Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

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sünnerklaas
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben: Sonntag 4. Dezember 2022, 22:31
Irgendwann müßte diese Einsicht doch dem ewig-gestrigen und -vorgestrigen Obermotz und seinem Gefolge dämmern. Diese Hoffnung stirbt zuletzt!
Es ist schon absoluter Wahnsinn, was Kaczynski da so aufführt. Der würde es glatt hinbekommen, dass Polen ungewollt von ihm wieder von den westlichen Partnern im Stich gelassen wird.
Ich glaube ja, der hat nicht alle Tassen im Schrank.
Aber was sich zeigt: die deutsch-polnische Aussöhnung hat man nach 1990 ohne Assistenz der großen Politik hinbekommen. Das waren die deutsche und die polnische Zivilgesellschaft. Man schaue sich nur einmal an, wie radikal sich in D da Bild der Polen in den letzten 30 Jahren gewandelt hat. Früher galten sie als faul und unzuverlässig. Heute als Inbegriff des Fleißes, der Zuverlässigkeit, als hoch kreative Leute, die für alles eine praktikable Lösung finden. Niemand hätte selbst 1990 gedacht, dass Deutsche und Polen ein sehr entspanntes und freundschaftliches Verhältnis haben. Und zwar aufgebaut von unterster Ebene. Man hat ohne Assistenz der Politik zusammen die Gemeinsamkeiten entdeckt und profitiert enorm voneinander.

Wobei ich glaube, dass der entscheidende Punkt der war, dass praktisch niemand von den Nachkommen der ehemaligen Heimatvertriebenen nach dem EU-Beitritt Polens in die Heimat der Eltern und Großeltern zurück wollte. Da hat zwar mal wer von den Vorfahren vor über einem halben Jahrhundert gewohnt - aber es ist eben dann doch nicht Heimat, sondern doch fremd. Was soll man da? Fährt man vielleicht mal im Urlaub hin. Zum Wintersport oder Wandern im Riesengebirge oder zum Baden nach Kolberg, Wollin oder Zoppot. Ist ja alles ins besten Händen dort.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

sünnerklaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 12:18 Es ist schon absoluter Wahnsinn, was Kaczynski da so aufführt. Der würde es glatt hinbekommen, dass Polen ungewollt von ihm wieder von den westlichen Partnern im Stich gelassen wird.
Ich glaube ja, der hat nicht alle Tassen im Schrank.
Aber was sich zeigt: die deutsch-polnische Aussöhnung hat man nach 1990 ohne Assistenz der großen Politik hinbekommen. Das waren die deutsche und die polnische Zivilgesellschaft.
Dem kann ich nur zustimmen. Allerdings kann ich nicht ausschließen, dass ich nur selektiv die "guten" Beispiele zu sehen bekomme. Meinem Eindruck nach ist die deutsch-polnische Aussöhnung auf einem ähnlich guten Weg wie seinerzeit die deutsch-französische.

Wie schonmal geschrieben, bin ich im Ruhrgebiet aufgewachsen. Da hatten "gute Deutsche" so Namen wie Wesalowski, Tscherschinsky und Mucha und schimpften über die "Pollaken". Das ist alles weg. Heute lebe ich im tiefen deutschen Binnenland (Hessen). Und wenn ich auf die polnischstämmigen Menschen in meiner persönlichen Umgebung schaue, dann kann ich keinerlei "kulturelle" Unterschiede mehr erkennen. Ich kann auch nicht erkennen, dass diese Leute irgendwelche kulturellen Brüche wahrnehmen. Es gibt im Prinzip keine Grenze mehr zwischen Deutschen und Polen.

Deshalb kann ich in keiner Weise nachvollziehen, wieso ein kleiner Giftzwerg wie Kaczynski sich genötigt fühlt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinem irrationalen Hass auf Deutschland Ausdruck zu verleihen. Das ist im Moment eines der größten Hemmnisse bei der europäischen Integration. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polen das wirklich wollen.
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sünnerklaas
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Kohlhaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 13:21
Deshalb kann ich in keiner Weise nachvollziehen, wieso ein kleiner Giftzwerg wie Kaczynski sich genötigt fühlt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinem irrationalen Hass auf Deutschland Ausdruck zu verleihen. Das ist im Moment eines der größten Hemmnisse bei der europäischen Integration. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polen das wirklich wollen.
Ich glaube, Kaczynski will damit in erster Linie die PiS-Stammwählerschaft bedienen. Die überwiegend immer noch sehr fromme Klientel in Zentral- und Südpolen. Verbitterte Menschen, die die Welt nicht mehr verstehen und sich als permanente Opfer sehen. Opfer der Deutschen, des verweichlichten, homosexualisierten und vertransten Westens, Opfer der anlaufenden Islamisierung, Opfer des aktuellen Papstes, der nachkonziliären katholischen Kirche etc.. Jetzt hole er aber mal EINE BILLION EURO nach Polen. Würde es aber den anderen mal so richtig zeigen.
Bei genau dieser Wählerklientel kann Kaczynski auf richtig dicke Hose machen und bekommt dadurch, dass er dort dann sehr jovial auftritt, auch sehr viel positive Rückmeldung und Bewunderung.
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H2O
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

https://polskieradio24.pl/5/1223/artyku ... ia-dialogu
  • Reparationen von Deutschland. Mularczyk fordert in Berlin den Beginn eines Gesprächs
Nun hat Herr Arkadiusz Mularczyk, Abgeordneter der polnischen PiS-Partei, wieder das Programm RON (Reparacje od Niemiec = Deutsche Reparationen) angeworfen. In einem Gespräch in der neu eröffneten Botschaft der Republik Polen in Berlin Unter den Linden hat er angekündigt, daß er erstens auf eine Antwort der Bundesregierung auf seine Reparationsforderungen für von der Wehrmacht verursachte Schäden in Polen warte, und zweitens bei Ausbleiben derselben dein Anliegen in sämtlichen internationalen Gremien vortragen werde.

Die Bundesregierung verweist nach solchen Anläufen regelmäßig auf den Verzicht der Volksrepublik Polen auf Reparationen und auf den Vertrag 4+2 zur Wiedervereinigung Deutschlands, der Deutschland zu keinen Reparationsleistungen verpflichtet. Die Volksrepublik Polen hatte seinerzeit diesen "Handel" als Grundlage zur Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens in Bewegung gesetzt. Da kann auch jetzt keine andere Zurückweisung der Forderung nach Reparationszahlungen kommen... wenn überhaupt.

Meine Vorstellung wäre in der Sache, daß auf diese Anwürfe tiefes Schweigen auch eine Antwort ist. Und wenn tatsächlich die polnische Stänkerei vor internationalen Organen kein Ende nehmen will, dann dort die x-mal gelieferte deutsche Antwort bekannt machen. Polen steht der Rechtsweg offen... wie es so schön heißt.
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sünnerklaas
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 17:35 Die Volksrepublik Polen hatte seinerzeit diesen "Handel" als Grundlage zur Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens in Bewegung gesetzt. Da kann auch jetzt keine andere Zurückweisung der Forderung nach Reparationszahlungen kommen... wenn überhaupt.

