Re: Ethik: Warum Toleranz eine bequeme Lüge ist
Verfasst: Freitag 22. April 2016, 06:09
"Toleranz" ist die Moralkeule, mit der man genötigt werden soll, Dinge zu akzeptieren, die man ablehnt.
Es ist halt das gegenteil von engstirnigkeit.Kirchgessner hat geschrieben:(22 Apr 2016, 06:09)
"Toleranz" ist die Moralkeule, mit der man genötigt werden soll, Dinge zu akzeptieren, die man ablehnt.
Ich werde auch weiterhin in einigen Dingen intoletant bleiben und kann daher ganz gut mit meiner Engstirnigkeit leben.
Ich akzeptiere deine Meinung als falsche Meinung.ThorsHamar hat geschrieben:(21 Apr 2016, 12:28)
Du akzeptierst, dass ich eine andere Meinung habe, ja, aber diese Meinung selbst akzeptierst Du eben nicht ....
Denn das würde bedeuteten, dass Du sie als richtig erkannt hast.
Provokateur hat geschrieben:(19 Apr 2016, 20:04)
Was bedeutet Toleranz?
Das Wort entlehnt sich aus dem lateinischen "tolerare", was "erdulden" oder "ertragen" heißt. Später wurde der Begriff ausgeweitet, auf das Hinnehmen einer anderslautenden Meinung. Und damit wurde seine ursprüngliche Bedeutung verfälscht.
Denn grundsätzlich teilt sich alles, was wahrnehmbar ist, in drei Kategorien:
1) Es gibt Dinge, die kann die von ihnen betroffene Person akzeptieren. Das bedeutet, er erkennt sie in ihrer Wesenheit an und betreibt keinerlei Aufwand, um sie zu ändern.
2) Es gibt Dinge, die werden von der betroffenen Person nicht akzeptiert. Hier finden verschiedene Versuche statt, diese Dinge zu ändern, weil sie einerseits ein Problem in der Weltwahrnehmung des Rezipienten darstellen ("kognitive Dissonanz") oder andererseits eine Bedrohung für Leib, Leben, Besitz und/oder geistige Gesundheit darstellen.
3) Hintergrundrauschen, Nichtwahrnehmbares, Ausgeblendetes (zum Beispiel die Tatsache, dass jeder jederzeit ein Stück seiner Nase sieht, das Gehirn aber beschließt, diese Information aufgrund von Irrelevanz auszublenden - wenn ihr euch konzentriert, könnt ihr das sehen. Und habt es im nächsten Moment vergessen. Aber herzlichen Glückwunsch, jetzt konzentriert ihr euch auf eure Atmung. Und atmet bewusst Habt ihr vorher auch nicht gemacht, oder?) - Dinge, die schlicht keine oder noch keine Bedeutung haben.
Wo findet sich jetzt die Toleranz? Von dem, was wir gelernt haben, würden wir das der Nummer 1 zuordnen. Aber halt - hier ist die Akzeptanz. Ich kann auch Meinungen akzeptieren, wenn sie von meiner abweichen. Das bedeutet aber nicht, dass ich sie ertrage wie ein schmerzendes Knie - welches jeder übrigens durch Entlastung oder andere Haltung zu einem nicht mehr schmerzenden Knie verwandeln versucht, weil hier auch keine Toleranz vorliegt, sondern Schmerz. Und den genießen (--> akzeptieren) nur wenige Menschen. Selbst bei unvermeidbaren Schmerzen, zum Beispiel bei hartem Training oder danach, erinnert sich jeder daran zurück, wie es ohne Schmerzen war und freut sich darauf, wie es sein wird, wenn er wieder schmerzfrei ist.
Im Spannungsfeld zwischen Akzeptanz und Antiakzeptanz ist für Toleranz schlicht kein Platz.
Entweder die betroffene Person akzeptiert, dass eine andere Meinung existiert. Dann schütteln beide Meinungsträger die Hand, sagen "Ich habe meine Meinung, du deine, aber es gibt bestimmt andere Bereiche, in denen wir ähnlicher Meinung sind" und jeder geht seiner Wege.
Oder sie akzeptiert es nicht. Dann werden bestimmte Eskalationsstufen, beginnend mit demonstrativem Ignorieren über Gegenrede bis hin zu - auch tödlicher - Gewalt durchgespielt, bis die Situation bereinigt ist. Das bedeutet, bis nur noch eine Meinung geäußert wird.
