - aus ihrer eigenen Position als authentisch und völlig normal wahrgenommen sein. Realiter ist es Unsinn. Es gibt keine kulturelle Identität!
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Freitag 9. Februar 2018, 23:46, insgesamt 3-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Watchful_Eye
Beiträge: 3130
Registriert: Samstag 7. Juni 2008, 12:13
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Watchful_Eye »

Unité 1 hat geschrieben:@Watchful_Eye
So, wie du das beschrieben hast, meintest du tatsächlich nicht das Volk im Sinne von Staatsvolk. Zugehörigkeit dazu ist nicht von Werteauffassungen abhängig. Du verwendest einen sehr engen Nationenbegriff - Staatsbürgerschaft + Teilen bestimmter Werte -, der mir so noch nicht untergekommen ist. Mir ist da in der Folge auch unklar, was du unter nationales Interesse verstehst.
Das hebt nach meinem Verständnis auf Anliegen ab, die die Macht einer Nation mehren sollen, was wiederum im Gegensatz zu den Interessen der Staatsbürger stehen kann wie kriegerische Interventionen z.B. Da liegt auch m.M.n der wesensmäßige Unterschied zwischen Staat und Nation. Ein Staat ist klar strukturiert mit benennbaren Akteuren und in der Rechenschaftspflicht seinen Bürgern gegenüber. Eine Nation betrifft das nicht - die ist eher eine Art mystische Erzählung, ein ideeller Wert an sich und/oder eine gemeinschaftsstiftende Idee. Durch diesen Charakter kommen die Bürger in eine Rechenschaftspflicht der Nation gegenüber, um das mal zugespitzt auszudrücken. Das lässt sich gut an der Interessenpolitik des 19. bzw. 20. Jahrhunderts in Europa beobachten, die auf der Auffassung von nationalem Prestige gründete. All die jungen Männer, die auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs wie die Fliegen starben, künden von der (freiwilligen) Unterordnung der Bürger unter die Nation.
Falls das mit der GG-nähe zu kompliziert ist, kann ich mich mit dem wertfreieren Alternativbegriff "Staatsvolk", den Dark Angel dankenswerterweise eingebracht hat, ebenso anfreunden. :)

Ich hab den Begriff der "Nation" bzw. des "Nationalstaats" eigentlich nie als so explizit "kultisch" empfunden, wie du es beschreibst. Also klar, es gab Politiker, die Menschen zum Wohl der "Nation" in den Krieg geschickt haben - aber ebenso auch für "Volk und Vaterland". Wenn beispielsweise in Aufsätzen aus dem politischen Realismus von "nationalem Interesse" die Rede ist, dann habe ich stets den Eindruck, dass damit vom Prinzip her das gleiche gemeint sei wie das Wohl des Staatsvolks und nicht irgendwelche idealisierten Phantasien. (Dass Politiker, die sich darauf berufen, faktisch nicht immer im Wohl des Staatsvolks handeln, ist natürlich eine andere Frage.)
"In a world where I feel so small, I can't stop thinking big." (Rush - Caravan)
Humelix33
Beiträge: 420
Registriert: Sonntag 28. Mai 2017, 21:37

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Humelix33 »

Rote_Galaxie hat geschrieben:(09 Feb 2018, 16:13)

Nationalismus ist so definiert dass die eigene Ethnie/Nation über die Anderen Ethnien/Nationen gelegt wird.
So einfach ist das.

Und da die Evolution auf Zufall basiert ist jegliche Art von Nationalismus Bullshit.
Das ist die Version, die uns Deutschen immer eingebläut wird, das wird bewusst so gemacht. Chauvinismus ist die schlimme Variante, wäre auch die schlimme Variante vom Patriotismus.

Alleine bei Wiki kann man sehen, wie der Nationalismus auf Deutsch erklärt wird, so wie du beschrieben hast, auf Englisch aber anders rüberkommt, und diese Unterscheidung wie ich sie führe, ausführlich darstellt. Es gibt klar bei solchen Begriffen, eine Deutsche Version, und eine Englische, die stets klar machen, das bei uns alles übertrieben als gefährlich eingestuft wird, und international nüchtern und sachlich, und korrekt auseinander definiert wird.

Und Evolution hat mit Nationalismus gar nichts zu tun und ist als Beispiel daher völlig ungeeignet, nichtmal mit dem scheinbar harmloseren Begriff Patriotismus. Eine Nation definiert sich über seine Sprache, Bildung, Geschichte, und Lebenskultur. Auch übrigens unabhängig von der Hautfarbe.

Bei der Religion wird es schon kritisch, wenn sie kulturell völlig anders konzipiert ist, da sind Spannungen und Unruhen logischerweise vorprogrammiert, auch wenn Einige das nicht hören wollen.

Kritisch wird, oder eher, war, es nur, wenn man meint, oder eher, wenn Staatsoberhäupter meinen, wegen persönlichen Differenzen mit anderen Staatsvertretrern, die Nationen gegeneinander aufzuhetzen. Es gab in der gesamten Geschichte immer Freundschaften zwischen Privatpersonen der unterschiedlichen Nationen, egal, was Könige, oder Politiker entschieden haben.

Und trotzdem haben alle nachher ihre eigene Kultur gehabt, die Kultur entspringt natürlich auch eher der Bildung und des Lebensstandards. Aus dem Grund sind die Arbeitskräfte aus Deutschland auch so gefragt, weil wir gewisse Eigenschaften mitbringen, die aber, nur nebenbei, bald verschwunden sein werden, weil unser Bildungsniveau immer weiter absackt, und es stetig abgesenkt wird, damit so gut wie alle Abitur haben, wo früher zwei Drittel von den heutigen, künftigen Abituriennten, nichtmal auf das Gymnasium zugelassen worden wären. Oder wir gelten als das Land der "Dichter und Denker", auch eher ein Bildungsmerkmal. Oder wir gelten (noch) als "diszipliniert" (ich hoffe du bekommst bei dem Begriff keinen Puls :D ), fleißig, usw. usf. - im übrigen viele Eigenschaften aus der preußischen Zeit - die aber ja heutzutage alle böse sind, und rückwärtsgewand, obwohl damit auch die Nachkriegszeit angegangen wurde - daher werden wir Deutschen, wenn wir so weitermachen mit solchen Diskussionen hier und Dank gewisser Parteien oder Organisationen, diese Eigenschaften irgendwann verlieren, und dann sind wir ein Einheitsbrei. Und jede Nation hat so seine Eigenschaften, wo man auch zu entsprechender Person sagt "Mach mal "dies", denn dafür seid ihr ja bekannt und berühmt, und könnt es besonders gut.
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:24)

Dem könnte man natürlich entgegensetzen, dass Deutschland und Frankreich mit dem Frankenreich zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert ohnehin eine gemeinsame Vergangenheit haben und in gewisser Hinsicht zusammengehören. Es gibt wesentlich einfachere und offensichtlichere Gegenargumente in Bezug auf

Bekanntlich wird in deutschen Radio-/Internetsendern nicht 90 Prozent deutsche Volksmusik und sonstige irgendwie deutschrpachige Musik und 10 Prozent Pop/Rock/Jazz gesendet, sondern eher umgekehrt, Es gibt also definitiv einen "Zugriff", ...
Es ist definitv Nonsens, was du da von dir gibst! Du klaubst dir einen winzig kleinen Aspekt von Kultur heraus - seltsamerweise immer den gleichen - und meinst anhand dessen, deine Aussagen belegen zu können.
Du hast immer noch begriffen und willst auch nicht begreifen, dass Kultur einen gesellschaftlichen historisch gewachsenen Prozess beschreibt. Historisch gewachsener Prozess heißt es handelt sich um eine Entwicklung und auf Entwicklung kann man nicht zugreifen. Entwicklung ist keine Ressource, genauso wenig wie ein Prozess eine Ressource ist, auf die man zugreifen kann. Prozesse beinflussen - sie beeinflussen sich auch gegenseitig, was wiederum nichts, aber auch gar nichts mit "zugreifen" zu tun hat.
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:24)und zwar einen in jeder Hinsicht unglaublich dominierenden auf (vermeintlich existierende, aber in Wirklichkeit gar nicht vorhandene) fremde "Kulturen"), Es gibt nur und ausschließlich Hervorbgringungen von Individuen, Was soll zum Beispiel "Polish Jazz" sein?

Und noch mehr Unsinn! Kultur ist eben NICHT nur irgendeine Musikrichtung - Kultur beschreibt die Gesamtheit, das Komplexe Ganze, was Mensch als Mitglied einer Gesellschaft hervor gebracht hat und dazu gehört Philosophie genauso, wie ein Wertekanon dazu gehört.
Und in diesem Sinn gibt es sehr wohl fremde Kulturen. Fernöstliche Philosophie/Denkweisen, Werte etc sind uns fremd, islamisch geprägt Werte [Religion als Ideologie und Herrschaftssystem (vergl. Hamed Abdel Samad)] sind uns nicht nur fremd, sie stehen unseren Werten sogar antagonistisch gegenüber!
Und NEIN es gibt NICHT nur "Hervorbgringungen von Individuen"! Jedes Individuum hat eine eigene Identität - heißt es indentifiziert sich MIT etwas - u.a. über Zugehörigkeit, MIT einer Kultur. Vergl. Habilitationsschrift Prof. Arnd Uhle!
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:24)Mit Tomasz Stanko als exemplarisch herausragender Figur? Polnische Kultur? Afroamerikanische Kultur? Was denn nun? Und nichts hat sich als unbergündeter erwiesen, als die panikmachende Dystopie von einem "Einheitsbrei". Alles andere als "breiartig" ist die Welt voin heute. In positiver wie in negativer Hinsicht,
Und noch mehr Nonsens! Bei dir sind echt Hopfen und Malz verloren!
Und JA - die Vorstellung einer "egalitären ideologie" IST dystopisch, die Vorstellung, dass kulturelle Eigenheiten/Besonderheiten verschwinden, dass alles zu einem nicht mehr erkennbare "Einheihtsbrei" verrührt wird, der Menschen die Möglichkeit der Entwicklung einger individuellen Indentität beraubt, IST dystopisch! Entwurzelte Menschen - ohne Identität (mit so genannter "fluider Identität! - sind beliebig manipulierbar und indoktrinierbar, eine solche Vorstellung IST dystopisch. Orwells "1984" lässt grüßen! :s
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:36)

Was Alain de Benoist sagt oder schreibt, könnte nicht entegegengesetzer zu meinen eigenen Vorstellungen sein! Meine Argumentation ist die, dass das Konzept "Ethnopluralismus", das Leute wie Benoist vertreten, wissentlich oder unwissentlch, genau auf das hinauslaufen, was DU vertrittst.