Meine Vorstellung wäre in der Sache, daß auf diese Anwürfe tiefes Schweigen auch eine Antwort ist. Und wenn tatsächlich die polnische Stänkerei vor internationalen Organen kein Ende nehmen will, dann dort die x-mal gelieferte deutsche Antwort bekannt machen. Polen steht der Rechtsweg offen... wie es so schön heißt.
Polen hat das seinerzeit akzeptiert, das ganze wurde nach meiner Erinnerung vom Sejm ratifiziert. Die Gebiete gab es als Ausgleich, damit sind die polnischen Forderungen abgeglichen.
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H2O
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Daran zweifele ich auch nicht. Vor allem hätte man Unklarheiten im freundschaftlich-kollegialen Rahmen klären und vielleicht auch dabei großzügig sein können. Durch diese Stänkerangriffe wird die deutsche Seite von freundlichen Gesten abgebracht und zum eisernen Schweigen gezwungen. Das ist vielleicht das hintergründige Ziel dieser Stänkereien... oder eine hitzige Stellungnahme der Bundesregierung. Aber diesen Ausbruch verkneift sich die Bundesregierung seit langer Zeit. Gut so!

Leserkommentare in der Gazeta Wyborcza bewundern die Bundesregierungen für ihre Engelsgeduld im Umgang mit solchen PiS-Stänkereien.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

sünnerklaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 18:49 Polen hat das seinerzeit akzeptiert, das ganze wurde nach meiner Erinnerung vom Sejm ratifiziert. Die Gebiete gab es als Ausgleich, damit sind die polnischen Forderungen abgeglichen.
Die polnischen Forderungen - besser: Forderungen notorischer polnischer Deutschland-Hasser - nimmt doch ohnehin niemand ernst. Das Dumme ist nur, dass diese polnischen Deutschland-Hasser in Polen was zu sagen haben und damit die europäische Einigung hintertreiben.

Aller Welt ist klar, dass es nie die geforderten "Reparationen" Deutschlands an Polen gegen wird. Vorher müsste Polen die deutschen Ostgebiete zurückgeben. Und dann müsste man einen Kassensturz machen, wie viel Geld Deutschland schon an Polen überwiesen hat. Danach könnte der Bundeskanzler den Polen die Nummer des Kontos nennen, auf den Polen den Restbetrag überweisen soll.. Aber darüber sind wir doch eigentlich längst hinaus. Dass Kaczynski das Thema immer wieder zwanghaft hervor kramt, hat mit seiner weltfremden anti-deutschen Weltsicht zu tun. Leider schadet das Europa. Aber das Problem können nur die Polen lösen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Kohlhaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 19:39
Aller Welt ist klar, dass es nie die geforderten "Reparationen" Deutschlands an Polen gegen wird. Vorher müsste Polen die deutschen Ostgebiete zurückgeben. Und dann müsste man einen Kassensturz machen, wie viel Geld Deutschland schon an Polen überwiesen hat. Danach könnte der Bundeskanzler den Polen die Nummer des Kontos nennen, auf den Polen den Restbetrag überweisen soll.
Davon einmal abgesehen dürften auf Polen erhebliche Forderungen der Alliierten Siegermächte des 2. Wk kommen. Auch und vor allem von den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Aber auch von den damaligen Westalliierten.
Die Kosten, die den Alliierten für die Befreiung entstanden sind, sind ja beim 2+4-Vertrag verrechnet worden. Polen hat dabei definitiv mehr bekommen, als z.B. Tschechen und Slowaken. Polen bekam die deutschen Ostgebiete.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Atue001 »

H2O hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 17:35 ... Polen steht der Rechtsweg offen...
Welcher Rechtsweg denn genau? Mir wäre da keiner bekannt.

Die deutsche durchaus gut begründete Haltung findet man zum Nachlesen unter anderem hier: https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

In diesem Gutachten werden unterschiedlichste Aspekte der Reparationszahlungen betrachtet - doch unterm Strich bleibt es dabei, dass es keine wirklich überzeugende Rechtsgrundlage für Reparationszahlungen gibt. Deutsche Gerichte urteilen auch so - und vor welchem internationalen Gericht Polen klagen sollte, ist mir schleierhaft. Es stellt sich schon die Frage, welches Gericht überhaupt zuständig sein könnte....

Schwieriger als die Reparationsforderungen aus Polen sind für Deutschland die Ansprüche Griechenlands. Denn anders als Polen hat Griechenland nie seine Reparationsforderungen aufgegeben - und neben den Reparationen hat Griechenland auch noch Ansprüche auf die Rückzahlung von Kriegskrediten angemeldet. Letztere sind wahrscheinlich rechtlich zu halten - allerdings ist auch hier die Frage, welches Gericht ggf. zuständig sein soll. Die Rückzahlungsansprüche gegenüber Griechenland bewegen sich allerdings lediglich im zweistelligen Milliardenbereich - ob tatsächlich auch noch Reparationszahlungen geltend gemacht werden können, ist eher fraglich, weil auch hier gilt: Vor welchem Gericht.....
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Atue001 »

sünnerklaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 23:54 Davon einmal abgesehen dürften auf Polen erhebliche Forderungen der Alliierten Siegermächte des 2. Wk kommen. Auch und vor allem von den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Aber auch von den damaligen Westalliierten.
Die Kosten, die den Alliierten für die Befreiung entstanden sind, sind ja beim 2+4-Vertrag verrechnet worden. Polen hat dabei definitiv mehr bekommen, als z.B. Tschechen und Slowaken. Polen bekam die deutschen Ostgebiete.
Davon abgesehen gibt es eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung der UDSSR, dass sie die Reparationszahlungen für Polen von Deutschland aus mit abwickelt....und die UDSSR hat verzichtet. Selbst WENN, was höchst fragwürdig ist, Polen sich aus dem Verzicht rausreden könnte, müsste Deutschland darauf verweisen, dass sich Polen doch bezüglich der Ansprüche an die Rechtsnachfolger der UDSSR wenden soll.....

Denn mit der UDSSR wurde der 2+4-Vertrag geschlossen....und der sah keine anders lautende Regelung für das Thema mit der UDSSR vor.