Und da sind wir nur im Bereich der Meinungen. Richtig abstrus wird es, wenn es um Hautfarbe oder Sexualität geht, also nicht Meinungen, sondern Eigenheiten der Personen.
"Ich bin tolerant! Ich habe schwarze Freunde!"
Aha, du erträgst es, dass deine Freunde eine andere Hautfarbe haben? Brennt das ein wenig in den Augen, aber gerade nicht so schlimm, dass du sie in einem Gespräch noch lange genug anblicken kannst, um nicht unhöflich zu wirken?
"Ich toleriere Schwule!"
Nun, es wird dir nix anderes übrig bleiben, denn die existieren, ob du das nun gut findest oder nicht. Aber warum erdulden? Erstens ist es ziemlich schwul, sich darum zu kümmern, was andere Männer so mit ihrem Schwanz anstellen, zweitens, wenn du nicht schwul bist, hast du durch die Existenz der Schwulen wohl eher einen Vorteil als einen Nachteil - denn wenn zwei Männer einander lieben, kommen bei einer ausgewogenen Bevölkerungspyramide gleich zwei Frauen in deinen (hypothetischen) Paarungsverfügbarkeitspool.
Komischerweise sind Lesben deutlich weniger häufig derartigen Anfeindungen ausgesetzt. Obwohl die dieses Verhältnis eventuell wieder ausleveln, denn mit jedem Lesbenpaar verschwinden wieder zwei Frauen aus deinem (hypothetischen) Paarungsverfügbarkeitspool. Denn nein, in der Regel (no pun intended) lassen die nicht nicht als Live-Action-Dildo bei einer heißen Orgie mitmachen, auch wenn der Gedanke aufkommen mag.
Hier sind die Akzeptanzprobleme in der Regel deutlich geringer. Aber das ist ein Thema für einen anderen Strang.
Was also bleibt von der Toleranz?
Nicht viel, wie ich finde. Das bedeutet aber, dass "Intolerant" nicht mehr zwingend ein Schimpfwort ist, auch, wenn wir das gerne so verwenden, weil es eben bequem ist. Wir sind es gewohnt. Es ist wohlig, warm, bekannt und ein Schwert, dessen wir uns gerne bedienen.
Aber bei genauer Betrachtung ist es stumpf. Denn niemand toleriert. So etwas zu behaupten wäre - eine Lüge.
Ich sehe da größere Probleme.Bielefeld09 hat geschrieben:(20 Apr 2016, 23:18)
Toleranz ist keine Lüge, es ist eine Lebenseinstellung.
Toleranz bedeutet: Ich lasse zu.
Akzeptanz bedeutet: Ich lasse zu und verstehe.
Konsequenz bedeutet: Für mich soweit, aber nicht weiter.
Wo ist da ein mögliches interlektuelles Problem?
Ich habe nichts anderes geschrieben. "Du akzeptierst, dass ich eine andere Meinung habe, ja, aber diese Meinung selbst akzeptierst Du eben nicht ....Zunder hat geschrieben:(22 Apr 2016, 14:03)
Ich akzeptiere deine Meinung als falsche Meinung.
Man Dinge auch als das anerkennen, was sie sind.
MIt richtig und falsch, wahr oder unwahr hat das erstmal nichts zu tun.
Tja, du hast aber mehr als zwei Handlungen.Provokateur hat geschrieben:(19 Apr 2016, 21:38)
Es geht um Verhalten, nicht um Gedanken. Was am Ende dabei rauskommt und sich konkret als Handlung manifestiert.
Wie bereits gesagt, der Baum wird nach seinen Früchten beurteilt und nicht nach seinen Wurzeln. Was du dir dabei denkst, wenn du handelst, spielt für die Handlung keine Rolle.
Das geht wieder auf den Geisteszustand ein. Jemand, der einen anderen mit einem grimmigen Gesicht gewähren lässt, macht meiner Meinung nach ganz und gar nichts anderes als jemand, der einen anderen mit lächelndem Gesicht gewähren lässt.Alexyessin hat geschrieben:(23 Apr 2016, 08:34)
Tja, du hast aber mehr als zwei Handlungen.