Das, was gegenwärtig in Japan (und leider nicht nur dort) an nationaler Rückbesinnung läuft, mag von den Beteiligten - so wie auch von Islamisten, Russland-Fanatikern usw, - aus ihrer eigenen Position als authentisch und völlig normal wahrgenommen sein. Realiter ist es Unsinn. Es gibt keine kulturelle Identität!
Ist nicht nur eine vollkommen unbelegte Behauptung, sondern eine Behauptung, die jeglicher empirischen Grundlage entbehrt!
Das Gegenteil ist der Fall - gerade die "Kopftuch- und Niqapträgerinnen beweisen, dass es kulturelle Identität gibt!
Die dokumentieren sie nämlich jeden Tag.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Humelix33 hat geschrieben:(10 Feb 2018, 07:31)

Das ist die Version, die uns Deutschen immer eingebläut wird, das wird bewusst so gemacht. Chauvinismus ist die schlimme Variante, wäre auch die schlimme Variante vom Patriotismus.

Alleine bei Wiki kann man sehen, wie der Nationalismus auf Deutsch erklärt wird, so wie du beschrieben hast, auf Englisch aber anders rüberkommt, und diese Unterscheidung wie ich sie führe, ausführlich darstellt. Es gibt klar bei solchen Begriffen, eine Deutsche Version, und eine Englische, die stets klar machen, das bei uns alles übertrieben als gefährlich eingestuft wird, und international nüchtern und sachlich, und korrekt auseinander definiert wird.

Und Evolution hat mit Nationalismus gar nichts zu tun und ist als Beispiel daher völlig ungeeignet, nichtmal mit dem scheinbar harmloseren Begriff Patriotismus. Eine Nation definiert sich über seine Sprache, Bildung, Geschichte, und Lebenskultur. Auch übrigens unabhängig von der Hautfarbe.

Bei der Religion wird es schon kritisch, wenn sie kulturell völlig anders konzipiert ist, da sind Spannungen und Unruhen logischerweise vorprogrammiert, auch wenn Einige das nicht hören wollen.

Kritisch wird, oder eher, war, es nur, wenn man meint, oder eher, wenn Staatsoberhäupter meinen, wegen persönlichen Differenzen mit anderen Staatsvertretrern, die Nationen gegeneinander aufzuhetzen. Es gab in der gesamten Geschichte immer Freundschaften zwischen Privatpersonen der unterschiedlichen Nationen, egal, was Könige, oder Politiker entschieden haben.

Und trotzdem haben alle nachher ihre eigene Kultur gehabt, die Kultur entspringt natürlich auch eher der Bildung und des Lebensstandards. Aus dem Grund sind die Arbeitskräfte aus Deutschland auch so gefragt, weil wir gewisse Eigenschaften mitbringen, die aber, nur nebenbei, bald verschwunden sein werden, weil unser Bildungsniveau immer weiter absackt, und es stetig abgesenkt wird, damit so gut wie alle Abitur haben, wo früher zwei Drittel von den heutigen, künftigen Abituriennten, nichtmal auf das Gymnasium zugelassen worden wären. Oder wir gelten als das Land der "Dichter und Denker", auch eher ein Bildungsmerkmal. Oder wir gelten (noch) als "diszipliniert" (ich hoffe du bekommst bei dem Begriff keinen Puls :D ), fleißig, usw. usf. - im übrigen viele Eigenschaften aus der preußischen Zeit - die aber ja heutzutage alle böse sind, und rückwärtsgewand, obwohl damit auch die Nachkriegszeit angegangen wurde - daher werden wir Deutschen, wenn wir so weitermachen mit solchen Diskussionen hier und Dank gewisser Parteien oder Organisationen, diese Eigenschaften irgendwann verlieren, und dann sind wir ein Einheitsbrei. Und jede Nation hat so seine Eigenschaften, wo man auch zu entsprechender Person sagt "Mach mal "dies", denn dafür seid ihr ja bekannt und berühmt, und könnt es besonders gut.
Dass wir Deutschen besonders aufpassen müssen mit den Begriffen "Volk", "Nation", "völkisch", das liegt in der Geschichte begründet und das finde ich auch völlig richtig. Was dieses Hitlerdeutschland mit seinem Größenwahn und seinem Herrenmenschentum auf der Welt angerichtet hat, dürfte ja nun hinlänglich bekannt sein. Obwohl, ich nicht genau weiß, ob die AfD-Vertreter in ihrer speziellen Bildung und Erziehung davon auch schon mal was gehört haben. Manchmal scheint es so, als hätten die nichts aus der Geschichte gelernt, so, wie da einige reden. Nationalismus ist ein übersteigertes oder verzerrtes Nationalgefühl, das gebremst und gezügelt gehört. Da bin ich wahrhaftig froh, nur von Leuten umgeben zu sein, die nicht im Traum auf die Idee kämen, auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation zu glauben, man sei was Besseres als andere.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(08 Feb 2018, 13:26)

Das habe ich falsch zitiert,"können" natürlich ...

Ich möchte noch ein weiteres mal auf das schon erwähnte Buch "Es gibt keine kulturelle Identität" des französischen Philosophen Jullien kommen. Es enthält drei zentrale Kerngedanken: Zum einen, dass dieser Mode-Begriff der (kuklturellen) "Identität" wesentlich auf Unterscheidung basiert. Es gibt keine Zugehörigkeit im Sinne einer kulturellen Identität ohne die Identität irgendwelcher "Anderen". Und in gewisser Hinsicht ist das auch eine Abhängigmachung von diesen "Anderen". Ein Paradoxon eigentlich insofern, als dass die, die für "kulturelle Identität" in der Regel alles andere wünschen als abhängig von denen zu sein, von denen sie sich absetzen.
Das ist nicht paradox, sondern völlig logisch. Du kannst dich von anderen erst absetzen, wenn es "die anderen" gibt. Was auch weder du noch Jullien zu verstehen scheinen ist, dass man kulturelle Identität nicht braucht, man hat sie einfach. Und man merkt sie erst, wenn man im Austausch mit anderen Kulturen steht. Das Hinterfragen und langfristige Verändern der eigenen kultur ist ein normaler Vorgang, es ändert aber nichts daran, dass du aus einer bestimmten Kultur kommst, die dein Leben in wesentlöichen Teilen mit beeinflusst hat.
Und er plädiert dafür, anstelle von "Unterschieden" in "Abständen" zu denken.
Dann setzt er anstelle von "Identitäten" "Ressourcen". Und das ist ein positiver Vorschlag.
Nein, das ist nur für Neoliberale ein positiver Vorschlag. Denn im Grunde sagt er nichts anderes als dass man eine Kultur nur zum Ausschlachten betrachten soll, und dass man Identitäten werten solle. Also genau das, was man den Nationalisten immer vorwirft: Erhöhung, Ausgrenzung durch Abstand, Reduzierung auf das Verwertbare.

Wenn ich die Unterschiede zweier Identitäten herauskehre, respektiere ich trotzdem noch jede einzelne Identität als ein eigenständiges, gleuichberechtigtes Etwas. Wenn ich von Abständen dieser Identitäten rede, werte ich sie, und muss dabei notgedrungen eine Identität abwerten.

Da nützt es dann auch nicht, dass ich "Identität" durch "Resource" ersetze, denn exakt damit reduziere ich jegliche Identität auf ihre Verwertbarkeit.
Das Bestehen auf einer "kulturellen Identität" ist implizit (und wahrscheinlich auch meist ungewollt) gegen "Kultur" allgemein gerichtet. Bestes Beispiel: Diese sogenannten "Sprachschützer". Sie geben vor, die deutsche Sprache zu "schützen" und machen sie in Wirklichkeit kaputt. Der Versuch eine Sprache einzuzäunen und zu kartieren, ist tatsächlich so etwas wie eine Art Inhaftierung. Eine Sprache als Teil von Kultur ist darauf angewiesen, lebendig und frei zu sein.
Ein schlechtes Beispiel. Inwiefern machen denn Sprachschützer (was immer man damit meint) die Sprache kaputt? Indem sie lieber deutsche Worte nehmen statt Anglizismen?
Und wieso ist "kulturelle Identität" gegen Kultur an sich gerichtet ? Das wäre sie doch nur, wenn diese Identität ein Rahmen wäre. Ist sie aber nicht, sie ist eher so etwas wie ein Anfangspunkt.

Wenn ich zum Beispiel sage "Der Reggae ist unbestreitbar ein Teil jamaikanischer Identität", dann sage ich damit, dass ich sowohl die Wurzeln dieser Musik wie auch die Biographien jener Menschen, die ihn ins Leben gerufen und beeinflusst haben wie auch seine immer noch vorhandene soziale Wirkung gerade in seinem Ursprungsland respektiere. Ob ich irgendetwas davon als für mich verwertbare Resource nutze, ist wieder eine ganz andere Sache. Aber tauschen wir nur mal die Worte aus: "Der Reggae ist unbetsreitbar eine jamaikanische Resource" - stimmt zwar irgendwo, reduziert ihn aber auf Bodenschatz-Level.

Du kannst natürlich weiterhin glauben, es gäbe keine kulturelle Identität, weil sie für dich keine Rolle spielt.
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 10:38)

Dass wir Deutschen besonders aufpassen müssen mit den Begriffen "Volk", "Nation", "völkisch", das liegt in der Geschichte begründet und das finde ich auch völlig richtig. Was dieses Hitlerdeutschland mit seinem Größenwahn und seinem Herrenmenschentum auf der Welt angerichtet hat, dürfte ja nun hinlänglich bekannt sein. Obwohl, ich nicht genau weiß, ob die AfD-Vertreter in ihrer speziellen Bildung und Erziehung davon auch schon mal was gehört haben. Manchmal scheint es so, als hätten die nichts aus der Geschichte gelernt, so, wie da einige reden. Nationalismus ist ein übersteigertes oder verzerrtes Nationalgefühl, das gebremst und gezügelt gehört. Da bin ich wahrhaftig froh, nur von Leuten umgeben zu sein, die nicht im Traum auf die Idee kämen, auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation zu glauben, man sei was Besseres als andere.
Kannst du mal verraten, was die deutsche Sprache für die Verbrechen der Nazis kann?
Übrigens - falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte - Präambel des GG:

"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben."

