Ammianus » Fr 21. Mär 2014, 21:48 hat geschrieben:In gewisser Weise zimmert sich jeder sein Weltbild, betet das eines Gurus nach bzw. wird von der Gesellschaft, egal ob Eltern, Schule direktes soziales Umfeld zu einem bestimmten Bild hin konditioniert. Hitler ist ein Kind seiner Zeit und der Umstände. Ich gehe davon aus, dass er mehr oder weniger an das geglaubt hat war er verkündete. „Mein Kampf” ist ein ehrliches und entlarvendes Buch zugleich. So ehrlich, dass die neuen Rechten krampfhaft versuchen, die dort zu findenden Aussagen, was eine mögliche Endlösung der Judenfrage anbelangt genau wie die Gewinnung neuen Siedlungsraums im Osten, zu relativieren.
Obwohl OT: Ich wusste schon vor dem 9. 11. 2001 von den Taliban genau wie insgesamt von islamofaschistischen Weltbildern, wie sie sich auch in Deutschland finden. Beispiele wären da z.B. das Hetzportal „Muslim-Markt” des iranhörigen Teils der Özoguz-Familie. Aber auch in anderen muslimischen Kreisen finden sich Vorstellungen die man ruhig als Bedrohung ansehen könnte vergleichbar mit isolierten Tätern wie denen des NSU oder Einzeltätern wie Brejvik. Islamistisch motivierter Terror hat in Deutschland nur deshalb keine Opfer gefunden, da seine Protagonisten bis jetzt zu dämlich waren, eine funktionierende Bombe zu bauen. Diese Dämlichkeit verwundert aber nicht, wenn man im Netz Diskussionen in muslimischen Foren z.B. zum Thema Biologie verfolgt.
Klar wusstest Du von den Taliban schon vorher - das war nur eine überspitzte Formulierung dafür, dass sie nie auf der Agenda öffentlicher Diskurse waren zuvor.
Wegen Adolf: Klar war der Kind seiner Zeit, in Mein Kampf bezieht er ja auch anderes als Judenhass mit ein. ZB das Raumding im Osten - die von ihm sog. "Kolonisation der Ostmark", wo er zB schreibt:
"Erwebung und Durchdringung des Gebietes östlich der Elbe […] waren der erste, leider aber auch der einzige gelungene Versuch, die steigende Volkszahl in Einklang zu bringen mit der Größe von Grund und Boden“
(Vgl dazu:
Hitler, Adolf, Mein Kampf, München 1932, 12. Auflage, S. 733f.)
Er baut auch damit nur auf bereits zuvor bestehende, kollektiv latent verfestigte Gedankenkonstrukte auf, die schon seit dem 19 Jahrhundert transportiert wurden innerhalb der "deutschen" Gesellschaft. Ein "Drang nach Osten" mit dem ewig gleichen Bild der primitiven slawischen "Untermenschen" ist vielfach Thema in Populärkultur wie Romanen, zB im Roman "Soll und Haben" von Gustav Freytag von 1854 (Vgl. dazu:
Nayhauss, Hans-Christoph (Graf von), Aspekte des Polenbildes in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, in: Bialek, Edward (Hg), Literatur im Zeugenstand, Franfurt am Main 2002, hier: S. 719-725.).
Ich hab nen Roman von 1881 gefunden, wo eben dieses Slawenbild, was ja eine dt. Kolonisierung als Zivilisierung zu legitimieren versucht, wo es zB heißt:
„Die Bürger hatten sich nicht ergeben wollen und ihre Mauern tapfer verteidigt; Witowd aber mit seinen wilden Litauern und Tataren hatte sie in heftigem Anlaufe erstürmt und die Stadt geplündert. Schrecklich hausten die rohen Horden; von Männern machten sie alt und jung schonungslos nieder, Frauen und Jungfrauen, die sich in die Pfarrkirche flüchteten, peinigten sie in viehischer Weise. Das Sakrament zerrieben sie in den Händen“
(Vgl dazu:
Wichert, Ernst, Heinrich von Plaeun, Berlin o.J. [1881], S. 175f.).