Ich versuchs mal
a) Aktive Ablehnung
b) keine Aktive Ablehnung
a) Ist klar
b) wiederum ist von Toleranz ( die stärkste Stufe der inaktiven Ablehnung ) bis zur Hingabe ( die stärkste Form der Annahme ) breit gefächert.
Vielleicht ist dein Denkansatz hier anders. Es ist ja das Verhalten B - und dann folgt Verhalten B1-B256,54Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 08:44)
Das geht wieder auf den Geisteszustand ein. Jemand, der einen anderen mit einem grimmigen Gesicht gewähren lässt, macht meiner Meinung nach ganz und gar nichts anderes als jemand, der einen anderen mit lächelndem Gesicht gewähren lässt.
Wir müssen Zielverhalten und Reaktion betrachten.Alexyessin hat geschrieben:(23 Apr 2016, 09:02)
Vielleicht ist dein Denkansatz hier anders. Es ist ja das Verhalten B - und dann folgt Verhalten B1-B256,54![]()
Nimm das gute Beispiel mit dem neuen Freund der Tochter. Wird er toleriert, darf er mit aufs Zimmer, wird er akzeptiert, darf er mit Essen - und sich vielleicht mit dem Vater über Fußball unterhalten.
Also zu einem grimmig dreinschauenden Papa hockt sich keiner an den Tisch, ergo ist das Verhalten zwischen Toleranz und Akzeptanz eindeutig gegeben.
Ich wurde angestubst, es schien mir unstatthaft, den Einwurf nicht mit einer Antwort zu würdigen.Milady de Winter hat geschrieben:(23 Apr 2016, 09:30)
Daaaas Karussell fähr immer immer rumdherum, daaaaas Karussell scheint sich im Kreis zu dreh'n...![]()
Entschuldigung. Aber die Betrachtung des psychologischen Aspekts und des Verlaufs dieser Diskussion triggerte diese spontane Reaktion. Aber: ich kann das alles problemlos akzeptieren.
Soweit richtig, aber für das nachhaltige Ziel ( zum Beispiel übernacht bleiben [dürfen]) ist die jeweilige Reaktion - und die ist ja das Verhalten des Vaters - immens wichtig.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 09:29)
Wir müssen Zielverhalten und Reaktion betrachten.
Zielverhalten ist in dem Beispiel: Mit aufs Zimmer. Nichtakzeptanz würde bedeuten: "Der kommt mir nicht ins Haus!"
Gemeinsame Einnahme eines Abendbrotes ist vielleicht ein Bonus, aber nicht das erwünschte Ziel.
Aber nicht für die Kategorisierung.Alexyessin hat geschrieben:(23 Apr 2016, 10:26)
Soweit richtig, aber für das nachhaltige Ziel ( zum Beispiel übernacht bleiben [dürfen]) ist die jeweilige Reaktion - und die ist ja das Verhalten des Vaters - immens wichtig.
MIMIK ist interpretierbar. Sofern ich die Person kenne. Es ist also auch möglich, dass die Person ihr Ziel NICHT erreicht.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 08:44)
Das geht wieder auf den Geisteszustand ein. Jemand, der einen anderen mit einem grimmigen Gesicht gewähren lässt, macht meiner Meinung nach ganz und gar nichts anderes als jemand, der einen anderen mit lächelndem Gesicht gewähren lässt.
Beide haben akzeptiert, der eine ärgert sich vielleicht nachher drüber, der andere nicht. Für den Akzeptierten macht das erst einmal keinen Unterschied, er erreicht sein Ziel.
Man kann auch die Norm tolerieren -- und sei es nur durch Gleichgültigkeit.Quatschki hat geschrieben:(19 Apr 2016, 20:23)
Toleranz ist die Abweichung von der Norm, die man noch akzeptieren kann.
Was nicht innerhalb der Toleranzgrenzen liegt, ist Ausschuß oder muß nachbearbeitet werden.
Ist Gleichgültigkeit die kleine unanständige Verwandte der Gelassenheit?frems hat geschrieben:(23 Apr 2016, 17:33)
Man kann auch die Norm tolerieren -- und sei es nur durch Gleichgültigkeit.
Nein, das ist die Hinterfotzigkeit.Senilienz hat geschrieben:(23 Apr 2016, 17:53)
Ist Gleichgültigkeit die kleine unanständige Verwandte der Gelassenheit?
