Politics hat geschrieben:(17 Dec 2019, 09:01)
Wer bestimmt denn darüber, wer die größten und brutalsten Folterknechte dieser Erde sind?
Zum Beispiel Amnesty International. Da werden von verschiedensten Leuten Informationen zusammengetragen, auch von Überlebende der Folter oder Geflüchteten, und überprüft ob sich Aussagen decken.
https://de.qantara.de/inhalt/folter-in- ... enen-nr-72
https://www.zeit.de/politik/ausland/201 ... sad-regime
https://www.stern.de/politik/ausland/sy ... 63470.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Folter_w% ... gerkrieges
https://www.disorient.de/blog/sie-ergre ... -syrischen
Ich fragte den Verhörer, wo es hinginge. Er sagte: nach Hause. Ich wusste aber, dass er log. Früh am Morgen brachten sie mich in einen Bus, zusammen mit anderen Leuten, gegen die die gleiche Anklage – Gründung oppositioneller Zellen zum Ziel des Regimesturzes – erhoben wurde. Niemand kannte unser Ziel. Der Weg war bergig. Ich wusste einfach nicht, wohin es geht, bis wir isoliert in unseren Einzelzellen landeten.
Als wir dort ankamen, wurden wir schlimmer gefoltert als beim Geheimdienst, und das den ganzen Tag lang. Dabei ist es ja eigentlich das Ziel von Folter, Informationen zu gewinnen. Aber gleich der erste Tag glich einem Foltermassaker. Sie folterten uns drei, vier Mal hintereinander. Niemand wurde ausgelassen, sie ließen niemanden ruhen. In diesem Augenblick wussten wir, dass wir in Sednaya gelandet waren.
Sie steckten uns in Einzel- und Isolationszellen. Die Folter dauerte lange. Der Geheimdienst folterte uns etwa vier Monate lang jeden Tag. Selbst, wenn wir gerade nicht selbst gefoltert wurden, konnten wir immer die Stimmen unserer Mithäftlinge hören. Die Schreie und Foltergeräusche waren allgegenwärtig.
Es war nicht so, dass jeder ständig gefoltert wurde. Manchmal warfen sie jemanden in eine Einzelzelle, die meiste Zeit gefesselt und die Augen verbunden. Jedes Mal, wenn die Wärter die Tür öffneten – zwei oder drei Mal am Tag – um uns Essen zu geben, einmal morgens und einmal mittags, schlugen sie uns. Sie schlugen uns auf den Kopf oder ins Gesicht, wo sie eben trafen. Das war normal. Sie gingen mit den Gefangenen schlimmer um als mit Vieh.
Wenn sie die Tür öffneten, dann verlangten sie, dass man aufsteht und sein Gesicht zur Wand dreht. Dann traf einen der Schlag von hinten. Manchmal trafen mich zehn Schläge von drei verschiedenen Seiten. Die Folter war allgegenwärtig. Wenn du extra zur Folter abgeholt wurdest, dann war das eine andere Sache. Aber die Folter blieb auch so allgegenwärtig. In Sednaya haben sie auch Menschen in Reifen gesteckt und gerollt. Es war grausam.
Ich erinnere mich an eine Person, die den Spitznamen „Zeer“ trug und besonderen Spaß an der „absoluten Folter“ hatte und für die Flugsicherheit arbeitete. Er hat die Leute so gefoltert, dass sie sich nicht wieder erholen konnten. Foltern ist sein Beruf. Er hätte die Leute auch einfach sofort umbringen können, ihm ging es aber darum, dass sie allmählich durch Folter sterben. Er war nicht mal besonders enthusiastisch beim Foltern – denn solche Leute gibt es definitiv auch.
Ich erinnere mich an einen, der sehr leidenschaftlich beim Foltern war. Er ließ mich nur in Unterhose an der Decke aufhängen und malträtierte mich mit Stromschlägen. Erst ganz schwach, dann immer stärker. Es war deutlich, dass es ein Spiel für sie war und sie sehen wollten, was passiert, wenn sie einen Menschen mit 60, 70, 80 oder mehr Volt einen Elektroschock versetzen. Bei Wenigen hatte ich das Gefühl, dass sie es hassen, zu foltern. Das Abartigste war die sogenannte „Feier der Massenverrücktheit“. Da wurden sie zu Tieren. Sie folterten alle Gefangenen dann einfach als Gruppe.