Ich bleib dabei, unterstützen wir Polen darin, dass sie eine Billion von Russland fordern.....der Bullshit aus Warschau kann damit noch ausreichend Stoff für ein wenig Amusement bieten.....
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Atue001 hat geschrieben: Mittwoch 7. Dezember 2022, 00:05 Davon abgesehen gibt es eine völkerrechtlich verbindliche Erklärung der UDSSR, dass sie die Reparationszahlungen für Polen von Deutschland aus mit abwickelt....und die UDSSR hat verzichtet. Selbst WENN, was höchst fragwürdig ist, Polen sich aus dem Verzicht rausreden könnte, müsste Deutschland darauf verweisen, dass sich Polen doch bezüglich der Ansprüche an die Rechtsnachfolger der UDSSR wenden soll.....
...was in erster Linie bedeutet, dass sich Kaczynski an den Kreml zu wenden hat. Es steht nicht in Ds Verantwortung, wenn Polen von den Kreml-Kleptokraten betrogen wurde.
Und Polen steht damit nicht allein - auch die Westalliierten wurden vom damaligen Tyrannen und notorischen Lügner im Kreml betrogen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von JJazzGold »

Polens Würde ist, lt Äusserung des polnischen Vize-Aussenministers, käuflich.
Zwar überteuert, aber nichts desto trotz käuflich.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt

https://www.youtube.com/watch?v=9FBu2rVuXGI
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von schokoschendrezki »

Kohlhaas hat geschrieben: Dienstag 6. Dezember 2022, 13:21 Dem kann ich nur zustimmen. Allerdings kann ich nicht ausschließen, dass ich nur selektiv die "guten" Beispiele zu sehen bekomme. Meinem Eindruck nach ist die deutsch-polnische Aussöhnung auf einem ähnlich guten Weg wie seinerzeit die deutsch-französische.

Wie schonmal geschrieben, bin ich im Ruhrgebiet aufgewachsen. Da hatten "gute Deutsche" so Namen wie Wesalowski, Tscherschinsky und Mucha und schimpften über die "Pollaken". Das ist alles weg. Heute lebe ich im tiefen deutschen Binnenland (Hessen). Und wenn ich auf die polnischstämmigen Menschen in meiner persönlichen Umgebung schaue, dann kann ich keinerlei "kulturelle" Unterschiede mehr erkennen. Ich kann auch nicht erkennen, dass diese Leute irgendwelche kulturellen Brüche wahrnehmen. Es gibt im Prinzip keine Grenze mehr zwischen Deutschen und Polen.

Deshalb kann ich in keiner Weise nachvollziehen, wieso ein kleiner Giftzwerg wie Kaczynski sich genötigt fühlt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinem irrationalen Hass auf Deutschland Ausdruck zu verleihen. Das ist im Moment eines der größten Hemmnisse bei der europäischen Integration. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polen das wirklich wollen.
Es gibt schon noch und gab auch eine Trennlinie an der Oder: Und die betrifft den Katholizismus. Selbst zu sozialistischen Zeiten. Eine tiefe und verbreitete Gläubigkeit. Ich konnte das als junger Mensch bei Besuchen in Polen kaum glauben. Niederknien, Kniebänke. Innige Gebete einzelner Menschen irgendwo im Park. Oder heute eine der rigidesten Abtreibungsgesetze der Welt.

Und dann die Wahl des polnischen Papstes Johannes Paul II. 1978 war das. Diese Wahl markiert wirklich eine Jahrhundertzäsur in der politischen Weltentwicklung. Ist kaum zu überschätzen. Unter anderem deshalb war die Zeitenwende von 89/90 zutiefst konservativ geprägt.

Auf der anderen Seite: Die großstädtischen Bürgergesellschaften. Die IT-Startups und weltgewandten englischsprechenden jungen Leute. Diese Polarisierungen finden aber wahrscheinlich in vielen Ländern statt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

@ Schokoschendrezki:

Die wahrgenommene Trennlinie an der Oder ist aber eine Folge der Vertreibungen der alteingesessenen protestantischen Pommern und Ostpreußen... und des Einzugs von katholischen Polen aus Litauen, Belarus und der Ukraine. Hier schlägt sich die Zivilgesellschaft mit Übergriffigkeiten von "Geistlichen" gegenüber Schutzbefohlenen herum. Eltern melden ihre Kinder vom Religionsunterricht ab und wollen in Zukunft die Beichte Minderjähriger verbieten.

Das "strengste Abtreibungsgesetz der Welt" findet seine Grenzen an Grenzübergängen nach Tschechien, Deutschland, Skandinavien. Polen hat eine der geringsten Geburtenraten in der EU. Daran hat sich nichts geändert. Und viele junge Polen suchen ihre Zukunft weiterhin im Westen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

H2O hat geschrieben: Mittwoch 7. Dezember 2022, 17:41 @ Schokoschendrezki:

Die wahrgenommene Trennlinie an der Oder ist aber eine Folge der Vertreibungen der alteingesessenen protestantischen Pommern und Ostpreußen... und des Einzugs von katholischen Polen aus Litauen, Belarus und der Ukraine. Hier schlägt sich die Zivilgesellschaft mit Übergriffigkeiten von "Geistlichen" gegenüber Schutzbefohlenen herum. Eltern melden ihre Kinder vom Religionsunterricht ab und wollen in Zukunft die Beichte Minderjähriger verbieten.
So ähnlich hatte ich das auch eingeschätzt. Religion und Konfession spielen in Europa nicht mehr diese Rolle. Polen steht ja gewiss nicht unter einem christlichen "Mullah-Regime".

Wenn ich über die Rückgabe der "Ostgebiete" philosophiere, dann meine ich das auch gar nicht ernst. Die Grenzen sollen genau so bleiben wie sie jetzt sind. Es wäre nur die extremst mögliche Anwort auf diese ständigen Stänkereien von Giftzwerg Kaczynski. Neulich hat er rumgejault, dass Deutschland jetzt mit wirtschaftlichen Mitteln die "Dominanz" zu erreichen versucht, die es früher mit militärischer Gewalt angestrebt hat. Was sollten wir denn aber anders machen? Selbstauflösung? Deutschland zwischen Polen und Frankreich aufteilen? Was will der kleine Kacker überhaupt?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Kohlhaas hat geschrieben: Mittwoch 7. Dezember 2022, 19:54Was sollten wir denn aber anders machen? Selbstauflösung? Deutschland zwischen Polen und Frankreich aufteilen? Was will der kleine Kacker überhaupt?
Auflösung? Quatsch!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

Misterfritz hat geschrieben: Mittwoch 7. Dezember 2022, 20:03 Auflösung? Quatsch!
Heiliges römisches Reich deutscher Nation - am Besten das der Staufer :D
https://de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_ ... taufer.svg
Ah, okay, verstehe. Das wäre aus Kaczynski-Sicht zweifellos eine gangbare Lösung. 300 Jahre später hat sich das zwar als ganz schlechte Option erwiesen, aber das ist ja erstmal egal. Da hat man dann ja 300 Jahre Zeit....
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Der guten Ordnung halber möchte ich schon daran erinnern, daß in Polen sehr vernünftige und freundliche Menschen leben, die wir nicht verallgemeinernd verletzen sollten, weil da tatsächlich auch einige Leute ihre Geschichte neu erfinden und dann aus ihrer angemaßten ewigen Opferrolle nicht heraus finden.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Eiskalt »