(a) Ich akzeptiere die AfDProvokateur hat geschrieben:(19 Apr 2016, 20:04)
Im Spannungsfeld zwischen Akzeptanz und Antiakzeptanz ist für Toleranz schlicht kein Platz.
Erinnere dich an die drei Optionen der Nichtakzeptanz:Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 18:35)
(a) Ich akzeptiere die AfD
(b) Ich toleriere die AfD
(c) Ich akzeptiere die AfD nicht
Für dich sind (a) und (b) identisch, wenn ich dich richtig verstehe. Denn in beiden Fällen unternimmt man nichts gegen die AfD.
Der Unterschied ist aber: Im Fall (a) wähle ich die AfD vielleicht. Im Fall (b) wohl nicht.
D.h. Zwischen Toleranz und Akzeptanz gibt es keinen Unterschied hinsichtlich von Aktivitäten zur Vermeidung oder Bekämpfung - diese finden in beiden Fällen nicht statt. Es gibt aber einen Unterschied hinsichtlich der denkbaren aktiven positiven Unterstützung. Diesen Unterschied halte ich schon für wesentlich.
Wobei der Bürger auch noch mehr machen kann. Er kann aktiv politisch tätig werden.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 18:57)
Erinnere dich an die drei Optionen der Nichtakzeptanz:
- Vermeiden
- Verändern
- Vernichten
Vernichten kannst du die AfD nicht, Verändern auch kaum. Du kannst aber durch deine Stimmabgabe für eine andere Partei vermeiden, dass ihr Erfolg steigt. Du zeigst also Antiakzeptanz bei der Wahl.
Mein Einwand geht in eine ähnliche Richtung wie der von Adam Smith.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 18:57)
Erinnere dich an die drei Optionen der Nichtakzeptanz:
- Vermeiden
- Verändern
- Vernichten
Vernichten kannst du die AfD nicht, Verändern auch kaum. Du kannst aber durch deine Stimmabgabe für eine andere Partei vermeiden, dass ihr Erfolg steigt. Du zeigst also Antiakzeptanz bei der Wahl.
Grundsätzlich gilt aber: Wer nicht handelt, der akzeptiert. Der akzeptiert, dass ohne seine Beteiligung Dinge geschehen.Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 19:36)
Mein Einwand geht in eine ähnliche Richtung wie der von Adam Smith.
Wenn ich die AfD toleriere, aber nicht "nichtakzeptiere", dann wähle ich sie halt nicht. Evtl. wähle ich auch keine andere Partei, sondern gar nicht. Das ist keine Nichtakzeptanz der AfD, ich toleriere sie, unterstütze sie aber nicht. Anders wäre es, wenn ich sie aktiv bekämpfen würde (z.B. dadurch, dass ich hier gegen diese Partei anschreibe oder gar Petitionen zu ihrem Verbot initiiere), oder sie vermeiden würde (z.B. in dem ich Deutschland verlassen würde) oder sie versuchen würde zu verändern (durch Parteieintritt und Unterwanderung).
Wer nicht handelt, der toleriert (weil er aktiv ignoriert).Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 19:50)
Grundsätzlich gilt aber: Wer nicht handelt, der akzeptiert. Der akzeptiert, dass ohne seine Beteiligung Dinge geschehen.
Wer allerdings handelt, der akzeptiert alles nicht, was auf der Handlungsdimension, auf der er sich bewegt, nicht kongruent mit seinen Zielen ist. Er arbeitet auf etwas zu, er verändert. Man muss, wenn man verändert, nicht unbedingt das Gegenüber verändern; es reicht auch, die Umwelt so zu verändern, dass das Gegenüber nicht mehr so kann, wie es will.
Nein, ich würde das eher als "Toleranz" bezeichnen. Man unterstützt eben auch nicht. Im Gegensatz zur Akzeptanz.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 19:50)
Grundsätzlich gilt aber: Wer nicht handelt, der akzeptiert. Der akzeptiert, dass ohne seine Beteiligung Dinge geschehen.
Für dich ist "Handeln" in diesem Kontext offensichtlich nur negativ belegt in dem Sinne, dass man das Objekt, das man nichtakzeptiert, vermeidet, verändert oder bekämpft.Wer allerdings handelt, der akzeptiert alles nicht, was auf der Handlungsdimension, auf der er sich bewegt, nicht kongruent mit seinen Zielen ist. Er arbeitet auf etwas zu, er verändert. Man muss, wenn man verändert, nicht unbedingt das Gegenüber verändern; es reicht auch, die Umwelt so zu verändern, dass das Gegenüber nicht mehr so kann, wie es will.
