Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Moderator: Moderatoren Forum 1

z4ubi
Beiträge: 308
Registriert: Dienstag 22. September 2015, 20:32

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von z4ubi »

franktoast hat geschrieben:(20 Aug 2019, 17:38)

Wie du schon sagst. Du kannst eine noch so tolle Geld- oder Verteilungspolitik betreiben. Wenn die Rentner zB. 30% der Konsumgüter haben wollen, dann muss die erwerbstätige Bevölkerung auch 30% ihrer hergestellten Güter an die Rentner abgeben. Und das kann man sich dann eben ausrechnen. 10% der Güter bekommen die Kinder, 20% der allgemeine Haushalt (Sicherheit, Straßen etc.) 30% die Rentner und 40% verbleiben dem Erwerbstätigen.

Wenn die Rentner nun einen immer größeren Kuchen von der Konsumgüterproduktion abhaben will, dann bekommen die Ewerbstätigen und Kinder eben entsprechend weniger. Und das ist eben Physik, keine Politik.
Auch die private Vorsorge kann dieses "Verteilungsproblem" nicht lösen. Ob die Rentner via privater Vorsorge, Steuergelder, Beitragszahlungen oder Staatsverschuldung mehr vom Kuchen abbekommen, ist geldpolitisch erst einmal egal. Zum Teil wird es eben dann politisch, wenn es darum geht, welcher dieser Wege beschritten werden soll.
Ich denke, hier geht es ja primär nicht darum, in welchem Verhältnis verteilt werden soll, sondern schlicht darum, wie der Teil, der den Rentnern zukommt finanziert werden kann.
Atue001
Beiträge: 4375
Registriert: Freitag 2. August 2019, 00:00

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(20 Aug 2019, 17:38)

Wie du schon sagst. Du kannst eine noch so tolle Geld- oder Verteilungspolitik betreiben. Wenn die Rentner zB. 30% der Konsumgüter haben wollen, dann muss die erwerbstätige Bevölkerung auch 30% ihrer hergestellten Güter an die Rentner abgeben. Und das kann man sich dann eben ausrechnen. 10% der Güter bekommen die Kinder, 20% der allgemeine Haushalt (Sicherheit, Straßen etc.) 30% die Rentner und 40% verbleiben dem Erwerbstätigen.

Wenn die Rentner nun einen immer größeren Kuchen von der Konsumgüterproduktion abhaben will, dann bekommen die Ewerbstätigen und Kinder eben entsprechend weniger. Und das ist eben Physik, keine Politik.

Ich erachte es als sinnvoll, die Motivation der derer nicht zu beeinträchtigen, die den Kuchen herstellen. Als sinnvoll halte ich auch, dass die durchschnittliche Rentenbezugsdauer nicht steigt. Bedeutet: Wenn die Lebenserwartung um 1 Jahr steigt, sollte die Regelrente auch erst ein Jahr später beginnen. Eine private Vorsorge kann dann auch dazu dienen, bei Wunsch, einige Jahre bis zur Regelrente zu überbrücken. Ich hab das zB. vor.
Sorry, aber diese Aussage kann man so nicht stehenlassen. Den "Kuchen" stellen in aller Regel vor allem Maschinen her - und oft genug würden andere auch gerne "den Kuchen" herstellen, bekommen aber die Stelle nicht.
Es gibt Forschungen dazu, dass zuviel Gleichmacherei die Leistungsbereitschaft senkt.
Es gibt aber inzwischen auch Forschungen dazu, dass zuviel Unterschiede ebenfalls Volkswirtschaftlich schädlich wirken.

Aufgabe der Politik ist es, eine Balance im Staat so herzustellen, dass die, die Leistung bringen wollen und können, dies auch tun. Dafür dürfen sie auch ein größeres Stück vom Kuchen haben. Nur - maßvoll muss es dann schon sein! Wenn das BIP um 3% steigt, kann es nicht sein, dass die Einkommen einer kleinen Gruppe um 30% steigen - das ist in sich nicht stimmig. Und gerade am oberen Ende langt man schon gerne auch mal kräftig zu - oft sogar dann, wenn dem keine Leistung gegenübersteht, weil Gehälter schlicht und einfach nicht nach Leistung bezahlt werden, sondern nach Angebot und Nachfrage - und das dann in der Regel noch nach angenommenem Potential, was aber nicht wirklich kommen muss. Hohe Abfindungen für Manager, die Unternehmen nah an den Abgrund gefahren haben, sind dann keine Seltenheit.

Eine Leistung haben auch all die gebracht, die "Schwarz" gearbeitet haben, also keine Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt haben. Trotzdem gehen sie dann mit der Grundsicherung in Rente. Andere waren angemeldet, und bekommen bei zu wenigen Einzahlungen auch die Grundsicherung. Wie fair ist das denn? Leistungshemmend ist es Gewiss.

Wenn GEHALT die einzige Motivation ist, dann sollten wir die, die danach arbeiten, sofort entlassen. DAS sind in aller Regel die schlechtesten Mitarbeiter - und gerade nicht die Leistungsträger.