Folgt man DEINER Argumentation ist diese Formulierung voll räääächts.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Humelix33
Beiträge: 420
Registriert: Sonntag 28. Mai 2017, 21:37

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Humelix33 »

Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 10:38)

Dass wir Deutschen besonders aufpassen müssen mit den Begriffen "Volk", "Nation", "völkisch", das liegt in der Geschichte begründet und das finde ich auch völlig richtig. Was dieses Hitlerdeutschland mit seinem Größenwahn und seinem Herrenmenschentum auf der Welt angerichtet hat, dürfte ja nun hinlänglich bekannt sein. Obwohl, ich nicht genau weiß, ob die AfD-Vertreter in ihrer speziellen Bildung und Erziehung davon auch schon mal was gehört haben. Manchmal scheint es so, als hätten die nichts aus der Geschichte gelernt, so, wie da einige reden. Nationalismus ist ein übersteigertes oder verzerrtes Nationalgefühl, das gebremst und gezügelt gehört. Da bin ich wahrhaftig froh, nur von Leuten umgeben zu sein, die nicht im Traum auf die Idee kämen, auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation zu glauben, man sei was Besseres als andere.
Daraus folgend jeden Deutschen als potentiellen Neonazi deklarieren zu wollen, nur weil er vielleicht die Nationalflagge jeden Tag hisst, etc., ist aber noch schwachsinniger, und hat mit der Geschichte noch weniger zu tun.

Eher kann man bei den überhasteten Mahnern und Pseudoaufpasseren ein mangelndes Geschichtsbewusstsein oder Kenntnisse feststellen. Hitler und die NSDAP waren ein Sonderfall, aufgebaut durch die unverarbeitete Niederlage des Ersten Weltkrieges, und des Versailler Vertrages von 1919, wo man das Deutsche Kaiserreich bzw. dann, die Deutschen nochmal und viel tiefer in die Seele getroffen hatte. Vor allem Frankreich war ganz vorne dabei, als es um nachträgliche Provokationen ging, Stichwort Saarland und das Einreden an Polen und die USA, das Deutschland Ostgebiete abzutreten habe. Das alles rechtfertigt nicht das, was dann kam, aber es erklärt es, und das wird leider sehr oft verschwiegen, unabhängig vom Antisemitismus in der NSDAP, und weiteren fanatischen Äußerungen (anbeten und Verehrung der nordischen Götter, etc. pp.) . Das alles hatte sehr wenig mit Nationalismus zu tun, weil es deutlich aggressiver war, und dafür gibt es den Begriff Chauvinismus, genau so wenig, wie von Rechtsextremen behauptet wird, dass die NSDAP eigentlich sozialistisch gewesen wäre, weil das Wort in der Partei vorkam, der Parteiname war viel zu harmlos, für das, was am Ende zu sehen war.
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Feb 2018, 23:24)

Bekanntlich wird in deutschen Radio-/Internetsendern nicht 90 Prozent deutsche Volksmusik und sonstige irgendwie deutschrpachige Musik und 10 Prozent Pop/Rock/Jazz gesendet, sondern eher umgekehrt
Dass hängt nun aber wirklich sehr vom Sender ab. Und so ganz hat es sich unter international ausgerichteten Musiker noch nicht herumgesprochen, wieviel Geld man als speziell deutschsprachiger Musiker hierzulande im Vergleich zum englischsprachigen machen könnte. Helene Fischer, Unheilig, ja selbst dass es Spider Murphy Gang noch gibt, das sind alles Phänomene, die nur hier in Deutschland funktionieren. Selbiges wirst du in anderen Ländern genauso merken. Es gibt unglaublich gute norwegische Popmusik, die es nie aus Norwegen heraus geschafft hat. Hierzulande kennt kaum einer Johnny Halliday, in Frankreich hatte er letztens fast ein Staatsbegräbnis.
Es gibt also definitiv einen "Zugriff", und zwar einen in jeder Hinsicht unglaublich dominierenden auf (vermeintlich existierende, aber in Wirklichkeit gar nicht vorhandene) fremde "Kulturen")
Natürlich gibt es den. Aus einer Kultur zu kommen heisst ja nicht, andere Kulturen oder Fremdeinflüsse abzulehnen.
Was soll zum Beispiel "Polish Jazz" sein? Mit Tomasz Stanko als exemplarisch herausragender Figur? Polnische Kultur? Afroamerikanische Kultur?
Wiki sagt zum "Polish Jazz" folgendes: "Die Entwicklung des Jazz in Polen und seine öffentliche Wahrnehmung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der im „Mutterland“ des Jazz. Die polnische Jazz-Geschichte wurde stark vom Realsozialismus geprägt. Musikalisch gilt der in den 1950er Jahren entstandene „Polski Jazz“ als ein charakteristischer, eigenständiger Stil. In den 1990er Jahren entstand mit dem Yass erneut ein genuin polnisches Jazz-Phänomen"

Es ist also beides, polnisch und afroamerikanisch beeinflusst.
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 12:10)

Kannst du mal verraten, was die deutsche Sprache für die Verbrechen der Nazis kann?
Übrigens - falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte - Präambel des GG:

"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben."

Folgt man DEINER Argumentation ist diese Formulierung voll räääächts.
Ich sagte "vorsichtig sein" bzw. "aufpassen". Das bedeutet: Vorsicht vor inflationärem zügellosem Gebrauch der Begriffe "Nation" und "Volk". Und "völkisch" geht gar nicht. Vor allem im Zusammenhang mit anderen Nationen und unserem Selbst- und Fremdbild. Und ja, Sprache hat sehr viel mit den gerade herrschenden Machtverhältnissen zu tun. Ein und dasselbe Wort erhält verschiedene Bedeutungen, je nachdem, wer wann und warum welchen Begriff verwendet. Nennt man Bedeutungwandel. Das heißt nicht, nie wieder "Volk" und "Nation" sagen zu dürfen, weil es die Naziverbrechen gab. Nein, das heißt, sorgsam oder achtsam damit umzugehen und den jeweiligen Zeitbezug nie zu vergessen. Das ist nun mal unsere spezielle Verantwortung. Dazu kannst du "LTI – Notizbuch eines Philologen" von Victor Klemperer lesen, wo er sich mit der Sprache des Dritten Reiches und dem Bedeutungswandel von Sprache auseinandersetzt. Zwar schon 1947 veröffentlicht, aber immer noch aktuell. Oder besser: Jetzt wieder besonders aktuell.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 13:14)

Ich sagte "vorsichtig sein" bzw. "aufpassen". Das bedeutet: Vorsicht vor inflationärem zügellosem Gebrauch der Begriffe "Nation" und "Volk". Und "völkisch" geht gar nicht. Vor allem im Zusammenhang mit anderen Nationen und unserem Selbst- und Fremdbild.
Die Begriffe Volk und Nation sind vollkommen wertneutral. Man muss bei der Benutzung gar nicht aufpassen.
Das Problem besteht nicht im Benutzen dieser Begriffe - egal wie oft. Das Problem besteht in den Köpfen ganz bestimmter Zeitgenossen - nämlich denjenigen die unfähig sind zwischen deskriptiv und normativ zu unterscheiden, denjenigen die zwingend bei jeder, sich bietenden Gelegenheit ihre (eingebildete) moralische Überlegenheit zur Schau tragen müssen.
"Volk" beschreibt schlicht und einfach eine große Gemeinschaft (Gruppe) von Menschen, die durch gemeinsame Kultur, Geschichte und Sprache miteinander verbunden sind.

Nation beschreibt eine große, meist geschlossen siedelnde Gemeinschaft von Menschen mit gleicher Abstammung, Geschichte, Sprache, Kultur, die ein politisches Staatswesen bilden.

Nicht mehr und nicht weniger.
Das Problem besteht nicht bei denjenigen, die die Begriffe benutzen, sondern bei denjenigen, die in die(se) Begriffe etwas hinein interpretieren, was gar nicht drin ist und diese Interpretation verallgemeinernd allen anderen unterstellen und für politische Diffamierung nutzen!
Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 13:14) Und ja, Sprache hat sehr viel mit den gerade herrschenden Machtverhältnissen zu tun. Ein und dasselbe Wort erhält verschiedene Bedeutungen, je nachdem, wer wann und warum welchen Begriff verwendet.
Ach echt? Da ist es ja wieder - das Vermengen von deskriptiv mit normativ, das Hineininterpretieren, was nicht drin ist.
Nein - Sprache hat nichts mit Machtverhältnissen zu tun, vielmehr wird Sprache ideologisch missbraucht und wertend/normativ aufgeladen.
Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 13:14)Nennt man Bedeutungwandel. Das heißt nicht, nie wieder "Volk" und "Nation" sagen zu dürfen, weil es die Naziverbrechen gab. Nein, das heißt, sorgsam oder achtsam damit umzugehen und den jeweiligen Zeitbezug nie zu vergessen. Das ist nun mal unsere spezielle Verantwortung. Dazu kannst du "LTI – Notizbuch eines Philologen" von Victor Klemperer lesen, wo er sich mit der Sprache des Dritten Reiches und dem Bedeutungswandel von Sprache auseinandersetzt. Zwar schon 1947 veröffentlicht, aber immer noch aktuell. Oder besser: Jetzt wieder besonders aktuell.
Nein - das bedeutet, dass sich einzelne Menschen/eine Minderheit die (moralische) Deutungshoheit anmaßt und einer Mehrheit vorschreiben/diktieren will, welche Begriffe wie zu verwenden sind, welche tabuisiert werden. Das bedeutet nicht weniger als Einschränkung der Meinungsfreiheit und Instrument zur politischen Diffamierung.
"der hat Volk gesagt - pfui der ist rääächts", "der spricht von kultureller Identität, gemeinsamer Kultur - pfui der ist räääächts"
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 13:14)

Ich sagte "vorsichtig sein" bzw. "aufpassen". Das bedeutet: Vorsicht vor inflationärem zügellosem Gebrauch der Begriffe "Nation" und "Volk". Und "völkisch" geht gar nicht. Vor allem im Zusammenhang mit anderen Nationen und unserem Selbst- und Fremdbild. Und ja, Sprache hat sehr viel mit den gerade herrschenden Machtverhältnissen zu tun. Ein und dasselbe Wort erhält verschiedene Bedeutungen, je nachdem, wer wann und warum welchen Begriff verwendet. Nennt man Bedeutungwandel. Das heißt nicht, nie wieder "Volk" und "Nation" sagen zu dürfen, weil es die Naziverbrechen gab. Nein, das heißt, sorgsam oder achtsam damit umzugehen und den jeweiligen Zeitbezug nie zu vergessen. Das ist nun mal unsere spezielle Verantwortung. Dazu kannst du "LTI – Notizbuch eines Philologen" von Victor Klemperer lesen, wo er sich mit der Sprache des Dritten Reiches und dem Bedeutungswandel von Sprache auseinandersetzt. Zwar schon 1947 veröffentlicht, aber immer noch aktuell. Oder besser: Jetzt wieder besonders aktuell.
Achja - Bedeutungswandel von Begriffen:
Nur weil die Nazis bestimmten Begriffen eine bestimmte/besondere (normative) Bedeutung gegeben haben, sie diese Begriffe normativ verwendet haben, bedeutet das NICHT, dass dies bis in alle Ewigkeit so festgeschrieben ist.
In der Zwischenzeit kann sich bzw hat sich ein erneuter Bedeutungswandel vollzogen (haben) - nämlich zurück zur ursprünglichen Bedeutung der Begriffe.
Nur scheint das in den Köpfen bestimmter Zeitgenossen noch nicht angekommen zu sein bzw nicht ankommen sollen.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 13:54)

Die Begriffe Volk und Nation sind vollkommen wertneutral. Man muss bei der Benutzung gar nicht aufpassen.
Das Problem besteht nicht im Benutzen dieser Begriffe - egal wie oft. Das Problem besteht in den Köpfen ganz bestimmter Zeitgenossen - nämlich denjenigen die unfähig sind zwischen deskriptiv und normativ zu unterscheiden, denjenigen die zwingend bei jeder, sich bietenden Gelegenheit ihre (eingebildete) moralische Überlegenheit zur Schau tragen müssen.
"Volk" beschreibt schlicht und einfach eine große Gemeinschaft (Gruppe) von Menschen, die durch gemeinsame Kultur, Geschichte und Sprache miteinander verbunden sind.