Wer nie Nähe zu der einen Sache sucht, vermeidet die andere; wer das eine erhält, lässt anderswo Veränderung zu; wer das eine verteidigt, vernichtet das Angreifende.Brainiac hat geschrieben: Es gibt aber auch positives, unterstützendes Handeln. Spiegelbildlich zu deinem "Vermeiden/Verändern/Bekämpfen" wäre das z.B. "Nähe Suchen/Erhalten/Verteidigen".
Wenn ich einen Menschen liebe, vermeide ich deshalb nicht den Kontakt zu anderen Menschen.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 20:41)
Wer nie Nähe zu der einen Sache sucht, vermeidet die andere
Wenn ich die Ordnung in meiner Wohnung erhalte, heißt das nicht, dass ich woanders für Unordnung sorge.wer das eine erhält, lässt anderswo Veränderung zu
Wenn ich mein Haus gegen Einbruch sichere, vernichte ich dadurch nicht die Einbrecher.wer das eine verteidigt, vernichtet das Angreifende
Wer die Nähe zu einer Sache sucht, der verhält sich indifferent zu allen anderen; wer das eine erhält, lässt hier und anderswo Veränderung zu; wer das eine verteidigt, behindert das Angreifende.Provokateur hat geschrieben:(23 Apr 2016, 20:41)
Wer nie Nähe zu der einen Sache sucht, vermeidet die andere; wer das eine erhält, lässt anderswo Veränderung zu; wer das eine verteidigt, vernichtet das Angreifende.
Die Begriffe, die du als diametral entgegengesetzt anzeigst, bedeuten ganz genau dasselbe!
Jetzt wanderst du vom allgemeinen zum speziellen.Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 20:52)
Wenn ich einen Menschen liebe, vermeide ich deshalb nicht den Kontakt zu anderen Menschen.
Nein, aber du kannst nicht zugleich deine Wohnung und die deines Nachbarn aufräumen.Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 20:52)
Wenn ich die Ordnung in meiner Wohnung erhalte, heißt das nicht, dass ich woanders für Unordnung sorge.
Du vernichtest die Möglichkeit des Einbruchs.Brainiac hat geschrieben: Wenn ich mein Haus gegen Einbruch sichere, vernichte ich dadurch nicht die Einbrecher.
Gilt hier genau so.Senilienz hat geschrieben:
Wer die Nähe zu einer Sache sucht, der verhält sich indifferent zu allen anderen; wer das eine erhält, lässt hier und anderswo Veränderung zu; wer das eine verteidigt, behindert das Angreifende.
Nun, Beispiele können der Diskussion ja nicht schaden, oder? Vor allem nicht, wenn es sich um Gegenbeispiele zu einer als allgemeingültig behaupteten Aussage handelt (wie ich finde, jedenfalls).
Nicht gleichzeitig, das ist richtig. Ich bin aber in diesem Moment nicht deshalb nicht bei den anderen, weil ich sie nicht akzeptiere. Eine Stunde später kann ich Freunde besuchen. Wir können natürlich nicht allem, das wir akzeptieren und gut finden, gleichzeitig gleich nahe sein, da wir physikalischen Gesetzen unterworfen sind.Wenn du bei einem Menschen bist, kannst du nicht zugleich bei einem anderen sein - wenn du bei einer Gruppe bist, bist du bei allen anderen Gruppen nicht.
Nein. Aber du meintest doch, dass ich wenn ich das eine erhalte, das andere verändere (oder ich verstehe den Sinn deiner Aussage, dass die Handlungen in Wirklichkeit dasselbe seien, in diesem Kontext nicht). Das tue ich aber nicht, wenn ich die Ordnung in meiner Wohnung erhalte. Weder sorge ich woanders für Ordnung, noch sorge ich woanders für Unordnung.Nein, aber du kannst nicht zugleich deine Wohnung und die deines Nachbarn aufräumen.
Ja, aber du schriebst, "vernichtet das Angreifende". Der Einbrecher kann gerne weiter leben und woanders einbrechen (das meine ich natürlich nicht so, aber du verstehst, worauf ich hinaus will).Du vernichtest die Möglichkeit des Einbruchs.