H2O hat geschrieben: Donnerstag 8. Dezember 2022, 11:17 Der guten Ordnung halber möchte ich schon daran erinnern, daß in Polen sehr vernünftige und freundliche Menschen leben, die wir nicht verallgemeinernd verletzen sollten, weil da tatsächlich auch einige Leute ihre Geschichte neu erfinden und dann aus ihrer angemaßten ewigen Opferrolle nicht heraus finden.
Das stimmt. Nun im Herbst können die Polen die PiS ja zum Teufel jagen
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Eiskalt hat geschrieben: Sonntag 29. Januar 2023, 12:02 Das stimmt. Nun im Herbst können die Polen die PiS ja zum Teufel jagen
Am Wahltag werde ich sicher hoffnungsvoll am Radio hängen und die Ergebnisse verfolgen. Ich wünsche den Menschen hier einen mutigen Schritt "nach Westen" und in ein eng verbundenes Europa.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Eiskalt »

H2O hat geschrieben: Sonntag 29. Januar 2023, 20:27 Am Wahltag werde ich sicher hoffnungsvoll am Radio hängen und die Ergebnisse verfolgen. Ich wünsche den Menschen hier einen mutigen Schritt "nach Westen" und in ein eng verbundenes Europa.
Nach Osten geht für Polen auch schlecht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Eiskalt hat geschrieben: Sonntag 29. Januar 2023, 21:00 :)
Nach Osten geht für Polen auch schlecht.
Geographisch ist das schwierig :) ... obwohl der Sowjetunion ja die Westverschiebung Polens gelungen ist. :( Aber politisch ist leider einiges denkbar, was in der EU sehr sauer aufstoßen könnte.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Polen nähern sich gesellschaftspolitisch den Westeuropäern an! Sollte zum Thema POLEXIT passen... der dadurch sehr viel unwahrscheinlicher werden dürfte. Heute in der Gazeta Wyborcza:

https://biqdata.wyborcza.pl/biqdata/7,1 ... 1-L.1.duzy
  • Wir öffnen uns anderen... Immer häufiger können wir zustimmen
Otwieramy się na "innych", po raz pierwszy od 20 lat mamy na kogo głosować [EUROPEJSKI SONDAŻ SPOŁECZNY]
Sylwia Szołucha
3 lutego 2023 | 16:28
Otwieramy się na obcokrajowców, osoby LGBT, dostrzegamy zmiany klimatu i mamy wybór w sprawach polityki. Jak nasze opinie różnią się od opinii mieszkańców innych krajów? - poznaliśmy najnowsze wyniki Europejskiego Sondażu Społecznego.
  • Wir öffnen uns "Anderen", zum ersten Mal seit 20 Jahren können wir dem zustimmen (Europäische Gemeinschaftsumfrage)
    Sylvia Szołuchaq
    3. Februar 2023 | 16:28
    Wir öffnen uns Ausländern, Lesben, Schwulen, Bi-Sexuellen, Transvestiten: LBTS, erkennen die Klimaveränderung an und wir treffen unsere Wahl in politischen Angelegenheiten. Wie hat sich unsere Einstellung zu ausländischen Mitbürgern verändert? -erkennen wir neueste Ergebnisse einer Europäischen Gemeinschaftsumfrage
Die Gazeta Wyborcza hat die Umfrageergebnisse auf einige grundlegende Themen beschränkt:
  • 1. Meinung über Ausländer insgesamt zu 77% positiv; auf dem Lande immer noch zu 56% positiv!
    Damit gelangt Polen auf Augenhöhe mit Deutschen, Niederländern, Schweden und Spaniern.
    Weit weniger positiv aber sind Ungarn und Tschechen eingestellt: < 30 %

    Da vermutet die Gazeta Wyborcza die guten polnischen Erfahrungen mit ukrainischen Flüchtlingen als Anstoß zum Stimmungsumschwung, zumindest wenn die Fremden einem ähnlichen Kulturkreis stammen, werden Flüchtlinge in der unmittelbaren Umgebung nicht als befremdlich empfunden
  • 2. Die beobachtete Klimaveränderung erkennen etwa 80% als wichtiges Problem an.
    Stadt und Land unterscheiden sich darin unwesentlich.
  • 3. LGBT; hier gibt es noch deutliche Unterschiede zwischen Stadtbevölkerung und Landbevölkerung
    Für > 70% der Großstädter sind LGTB kein Stein des Anstoßes
    Diese Unverkrampftheit schrumpft auf < 50% neutraler Duldung auf dem Lande.

    Die Annahme an Kindesstatt von Kindern durch LGBT wird rundweg abgelehnt... < 24 % Zustimmung... sowohl von der Stadtbevölkerung als auch von der Landbevölkerung. Da verharrt Polen noch in Vorstellungen der traditionellen Konservativen.
  • 4. Politische Zustimmung zu Parteien: 45 % Land ... 55 % Stadt
    Erstmals seit 40 Jahren bekennen sich Polen offen zu "ihrer" persönlich bevorzugten Partei.
    Die Menschen haben offenbar keine Bedenken mehr, sich politisch zu bekennen, also keine Befürchtungen, dafür Nachteile einzugehen.
Die Umfrage wurde in Europa von der Europäischen Stiftung der Wissenschaften in 32 Ländern durchgeführt; in Polen hatte das "Instytut Filozofii i Socjologii Polskiej Akademii Nauk" (Institut für Philosophie und Soziologie der (polnischen) Akademie der Wissenschaften" hierfür eine Stichprobe von 2.000 polnischen Bürgern befragt.

Die Zumutungen der EU und Ansichten von westlichen EU-Bürgern sind den polnischen Bürgern inzwischen sehr bewußt geworden... haben sie veranlaßt, ihre typische Ost-Identität zu verlassen und sich stärker westeuropäischen Ansichten anzunähern. Der hier dargestellte polnische Blick auf Flüchtlinge darf aber nicht dazu verleiten, die sehr schroff ablehnende polnische Haltung in der Flüchtlingsfrage zu verdrängen, wenn es um deutliche religiöse und ethnische Unterschiede geht.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

In Polen sind offenbar besonders schlechte Zeiten für Menschen mit geringen Einkünften ausgebrochen: Die Einkünfte kleiner Rentner und Arbeitnehmer halten in keiner Weise Schritt mit der Geldentwertung, die im Bereich der Lebensmittel ungefähr 30% gegenüber 2021 beträgt. Ich selbst habe in 2021 einen Laib Roggenbrot für 7 PLN eingekauft... heute sind es 10 PLN.

So bietet eine Lodscher Bäckerei inzwischen Brot in Scheiben an... eine Scheibe 0,3 bis 0,5 PLN. Und es gibt Menschen, die dieses Angebot annehmen, sich 3 oder vier Scheiben Brot "gönnen". Wobei Butter meist entfällt... das 200 g-Paket kostet 6,99 PLN. Aber auch beim Aufschnitt ist Schmalhans Küchenmeister. Schweinebauch "boczek" 300 g 8 PLN. Wird auch an Fleischtheken in Scheiben verkauft.

