Skeptiker hat geschrieben:(16 Oct 2019, 22:40)
Was Du nicht sagst ...
Selbstverständlich soll jeder auch frei seine Meinung zu der Meinung des anderen sagen. Es liegt mir fern da irgendetwas verbieten zu wollen. Mir geht es um den allgemeinen Umgang der Menschen innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit. Die hat ganz wesentlichen Einfluss auf die Affekte der Leute, die mental schon außerhalb der Grenzen leben.
Nö, im Klartext "Du verstehst nicht die Intention dieses Stranges"
Es gibt himmelweite Unterschiede darin wie man innerhalb des gleichen gesetzlichen Rahmens miteinander umgeht. Das nennt sich demokratische Kultur - und die findet sich nicht in den Gesetzesbüchern. Umgekehrt findet die vorhandene oder nicht vorhandene demokratische Kultur irgendwann seinen Weg in die Gesetzesbücher. Mein Eindruck ist, dass wir aktuell vom demokratischen Geist unser Vorfahren leben, der für die nächsten Jahrzehnte aber nicht mehr reichen wird.
Ja, sehe ich auch so. Die wackeren Kämpfer gegen Links möchten sogar den Widerspruch einhegen, den demokratischen Charakter des Streits, des vehementen Widerspruchs als undemokratisch umlabeln. Aus noblen Motiven heraus, natürlich. Es gehe um Lebendigkeit, politische Inklusion - Teilhabe sei das Ziel. Teilhabe um der Teilhabe willen allerdings. "Jeder Mensch" solle sich wiederfinden, was nichts anderes als die Nivellierung der bestehenden, geteilten Grundannahmen und Werte bedeutet. Wer Ansichten vertritt, die eklatant der Menschenwürde widersprechen; die die Gleichwertigkeit der Menschen abstreiten und angreifen; die ein autoritäres Regime evozieren - wer solche Ansichten vertritt, ist völlig zu Recht außerhalb des politischen Prozesses. Es gibt keine gemeinsame Basis, keinen gemeinsamen Grund, auf dem man da streiten könnte. Du nennst es Stigmatisierung, wenn antiliberale Ansichten ausgegrenzt und benannt werden, ich nenne es konsequent. Alles andere bedeutet die Aufweichung der Demokratie, um deren Erhalt du dich ja vorgeblich sorgst. Es ist Teil der demokratischen Kultur, Grenzen zu ziehen. Keine Toleranz der Intoleranz - schon mal gehört?
Da Du ja fast alle meine Aussagen missverstehst, nehme ich Dir selbstverständlich nicht übel, dass Du hier solch infame Interpretationen in den Raum stellst. Das scheint Standard zu sein.
Missverständnis? Das war dein Strangaufhänger. Du nimmst den Anschlag in Halle, um darüber nachzudenken, dass Bündnisse gegen Antisemitismus der falsche Weg seien. Du möchtest die Antisemiten integrieren. Da liegt kein Missverständnis vor. Welche Konsequenzen daraus erwachsen, ignorierst du wie üblich einfach, schmollst stattdessen über "infame Interpretationen" und schweigst dich darüber aus, was du denn konkret damit meinst. Warum sollten Extremisten von Gewaltanwendung absehen, wenn nicht aus dem Grund, dass ihre radikalen Ansichten, die sie sonst zur Gewalt treiben könnten, als legitime politische Position begriffen werden, die sie mit politischen Mitteln erreichen können? Wie infam, deinen Standpunkt mal weiterzudenken. Deine restliche Texttapete überdeckt nur ein auf einer Wiese stehendes Gerüst. Du monierst konkret die "Kampfphilosophie", aber kannst dem nichts konkretes entgegenhalten. Keine Lösung, nur Gelaber, das keine Antwort auf deine eigene Frage bietet.
Nein, ob Du es glaubst oder nicht, aber ich denke, dass es tatsächlich möglich ist eine Gesellschaft zu haben, in der jeder Mensch frei seine Meinung sagen kann und dennoch niemand Angst haben muss von Extremisten getötet oder seiner beruflichen Existenz beraubt zu werden.
oh, ach? Das ist schön.
Der Schlüssel dafür liegt in meinen Augen in der demokratischen Kultur. In einer (meinungs-)toleranten Gesellschaft würden Sachfragen unemotional und frei von ideologischen oder aufgesetzt moralischen Hintergründen diskutiert. Das hinterlässt Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, aber nicht gute und schlechte Menschen. In den Debatten der letzten 10-20 Jahre hat es kaum ein Thema gegeben, welches nicht emotionalisiert wurde und als Kampf gut gegen böse hochstilisiert wurde.
