Erasmus hat geschrieben: ↑Sonntag 22. Mai 2022, 13:57
Aktuell zeigt der Blick nach Australien wieder sehr schön die Kraft des Mehrheitswahlrechts und dessen Vorteile. Die alte Regierung ist abgewählt und der Verlierer tritt fair ab. Jetzt darf Labour etwas anderes ausprobieren, und wenn es nicht hinhaut, muss man wieder gehen und fertig.
Und ebenfalls angenehm ist, dass ehemalige PMs - siehe Theresa May in GB - sich wieder ohne großes Murren als einfache Abgeordnete einfügen und ihren Wahlkreis vertreten.
Es gibt nicht "das beste Wahlrecht"...... jedes Wahlrecht hat Vor- und Nachteile. In einem Mehrheitswahlrecht läuft es immer wieder auf eine Parteienlandschaft hinaus, die nur wenige Parteien (meist zwei) ermöglicht. Das bedeutet aber auch, dass die Meinungsbildung zu einem wesentlichen Teil INNERHALB der Parteien passieren muss - was dann ausserhalb parlamentarischer Prozesse stattfindet. Man mag das begrüßen - wenn man es einfach haben will. Nur - führt das zu einer besseren Politik?
Das Verhältniswahlrecht neigt dazu, dass es im Laufe der Zeit eine Parteienvielfalt generiert. Das kann ein NAchteil sein, insbesondere wenn Einigung am fehlenden Willen der Parteien scheitert. Dafür aber werden mehr Sichtweisen im Parlament um die beste Lösung kämpfen.
Eine vernünftige Lösung könnte sein, ein Zwei-Kammern-System zu haben, in dem eine Kammer nach dem Verhältniswahlrecht gewählt ist, und die zweite nach dem Mehrheitswahlrecht. Letzteres könnte den Bundesrat in der heutigen Form ersetzen.
Den Druck zur Konsensfindung könnte man erhöhen, indem die Verhältniswahlrecht-Kammer 2 Monate nach der Wahl eine Regierung stellen darf - gelingt dies nicht, geht das Recht zur Regierungswahl auf die 2. Kammer über.....
Das Mehrheitswahlrecht hat einige Nachteile, weil es im Einzelfall dazu führt, dass ein Kandidat, der nur eine größere Minderheit begeistert, die Wahlen gewinnt. Besser als das reine Mehrheitswahlrecht ist deshalb das Präferenzwahlsystem - das führt dazu, dass der Kandidat das Rennen macht, der für die Mehrheit der Wähler gerade noch akzeptabel ist - also ein echter Konsens.
Das Präferenzwahlsystem wäre aber auch eine gute Ergänzung beim Verhältniswahlrecht, solange wir so etwas wie die 5%-Hürde kennen. Es würde dort bedeuten, dass die Stimmen der Wähler der Parteien, die an der 5%-Hürde scheitern, nicht verloren gehen, sondern ggf. deren zweite oder auch dritte Präferenz gezählt wird und das Wahlergebnis näher an den eigentlichen Wählerwillen bringt.
Doch so schön wie das Präferenzwahlsystem ist - auch das hat Nachteile - es neigt dazu, dass keine starken Kandidaten sondern eher Kompromisskandidaten gewählt werden......das KANN (muss aber nicht) zu schwachen Regierungen führen.
Jedes Wahlsystem hat seine Vorzüge und seine Nachteile. Nur - wer hat denn gesagt, dass Demokratie einfach ist?