Wenig verwunderlich, daß die Regierungsparteien mit dem erhofften Geldsegen durch "Reparationen aus Deutschland" die einfachen Leute gewinnen. Auf der EU herumtrampeln ("IV. Reich") und tüchtig kassieren... ein Merkmal der PiS-Regierungskoalition. Die Gazeta Wyborcza legt den Finger in diese Wunde!

Aber eine gute Nachricht gibt es auch: Der Straßentunnel unter der Swine hindurch in Swinemünde wird am Wochenende zum 18. Juni freigegeben. Das sehr große Bauwerk wurde zu 87% aus dem EU-Regionalfonds bezahlt. Damit bekommt Usedom eine schnelle Verbindung mit der Halbinsel Wolin; der Fährbetrieb bei Karsibór wird eingestellt. Eine Fähre im Gebiet des Hafens bleibt, verbindet für Fußgänger und ortsansässige Autofahrer die beiden Stadtteile.
  • Der Tunnel in Swinemünde praktisch fertig. Schon Meldung der Eröffnung.
Tunel w Świnoujściu niemal skończony. Pada data otwarcia przeprawy za blisko miliard złotych
  • Tunnel in Swinemünde fast fertig. Eröffnungsdatum der Unterquerung für fast 1 Milliarde PLN (210 Mio EUR)
Ähnliche Finanzierungsanteile hatte der Regionalfonds der EU auch an der Schnellstraße zwischen Stettin und Swinemünde. Der Nutzen der EU für Polen wird bei solchen Gelegenheiten sehr deutlich!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Tja, so ist die polnische Politik aufgestellt:

https://szczecin.wyborcza.pl/szczecin/7 ... B.1-L.4.zw
  • "PiS und der Tunnel in Swinemünde. Kein Wort zur Finanzierung durch die EU"
Całkowity koszt inwestycji to ponad 900 mln zł, z czego prawie 775,7 mln to dofinansowanie z Unii Europejskiej (85 proc.). Resztę dokłada Świnoujście z własnego budżetu.
  • Gesamtkosten der Investition fast 900 Mio PLN (200 Mio EUR), davon praktisch 775,7 Mio als Zuschuß der EU (85%). Den Rest hat Swinemünde aus seinem Haushalt beigesteuert.
Sicher, wer lesen kann, der wird die zugehörigen sehr großen Schilder nicht übersehen können, die an allen Ecken und Enden der Baustelle auf dieses EU-Projekt hinweisen. Aber von Warschau aus sind diese Schilder nicht zu erkennen; politisch ungeliebt und totgeschwiegen; als eigenes Verdienst "verkauft". Die PiS-Regierung Polens ist ein EU-Partner vom Feinsten!

Hoffentlich wird diese scheinheilige Truppe demnächst abgewählt! Die Opposition ist immer noch heillos zerstritten, aber zaghaft kommen doch schon Wahlbündnisse zustande.
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H2O
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Inzwischen sind die demokratischund freiheitlich gesonnenenn Polen aufgewacht. Sie mußten voller Schrecken erkennen, daß die PiS-Regierung beharrlich Gesetze erläßt oder zu erlassen versucht, die nicht mit der Mitgliedschaft in der EU und mit politischem Wettbewerb zusammenpassen.

Deshalb hat am Sonntag in Warschau eine riesige Demonstration gegen diese Versuche einer politischen Ostverschiebung stattgefunden... und in fast allen polnischen Großstädten wurde mit gleichere Themenstellung demonstriert. Die EU-Flagge spielte dabei eine wichtige Rolle... natürlich neben der polnischen Nationalflagge.

Die polnischen Oppositionsparteien müssen ihren Dauerstreit beenden und als zu wählende Gruppe auftreten.

Vielleicht findet Polen ja doch noch zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der EU und seinen Nachbarn in der EU zurück. Polen bewegt sich derzeit in seiner national aufwallenden Gefühlswelt der Regierung ziemlich deutlich im 19. Jahrhundert. Das Europäische Projekt spielt in Polens Regierung gar keine Rolle... das Europäische Projekt wird von der Regierungspartei als Versuch Deutschlands gewertet, ein Viertes Reich aufzubauen und feindselige Stimmungen zu fördern.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Ich hoffe, dass die EU dieses Gesetz schnellstmöglich einkassiert!
+++ 00:54 "Russische Einflussnahme": Abgeordnete beschließen in Polen Änderung von umstrittenem Gesetz +++
Nach heftiger Kritik aus Washington und Brüssel wird in Polen das Gesetz zur Einsetzung einer umstrittenen Untersuchungskommission zu "russischer Einflussnahme" noch einmal überarbeitet. Das von der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kontrollierte Abgeordnetenhaus brachte am Abend eine veränderte Version des Ende Mai verabschiedeten Gesetzestextes auf den Weg. Die neue Version hebt die vorgesehene zehnjährige Sperre von öffentlichen Ämtern auf, die für Menschen gelten sollte, welche nach dem Urteil der Kommission "unter russischem Einfluss" stehen. Diese ursprüngliche Regel richtete sich offensichtlich gegen die Opposition. Kritiker sahen darin unter anderem den Versuch der PiS-Partei, Oppositionsführer Donald Tusk vor der Parlamentswahl im Herbst politisch auszuschalten.
https://www.n-tv.de/politik/08-24-Zwei- ... 43824.html
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kölner1302 »

H2O hat geschrieben: Dienstag 6. Juni 2023, 01:08 Inzwischen sind die demokratischund freiheitlich gesonnenenn Polen aufgewacht. Sie mußten voller Schrecken erkennen, daß die PiS-Regierung beharrlich Gesetze erläßt oder zu erlassen versucht, die nicht mit der Mitgliedschaft in der EU und mit politischem Wettbewerb zusammenpassen.

Deshalb hat am Sonntag in Warschau eine riesige Demonstration gegen diese Versuche einer politischen Ostverschiebung stattgefunden... und in fast allen polnischen Großstädten wurde mit gleichere Themenstellung demonstriert. Die EU-Flagge spielte dabei eine wichtige Rolle... natürlich neben der polnischen Nationalflagge.

Die polnischen Oppositionsparteien müssen ihren Dauerstreit beenden und als zu wählende Gruppe auftreten.

