schokoschendrezki » Di 5. Nov 2013, 10:03 hat geschrieben:
Die Geschichte der militärischen Auseinandersetzungen ist voll von Beispielen, in denen Waffen von ehemaligen Empfängern gegen ehemalige Lieferanten gerichtet wurden. Die Saudis haben im zweiten Irakkrieg militärisch sehr erfolgreich mitgemacht. Wenn auch auf seiten von UK und USA. Auf der anderen Seite weiß man, dass ihr Fernziel ein sunnitisches Großreich oder mindestens ein lockerer sunnitischer Staatenbund mit ihnen als Führungsmacht ist. Die Waffenexporte der USA und der Bundesrepublik sind in den Herstellerländern ja auch nicht umsonst
alles andere als unumstritten.
Unter Russen oder Chinesen wäre eine Lieferung von Kampfpanzern nicht umstritten gewesen und die asymetrischen kriege seit den 80ern haben deutlich gemacht, das moderne Technik längst kein modernes Militär bedeutet. Bedeutet: Deutschland wäre ein Waffengeschäft verloren gegangen, an der Aufrüstung der Saudis würde das nichts ändern.
Das Fernziel der Saudis kennen auch die Türken und Iraner. Daher ja meine Position: Es wird erst mal zu einer ganzen Reihe weiterer lokaler Kriege/Stellvertreterkriege der Regionalmächte kommen. Mit dem Rückzug der USA gilt es, um eine vakante Position zu kämpfen.
Es geht mir einfach darum: Dieses einfache, simple Weltbild: Hier das demokratische Israel mit seinen westlichen Verbündeten, das aufrichtig und zurecht seine Heimstatt verteidigt. Dort die arabische Welt, die Israel von der Landkarte tilgen möchte. ... Da stimmt doch etwas nicht! Das ist doch komplizierter. Da überschneiden sich doch noch ganz andere Interessenslinien in ganz andere Richtungen.
Dieses einfache Weltbild vertrete ich auch nicht. Wenn man wie die USA einen Weltmachtstatus verteidigen will, nimmt man Verbündete nach ihrer außenpolitischen Nützlichkeit und nicht nach ihrer Innenpolitik. Die USA standen auch auf Seiten Pakistan gegen das demokratisch Indien.
Es ist neuerdings aber eine Tendenz erkennbar, die Verbindung zu den totalitären Regimen in der Region zu reduzieren. Wer glaubt, das hierdurch irgend etwas besser würde, wird sich allerdings täuschen. Es zerfallen lediglich die letzten Ordnungsstrukturen, welche zwischen WW2 und dem Ende des Kalten Krieges für ein gewisses Gleichgewicht gesorgt haben.
Israel genehmigte nicht nur Waffenlieferungen an Saudi Arabien, es sieht das stockkonservative Land im Zusammenhang mit den arabischen Frühlingen laut New York Times tatsächlich als "Garantie für Stabilität" in der Region. Jeder, der zum Beispiel etwas von erwünschtem Fortschritt, Freiheit, Frauenemanzipation und dergleichen in der arabischen Welt faselt, sollte sich klarmachen, dass er sich damit Israel zum Feind macht. Nicht weil die israelische Gesellschaft unfrei wäre. Sondern weil sich die Welt rund um Israel herum grundsätzlich nicht zu verändern hat. Und die Frage bleibt immer noch, ob sich Israel mit dieser indirekten Partnerschaft nicht am Ende selbst die Finger verbrennt. Mindestens so verwickelt und widersprüchlich ist doch die reale Lage wirklich.
Saudi-Arabien ist kein Wunschpartner, die gibt es in der Region nicht für freiheitliche Systeme. Das befreit einen aber nicht von der Notwendigkeit, Bündnispolitik zu betreiben - in Konkurrenz zu anderen Mächten zu bestehen, die es auch nicht besser machen.
Ich persönlich halte den Nutzen des Bündnisses mit Saudi-Arabien für geringer als den Schaden, aber ich muss auch nicht in der Region (über)leben. Tatsächlich wird die nukleare Option für Israel immer wichtiger, weil die Bedeutung der Region für die USA sinkt. Ein auf Vertrauen basierendes Bündnissystem zwischen westlichen Demokratien und islamistischen Staaten halte ich für generell nicht möglich, dazu ist zu viel passiert und die langfristigen Ziele sind schlichtweg unvereinbar. Und was Israel wünscht, wen kümmert das? Die Ägypter, Syrer, Saudis, Iraner? Nicht wirklich, sie sehen es nämlich spiegelbildlich. Wieso dem kleinen Teufel nicht die Hand schütteln, so lange man nicht über die Mittel verfügt, sie ihm ab zu schlagen.