Viele Themen sind natürlich hochemotional, viele aber eben auch nicht. Emotion ist dabei sehr oft, so wie Angst, ein schlechter Ratgeber. Gerade in der deutschen Mentalität scheint die Emotion, mehr noch die moralische Ebene, aber immer attraktiver zu werden. Auf der gefühlt richtigen Seite der Moral zu stehen scheint sich zu einer Art Joker in der Diskussion zu entwickeln. So kann man einfach ein paar infame Behauptungen in den Raum stellen ("Kritiker der Migrationspolitik wollen Menschen im Meer ertrinken lassen") und die Diskussion ist tot, der Gewinner steht fest. Vollkommen klar, dass man dann Moral als Hebel einsetzt, vollkommen normal aber auch, dass es auf dem anderen Ende des politischen Spektrums zu einer Gegenreaktion kommt. Das ganze nennt sich Polarisierung.
Wenn dich das so stört, warum tust du das dann ständig? Warum sind dann deine Texte immer von emotionalisierenden Begriffen und Bildern durchtränkt? Warum polierst du dann deine Moralkeule mit einem Öltuch auf Hochglanz? Diktatur! Totalitarismus! Die Waggons rollen wieder! Demokratiesterben! etc. Und hinter all dem steht keine Analyse. Es ist ein einziger Anwurf gegen alles, was du für links hältst. All das entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als bloße Polemik.
Du sagst, Emotionalisierung sei ein neues Problem? Holy shit, kennst du die Kriegsbegründungen des 19.Jahrhunderts?
Die haben uns beleidigt!, in vielen Variationen. Lass es mich so sagen: Heute wird mit Leidenschaft gestritten und kühlem Kopf entschieden, früher war's andersrum. Der Pointe wegen.
Moralische Ebene? Ja, die finde ich auch bei der Unterstellung, Menschen würden in gut oder schlecht sortiert, ja, seit zwei Dekaden sei das schon so! Was für ein moralisierendes Gewäsch, das die politische Ebene vergessen machen will. Als spielte es keine Rolle, wer was sagt. Als würden politische Ansichten von (moralischen) Urteilen zu trennen sein. Das war noch nie so. Jegliche Äußerung färbt auf den Äußernden ab. Das ist allerdings auch nur eine Schattierung in einem facettenreichen Bild. Die Totalisierung, die äußerste Zuspitzung ist doch die eigentliche Moralisierung. Die Ansicht, wonach eine Einteilung der Menschen in gut oder böse aufgrund politischer Ansichten stattfände, offenbart einerseits eine unreife (die Welt ist nicht binär) und andererseits eine totalitäre Weltsicht, nach der zwischen der öffentlichen und privaten Person nicht zu unterscheiden sei. Die Moralisierung liegt hier in dem
Vorwurf der Moralisierung - und sie macht sich aus dieser totalitären Weltsicht unangreifbar - jedes harte Widerwort, jedes Hinweisen auf Konsequenzen von (Nicht-)Handlungen wird als existenzzerstörend gedeutet, sei moralisierend und nicht sachbezogene Antwort. Demokratische Kultur ist für dich demnach eine ohne Meinungsäußerungen, die du für moralisierend hältst.
Deswegen nehme ich deine Beiträge auch nicht ernst, denn so sind sie ja nicht gemeint.
Jeder sollte sich mal vor Augen führen wer das gefährdetste Opfer einer aggressiv aufgeladenen polarisierten Gesellschaft ist. Es ist selbstverständlich immer die Minderheiten auf die Extremisten ihren Hass projizieren. Bedeutet also: Sachlicherer und fairerer Umgang der Menschen miteinander innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit, darüber hinaus staatliche Konsequenz in der Repression von Meinungskundgebungen außerhalb der Grenzen der Gesetze. Das entzieht den Rändern das jeweilige Opferfundament auf dem sie aufbauen. Einige wenige Extremisten kann man dann immernoch nicht verhindern, aber das Risiko eines Anschlages wäre dramatisch geringer als in einer Gesellschaft mit breiten Rändern und hohem Affekt.
Und was heißt das konkret? Wie gestaltet sich konkret ein sachlicher und fairer Umgang mit jemanden wie dem Attentäter von Halle (Gewaltfreiheit angenommen)? Wie stellst du dir konkret die Einbindung solcher Gestalten, genauer: solcher Gedankenwelten in den politischen Prozess vor? Worüber möchtest du denn mit solchen Leuten reden? Möchtest du über die Vormachtstellung der Juden in der Welt Argumente und Gegenargumente austauschen?
Und bevor die alte Leier kommt: das sind weder "infame Interpretationen" noch "diffamierende Unterstellungen" oder was weiß ich nicht alles. Ich werfe dir nicht vor, das persönlich zu wollen, ich werfe dir vor, das politisch zu wollen. Wie du persönlich dazu stehst: keine Ahnung.
Das ist nur die Antwort auf die "Frage" deines Eingangsbeitrags
"Ist das der richtige Weg?": Keine Ahnung, ob es richtige Wege gibt, aber es gibt definitiv die falschen.