Vielleicht findet Polen ja doch noch zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der EU und seinen Nachbarn in der EU zurück. Polen bewegt sich derzeit in seiner national aufwallenden Gefühlswelt der Regierung ziemlich deutlich im 19. Jahrhundert. Das Europäische Projekt spielt in Polens Regierung gar keine Rolle... das Europäische Projekt wird von der Regierungspartei als Versuch Deutschlands gewertet, ein Viertes Reich aufzubauen und feindselige Stimmungen zu fördern.
Kann sich Polen nach der Zeitenwende denn überhaupt einen Alleingang ohne EU leisten?
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Kölner1302 hat geschrieben: Samstag 17. Juni 2023, 10:01 Kann sich Polen nach der Zeitenwende denn überhaupt einen Alleingang ohne EU leisten?
Nun ja, als Geldquelle ist die EU unentbehrlich; aber das gemeinschaftsbildende Friedens- und Zukunftsprojekt EU ist nicht so gut verankert. Die immer wieder bestätigte hohe Zustimmung der Befragten zur EU (um die 80%) dürfte zur Hälfte auf den Mittelzufluß aus der EU zurückzuführen sein. Polen eines Tages als Nettozahler... unvorstellbar... leider!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben: Samstag 17. Juni 2023, 13:10 Nun ja, als Geldquelle ist die EU unentbehrlich; aber das gemeinschaftsbildende Friedens- und Zukunftsprojekt EU ist nicht so gut verankert. Die immer wieder bestätigte hohe Zustimmung der Befragten zur EU (um die 80%) dürfte zur Hälfte auf den Mittelzufluß aus der EU zurückzuführen sein. Polen eines Tages als Nettozahler... unvorstellbar... leider!
Letztenendes fußt die EU auf der staatlichen und kulturellen Tradition des Frankenreichs, des Römisch-Deutschen Reichs und eben Frankreichs. Polen gehörte da nicht einmal ansatzweise dazu, stellte, im Gegensatz zu Franzosen, Dänen, Schweden und Briten auch keine Reichsstände oder, wie im Falle Spaniens Kaiser im Römisch-Deutschen Reich. Tschechen, Slowenen und Italiener waren Teil des HRR, genauso, wie die Benelux-Staaten.
Aus dem HRR und dem Frankenreich hat sich die Rechtstradition abgeleitet, die, renoviert von Napoleon Bonaparte, die EU und diese Staaten bis heute charakterisiert. Ebenso wichtig war die Hanse, die gerade in Skandinavien und den Baltischen Staaten eine große Rolle spielte und ein verbindendes Band ist.
Westeuropäer haben im Laufe der Jahrhunderte viele Kriege gegeineinander geführt. Trotzdem gab und gibt sehr viel Verbindendes. Polen, das nur in kleinen Teilen Teil der K.u.K war, aber nie zum HRR gehörte, wirkt da irgendwie wie ein Fremdkörper. Und ich glaube, das spürt man in Polen. Irgendwie fühlt man sich nicht ganz wohl in der EU.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

sünnerklaas hat geschrieben: Samstag 17. Juni 2023, 21:22Und ich glaube, das spürt man in Polen. Irgendwie fühlt man sich nicht ganz wohl in der EU.
Aber so schlecht, dass man das Geld aus der EU nicht nehmen würde, fühlt man sich dann doch nicht in Polen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Aber bitte nicht vergessen, daß in Polen auch eine der EU sehr wohlgesonnene Minderheit lebt, nur leider sehr zerstritten. Halten wir dagegen: In der westlichen EU gibt es auch genügend viele Leute, die das Friedensprojekt ablehnen, chauvinnistisch nur den Vorteil ihres Landes auf Kosten der Gemeinschaft suchen, weitere Einigungsschritte empört abweisen. GB ist sogar ausgetreten.

In Polen geht dieser Riß (in sehr grober Näherung!) mitten durch das Land. Die Westgebiete und der Norden sind weitgehend pro, der Osten und Südosten weitgehend kontra. Eine weitere grobe Näherung: Die Landbevölkerung ist weitgehend kontra, die Stadtbevölkerung weitgehend pro. Die Landbevölkerung wurde aber hellwach, als es hieß, daß die EU Beihilfen zur Entwicklung der Landwirtschaft zurückfahren wollte. Das geht ja nun gar nicht!

Als überzeugter Unionsbürger hoffe ich auf die jüngere Generation, die die Möglichkeit hatte, den Westen kennenzulernen ohne den Hintergrund von Krieg und Not.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Mendoza »

sünnerklaas hat geschrieben: Samstag 17. Juni 2023, 21:22 Letztenendes fußt die EU auf der staatlichen und kulturellen Tradition des Frankenreichs, des Römisch-Deutschen Reichs und eben Frankreichs. Polen gehörte da nicht einmal ansatzweise dazu...

... da irgendwie wie ein Fremdkörper. Und ich glaube, das spürt man in Polen. Irgendwie fühlt man sich nicht ganz wohl in der EU.
Die EU ist eine Erfindung der Neuzeit
und hat mit den Staaten des Mittelalters überhaupt nichts zu tun. Ausserdem fühlt man sich in Polen bei einer Zustimmungsrate von 80% zur EU mit der Mitgliedschaft absolut wohl.
Zuletzt geändert von Mendoza am Sonntag 18. Juni 2023, 14:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Misterfritz hat geschrieben: Samstag 17. Juni 2023, 22:18 Aber so schlecht, dass man das Geld aus der EU nicht nehmen würde, fühlt man sich dann doch nicht in Polen.
Man steckt da in einem Dilemma: auf der einen Seite die finanziellen und wirtschaftlichen Vorteile. Auf der anderen aber ein System, das einem fremd ist.
Man schaue nur einmal nach Tschechien. Tschechien war stets Teil des HRR. Dort fremdelt man mit der EU und ihrem System bei weitem nicht so.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Mendoza hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 14:02 Die EU ist eine Erfindung der Neuzeit
Die Gründungsidee der EWG/EG beruhte auf der Tradition des Frankenreichs Karl des Großen.
Ausserdem fühlt man sich in Polen bei einer Zustimmungsrate von 80% zur EU absolut wohl.
Das erklärt nicht, warum die PIS-Regierung, die bei Wahlen eine Mehrheit errungen hat, gegen die EU ätzt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Mendoza »

sünnerklaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 14:05 Die Gründungsidee der EWG/EG beruhte auf der Tradition des Frankenreichs Karl des Großen...

Das ist doch völlig aus der Luft gegriffen. Die EU und das Frankenreich haben nur gemeinsam, dass die Gebiete eine gemeinsame Schnittmenge haben, sonst nichts.
Und die Polen stimmen alle 4 Jahre über die Besetzung des Sejm ab und nicht über die EU-Mitgliedschaft. Eigentlich sollte der Unterschied klar sein.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Kohlhaas »

sünnerklaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 14:03 Man steckt da in einem Dilemma: auf der einen Seite die finanziellen und wirtschaftlichen Vorteile. Auf der anderen aber ein System, das einem fremd ist.
Man schaue nur einmal nach Tschechien. Tschechien war stets Teil des HRR. Dort fremdelt man mit der EU und ihrem System bei weitem nicht so.
Du liegst falsch. Polen fremdelt nicht mit der EU. Nur die PiS-Regierung fremdelt. Mit HRR hat das alles überhaupt nichts zu tun. Das HRR war nie ein "integrierender Faktor" in der europäischen Geschichte. Der Kaiser sollte immer nur den status quo bewahren und die Reichtsstände vor "Übergriffen" durch andere Reichsstände schützen. Selbst das hat nicht funktioniert, wie die zahllosen Kriege innerhalb des Reichs belegen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von sünnerklaas »

Kohlhaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 15:32 Du liegst falsch. Polen fremdelt nicht mit der EU. Nur die PiS-Regierung fremdelt. Mit HRR hat das alles überhaupt nichts zu tun. Das HRR war nie ein "integrierender Faktor" in der europäischen Geschichte. Der Kaiser sollte immer nur den status quo bewahren und die Reichtsstände vor "Übergriffen" durch andere Reichsstände schützen. Selbst das hat nicht funktioniert, wie die zahllosen Kriege innerhalb des Reichs belegen.
Schau einmal, wo die PiS ihre Hochburgen hat...
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Christdemokrat »

sünnerklaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 16:05 Schau einmal, wo die PiS ihre Hochburgen hat...
Im Herbst sind Parlamentswahlen in Polen.