Nation beschreibt eine große, meist geschlossen siedelnde Gemeinschaft von Menschen mit gleicher Abstammung, Geschichte, Sprache, Kultur, die ein politisches Staatswesen bilden.

Nicht mehr und nicht weniger.
Das Problem besteht nicht bei denjenigen, die die Begriffe benutzen, sondern bei denjenigen, die in die(se) Begriffe etwas hinein interpretieren, was gar nicht drin ist und diese Interpretation verallgemeinernd allen anderen unterstellen und für politische Diffamierung nutzen!


Ach echt? Da ist es ja wieder - das Vermengen von deskriptiv mit normativ, das Hineininterpretieren, was nicht drin ist.
Nein - Sprache hat nichts mit Machtverhältnissen zu tun, vielmehr wird Sprache ideologisch missbraucht und wertend/normativ aufgeladen.


Nein - das bedeutet, dass sich einzelne Menschen/eine Minderheit die (moralische) Deutungshoheit anmaßt und einer Mehrheit vorschreiben/diktieren will, welche Begriffe wie zu verwenden sind, welche tabuisiert werden. Das bedeutet nicht weniger als Einschränkung der Meinungsfreiheit und Instrument zur politischen Diffamierung.
"der hat Volk gesagt - pfui der ist rääächts", "der spricht von kultureller Identität, gemeinsamer Kultur - pfui der ist räääächts"
Naja, da begibst du dich aber auf ganz dünnes Eis, denn mit Sprache kenne ich mich aus. Und natürlich ist es ohne Wenn und Aber so, dass es bei Sprache immer darauf ankommt, wer wann wo was sagt. Sprache und Begriffe sind nie wertneutral und erhalten ihre Bedeutung nur im jeweiligen Kontext. Das ist einfach mal so. Und als selbst ernannte Kultur-Expertin solltest du solche relativ einfachen Zusammenhänge schon kennen. So kann dasselbe Wort durchaus eine völlig unterschiedliche Bedeutung haben. Für denjenigen, der dieses Wort verwendet. Und für denjenigen, der es rezipiert. Schon alleine die von der Neuen Rechten zur Verunglimpfung des politischen Gegners häufig verwendeten Begriffe und Formulierungen wie "Deutungshoheit" und "moralische Überlegenheit", "Einschränkung der Meinungsfreiheit" und dergleichen mehr verdeutlichen ohne viele weitere Erklärungen, woher derjenige ideologisch kommt. Was mal mit den relativ harmlosen "Gutmenschen" (Unwort des Jahres 2015) begann, wurde inzwischen von einer gewissen Breite des Vokabulars abgelöst. Dazu gehören auch solche Ausrufe wie "pfui räääääächts", die durch häufigen Gebrauch schon allmählich was von getroffenen Hunden haben.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Feb 2018, 14:55)

Naja, da begibst du dich aber auf ganz dünnes Eis, denn mit Sprache kenne ich mich aus. Und natürlich ist es ohne Wenn und Aber so, dass es bei Sprache immer darauf ankommt, wer wann wo was sagt. Sprache und Begriffe sind nie wertneutral und erhalten ihre Bedeutung nur im jeweiligen Kontext. Das ist einfach mal so. Und als selbst ernannte Kultur-Expertin solltest du solche relativ einfachen Zusammenhänge schon kennen. So kann dasselbe Wort durchaus eine völlig unterschiedliche Bedeutung haben. Für denjenigen, der dieses Wort verwendet. Und für denjenigen, der es rezipiert. Schon alleine die von der Neuen Rechten zur Verunglimpfung des politischen Gegners häufig verwendeten Begriffe und Formulierungen wie "Deutungshoheit" und "moralische Überlegenheit", "Einschränkung der Meinungsfreiheit" und dergleichen mehr verdeutlichen ohne viele weitere Erklärungen, woher derjenige ideologisch kommt. Was mal mit den relativ harmlosen "Gutmenschen" (Unwort des Jahres 2015) begann, wurde inzwischen von einer gewissen Breite des Vokabulars abgelöst. Dazu gehören auch solche Ausrufe wie "pfui räääääächts", die durch häufigen Gebrauch schon allmählich was von getroffenen Hunden haben.
Meister im Verunglimpfen, unterstellen, Diffamieren und denunzieren sind die Linken, die Vertreter der Political Correctness. Sie verunglimpfen doch jeden, der eine andere Meinung vertritt als sie selbst als rääächts, neurääächts, rassistisch und irgendwie -phob - wie es gerade in den Kram passt. ist doch schön einfach, dann muss man sich, mangels eigener Argumente nicht mit den Argumenten der vermeintlichen Gegenseite auseinander setzen.
Beweist du doch jeden Tag. Bei allem, was deiner Weltsicht entgegensteht, baust du Strohmänner und kommst mit dem Totschlagargumenten - rääächts, neurääächts. Und genau DAS ist mit Deutungshoheit beanspruchen und mit moralischer Überlegenheit gemeint. DU meinst doch festlegen zu können/zu dürfen, was räächts ist und was nicht - schließlich gehörst DU ja zu den Guten. Alle die nicht so denken wie du, die dir nicht nach dem Munde reden - vor allem, wenn sie Argumente bringen, denen du nichts entgegen zu setzen hast - diffamierst du als rääächts.
Einfache Zusammenhänge erkennen - ja das sollte man schon können, vor allem sollte man zwischen deskriptiv und und normativ unterscheiden können (und vor allem auch wollen). Aber gerade bei dieser Fähigkeit hapert es bei den Zeitgenossen eines ganz bestimmten politischen Spektrums.

Ich bleibe bei meiner Aussage: das Problem liegt weniger bei denejnigen, die Begriffe benutzen, als bei denjenigen, die zwanghaft etwas in Begriffe (und Aussagen) hinein interpretieren müssen, was gar nicht drin ist.

Und NEIN - die Ausrufe "pfui rääächts" haben nichts von " betroffene Hunde" - ganz im Gegenteil
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
Dark Angel
Moderator
Beiträge: 23442
Registriert: Freitag 7. August 2009, 08:08
user title: From Hell

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Dark Angel »

Watchful_Eye hat geschrieben:(09 Feb 2018, 16:28)

Du meinst, ich habe "Nation" und "Staat" durcheinander geworfen? Ich hab bei "Nation" eigentlich an alle Menschen gedacht, die eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und möglichst die Werte des GGs im Kern teilen. Deutsch-Türkische Söhne und Töchter von Gastarbeitern, sofern sie hinter dem GG stehen, würde ich zB selbstverständlich als Teil unserer Nation sehen. Ich hätte vielleicht auch "Volk" schreiben können - in dem Sinne, wie der Ausspruch "Dem deutschen Volke" am Eingang des Bundestages gemeint ist - aber das klänge in heutigen Zeiten so Pegida-mäßig und würde evtl suggerieren, ich würde den Begriff "Volk" völkisch oder in Abrenzung zu irgendwelchen Eliten definieren wollen. War ich da zu unsauber? Wie würdest du es definieren?
Passend zum Thema und brandaktuell:

"Dass auch Emmanuel Macron in der französischen Tradition steht, wonach seinem Land keine Last zu gross ist, solange Berlin dafür bezahlt, wird dort nicht einmal zur Kenntnis genommen. Lieber empört man sich über die Amerika-first-Politik des amerikanischen Präsidenten Trump – und übersieht, dass jeder Regierungschef zunächst einmal die Interessen seines Landes vertritt.
Woher kommt diese Ignoranz? Zunächst einmal ist Deutschland ein gutes Beispiel dafür, dass Umerziehung funktioniert. Man hat den Menschen so lange eingetrichtert, dass nationales Denken in die (braune) Katastrophe führt, dass es heute kaum mehr jemand wagt, für «nationale Interessen» einzutreten. Wer in seinem Garten eine deutsche Flagge pflanzt oder sich an Anglizismen stört, gilt bereits als Nationalist. Selbst das Wort «deutsch» ist in Deutschland zunehmend verpönt. Nicht mehr auf «deutsche Interessen» sollen Politiker schwören, sondern nur noch allgemein auf die der «Bürgerinnen und Bürger».
Das erklärt die fatale Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen. Der Selbsthass in weiten Teilen der Gesellschaft ist so gross, dass bereits als «Rassist» gilt, wer mit Blick auf die massenhafte Zuwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern um die eigene nationale Identität fürchtet."
Quelle


Tja - dieser Artikel sagt wohl alles zur "Lage in Deutschland"!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
Benutzeravatar
schelm
Beiträge: 19764
Registriert: Samstag 22. August 2009, 00:29
user title: Je suis Köterrasse
Wohnort: Thüringen

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schelm »

Sorry liebe Mods, aber ich will das nicht kommentieren.

http://www.zeit.de/kultur/2018-02/heima ... geschichte
Ger9374

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ger9374 »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 19:39)

Passend zum Thema und brandaktuell:

"Dass auch Emmanuel Macron in der französischen Tradition steht, wonach seinem Land keine Last zu gross ist, solange Berlin dafür bezahlt, wird dort nicht einmal zur Kenntnis genommen. Lieber empört man sich über die Amerika-first-Politik des amerikanischen Präsidenten Trump – und übersieht, dass jeder Regierungschef zunächst einmal die Interessen seines Landes vertritt.
Woher kommt diese Ignoranz? Zunächst einmal ist Deutschland ein gutes Beispiel dafür, dass Umerziehung funktioniert. Man hat den Menschen so lange eingetrichtert, dass nationales Denken in die (braune) Katastrophe führt, dass es heute kaum mehr jemand wagt, für «nationale Interessen» einzutreten. Wer in seinem Garten eine deutsche Flagge pflanzt oder sich an Anglizismen stört, gilt bereits als Nationalist. Selbst das Wort «deutsch» ist in Deutschland zunehmend verpönt. Nicht mehr auf «deutsche Interessen» sollen Politiker schwören, sondern nur noch allgemein auf die der «Bürgerinnen und Bürger».
Das erklärt die fatale Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen. Der Selbsthass in weiten Teilen der Gesellschaft ist so gross, dass bereits als «Rassist» gilt, wer mit Blick auf die massenhafte Zuwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern um die eigene nationale Identität fürchtet."
Quelle


Tja - dieser Artikel sagt wohl alles zur "Lage in Deutschland"!

