Letzter-Mohikaner hat geschrieben:(17 Jan 2016, 13:41)
Und immer noch keine positiven Punkte außer "es wird so schön bunt".
Ich glaube, dazu müsstest Du Dich in die Welt begeben, von der Dein Thread
eigentlich handelt, die Welt Mitteleuropas Mitte, Ende der 80er Jahre. Heute gibt es auf der einen Seite nur noch "Kulturalisten", die fest an ihren traditionellen Werten hängen und sich mit diesen identifizieren ("Das Abendland", "Die Werte der französischen Republik", "Allah", "Das Ungarntum", "Ruhm der Ukraine" usw. usf.) und auf der anderen Seite Menschen wie etwa den nach Berlin geflüchteten und dort lebenden syrischen Blogger, Internet-Aktivisten und inzwischen international gefeierten Autor Aboud Saeed, über den vorgestern ein längeres Hörfunk-Feature im Deutschlandfunk lief. Daraus:
Wir schlendern weiter durch Friedrichshain. Was schreibt Aboud seiner Mutter, die vor dem Krieg in die Türkei geflohen ist, über Berlin? Ganz einfach, sagt er: Sie soll hierher kommen. Weil sich in Berlin niemand um den anderen kümmert. Das ist eine Form von Freiheit, die man in Syrien nicht kennt. Dort ist man ständig in Gruppen, deren Zwängen ausgesetzt, würde andauernd über andere reden. Hier in Berlin ist man ganz bei sich.
Wäre ich gezwungen, für einige Zeit in Heidenau oder Ritterhude zu leben und käme zurück nach Berlin, würde ich wohl ganz ähnlich schreiben, auch wenn man dort - ganz anders als in Syrien - nicht existentiell bedroht ist. Und das ist das gemeinsame Gefühl der Weltbürger. "Mulitikulti" ist ein inzwischen völlig obsoler Begriff aus den Gesellschaften des letzten Jahrhunderts. Phänomene wie "Transkulturalität" sind viel interessanter und auch relevanter:
„Transkulturalität“ als solche bedeutet, dass die Begegnung zweier unterschiedlicher oder gar gegensätzlicher Kulturkreise/Kulturen als Konsequenz zu einer Verwischung der Grenzen, möglicherweise aber auch zu einer Aufhebung dieser Grenzen führen kann. Jedoch entsteht aus den separaten Einzelkulturen des klassischen Kulturbegriffs keine Globalkultur, keine uniforme Weltkultur, sondern Individuen und Gesellschaften, die transkulturelle Elemente in sich tragen. Die Kombination von verschiedenen vertikalen und horizontalen Elementen verschiedener Herkunft macht so jedes Individuum transkulturell.
Letzterer Einwand ist besonders wichtig als Argument für die Warner vor einer angeblichen Amarikanisierung und Uniformität.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)