Nach den aktuellen Umfragen bliebe die PiS klar die stärkste Partei, müßte aber mit Verlusten bis zu 8 Prozent rechnen.
Die größten Gewinne sind nach den aktuellen Umfragen für die Partei "Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit" zu erwarten. Diese Partei fordert im Gegensatz zur PiS konsequent den Austritt Polens aus der EU. Sie würde je nach Umfrage auf bis zu 15 Prozent kommen und sich damit im Vergleich zur letzten Wahl mehr als verdoppeln.

https://de.wikipedia.org/wiki/Parlament ... e_Parteien

Es sieht so aus, daß viele ehemalige PiS-Wähler offenbar der Meinung sind, daß die PiS-Regierung sich von der EU zu viel gefallen läßt und nicht resolut genug gegenüber Brüssel auftritt.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

Christdemokrat hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 21:01Es sieht so aus, daß viele ehemalige PiS-Wähler offenbar der Meinung sind, daß die PiS-Regierung sich von der EU zu viel gefallen läßt und nicht resolut genug gegenüber Brüssel auftritt.
Zu viel von der EU gefallen lässt?
Haben die mal überlegt, dass sie ohne die Gelder der EU ziemlich am Arsch wären?
Im Gegensatz zu den Briten, die ohne die EU auch nicht gerade gut aussehen, wäre Polen echt verloren. Und Russland wollen sie sich ja sicher auch nicht an den Hals werfen.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Inzwischen holen die erwiesenermaßen europatauglichen Oppositionsparteien in Polen wenigstens Umfragen zufolge tüchtig auf. Der Regierungskoalition der PiS droht also der Machtverlust... denn mit dieser Regierungskoalition droht mittelfristig wirklich eine Drift nach Osten, ein Ende der offenen Schengengrenzen und der Teilnahme am Gemeinsamen Markt, den 4 Grundfreiheiten der EU. Wer uneingeschränkte Souveränität in einer Gemeinschaft mit gegenseitigen Abhängigkeiten leben will, der soll die Folgen dieser Art "Unabhängigkeit" auch zu spüren bekommen.

Hier sollte aber nicht verschwiegen werden, daß auch die "alte EU" durch begabte, fleißige polnische Mitarbeiter, Fernfahrer, Pflegepersonal, Ärzte, Erntehelfer tüchtig an Schwung gewonnen hatte. Auch diese Vorteile gingen dann gemeinsam verloren. Es lohnt sich also, um den Verbleib Polens in der EU zu werben... was aber nicht heißen darf, den Marotten der PiS freien Lauf zu lassen. Vielleicht wäre es eine gute Strategie, nur die Projekte in Gemeinden und Wojwodschaften zu fördern, die sich zustimmend zum Gemeinschaftsprojekt äußern und dementsprechende Beschlüsse fassen?

Nach rechtskräftigen Urteilen des EuGH gehen Polen wirklich schon beträchtliche Mittel aus der EU verloren. Vielleicht wäre es geschickter, die Klientel der PiS gezielt ins Visier der Fördermittel zu nehmen... denn die PiS rechnet sich diese Fördermittel als ihr Verdienst zu. Erarbeitet haben diese Fördermittel aber ganz anders gesonnene Europäer...
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Mendoza
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Mendoza »

Misterfritz hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 21:07 Zu viel von der EU gefallen lässt?
Haben die mal überlegt, dass sie ohne die Gelder der EU ziemlich am Arsch wären?
Im Gegensatz zu den Briten, die ohne die EU auch nicht gerade gut aussehen, wäre Polen echt verloren. Und Russland wollen sie sich ja sicher auch nicht an den Hals werfen.
Alles Theaterdonner. Die Polen werden einen Teufel tun um die EU zu verlassen. Das wäre fast so schlimm wie Krieg. Die Erinnerungen an die Zeit von vor 30-35 Jahren wo Polen noch den Lebensstandard Gabuns hatte, sind noch zu sehr in Erinnerung. Und sich Russland - Erzfeind No.1 - an den Hals werfen :p Guter Witz! Übrigens wäre ein Polexit auch für D ziemlich übel. inzwischen ist Polen fünftgrößter Handelspartner Deutschlands und die Bedeutung für uns wächst weiter.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Überraschend aus meiner Sicht: Die allseits hochgelobte Hilfs- und Aufnahmebereitschaft Polens für Opfer des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine... im wesentlichen Frauen und Kinder aus umkämpften Gebieten... bröckelt dahin. Angeblich machen ukrainische Frauen den Polinnen die polnischen Männer abspenstig, und natürlich sollen ukrainische landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht mehr ins Land gelassen werden. Das geht nämlich zu Lasten der polnischen Landwirte. Polen als Transitland für solche Güter? Das scheint an einer auf raschen Gewinn erpichten Schicht in Polen zu scheitern, die diese Lieferungen schlicht nach Polen umleitet.

Meine Beobachtung: In polnischen Supermärkten sind polnische Kartoffeln der Kartoffelgroßmacht Polen nur noch selten im Angebot. Deutsche, französische und niederländische Kartoffelbauern stehlen den Polen die Schau. Zur Beruhigung der polnischen Gemüter: Ich decke meinen Bedarf an Kartoffeln bei unseren pommerschen Kleinbauern... bin also mehr wirtschaftsbewußter Pole als die offenkundige Mehrheit der Käufer.

Und tatsächlich: Die Märkte "verzichten" ganz offensichtlich auf korrekte Herkunftsbezeichnungen der Lebensmittel. Die Gazeta Wyborcza berichtet von "Razzien" in Märkten, die wohl deftige Strafen nach sich ziehen sollen. Vielleicht lassen die angedrohten Strafen sich ja abbiegen mit einer namhaften Zahlung an dafür empfängliche staatliche Stellen. Man wird ja noch einmal einen Verdacht äußern dürfen...