Und diese Gesetze zwingen uns dazu, Entscheidungen zu treffen. Jede Entscheidung für etwas ist eine Entscheidung gegen alles andere. Wir nehmen uns aus der Kontingenz (=der Summe aller möglichen Entscheidungen) einen Pfad und verfolgen ihn. Das bedeutet nicht, dass du andere Menschen nicht akzeptierst, aber du akzeptierst für diesen Moment nur die Gesellschaft der Person(en), die du dir für diesen Augenblick ausgewählt hast.Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 21:36)
Nicht gleichzeitig, das ist richtig. Ich bin aber in diesem Moment nicht deshalb nicht bei den anderen, weil ich sie nicht akzeptiere. Eine Stunde später kann ich Freunde besuchen. Wir können natürlich nicht allem, das wir akzeptieren und gut finden, gleichzeitig gleich nahe sein, da wir physikalischen Gesetzen unterworfen sind.
Wenn du an dem einen arbeitest, lässt du bei dem anderen unkontrollierte Änderung oder Stasis zu. Das bedeutet Akzeptanz nämlich auch - Kontrolle. Ganz wertneutral, was du akzeptierst, beobachtest du und steuerst du dadurch auch unbewusst. Dinge und Wertauffassungen, die du nicht akzeptierst, vermeidest du (keine Beobachtung - keine Kontrolle), versuchst du zu verändern (akzeptabel/steuerbar zu machen) oder versuchst du zu vernichten (keine Kontrolle mehr möglich und nötig).Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 21:36)
Nein. Aber du meintest doch, dass ich wenn ich das eine erhalte, das andere verändere (oder ich verstehe den Sinn deiner Aussage, dass die Handlungen in Wirklichkeit dasselbe seien, in diesem Kontext nicht). Das tue ich aber nicht, wenn ich die Ordnung in meiner Wohnung erhalte. Weder sorge ich woanders für Ordnung, noch sorge ich woanders für Unordnung.
Der Einbrecher ist ja nur Träger der inakzeptablen Handlung des Einbruchs, und zwar auch nur für die Dauer der Handlung (und der Folgen). Niemand würde verlangen, einen Einbrecher bereits im Kindesalter einzusperren, wenn dieser noch keinen Einbruch begangen hat. Das ist auch schlecht möglich.Brainiac hat geschrieben:(23 Apr 2016, 21:36)
Ja, aber du schriebst, "vernichtet das Angreifende". Der Einbrecher kann gerne weiter leben und woanders einbrechen (das meine ich natürlich nicht so, aber du verstehst, worauf ich hinaus will).
Mein Beispiel mit der Liebe war vielleicht etwas unglücklich, weil das so was Exklusives hat.Provokateur hat geschrieben:(25 Apr 2016, 08:22)
Und diese Gesetze zwingen uns dazu, Entscheidungen zu treffen. Jede Entscheidung für etwas ist eine Entscheidung gegen alles andere. Wir nehmen uns aus der Kontingenz (=der Summe aller möglichen Entscheidungen) einen Pfad und verfolgen ihn. Das bedeutet nicht, dass du andere Menschen nicht akzeptierst, aber du akzeptierst für diesen Moment nur die Gesellschaft der Person(en), die du dir für diesen Augenblick ausgewählt hast.
„Stasis“?Wenn du an dem einen arbeitest, lässt du bei dem anderen unkontrollierte Änderung oder Stasis zu. Das bedeutet Akzeptanz nämlich auch - Kontrolle. Ganz wertneutral, was du akzeptierst, beobachtest du und steuerst du dadurch auch unbewusst. Dinge und Wertauffassungen, die du nicht akzeptierst, vermeidest du (keine Beobachtung - keine Kontrolle), versuchst du zu verändern (akzeptabel/steuerbar zu machen) oder versuchst du zu vernichten (keine Kontrolle mehr möglich und nötig).
Dem kann ich so folgen. Du schriebst aber „wer etwas verteidigt, vernichtet das Angreifende“. Ich bleibe dabei, wenn ich etwas verteidige, weil ich es akzeptiere (mein Haus, in diesem Fall), bekämpfe ich dadurch noch nicht aktiv jemand anders. Ich versuche, ein denkbares Ereignis zu verhindern (den Einbruch). Ansonsten toleriere ich den Einbrecher als Menschen, der möglicherweise ein prima Typ ist.Der Einbrecher ist ja nur Träger der inakzeptablen Handlung des Einbruchs, und zwar auch nur für die Dauer der Handlung (und der Folgen). Niemand würde verlangen, einen Einbrecher bereits im Kindesalter einzusperren, wenn dieser noch keinen Einbruch begangen hat. Das ist auch schlecht möglich.