Selten so gut und kompakt das beschrieben gesehen was die letzten jahrzehnte mit Land und Leuten , passierte. Umerziehung einer ganzen Nation! Das beschreibt das verhältnis der mehrheit der Deutschen zu ihrem Land treffend.
Benutzeravatar
JJazzGold
Beiträge: 59275
Registriert: Montag 25. Mai 2009, 01:34
user title: L'État, c'est moi

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von JJazzGold »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 19:39)

Passend zum Thema und brandaktuell:

"Dass auch Emmanuel Macron in der französischen Tradition steht, wonach seinem Land keine Last zu gross ist, solange Berlin dafür bezahlt, wird dort nicht einmal zur Kenntnis genommen. Lieber empört man sich über die Amerika-first-Politik des amerikanischen Präsidenten Trump – und übersieht, dass jeder Regierungschef zunächst einmal die Interessen seines Landes vertritt.
Woher kommt diese Ignoranz? Zunächst einmal ist Deutschland ein gutes Beispiel dafür, dass Umerziehung funktioniert. Man hat den Menschen so lange eingetrichtert, dass nationales Denken in die (braune) Katastrophe führt, dass es heute kaum mehr jemand wagt, für «nationale Interessen» einzutreten. Wer in seinem Garten eine deutsche Flagge pflanzt oder sich an Anglizismen stört, gilt bereits als Nationalist. Selbst das Wort «deutsch» ist in Deutschland zunehmend verpönt. Nicht mehr auf «deutsche Interessen» sollen Politiker schwören, sondern nur noch allgemein auf die der «Bürgerinnen und Bürger».
Das erklärt die fatale Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen. Der Selbsthass in weiten Teilen der Gesellschaft ist so gross, dass bereits als «Rassist» gilt, wer mit Blick auf die massenhafte Zuwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern um die eigene nationale Identität fürchtet."
Quelle


Tja - dieser Artikel sagt wohl alles zur "Lage in Deutschland"!

Ich lebe ja nun schon recht lang in Deutschland, aber von “Selbsthass“ habe ich noch nichts mitbekommen. Statt dessen viel von gesundem Selbstbewusstsein, Freude über das Erreichte, Ablehnung gegenüber überzogenem Nationalgefühl à la “Germany first“ und realistischer Hilfsbereitschaft. Die ca. 12% Hosenscheisser mal ausgenommen.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

https://www.youtube.com/watch?v=9FBu2rVuXGI
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

JJazzGold hat geschrieben:(11 Feb 2018, 08:12)

Ich lebe ja nun schon recht lang in Deutschland, aber von “Selbsthass“ habe ich noch nichts mitbekommen. Statt dessen viel von gesundem Selbstbewusstsein, Freude über das Erreichte, Ablehnung gegenüber überzogenem Nationalgefühl à la “Germany first“ und realistischer Hilfsbereitschaft. Die ca. 12% Hosenscheisser mal ausgenommen.
Sehr gut gesagt, JJazzGold :thumbup: Dieser von DA erwähnte Gastkommentar aus der NZZ ist glasklare AfD-Argumentation. Schönen Sonntag noch ;)
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein aktuelles, sehr interessantes Beispiel zum Themenkreis Nation, kulturelle Identität etc.: Der 70. Todestag von Mahatma Gandhi. Eigentlich Mohandas Karamchand Gandhi
wurde am 30. Januar 1948 von dem fanatischen Hindu-Nationalisten Nathuram Godse erschossen. Auf der einen Seite wird auch im heutigen Indien (und eigentlich mehr noch als früher) Gandhi als "Vater der Nation", als nahezu Heiliger verehrt. Schulkinder besuchen die Wirkungsstätten Gandhis. Sein Konterfei ist auf allen indischen Geldscheinen zu sehen. Auf der anderen Seite sagen Menschen, die es wissen müssen, wie Gandhis Urenkelin (wörtlich):
Ich glaube, er wäre sehr enttäuscht, wenn er heute noch leben würde. Er hat damals alles versucht, um die Spannungen zwischen Muslimen und Hindus zu mildern. Alle Kinder haben ihn Bapu genannt, die muslimischen, die Parsen, die Hindus, er war der Vater von allen. Ich bin mir sicher, würde Gandhi das heutige Indien sehen, er würde zu Gott beten, dass er ihn von diesem Ort weghole.
Auf der anderen Seite ist der heutige hindu-natuionalistische Premierminister Indien Narendra Modi in derselben radikal-nationalistisch-hinduistischen Bewegung RSS (Rashtriya Swayamsevak Sangh, "Nationale Freiwilligenorganisation“) sozialisiert worden wie der Mörder Gandhis, Nathuram Godse. Und dennoch betreiben auch Modi und seine zahlreichen Anhänger den Gandhi-Kult. Paradoxer gehts kaum noch! Sprich: Was es tatsächlich gibt: Es gibt Machtinteressen von Menschen, die genau wissen, wie solche Erzählungen, instrumentalisiert werden können. Es gibt Massen von Menschen, die das alles glauben. Und es gibt im fernen Europa Leute, die solche Machtspielchen für eine "indische kulturelle Identität" halten. Ich will dabei gar keine Bösartigkeit unterstellen. Im Falle von Leuten von Userin DA ist es schlicht Dummheit. Und der Fall Gandhi-Kult, Hindu-Nationalismus zeigt überdeutlich, wie recht der französische Philosoph Jullien hat: Es gibt keine kulturelle Identität.

https://www.swr.de/-/id=20890880/proper ... 180205.pdf

Ich würde es sehr interessant finden, das Beispiel Gandhi-Kult vs. aktueller Hindu-Nationalismus in Indien ganz direkt in Bezug auf das Thread-Thema zu diskutieren, Ein anderes relevantes Beispiel in dieser Hinsicht wäre der Buddhismus-Nationalismus in Myanmar.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Sonntag 11. Februar 2018, 09:25, insgesamt 1-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(10 Feb 2018, 12:24)

Dass hängt nun aber wirklich sehr vom Sender ab. Und so ganz hat es sich unter international ausgerichteten Musiker noch nicht herumgesprochen, wieviel Geld man als speziell deutschsprachiger Musiker hierzulande im Vergleich zum englischsprachigen machen könnte. Helene Fischer, Unheilig, ja selbst dass es Spider Murphy Gang noch gibt, das sind alles Phänomene, die nur hier in Deutschland funktionieren. Selbiges wirst du in anderen Ländern genauso merken. Es gibt unglaublich gute norwegische Popmusik, die es nie aus Norwegen heraus geschafft hat. Hierzulande kennt kaum einer Johnny Halliday, in Frankreich hatte er letztens fast ein Staatsbegräbnis.



Natürlich gibt es den. Aus einer Kultur zu kommen heisst ja nicht, andere Kulturen oder Fremdeinflüsse abzulehnen.



Wiki sagt zum "Polish Jazz" folgendes: "Die Entwicklung des Jazz in Polen und seine öffentliche Wahrnehmung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der im „Mutterland“ des Jazz. Die polnische Jazz-Geschichte wurde stark vom Realsozialismus geprägt. Musikalisch gilt der in den 1950er Jahren entstandene „Polski Jazz“ als ein charakteristischer, eigenständiger Stil. In den 1990er Jahren entstand mit dem Yass erneut ein genuin polnisches Jazz-Phänomen"

Es ist also beides, polnisch und afroamerikanisch beeinflusst.
Alles völlig richtig, Woppadaq. Und Polish Jazz wie auch Yass wäre als Thema in einem Musik-Thread super-hoch-interessant. Hier gings aber einfach nur um die (eigentlich völlig triviale) Widerlegung eines super-hoch-blödsinnigen Satzes wie
Dark Angel hat geschrieben: Es gibt Kulturen, aber keine kulturellen Ressourcen und somit auch keinen "Zugriff".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Hyde
Beiträge: 1226
Registriert: Dienstag 14. Juni 2016, 18:15

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Hyde »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 19:39)
"Dass auch Emmanuel Macron in der französischen Tradition steht, wonach seinem Land keine Last zu gross ist, solange Berlin dafür bezahlt, wird dort nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Mir ist nicht bekannt, wo Frankreich es in den letzten 70 Jahren nötig gehabt hätte, „von Deutschland finanziert zu werden“.

Ich kann das Schlechtreden von Frankreich eh nicht verstehen. Frankreich ist ein Land mit sehr guten Voraussetzungen: hohe Arbeitsproduktivität, günstige demographische Entwicklung, gute Bildung, jede Menge Kultur (das meistbesuchte Land der Welt).