Für die Handlung, die im Mittelalter angesiedelt ist es net notwendig, dass die Slawen "schrecklich hausen" (In dem Roman geht es um eine klassische Heldenballade, man braucht dafür Gegner, aber net zwingend Barbaren), trotzdem werden sie so dargetellt, was eine Reflektion des verbreiteten Bildes innerhalb der Gesellschaft zeigt (Der Autor will sein Buch ja an den Mann bringen, arbeitet also wie heute auch mit Bildern, mit denen sich potentielle Leser identifizieren bzw. die ihnen net konträr erscheinen).
Auch in verm. Sachbüchern des 19 Jh findet sich schon teilweise ganz offen die Termilogie vom
"Lebensraum" im Osten, (Vgl dazu zB:
Ratzel, Friedrich, Politische Geographie oder Geographie der Staaten, des Verkehrs und des Krieges, Berlin 1897.).
Dieses Konstrukt der bösen, unwerten Slawen und einer angeblichen Notwendigkeit einer dt. Besiedlung als Kulturleistung und Dienst an der Zivilisation trägt sich weit über das Kaiserreich hinaus auch in Sachbücher der Weimarer Rep. hinein,
Vgl. dazu zB:
Hampe, Karl, Der Zug nach dem Osten. Die kolonisatorische Großtat des deutschen Volkes im Mittelalter, Leipzip 1921.
Oder sowas zB (Sachbuch):
"Mit Schwert und Pflug wurde deutsch gemacht, was bis zur Memel […] slavisch [sic!] sprach und bestimmt gewesen wäre griechisch zu fühlen und zu denken. Die Kirche des Abendlandes statt der Kirche des Morgenlandes, das weströmische Imperium statt der oströmischen Despoten[…]. In diesen Wendekreis wurden selbst jene Slawenstämme gebannt, die slavisch [sic!] blieben, weil es unmöglich war diese Millionen durch die dünngestreuten [sic!] Tausende deutsche Siedler aufzusaugen“
(Vgl dazu:
Nadler, Josef, Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften, Bd 1, Regensburg 1923, 2. Auflage, S. 5f.).
Und natürlich ist das in der Populärliteratur (= Unterhaltungsmedien) net anders, Bsp:
"Im Osten […] regte sich jenes Völker Gemisch [sic!], das da zusammengebraut ist aus allen Stämmen zwischen Sarmatien und Palästina, und das die Idee der Nation mißachtete, weil es im Widerspruch zu ihr entstand“
(Vgl dazu:
Bronnen, Arnolt, Roßbach, Berlin 1930, S. 58.).
usw usw...
Adolf führte dieses imaginierte Konstrukt der Notwendigkeit einer dt. Besiedlung des Ostens und Verdrängung der Slawen net erst ein, es war schon "immer" da bzw lange vor ihm. Und wenn Du Dir jetzt die hohe Konzentration an Juden im Osten vor Augen hälst, so erscheint es allzu deckungsgleich beides zu verknüpfen um die Leute zu spielen wie Marionetten.
Es erscheint plausibel, dass der Judenhass einer logischen Verknüpfung zu ebd. Zweck geschuldet ist, ganz bewusst vom Adolf so benutzt. Dämlich war er ja net was seine geistige Kapazität benutzte. Er baute einfach nur rein praktisch denkend auf Gendakenkonstrukten, die der dt. Gesellschaft schon lange inhärent waren, folglich auch pseudotradiert bzw. tief verwurzelt. Und bin mir sicher es gibt das Judenbild Adolfs ebenfalls durch Medien aller Art latent in der dt. Gesellschaft wie das von mir eben exemplarisch aufgezeigte Konstrukt des dt. "Drangs nach Osten" und "slawischen Untermenschentums", aber ich recherchiere dazu jetzt nix mehr.
Wichtig erschien mir hier darauf hinzuweisen, dass Adolf etwas benutzt, was schon da war, und net etwas einführt. Folglich ist er ein Kind der Zeit, JA, aber er benutzt es (das unterstelle ich) WISSEND, dass er ein ebs. Kind ist um die anderen Kinder (die Deutschen) nach seinen Wünschen zu konditionieren.
MfG
Sniper