Er wird erst zum Träger der inakzeptablen Handlung, wenn er beschließt, in deine Wohnung oder dein Haus einzubrechen. Bis zu dem Entschluss, dies zu tun, handelt er (i.d.R.) im akzeptablen Rahmen.
Das "Vernichten" kann, muss aber nicht global gesehen werden. Ein NPD-Verbot käme zum Beispiel einer Vernichtung gleich, obwohl die entsprechenden Personen, Ideen, Gebäude und Schriften noch vorhanden sind.
Kann man, grob vereinfacht, so zusammenfassen. Nur lehne ich Toleranz als Begriff nebenbei noch komplett ab, weil das "Erduldende" so etwas selbstaufopferndes hat. Fakt ist: Man entscheidet sich für oder gegen eine Sache.Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Vielleicht nochmal zur Klärung, worüber und warum wir gerade diskutieren.
- Du sagst, Toleranz und Akzeptanz unterscheiden sich nicht in den resultierenden Handlungspfaden.
- Ich sage: Doch, Toleranz und Akzeptanz unterscheiden sich – nicht im Sinne des Vermeidens / Bekämpfens / Verändern von etwas (das findet in beiden Fällen nicht statt), sondern im Sinne des Aufsuchens / Verteidigens / Erhaltens (das findet bei Akzeptanz eher statt als bei Toleranz).
- Daraufhin sagst du, das ist dasselbe, denn wenn ich etwas aufsuche / verteidige / erhalte, dann vermeide / bekämpfe / verändere ich damit etwas anderes.
Soweit richtig wiedergegeben?
Mit der Aussage "Da habe ich kein Problem mit" ist doch die Akzeptanz offenkundig. Andernfalls würde er sagen "Ne, lass mal, ganz ehrlich - ich mag den nicht."Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Mein Beispiel mit der Liebe war vielleicht etwas unglücklich, weil das so was Exklusives hat.
Nehmen wir den Fall, A trifft sich mit B, weil er ihn (als Freund) akzeptiert. B schlägt vor, C mitzubringen, der der Bruder von B ist.
Zwar hat A selbst keine Initiative ergriffen, C zu treffen, aber er hat kein Problem damit, dass C dabei ist, da er nicht C „nichtakzeptiert“, sondern toleriert. Die Entscheidung von A für B (ihn zu treffen) ist keine Entscheidung für oder gegen C.
Habe ich eingangs schon angeschnitten. Hintergrundrauschen erfordert grundsätzlich keine Handlung, es geschieht. Dinge, die keine Entscheidung erfordern, werden aber weder akzeptiert noch nicht akzeptiert, sie sind.Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Um auf dein Bild mit den Handlungspfaden zurückzukommen: Es gibt grundsätzlich drei (und nicht zwei) Möglichkeiten. Ich kann etwas akzeptieren und somit aufsuchen/verteidigen/erhalten, ich kann etwas nichtakzeptieren und somit vermeiden/bekämpfen/verändern, und ich kann etwas neutral gegenüberstehen. Das bedeutet, in der Auswahl meiner Handlungspfade berücksichtige ich das weder positiv noch negativ, sondern überlasse es dem Zufall. Das ist ein wesentlicher Unterschied, da wir ja nur einen Teil von dem, was uns passiert, aktiv beeinflussen können, so dass wir unsere Energie und Ressourcen konzentrieren müssen.
S.o.Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Ich akzeptiere C: Ich treffe mich mit ihm.
Ich nichtakzeptiere C: ich treffe mich nicht mit ihm.
Ich toleriere C: Nichts von beidem, aber wenn B vorschlägt, dass C dazukommt, habe ich nichts dagegen. Wenn B es nicht vorschlägt, ist es genauso ok.
Stillstand. Nichtveränderung.