Frankreich ist nicht darauf angewiesen, von Deutschland gerettet werden zu müssen. Manche in Deutschland bilden sich ein, in Deutschland wäre alles besser als anderswo und alle müssten mehr so sein wie Deutschland. Dabei ist Deutschland in den Rankings (Wohlstand, Bildung, Entwicklungsstand, Lebenserwartung, Infrastruktur, ...) meist nur gutes Mittelmaß in der EU. So besonders ist unser Land nicht, und manche wird es überraschen, aber es gibt auch noch andere Länder, wo gut gearbeitet wird. Die sind nicht alle von der Gnade Deutschlands abhängig, auch Frankreich nicht.
Ger9374

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Ger9374 »

Selina hat geschrieben:(11 Feb 2018, 08:28)

Sehr gut gesagt, JJazzGold :thumbup: Dieser von DA erwähnte Gastkommentar aus der NZZ ist glasklare AfD-Argumentation. Schönen Sonntag noch ;)

Glasklare Afd argumentation, so gross ist schon der einfluss der Afd , das sie mit bestimmt wer was bei der NZZ schreibt. Ich schmeiss mich bald weg.
So indoktriniert, nur noch Tunnelblick, was für ein trauriger Haufen ihr doch seid.
Es ist schon aussagekräftig, das im ausland die kranke haltung vieler deutscher zu ihrem land
so exakt erkannt wird. Die deutsche Gesellschaft aber lieber stück für stück ihre identität verliert und verleugnet. Die jahrzehntelange umerziehung von uns deutschen zu gesichtslosen Europäern greift.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Feb 2018, 07:23)

Selten so gut und kompakt das beschrieben gesehen was die letzten jahrzehnte mit Land und Leuten , passierte. Umerziehung einer ganzen Nation! Das beschreibt das verhältnis der mehrheit der Deutschen zu ihrem Land treffend.
Ich weiß nicht, wo diese "Umerziehung" eigentlich stattfinden soll. Da, wo ich lebe, jedenfalls nicht. Letzte Woche, weils ziemlich kalt war, hab' ich bis zur nächsten Straßenbahn längere Zeit in einem Bahnhofszeitungsladen herumgeschaut. Da liegen türkischsprachige Zeitungen, konservative Blätter wie die "Welt", populistisch rechts schreiende Zeitungen mit Aufmachern wie "Jetzt reichts!" neben ausgesprochen linken Zeitungen wie "Junge Welt" oder "ND" oder auch ziemlich merkwürdige russischsprachige Zeitungen oder richtig ideologisch rechtsextreme Zeitungen wie die Junge Freiheit ... Wo bitte findet in Deutschland "Umerziehung" statt? Wo bitte gibt es einen europäischen "Einheitsbrei"? Keine Ahnung, wo du eigentlich lebst.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Sonntag 11. Februar 2018, 09:40, insgesamt 2-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Hyde
Beiträge: 1226
Registriert: Dienstag 14. Juni 2016, 18:15

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Hyde »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:15)

Glasklare Afd argumentation, so gross ist schon der einfluss der Afd , das sie mit bestimmt wer was bei der NZZ schreibt. Ich schmeiss mich bald weg.
So indoktriniert, nur noch Tunnelblick, was für ein trauriger Haufen ihr doch seid.
Es ist schon aussagekräftig, das im ausland die kranke haltung vieler deutscher zu ihrem land
so exakt erkannt wird. Die deutsche Gesellschaft aber lieber stück für stück ihre identität verliert und verleugnet. Die jahrzehntelange umerziehung von uns deutschen zu gesichtslosen Europäern greift.
Deine „Umerziehung“ vom Sachsen oder Bayer (oder woher auch immer du stammst) zum Deutschen scheint wohl auch funktioniert zu haben, da hat wohl Bismarck ganze Arbeit geleistet.
Meine Oma hat mir manchmal von ihrem Vater erzählt (der ist gegen Ende des 19. Jahrhunderts geboren). Wenn er als Kaufmann im Ausland war und darauf angesprochen wurde, dass er Deutscher sei, hat er immer trotzig und wutentbrannt geantwortet: „Ich bin nicht Deutscher, ich bin Hamburger!“
So ganz nach dem Motto: nur weil Bismarck das Deutsche Reich geschaffen hat, muss ich mich längst noch nicht dazu umerziehen lassen, mich auch als Deutscher zu sehen!

Wenn du dich also als Deutscher siehst, dann bist du nach deiner Argumentation auch nur ein Verräter deiner usprünglichen Heimat, und die Umerziehung zum Deutschen hat bei dir gegriffen.
Benutzeravatar
think twice
Beiträge: 20729
Registriert: Freitag 4. Juli 2014, 15:14
user title: sozialdemokratisch
Wohnort: Bunte Republik Deutschland

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von think twice »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:15)

So indoktriniert, nur noch Tunnelblick, was für ein trauriger Haufen ihr doch seid.
Es ist schon aussagekräftig, das im ausland die kranke haltung vieler deutscher zu ihrem land
so exakt erkannt wird. Die deutsche Gesellschaft aber lieber stück für stück ihre identität verliert und verleugnet. Die jahrzehntelange umerziehung von uns deutschen zu gesichtslosen Europäern greift.
Der Gastautor Wolfgang Bok ist Deutscher und lebt bei Stuttgart. Er schreibt auch für den Cicero und Tichyseinblick seinen rechtskonservativen Müll.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
(Mahatma Gandhi)
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:04)

Alles völlig richtig, Woppadaq. Und Polish Jazz wie auch Yass wäre als Thema in einem Musik-Thread super-hoch-interessant. Hier gings aber einfach nur um die (eigentlich völlig triviale) Widerlegung eines super-hoch-blödsinnigen Satzes wie: Es gibt Kulturen, aber keine kulturellen Ressourcen und somit auch keinen "Zugriff"
Ganz ehrlich , schoko, ich weiss nicht, warum immer alle so absolut sein müssen. So blödsinnig find ich den Satz nicht, ob er stimmt, sollte eigentlich Teil einer vernünftigen Diskussion sein. Ich hab auch meine Probleme, von "kulturellen Resourcen" und von "Zugriff" zu sprechen. Wenn z.B. Reggae eine kulturelle Resource von Jamaika sein soll, dann könnte die jamaikanische Regierung auf die Idee kommen, für jeden aussserhalb Jamaikas, der meint etwas spielen zu wollen, was sichb auch nur am entferntesten nach Reggae anhört, eine "Zugriffspauschale" zu verlangen. Dasselbe könnten die Amis für Rock, Jazz, Rap und was es nicht noch so alles gibt.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(11 Feb 2018, 10:15)

Ganz ehrlich , schoko, ich weiss nicht, warum immer alle so absolut sein müssen. So blödsinnig find ich den Satz nicht, ob er stimmt, sollte eigentlich Teil einer vernünftigen Diskussion sein. Ich hab auch meine Probleme, von "kulturellen Resourcen" und von "Zugriff" zu sprechen. Wenn z.B. Reggae eine kulturelle Resource von Jamaika sein soll, dann könnte die jamaikanische Regierung auf die Idee kommen, für jeden aussserhalb Jamaikas, der meint etwas spielen zu wollen, was sichb auch nur am entferntesten nach Reggae anhört, eine "Zugriffspauschale" zu verlangen. Dasselbe könnten die Amis für Rock, Jazz, Rap und was es nicht noch so alles gibt.
Ja. "Zugriff" assoziiert vielleicht irgendwo "Wegnehmen" ... und das ist als Wort natürlich in höchstem Maße unangebracht. Um "Nutzung" und "Verfügbarkeit" gehts eigentlich. Und dann im weiteren Sinne um kulturelle Geprägtheiten davon.

Es ist mir schon klar, dass es aus kulturalistischen und vielleicht auch aus kommerziellen Gründen solche Gedanken an eine Art Reservierung authentischer Kulturgebräuche bei denen gibt, die das für sich in Anspruch nehmen. Je nun. Meine westlich-angloamerikanisch geprägten Kulturgebräuche und Traditionen sind exemplarisch von Bewegungen wie Open Source geprägt. Alles steht jedermann jederzeit offen!
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

.

Beitrag von schokoschendrezki »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:15)
Es ist schon aussagekräftig, das im ausland die kranke haltung vieler deutscher zu ihrem land
so exakt erkannt wird. Die deutsche Gesellschaft aber lieber stück für stück ihre identität verliert und verleugnet. Die jahrzehntelange umerziehung von uns deutschen zu gesichtslosen Europäern greift.
Apropos. Der Österreicher und Wiener Markus Lust (schöner Name!) ist Autor des Buches "111 Gründe, Wien zu hassen. Die Stadt so wie sie wirklich ist". Nach dem Motto "'Küss die Hand' heißt 'Du kannst mich mal'". Im Gegensatz zu Indien kenne ich Ost-Österrich und speziell Wien wie meine eigene Hosentasche. Völlig recht hat er! Das, was man da gemeinhin so als Kaffeehauskultur, als "Wienerisch" usw. usf. als "kulturelle Identität" meint bezeichnen zu können, erweist sich bei näherer Betrachtung ziemlich genau als das, was man eine "Erzählung" nennt. Und im Falle Wiens entpuppt sich diese "Identität" eher als "psychosozialer Befund". Eine Stadt, die mal mehr oder weniger das kulturelle Zentrum der Welt war, ist jetzt eben eine durchaus sehr lebenswerte Metropole, aber eben auch nicht mehr, Damit muss man halt klarkommen. Da hilft auch kein Opernball.

Wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich an solchen "Zerpflückungen" und "Illusionslosigkeiten", wenn sie so witzig und intelligent daherkommen, schon einigen Spaß habe ...
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
H2O
Beiträge: 48828
Registriert: Sonntag 13. September 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Feb 2018, 11:04)

Apropos. Der Österreicher und Wiener Markus Lust (schöner Name!) ist Autor des Buches "111 Gründe, Wien zu hassen. Die Stadt so wie sie wirklich ist". Nach dem Motto "'Küss die Hand' heißt 'Du kannst mich mal'". Im Gegensatz zu Indien kenne ich Ost-Österrich und speziell Wien wie meine eigene Hosentasche. Völlig recht hat er! Das, was man da gemeinhin so als Kaffeehauskultur, als "Wienerisch" usw. usf. als "kulturelle Identität" meint bezeichnen zu können, erweist sich bei näherer Betrachtung ziemlich genau als das, was man eine "Erzählung" nennt. Und im Falle Wiens entpuppt sich diese "Identität" eher als "psychosozialer Befund". Eine Stadt, die mal mehr oder weniger das kulturelle Zentrum der Welt war ist jetzt eben eine durchaus sehr lebenswerte Metropole, aber eben auch nicht mehr, Damit muss man halt klarkommen. Da hilft auch kein Opernball.

Wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich an solchen "Zerpflückungen" und "Illusionslosigkeiten", wenn sie so witzig und intelligent daherkommen, schon einigen Spaß habe ...
Ihnen ist es wieder einmal gelungen, den Strangtitel zu versenken. Den können nur Sie selbst oder Ihr Moderator in diesem Bereich wieder einfügen! Das wäre ja nicht so schlimm, wenn sich dieser Leerplatz nicht auch auf Antworten übertrüge. Ich habe ihn hier wieder eingebaut, aber in Ihrem Beitrag sollten Sie das nachbessern.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(11 Feb 2018, 11:09)

Ihnen ist es wieder einmal gelungen, den Strangtitel zu versenken. Den können nur Sie selbst oder Ihr Moderator in diesem Bereich wieder einfügen! Das wäre ja nicht so schlimm, wenn sich dieser Leerplatz nicht auch auf Antworten übertrüge. Ich habe ihn hier wieder eingebaut, aber in Ihrem Beitrag sollten Sie das nachbessern.
Nee H2O. Ich bin wirklich ehrlich und offen für Kritik. Hoffe ich zumindest. Aber dass diese Wienerische k.u.k.-Hochnäsigkeit nix mit "Wie sehr darf eine Nation an sich denken" zu tun haben soll ... das kapiere ich wirklich nicht.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn ich mir den Eingangsbeitrag von Watchful_Eye noch mal genau und gründlich durchlese ... da gehts zentral um die Frage der Ethik. Ob die Bevorzugung der eigenen Nation ethisch vertretbar ist und wenn ja, in welchem Maße. Das Problem ist nur, dass er/sie nicht schreibt in welcher Hinsicht Bevorzugung. Es ist ein Charakteristikum der Gegenwart, dass oberhalb eines gewissen Existenzminimums plötzlich Fragen der (angeblichen) "kulturellen Identität" weit weit mehr von Bedeutung für die Menschen zu sein scheinen, als ihr materieller Wohlstand. "Bevorzugung der eigenen Nation" heißt für eine Mehrheit von Griechen, um es mal ganz krass zu formulieren, nicht, dass ihr Land seine Schulden los wird, sondern, dass der Staat Mazedonien sich nicht Mazedonien nennt. Darin besteht für diese Griechen ganz konkret so etwas wie "Die Bevorzugung der eigenen Nation". Es geht plötzlich weniger um Euros und mehr um Alexander den Großen. So ist es tatsächlich! Das gilt es zu analysieren.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Sonntag 11. Februar 2018, 11:45, insgesamt 1-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
H2O
Beiträge: 48828
Registriert: Sonntag 13. September 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Feb 2018, 11:13)

Nee H2O. Ich bin wirklich ehrlich und offen für Kritik. Hoffe ich zumindest. Aber dass diese Wienerische k.u.k.-Hochnäsigkeit nix mit "Wie sehr darf eine Nation an sich denken" zu tun haben soll ... das kapiere ich wirklich nicht.
Da haben Sie natürlich Recht! :D Aber ich verkneife mir jetzt weitere Anmerkungen :D
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:15)

Glasklare Afd argumentation, so gross ist schon der einfluss der Afd , das sie mit bestimmt wer was bei der NZZ schreibt. Ich schmeiss mich bald weg.
So indoktriniert, nur noch Tunnelblick, was für ein trauriger Haufen ihr doch seid.
Es ist schon aussagekräftig, das im ausland die kranke haltung vieler deutscher zu ihrem land
so exakt erkannt wird. Die deutsche Gesellschaft aber lieber stück für stück ihre identität verliert und verleugnet. Die jahrzehntelange umerziehung von uns deutschen zu gesichtslosen Europäern greift.
Also ich wurde nicht umerzogen und die Leute in meinem näheren und weiteren Umfeld auch nicht. Ich bin Deutsche und das ist ok so. Damit hadere ich nicht. Allerdings ist der Umstand, Deutsche zu sein, nichts, was besonders erwähnenswert wäre. Das ist eine Normalität. Daher würde ich auch nie so etwas sagen wie "ich bin stolz, Deutsche zu sein". Das ist Quatsch. Ich wurde zufällig in diese Nation hineingeboren. Das ist nicht mein Verdienst. Stolz kann man nur auf eine Leistung sein, die man selbst vollbringt... oder gerade mal noch auf die Kinder, die ihrerseits etwas leisten oder beherrschen. Ich finde es auch generell anstrengend, wenn Leute sagen "die Deutschen sind fleißig, pünktlich und ordentlich" oder auch "die Franzosen sind nun mal charmanter als die Deutschen" oder so was "man kann ja über die Russen sagen, was man will, aber sie sind sehr großzügig und geben das letzte Hemd her, nur damit sich der Gast wohl fühlt" oder "die Engländer haben einen besonderen Humor". All diese national geprägten Pauschalurteile sind eigentlich nur Vehikel, um endlich dann auch mal sagen zu können, was alles die Deutschen sind, nämlich angeblich fleißig, gewissenhaft, pünktlich, sauber, ordentlich etcpp. Was soll das heißen? Dass diese Eigenschaften nur bei den Deutschen zu finden sind? Welche Arroganz. Und dass etliche Leute, ich auch, besonders empfindlich sind beim zunehmenden Nationalismus, hängt schlicht mit den historischen Parallelen zusammen. Ich finde es sehr gut und sehr wichtig, dass da bei ziemlich vielen Menschen immer noch oder wieder die Alarmglocken läuten. Hätten sie diese deutliche innere Stimme nicht, bestünde die Gefahr, wieder in etwas Scheußliches reinzurutschen.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
H2O
Beiträge: 48828
Registriert: Sonntag 13. September 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(11 Feb 2018, 11:58)
...Leute sagen "die Deutschen sind fleißig, pünktlich und ordentlich" ...
Das wären doch wirklich löbliche ...Sekundärtugenden! :p
Benutzeravatar
Mega Maddin
Beiträge: 104
Registriert: Sonntag 11. Februar 2018, 08:44
user title: Schulz!

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Mega Maddin »

Watchful_Eye hat geschrieben:(16 Jan 2018, 20:56)

Ich frage mich seit der Flüchtlingskrise häufig: In welchem Maße darf eine Nation "an sich" denken bzw. darf man als Wähler eines Nationalstaates an seine eigene Nation denken?

Es gibt ja diesen häufig kritisierten Trump-Ausspruch "America First!". Meines Erachtens ist diese Kritik auch berechtigt, symbolisiert es doch das übermäßig national-egoistische Handeln Trumps. Auch impliziert er fälschlicherweise, in der Vergangenheit habe Amerika nicht im auf den eigenen Vorteil bedacht gehandelt. Meinem Eindruck nach existiert allerdings kein Staat auf der Welt, welcher dies nicht zumindest im weiteren Sinne tut.

Wenn wir 100%ig "global utilitaristisch" denken würden, wäre im Anbetracht globaler Armut bereits der bescheidenste Luxus eines Deutschen schwierig zu rechtfertigen. Wir müssten wohl einen sehr großen Teil unseres BIPs, möglicherweise über die Hälfte, in Entwicklungshilfe investieren. Schon das Konzept der Grenzziehung wäre schwierig zu rechtfertigen, da es in letzter Konsequenz bedeutet, nationale, mit dem Staat verbundene Privilegien zu sichern. Auch wäre es problematisch, zu versuchen, bei Verhandlungen mit anderen Staaten "das Maximum" herauszuholen, denn wir hätten dann ja als Weltbürger zu denken und nicht mehr als Deutsche.

Ein solches Handeln, in dieser Extremform gedacht, würde wohl schon alleine spieltheoretisch in eine Katastrophe führen, weil sich ausländische Bürger und Staaten natürlich mutmaßlich nicht unserem strikt globalen Denken anschließen würden. Es scheint auch insofern falsch, als dass wir hierzulande bereits ein weit überdurchschnittlich hohes Niveau an gesellschaftlicher Kohärenz und Stabilität erreicht haben, welches sich bei unbegrenzter Migration und Umverteilung nicht aufrechterhalten ließe.

Daher scheint es mir eine Frage der richtigen Abwägung zu sein; und nach welchen Kriterien ist hier vorzugehen? Wie sehr dürfen wir unser eigenes Land bevorzugen und ab wann wirds, ethisch gesehen, eklig? Ist "nationales" Denken ein relativer Begriff? Sollte ein Wähler die Wahl seiner Partei in erster Linie am Wohl der eigenen Nation ausrichten oder eher am Wohl der gesamten Welt? Im Falle Deutschlands auch am Wohle Europas?

Ich würde von mir sagen, das Wohl meiner eigenen Nation schon am stärksten zu gewichten (dafür ist die Regierung schließlich auch zuständig), dann kommt Europa und dann der Rest der Welt. Das ist vermutlich auch normal. Aber ist es ethisch zu rechtfertigen und wenn ja, wie?
Es ist doch gerade der Sinn der Nation dem Wohl der eigenen Bürger zu dienen, ihn zu schützen, Politiker schwören einen Eid darauf und sind damit zuerst, wenn nicht ausschließlich, dem Wohl des eigenen Volkes verpflichtet. Das darf natürlich keine Rechtfertigung sein, andere Länder auszubeuten oder Angriffskriege zu führen, aber sich abzuschotten, sei es in Fragen der Zuwanderung oder ökonomisch, durch Zölle und dergleichen ist vollkommen legitim; siehe Japan (in Bezug auf Migration), eines der friedlichsten Länder der Welt, sowohl im Inneren als auch im Umgang mit fremden Ländern und das als eines der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt.
Benutzeravatar
Selina
Beiträge: 17855
Registriert: Donnerstag 29. September 2016, 15:33

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Selina »

H2O hat geschrieben:(11 Feb 2018, 12:02)

Das wären doch wirklich löbliche ...Sekundärtugenden! :p
Ja sicher. Aber doch nicht die Deutschen... Damit sagt man, alle Deutschen seien pünktlich, ordentlich, fleißig und gewissenhaft. Was ein Konstrukt ist oder ein Vehikel. Ich kenne etliche unpünktliche, unordentliche, faule und schludrige Deutsche :D
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
Benutzeravatar
H2O
Beiträge: 48828
Registriert: Sonntag 13. September 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(11 Feb 2018, 12:10)

Ja sicher. Aber doch nicht die Deutschen... Damit sagt man, alle Deutschen seien pünktlich, ordentlich, fleißig und gewissenhaft. Was ein Konstrukt ist oder ein Vehikel. Ich kenne etliche unpünktliche, unordentliche, faule und schludrige Deutsche :D
Letztere müssen wir aus unserem Volkskörper ausscheiden! Schon damit Ersteres stimmt. :p
Benutzeravatar
schelm
Beiträge: 19764
Registriert: Samstag 22. August 2009, 00:29
user title: Je suis Köterrasse
Wohnort: Thüringen

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schelm »

Hyde hat geschrieben:(11 Feb 2018, 09:13)

Mir ist nicht bekannt, wo Frankreich es in den letzten 70 Jahren nötig gehabt hätte, „von Deutschland finanziert zu werden“.

Ich kann das Schlechtreden von Frankreich eh nicht verstehen. Frankreich ist ein Land mit sehr guten Voraussetzungen: hohe Arbeitsproduktivität, günstige demographische Entwicklung, gute Bildung, jede Menge Kultur (das meistbesuchte Land der Welt).