Es gibt eine Foltermethode, bei der Körper und Kopf auf den Boden gelegt und dann mit einer Metallstange geschlagen werden. Das verursacht nicht nur innere Blutungen. Ein Schlag auf den Kopf verursacht letztlich den Tod. Sie haben meinen Cousin festgenommen und es offensichtlich darauf angelegt, ihn umzubringen – nicht einfach nur zu foltern.
Sie haben ihn zwei Tage lang geschlagen. Immer, wenn sie ihn schlugen und er noch atmete, haben sie ihn gefragt „Bist du Bruder einer Hure immer noch nicht tot? Bringt mir noch ein Kabel.“ Dann haben sie ein Kabel geholt, und auf seinen Kopf eingeschlagen. Die Brutalität war unglaublich. Es ging ihnen nur darum, ihn brutal umzubringen. Am dritten Tag wurde er dann weggetragen, weil er tot war.
Die Wachkräfte sahen uns während ihrer Patrouillen. Sie sahen, wie ich redete und sich um mich herum eine Traube gebildet hatte. Kurz darauf wurde ich von den Wärtern aus der Zelle geholt und angeschrien, warum ich es wage, mit den anderen zu sprechen. Nach etlichen Schlägen sperrten sie mich ich in eine Einzelzelle. In der Nacht holten sie mich und die anderen. Einer der Wärter wurde mit unserer Folter beauftragt.
Er befahl uns, uns auszuziehen und rauszugehen. Da die drei von der Hizb al-Tahrir al-Islami lange nicht gefoltert wurden, meinte einer von ihnen, dass er den Leiter der Abteilung sehen will und nicht einfach einen Befehl ausführe, der der persönlichen Laune eines Wärters entspringt. Der Wärter ist ausgerastet und hat den Mann ins Gesicht geschlagen. Der Mann hat zurückgeschlagen. Das schaukelte sich dann hoch, und auf einmal fanden wir uns in einer Schlägerei mit einigen der Wärter wieder. Das ging etwa eine Stunde lang so.
Danach sind sie raus und wir blieben drinnen in der Einzelzelle, die ja nur 4 mal 4 Meter groß ist. 27 Menschen waren da drin. Dann kamen der Direktor des Gefängnisses und Offiziere, um mit uns zu reden. Sie haben mit uns gesprochen und uns garantiert, wenn wir uns nur die Handschellen anlegen ließen, dann würde alles gut werden. Er garantiere uns, dass uns keiner zu nahekomme. Wir willigten ein und sie haben uns die Handschellen angelegt, im gleichen Moment ist der Direktor abgezogen.
Dann wurden wir so sehr geschlagen, dass Muhammad Arwa Khallaf, einer der drei, gestorben ist. Er wurde nur 32 Jahre alt. Derjenige, der dem Wärter widersprochen hatte, kam ins Krankenhaus. Ich habe ihn danach nicht mehr wiedergesehen. Sie haben voller Rache auf uns eingeprügelt. Sie bringen doch sowieso schon Leute um, also warum nicht auch, wenn man es gewagt hatte, sie zu schlagen?
Sie haben uns nicht einfach nur geschlagen, sie haben untereinander gestritten, wer uns als nächstes mit dem Kabel verprügeln darf. Sie haben uns aufgehängt, an den Händen, dann an den Füßen. Sie wussten gar nicht richtig, wie sie uns am besten schlagen sollten. Ich blieb zweieinhalb Tage an meinen Händen aufgehängt. Ich war der Jüngste in der Gruppe und auch körperlich in der besten Verfassung. Einer starb, zwei weitere hatten alle Knochen gebrochen. Ich und Mustafa Hamze waren die einzigen, die das einigermaßen überstanden haben. Mustafa Hamze war der Präsident der Hizb at-Tahrir al-Islami und schon etwas älter. Ein Mann starb direkt neben mir.