Kontrolle ist ja gerade die Veränderung. Was du kontrollierst, gestaltest du nach deinem Wunsch.Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Jedenfalls, wenn ich meine Wohnung aufräume, sorge ich damit nicht für Unordnung in einer anderen Wohnung – weil ich sie toleriere. Ich „nichtakzeptiere“ sie nicht (die andere Wohnung), also verändere ich sie auch nicht. Dass ich sie nicht kontrolliere, ist doch nicht dasselbe, wie, sie aktiv zu verändern.
Der Angriff an sich wird vernichtet. Der Einbrecher nicht. Das Angreifende ist ja in dem Fall die Einbruchshandlung, die an deinen Maßnahmen zerschellt.Brainiac hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:02)
Zum dritten Beispiel:
Dem kann ich so folgen. Du schriebst aber „wer etwas verteidigt, vernichtet das Angreifende“. Ich bleibe dabei, wenn ich etwas verteidige, weil ich es akzeptiere (mein Haus, in diesem Fall), bekämpfe ich dadurch noch nicht aktiv jemand anders. Ich versuche, ein denkbares Ereignis zu verhindern (den Einbruch). Ansonsten toleriere ich den Einbrecher als Menschen, der möglicherweise ein prima Typ ist.
Nein, man kann sich auch neutral entscheiden und verhalten. Beispiele habe ich ja gebracht.Provokateur hat geschrieben:(25 Apr 2016, 14:25)
Kann man, grob vereinfacht, so zusammenfassen. Nur lehne ich Toleranz als Begriff nebenbei noch komplett ab, weil das "Erduldende" so etwas selbstaufopferndes hat. Fakt ist: Man entscheidet sich für oder gegen eine Sache.
Nein, bei Akzeptanz wäre dem allgemeinen Sprachgebrauch nach eher der Wunsch da, ihn zu treffen, und somit auch eher entsprechende Aktivitäten. Es ist aber egal, also "nur" Toleranz.Mit der Aussage "Da habe ich kein Problem mit" ist doch die Akzeptanz offenkundig. Andernfalls würde er sagen "Ne, lass mal, ganz ehrlich - ich mag den nicht."
Doch, die Entscheidung besteht darin, nichts DAGEGEN zu unternehmen. Ich könnte ja C NICHT treffen wollen. Dann würde ich nicht akzeptieren, dass B ihn mitbringt.Habe ich eingangs schon angeschnitten. Hintergrundrauschen erfordert grundsätzlich keine Handlung, es geschieht. Dinge, die keine Entscheidung erfordern, werden aber weder akzeptiert noch nicht akzeptiert, sie sind.
Verstehe ich nicht in diesem Kontext. Kontrolle kann auch bedeuten, die Veränderung zu verhindern.Kontrolle ist ja gerade die Veränderung. Was du kontrollierst, gestaltest du nach deinem Wunsch.
Nun, wenn du das so definierst. Damit wird aber nur ein Ereignis verhindert. Ansonsten unternehme ich nichts weiter gegen die Person dahinter, da ich sie toleriere. ich könnte die Person dahinter auch nichtakzeptieren (blödes WortDer Angriff an sich wird vernichtet. Der Einbrecher nicht. Das Angreifende ist ja in dem Fall die Einbruchshandlung, die an deinen Maßnahmen zerschellt.
Wo fordert die AfD, dass der Islam generell als verfassungsfeindlich zu betrachten ist?bakunicus hat geschrieben:(20 Apr 2016, 16:53)
....
wenn also z.b. die AfD nun fordert, dass der islam generell als verfassungsfeindlich zu betrachten ist, dann kann das morgen auch das christentum sein, oder auch der nationalkonservatismus, und deshalb ist das prinzipiell abzulehnen, zumindest in dieser radikalität.
...
Das hat sich vielleicht im Sprachgebrauch so eingeschliffen und die Unterschiede verwischt. Aber an sich bedeutet Toleranz (nur) "hinnehmen" und Akzeptanz (auch) "gutheißen".Brainiac hat geschrieben: Wo ich mitgehen würde, ist: Die Begriffe liegen eng beieinander und sind nicht klar abgrenzbar, und insbesondere im negativen Sinne (nichts gegen etwas zu unternehmen), bedeuten sie keinen Unterschied.
D.h. zwischen den folgenden beiden Aussagen
- Ich unterstütze es nicht, aber ich akzeptiere es
- Ich unterstütze es nicht, aber ich toleriere es
gibt es keinen Unterschied im Sinne der resultierenden Handlungen.