schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Nov 2021, 11:20)
Ja. Aber diese absoluten Zahlen ändern doch nix daran, dass es sich um eine Warenbeziehung handelt. Im Gegenteil. Der Preis der Ware Arbeit ist in Deutschland unter anderem deshalb so hoch, weil qualifizierte Mitarbeiter totale Mangelware sind. Goldstaub sozusagen. Etwas das rar ist, wird in einer Warenbeziehung automatisch auch teuer.
Denkt man, aber so läuft es auf dem Arbeitsmarkt seit langem oft nicht mehr. Zwar wird gerne von einem Mangel an Facharbeitern gesprochen, aber m.E. wenig effizient gegen einen solchen unternommen. Er wäre dann auch, dort wo es ihn real gibt, hausgemacht. Sprich Unternehmen, die Probleme haben geeignetes Personal zu finden, haben dann möglicherweise zu wenig ausgebildet und/oder bieten zu wenig gute Arbeitsbedingungen (gerade beim Lohn).
In Deutschland hat sich eine Ideologie durchgesetzt, die Arbeit zum Selbstzweck erklären will und den Lohn als Gegenwert dieser Arbeit wie eine Nebensache behandeln will. Es ist absurd, wenn z.B. in Ausschreibungen eine gefüllte Obstschale und Drinks for free als putzige, aber nun eher uninteressante Benefits beworben werden, sich aber kein aussagefähiges Wort betreffs der (meist vom AG sehr konkret angedachten) Lohnfindung finden lässt. Lohn, besonders ein guter Lohn wird meist tabuisiert und soll auch für die AN weniger wichtig sein. Das hat mit einer halbwegs fairen Marktwirtschaft nichts zu tun.
Ich würde ganz subjektiv aber sagen: Wenn ich auf einen Wochenmarkt gehe und Gemüse kaufe ... ich denke, die Händler setzen den Preis so niedrig an, dass sie das Zeug loswerden und so hoch, dass sie damit auch selbst etwas verdienen. Und dass sie noch Standgebühren bezahlen können. Das sehe ich nicht als "Kapitalismus" an. Das hat doch wahrscheinlich auch im Mittelalter so funktioniert. Beim Preis eines Apple PCs im Mediamarkt sieht das irgendwie anders aus. Marx schreibt im Kapital (Abschnitt "Das Geld oder die Warenzirkulation") wörtlich von der "Möglichkeit quantitativer Inkongruenz zwischen Preis und Wertgröße" und ein Stück weiter, dass "der Preis überhaupt aufhört, Wertausdruck zu sein". Und sodann von der "Transsubstantiation" (schönes Wort ...) der Ware. Der PC ist nur noch das Äquivalent zu seinem Preis in Euro oder Dollar. Dass ich ihn natürlich real einschalten und nutzen kann, hat nur wenig damit zu tun, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse primär aus diesen Warenverwertungs-Strukturen herleiten. Das ist Kapitalismus. Und das ist etwas, wo gerade der Mensch mehr und mehr "raus" ist. Der Kapitalismus ist eine Maschine.
Kapitalismus kann verschiedentlich funktionieren. Grundsätzlich ereignet sich hier der Einsatz von Kapital um ein Geschäft bzw. eine Wirtschaftsaktion zu tätigen. Das kann aber mit unterschiedlichen Präferenzen erfolgen. In fast allen Fällen möchte derjenige, der hier sein Kapital einsetzt, dieses erhalten und im Wert vermehren. Es kommt dann darauf an, wie diese Wertsteigerung quantitativ und qualitativ veranlagt sein soll. Da zeigt sich jedoch bei der geschichtlichen Betrachtung dass meistens im Kapitalismus auf Profitmaximierung (also eine oft nur quantitative Wertsteigerung) gesetzt wird und das kann zwei grundlegende Probleme bereiten:
a) die Interessen von Natur, Mensch und Tier kommen zu kurz
b) die beständige Kapitalerweiterung verlangt auf der Suche nach immer weiteren Profit nach immer neuen und ausgeweiteten Anlageformen (Fetisch Wirtschaftswachstum), das verschärft Problem a).
Das führt dazu, dass wie du schreibst der Mensch mehr und mehr "raus" ist, zumindest die Menschen, die ohne Kapital dastehen. Die interessieren nicht, nur mehr als Konsumenten und williges bitte billiges Humankapital. Der Kapitalismus ist zwar vom Menschen gemacht, aber da zu viele Menschen sich seiner Systematik unterordnen, agiert er als Selbstläufer wie eine Maschine. Eine Masse Mensch hoppst in seinen Hamsterrädern mit, der Rest fliegt raus. Und diejenigen, die über Kapital und damit Kapitalmacht verfügen, zeigen oft kein Interesse den Kapitalismus menschenfreundlich zu gestalten (das würde nämlich deren Profit reduzieren. So schaltet der Kapitalismus von einem Turbo zum nächsten. Bis mal wieder alles auseinanderfliegt. Der Mensch ist scheinbar zu doof aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen wo dieser Mist schon soundso oft passiert ist.