Frankreich ist nicht darauf angewiesen, von Deutschland gerettet werden zu müssen. Manche in Deutschland bilden sich ein, in Deutschland wäre alles besser als anderswo und alle müssten mehr so sein wie Deutschland. Dabei ist Deutschland in den Rankings (Wohlstand, Bildung, Entwicklungsstand, Lebenserwartung, Infrastruktur, ...) meist nur gutes Mittelmaß in der EU. So besonders ist unser Land nicht, und manche wird es überraschen, aber es gibt auch noch andere Länder, wo gut gearbeitet wird. Die sind nicht alle von der Gnade Deutschlands abhängig, auch Frankreich nicht.
Macron will eine Transferunion. Warum, wenn alles so gut läuft, wer soll es zahlen ?

https://www.focus.de/politik/ausland/po ... 24102.html
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

Das völlig Absurde für mich besteht darin, auch wenns jetzt etwas überheblich klingt, dass kein einziger von denen, die mich wegen meiner Distanziertheit als Deutscher zur deutschen Nation kritisieren, auch nur näherungsweise die deutsche Literatur in dem Maße kennt ... auch wenn jetzt erwartbar das dumme Gequäke kommt, dass "Kultur" nicht mit "Literatur" identisch ist. Ja: Das ist mir bekannt. :rolleyes:
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 20958
Registriert: Mittwoch 15. September 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von schokoschendrezki »

schelm hat geschrieben:(11 Feb 2018, 12:22)

Macron will eine Transferunion. Warum, wenn alles so gut läuft, wer soll es zahlen ?

https://www.focus.de/politik/ausland/po ... 24102.html
Das mit den "Transfers" ist das übliche aus der Jackentasche gezogene Standard-Joker-Argument ... da kann einem manchmal wirklich schlecht werden. Hinsetzen müsste man sich und mit Mühe und Schweiß die Gesamtrechnungen mal aufstellen und zu Ende rechnen. Wo diese Transfers am Ende dann netto wirklich hingehen. Welche Rolle sie anteilmäßig spielen. Wer tatsächlich davon profitiert usw. Realiter spielt sich die Dskussion darüber so ab: "Transfers ..." "Genau ..."
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Vongole
Moderator
Beiträge: 22228
Registriert: Dienstag 24. März 2015, 18:30

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Vongole »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Feb 2018, 19:39)

Passend zum Thema und brandaktuell:

"Dass auch Emmanuel Macron in der französischen Tradition steht, wonach seinem Land keine Last zu gross ist, solange Berlin dafür bezahlt, wird dort nicht einmal zur Kenntnis genommen. Lieber empört man sich über die Amerika-first-Politik des amerikanischen Präsidenten Trump – und übersieht, dass jeder Regierungschef zunächst einmal die Interessen seines Landes vertritt.
Woher kommt diese Ignoranz? Zunächst einmal ist Deutschland ein gutes Beispiel dafür, dass Umerziehung funktioniert. Man hat den Menschen so lange eingetrichtert, dass nationales Denken in die (braune) Katastrophe führt, dass es heute kaum mehr jemand wagt, für «nationale Interessen» einzutreten. Wer in seinem Garten eine deutsche Flagge pflanzt oder sich an Anglizismen stört, gilt bereits als Nationalist. Selbst das Wort «deutsch» ist in Deutschland zunehmend verpönt. Nicht mehr auf «deutsche Interessen» sollen Politiker schwören, sondern nur noch allgemein auf die der «Bürgerinnen und Bürger».
Das erklärt die fatale Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen. Der Selbsthass in weiten Teilen der Gesellschaft ist so gross, dass bereits als «Rassist» gilt, wer mit Blick auf die massenhafte Zuwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern um die eigene nationale Identität fürchtet."
Quelle


Tja - dieser Artikel sagt wohl alles zur "Lage in Deutschland"!
Nein, das sagt er nicht, das ist lediglich die Ansicht eines Journalisten nach dem Genuss von zuviel Toblerone.
Eine deutsche Fahne im Garten empfinde ich nicht als nationalitisch, sondern schlichtweg als doof. Was soll sie da, zeigen, dass sich hier ein Stück Deutschland in Deutschland befindet?
Nichts gegen ein gesundes Nationalempfinden, aber wir sind Teil Europas, das sollte sich auch in unserer Politik ausdrücken.
Um meine nationale Identität werde ich eher fürchten, wenn sich der braune Sumpf weiter ausdehnen sollte und es tatsächlich schafft, uns einzureden, dass eine Bevölkerung von 82 Millionen
durch die Zuwanderung von 2 Millionen Ausländern ihrer Kultur, ihrer Sprache, ihres Deutschseins beraubt wird, zugespitzt ausgedrückt, gezwungenermaßen aufhört, deutsch zu sein.
Es ist legitim, sich den Verhaltensweisen vieler dieser Zuwanderer entgegen zu stellen, es ist legitim, ihnen aufzuzeigen, dass wir islamistisches, antisemetisches, frauenfeindliches, menschenverachtendes Gebaren weder dulden
noch akzeptiern, und es nötigenfalls auch gesetzlich ahnden werden.
Es ist jedoch nicht legitim, uns Deutschen einzureden, dass wir "überfremdet" werden, diese Zeiten sind ein für alle Mal vorbei.
Hoffentlich.
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

Selina hat geschrieben:(11 Feb 2018, 11:58)

Also ich wurde nicht umerzogen und die Leute in meinem näheren und weiteren Umfeld auch nicht. Ich bin Deutsche und das ist ok so. Damit hadere ich nicht. Allerdings ist der Umstand, Deutsche zu sein, nichts, was besonders erwähnenswert wäre. Das ist eine Normalität. Daher würde ich auch nie so etwas sagen wie "ich bin stolz, Deutsche zu sein". Das ist Quatsch. Ich wurde zufällig in diese Nation hineingeboren. Das ist nicht mein Verdienst. Stolz kann man nur auf eine Leistung sein, die man selbst vollbringt... oder gerade mal noch auf die Kinder, die ihrerseits etwas leisten oder beherrschen. Ich finde es auch generell anstrengend, wenn Leute sagen "die Deutschen sind fleißig, pünktlich und ordentlich" oder auch "die Franzosen sind nun mal charmanter als die Deutschen" oder so was "man kann ja über die Russen sagen, was man will, aber sie sind sehr großzügig und geben das letzte Hemd her, nur damit sich der Gast wohl fühlt" oder "die Engländer haben einen besonderen Humor". All diese national geprägten Pauschalurteile sind eigentlich nur Vehikel, um endlich dann auch mal sagen zu können, was alles die Deutschen sind, nämlich angeblich fleißig, gewissenhaft, pünktlich, sauber, ordentlich etcpp. Was soll das heißen? Dass diese Eigenschaften nur bei den Deutschen zu finden sind?
Nein, das heisst es nicht, es geht eher darum, dass das den meisten Deutschen ein Bedürfnis ist, und zwar ein relativ zwangloses, genauso wie mit dem Humor bei den Briten. Man kann jetzt anmerken, dass das mit der Pünktlichkeit bei den Japanern noch viel schlimmer ist, aber das ist halt so eine nationale Marotte, und die Häufigkeit deutscher Pünktlichkeit (oftmals 20 Minuten vor Arbeitsbeginn schon da) ist selbst mir als Deutscher oftmals unheimlich. Wenn man im Ausland häufiger mal das Gegenteil davon erlebt hat, lernt man das erst mal zu schätzen, und sieht, dass vieles gutes hier nur funktioniert, weil die meisten Deutschen eben so sind, wie man ihnen zuschreibt. Dafür haben sie in anderen Bereichen Defizite, auch wenn diese immer marginaler werden.
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Feb 2018, 13:05)

Das völlig Absurde für mich besteht darin, auch wenns jetzt etwas überheblich klingt, dass kein einziger von denen, die mich wegen meiner Distanziertheit als Deutscher zur deutschen Nation kritisieren, auch nur näherungsweise die deutsche Literatur in dem Maße kennt ...
Ja, das Thema "Distanz zur deutschen Nation als Deutscher" ist echt ein eigener Thread wert.
Woppadaq
Beiträge: 3171
Registriert: Sonntag 8. April 2012, 11:29

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Woppadaq »

Vongole hat geschrieben:(11 Feb 2018, 14:28)


Eine deutsche Fahne im Garten empfinde ich nicht als nationalitisch, sondern schlichtweg als doof. Was soll sie da, zeigen, dass sich hier ein Stück Deutschland in Deutschland befindet?
Was hat eine norwegische Fahne in einem norwegischen Garten zu suchen? Warum ist meine Jacke mit Norwegen-Emblem cool, und dieselbe Jacke mit Deutschland-Emblem doof?
Benutzeravatar
Vongole
Moderator
Beiträge: 22228
Registriert: Dienstag 24. März 2015, 18:30

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Vongole »

Woppadaq hat geschrieben:(11 Feb 2018, 14:37)

Was hat eine norwegische Fahne in einem norwegischen Garten zu suchen? Warum ist meine Jacke mit Norwegen-Emblem cool, und dieselbe Jacke mit Deutschland-Emblem doof?
.

Keine Ahnung, klär mich auf.
Warum ist eine Fahne auf einer Jacke cool? Elch auf der einen und Bär auf der anderen, da ließe ich mit mir reden.
Am Yisrael Chai

"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
CaptainJack

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von CaptainJack »

Vongole hat geschrieben: Es ist legitim, sich den Verhaltensweisen vieler dieser Zuwanderer entgegen zu stellen, es ist legitim, ihnen aufzuzeigen, dass wir islamistisches, antisemetisches, frauenfeindliches, menschenverachtendes Gebaren weder dulden noch akzeptiern, und es nötigenfalls auch gesetzlich ahnden werden.
Wir brauchen es schlichtweg nicht und wollen es auch hier nicht haben! So einfach ist das!
Benutzeravatar
Hyde
Beiträge: 1226
Registriert: Dienstag 14. Juni 2016, 18:15

Re: Wie sehr darf eine Nation "an sich" denken? Wo beginnt Nationalismus bzw. ab wo wirds eklig?

Beitrag von Hyde »

schelm hat geschrieben:(11 Feb 2018, 12:22)

Macron will eine Transferunion. Warum, wenn alles so gut läuft, wer soll es zahlen ?

https://www.focus.de/politik/ausland/po ... 24102.html
Frankreich gehört zu den Nettozahlern in der Union - wie im Übrigen auch Italien.

Manche scheinen irgendwie zu glauben, Deutschland sei der einzige Nettozahler in der EU und alle anderen 27 Staaten bekämen Geld von Deutschland.

Von einer sogenannten Transferunion würde das wirtschaftsstarke Frankreich finanziell sicherlich nicht profitieren.
Antworten