Ähnliche Verfahren auch bei der Durchleitung von Zuwanderern aus Belarus; daran verdienen nicht nur einschlägige Kreise in Belarus, sondern ganz offenbar auch in Polen. Denn wer es auf polnisches Gebiet "geschafft" hat, der findet sich in kurzer Zeit an der polnisch-deutschen Grenze als noch nicht registrierter Flüchtling ein, den die Bundespolizei nicht zurückweisen darf. Selten habe ich von einem so dämlichen deutschen Gesetz gehört! Ich meine, daß die Bundesregierung in Warschau und in Brüssel im Gleichklang vorstellig werden sollte, um diesen Unfug zu beenden.

Ähm, die Zentrale der EU FRONTEX sitzt in Warschau, wenn ich mich richtig erinnere. Vielleicht muß sich die einmal an Ihre Aufgabe erinnern lassen? Oder wird diese internationale europäische Behörde von Polen an der Ausübung ihrer Aufgabe gehindert... dann wäre rascher Abzug der FRONTEX aus Warschau doch das Gebot der Zeit! Einen europäischen Wohlverhaltensquark braucht kein Mensch!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Vongole »

@H2O:
Polen wird seine Grenzen zu Belarus wohl schließen:
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 8#p5375918
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Vongole hat geschrieben: Freitag 4. August 2023, 22:27 @H2O:
Polen wird seine Grenzen zu Belarus wohl schließen:
https://www.politik-forum.eu/viewtopic. ... 8#p5375918
Tja, dadurch ändert sich dort... gar nichts. Der Grenzzaun besteht seit mindestens 2 Jahren; die Eindringlinge werden ja nicht etwa durch offene Grenzübergänge hindurchgewunken. Da verdient eine Kette von Schleppern unter der Hand viel Geld... und... fast möchte ich wetten: Mit stiller Duldung einflußreicher Kreise des Regierungslagers. Korruption nennt sich das Verhalten, nicht ganz unbekannt in den Staaten des ehemaligen Sowjetreichs.

Aus meiner Sicht wird es dringend Zeit, daß diese auf Streit mit allen Nachbarn und der EU eingeschworene Regierungskoalition abgewählt wird. Aber sicher ist dieser von mir ersehnte Machtwechsel wirklich nicht!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Misterfritz »

H2O hat geschrieben: Freitag 4. August 2023, 22:39 Korruption nennt sich das Verhalten, nicht ganz unbekannt in den Staaten des ehemaligen Sowjetreichs.
So ist das, wahrscheinlich sogar mit Duldung der Regierung.
Mit dem einen Finger auf den Mißstand zeigen, mit der anderen Hand das Schmiergeld kassieren.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Misterfritz hat geschrieben: Freitag 4. August 2023, 22:46 So ist das, wahrscheinlich sogar mit Duldung der Regierung.
Mit dem einen Finger auf den Mißstand zeigen, mit der anderen Hand das Schmiergeld kassieren.
Die Gazeta Wyborcza weist immer wieder auf solche Merkwürdigkeiten hin; wie weit sie damit die Mitbürger wachrüttelt, das ist schwer zu beurteilen. Das liberale Blatt erreicht gedanklich eben auch nur einen Teil der polnischen Bevölkerung, aber die Regierungsparteien haben sich mit dem katholischen Klerus und den polnischen Chauvinisten "ins Bett gelegt". Die geben sich beste Mühe, daß für die Regierungskoalition in Polen nichts "anbrennt". Eine ziemlich unheilige Allianz!
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von H2O »

Vielleicht muß ich meinen Ingrimm über feindselige Anmache ukrainischer Flüchtlinge in Polen doch bezähmen. Die Gazeta Wyborcza hat sich die Mühe gemacht, solchen Unmutsäußerungen in "sozialen Medien" nachzugehen und sie hat Umfragedaten unter einem Kollektiv von 1007 Polen aller Gesellschaftsschichten ausgewertet. Demnach gibt die Umfrage ein ganz anderes Bild.
https://biqdata.wyborcza.pl/biqdata/7,1 ... 1-L.1.duzy
  • Gegen Ukrainer gerichtete Propaganda blüht, platte Theorie
Fast 80% der Polen stehen ohne Wenn und Aber zur Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge; eine Minderheit unter 10% steht der Aufnahme ebenso entschieden ablehnend gegenüber. In den sozialen Medien treiben diese 10% ihren prorussischen Schabernack... so wie wir das ja auch aus deutschsprachigen sozialen Medien kennen: Der Gazeta Wyborcza zufolge zum Teil gedungene Russenknechte.

Aus meiner Sicht könnte die Gazeta Wyborcza aus politischer Überzeugung heraus falsch liegen... denn die Regierungskoalition um die PiS herum hat diese überraschende anti-ukrainische Wende übernommen; vermutlich um auch diese unglückseligen 10% in den bevorstehenden Wahlen für sich zu gewinnen. Da wünscht sich unsereiner in der Tat den Aufstand der Anständigen!

Dennoch muß man wohl sehr vorsichtig bei der Bewertung dieser unangenehmen Entwicklung zu Werke gehen.

Die russischen Dienste versuchen ja in fast allen "westlichen" Ländern die Gesellschaften zu spalten und sie so politisch zu destabilisieren. Und bauen in der sogenannten 3. Welt ihre ersehnten Einfußbereiche aus. Für die mit Gewalt politisch an die Macht gelangten Kreise ist das eine Art Lebensversicherung.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

Beitrag von Corghe »

sünnerklaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 14:05 Die Gründungsidee der EWG/EG beruhte auf der Tradition des Frankenreichs Karl des Großen.

Das erklärt nicht, warum die PIS-Regierung, die bei Wahlen eine Mehrheit errungen hat, gegen die EU ätzt.
So richtig hat die EU mit dem Druck auf Polen begonnen. Die PIS hatte nichts gegen die EU, wollte nur in Polen die Situation so umgestalten, dass sie möglichst für immer die Regierung stellt. Dazu die weitgehende Gleichschltung der Medien und der Justiz. Das passte der EU nicht und nach den Verträgen durfte auch auch nicht sein. So reagierte die EU nur sehr zaghaft und praktisch ohne wirkliche Wirkung. Neben der PIS hat Polen auch starke NGO's, Gegenspieler der PIS. Auf Grund der zaghaftigkeit der EU haben dies in Brüssel die EU wegen Untätigkeit verklagt und gewonnen. Nun war die EU gezwungen tätig werden wurde auh tätig. Das passte natürlich der PIS überhaupt und so ätzt sie gegen die EU und versucht im Land diese nicht nachgebenden NGO's ohne große Medeienwirksamkeit auszuschalten, was ihr aber nicht gelingt. Aber aus der EU will die PIS auf keinen Fall.
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Re: Polexit - Der Ausstieg Polens aus der EU

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sünnerklaas hat geschrieben: Sonntag 18. Juni 2023, 14:05 Die Gründungsidee der EWG/EG beruhte auf der Tradition des Frankenreichs Karl des Großen.
Das ist Quatsch.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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