schelm hat geschrieben:(02 Oct 2016, 23:52)
Wenn eine Anne Will in der Eröffnung an den ungarischen Botschafter Ungarn, wegen dem heutigen Referendum, Fremdenfeindlichkeit unterstellt, als fragende Schlussfolgerung, so fungiert sie nicht als Privatperson, sondern sie transportiert eine grundsätzliche Schablone des politisch korrekten Denkens, welche unsere Gesellschaft seitens der Definitions - und Deutungshoheit bestimmt. Ohne dem würde man den Begriff nicht routiniert und inflationär verwenden.
Mann, lass die alte Will in Ruhe. Die ist stock konservativ und wenn die schon mal jemand "fremdenfeindlich" nennt, dann ist er mindestens das, eher sogar noch schlimmeres. Das ungarische Referendum ist klassisch "fremdenfeindlich", da muss man wirklich nichts "unterstellen".
Beides sind Kampfbegriffe, ihre Verwendung soll eine dezitiertere Sicht auf die Sicht des Gegners verhindern. Fremdenfeindlichkeit ist natürlich der falsche Vorwurf, bezieht sich die Ablehnung auf nur eine Gruppe. Auch das ist eine Kampfunterstellung, denn bohrt man weiter, so bezieht sich die tatsächliche Ablehnung wiederum nur auf eine Teilmenge innerhalb einer Gruppe, die bestimmte Anforderungen nicht erfüllt.
Das ist einesteils sachlich falsch und andernteils ein Denkfehler.
Genau diese "Teilmenge einer Gruppe", konkret also militante Islamisten werden eben nicht von AfD und FN und Konsorten angesprochen. Dagegen wäre ja nichts zu sagen, da herrscht ja Konsens bei allen Bürgern. Es wird leider eben doch der Islam insgesamt angesprochen, als strukturell militant diffamiert und alle Muslime über diesen Eisenkamm geschoren. Pauschalisierung ist ein ganz typisches rechtsextremes Stilmittel.
"Fremdenfeindlichkeit" ist durchaus der richtige und logische Ausdruck, wenn eine Gruppe von Menschen deswegen ausgegrenzt werden soll, weil sie eben keine Einheimischen sind. Andere Gruppen, die ebenfalls nicht zu den Einheimischen zählen werden nicht mehr als Fremde angesehen, weil sie auch tatsächlich nicht mehr fremd sind. Da hat der multikulturelle Austausch eben stattgefunden, man kennt sich schon lange, wie z.B. Italiener, Slowenen, Kroaten, Serben, Polen, aber auch Dänen und Schweden, Franzosen und Belgier. Im Iran waren nur ganz wenige, in der Türkei ebenso. Man kann also durchaus fremdenfeindlich sein und gleichzeitig italienische Pizza essen und mit französischem Champagner auf die brennenden Asylantenheime anstoßen.
Abgeleitet davon kann man nun erkennen, warum auch der Teilvorwurf " Islamfeindlichkeit " hier nicht zutrifft. Es existiert ja gar kein fasslicher Islam, als ein bzw. der Islam. Wenn ein Islam abgelehnt wird, dann der, der dem Individuum konträr gegenüber steht, der, der weit mehr ist als eine rein individuelle Entscheidung für eine Weltsicht.
Ja, sieh mal, das ist eine fundamentale Erkenntnis. Warum ziehst du daraus nicht die richtigen Schlüsse? Es gibt in Deutschland ein paar hundert gewaltbereite Islamisten + vielleicht das 10-fache an Dunkelziffer, macht insgesamt vielleicht 2000 Muslime, die eventuell und unter bestimmten Umständen "dem Individuum konträr gegenüberstehen" könnten. Unter diesen sind offensichtlich die wenigsten zu Straftaten bereit, denn sonst würde es tagtäglich an jeder Ecke in Deutschland zu Attentaten kommen. Die restlichen 2 Millionen sind sowieso äußerst friedlich. So kommt das aber bei rechten Verlautbarungen nicht rüber und auch bei dir nicht.
Strukturelle Macht, als medial umgesetztes Sprachrohr politisch korrekter, indifferenter Betrachtungen und Weltbilder die gesellschaftlich in den Eliten verankert und bestimmend vorhanden sind, benötigen und nutzen diese indifferenten Bewertungen, vielleicht weil sie die konkreten Probleme, die sich in konkreter Ablehnung ausdrückt,
weder durch Problemlösungsstrategien abbauen wollen oder können.
Das ist unzutreffend. Würde die rechte Kritik ohne pauschalierende Hetze auskommen und nicht Probleme künstlich wie Heißluftballons in den deutschen Himmel steigen lassen, wäre man nicht so versucht, diese heiße Luft durch gezielten Argumentationsbeschuss von ihrer braunen Gummihülle zu befreien.
Der zweite Aspekt bei der Ausnutzung struktureller Deutungshoheit ist die Vermischung. Weil es natürlich Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit gibt, dort nämlich, wo Unterschiedslosigkeit den Begriffen überhaupt inhaltlichen Sinn verleiht, eignet sich Deutungshoheit hervorragend dazu auch differenzierte, gut begründete und konkrete Ablehnung und Kritik darunter zu subsumieren.
Und
ohne strukturelle Deutungshoheit subsumiert die Neue Rechte Hetzreden und Diffamierungen unter eine pauschale Ablehnung und erspart sich differenzierte, gut begründete Kritik gleich mal von vorne herein.
Mit struktureller Deutungshoheit würde nicht mehr viel gedeutet. Da würde Blut fließen. In Strömen!