Die Rentenbezugsdauer willst du nicht steigen lassen. Das bedeutet also, dass man ein Jahr länger arbeiten muss, wenn die Lebenserwartung um 1 Jahr steigt. Das ist keine faire Verteilung - in vielfacher Hinsicht nicht. Zum ersten würden damit die Einzahlungszeiten immer länger - während die Bezugszeit im Verhältnis kürzer wird. Entweder sinken dann die Rentenbeiträge, oder die Renten steigen immer höher. Fair wäre, hier eine vernünftige Lastenteilung zu machen - also beispielsweise, dass ein Jahr mehr Lebensarbeitszeit zu 6 Monaten längere Regelarbeitszeit führt, aber eben auch zu 6 Monaten mehr Rentenbezugszeit. Das genaue vernünftige Verhältnis kann die Rentenversicherung locker kalkulieren.
Unfair wäre das aber auch, weil du die falsche Annahme triffst, dass jeder, der ein jahr länger lebt, auch ein Jahr länger arbeiten KANN. Gerade aber bei körperlich intensiven Berufen geht genau dies regelmäßig nicht. Auch heute schon steigen in solchen Berufen die Menschen dann mit hohen köperlichen Schäden mit 60 aus - und finden keinen neuen Job mehr, in dem sie überhaupt arbeiten können. Sie beziehen dann häufig genug deutlich niedrigere Renten - auch niedriger als aufgrund ihrer Lebensleistung fair wäre.

Ich finde, solche Dinge müssen mit berücksichtigt werden, wenn man über die spricht, die den Kuchen herstellen.
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(20 Aug 2019, 18:02)

In der Realität verlieren jedes Jahr viele Menschen ein Vermögen bei Fonds, Aktien und alle möglichen Derivaten. Das ist okay wenn Anleger so clever sind Geld anzulegen auf dass sie mittel bis langfristig nicht angewiesen sind. Allerdings laufen bei den Banken jede Menge Leute rum die versuchen den Anlegern, besonders gerne Rentnern, alle möglichen Finanzprodukte aufzuschwatzen die auf dem Hochglanzpapier auch immer ganz toll aussehen. Aber nicht in der Realität. Und darum sollte eine Rente auch nicht auf dem Erfolg am Finanzmarkt basieren. Das ist zu unsicher. Und die Anleger die scheitern fallen dann im Alter dann doch wieder ins soziale Netz.

Ich bin auch Aktionär. Gewinne sind nett. Verluste mache ich nicht da ich auch nicht davor zurückscheue Aktien auch sehr lange zu behalten. Ich kaufe eben mit Geld was ich nicht brauche. Aber die Basis für das Alter ist die gesetzliche Rente. Und so sollte es auch sein
Wie gesagt: Ein Mindestmaß an finanzieller Bildung wäre gut. Sich einfach was ausschwätzen zu lassen wäre schlecht. Bei einem ETF auf einen MSCI World Index, den man monatlich bespart, kann man eigentlich nix falsch machen. Sag mir, was man mit dieser Geldanlage riskiert? Dass durch eine Finanzkrise während des Rentenbeginns der realisierbare Kursgewinn (<> realisierter Gewinn)von 300%+ für 1-2 Jahre auf 200%+ sinkt?

Und mal ehrlich. Wenn man einen aktiv gemanagten Fonds mit 1,7% Gebühren (oder den berüchtigen "Dirk Müller Fond"), dann macht man eben statt 6% dann eben vlt. 4% durchschnittlichen Gewinn pro Jahr. Das ist auch besser als dem deutschen Liebling, nämlich Festgeld oder Tagesgeld.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

z4ubi hat geschrieben:(20 Aug 2019, 20:17)
Auch die private Vorsorge kann dieses "Verteilungsproblem" nicht lösen.
Den von mir beschriebenen Zusammenhang nicht. Richtig.
Ob die Rentner via privater Vorsorge, Steuergelder, Beitragszahlungen oder Staatsverschuldung mehr vom Kuchen abbekommen, ist geldpolitisch erst einmal egal. Zum Teil wird es eben dann politisch, wenn es darum geht, welcher dieser Wege beschritten werden soll.
Ich denke, hier geht es ja primär nicht darum, in welchem Verhältnis verteilt werden soll, sondern schlicht darum, wie der Teil, der den Rentnern zukommt finanziert werden kann.
Jep. Ich persönlich denke aber, dass es sinnvoll wäre, wenn Rentner über das Eigentum an den Produktionsmitteln (die bekommen eben auch was von der Beute ab), nämlich durch breitgestreuten Aktienbesitz, Konsumgüter abbekämen. Ich denke, das wäre gesellschaftlich akzeptierter und verringert Konflikte zwischen den Generationen.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(20 Aug 2019, 22:12)
Sorry, aber diese Aussage kann man so nicht stehenlassen. Den "Kuchen" stellen in aller Regel vor allem Maschinen her - und oft genug würden andere auch gerne "den Kuchen" herstellen, bekommen aber die Stelle nicht.
Maschinen sind Hilfsmittel. Ein Kugelschreiber hat keinen Anspruch auf das Konsumgut (kann auch wenig damit anfangen).
Es gibt Forschungen dazu, dass zuviel Gleichmacherei die Leistungsbereitschaft senkt.
Es gibt aber inzwischen auch Forschungen dazu, dass zuviel Unterschiede ebenfalls Volkswirtschaftlich schädlich wirken.

Aufgabe der Politik ist es, eine Balance im Staat so herzustellen, dass die, die Leistung bringen wollen und können, dies auch tun. Dafür dürfen sie auch ein größeres Stück vom Kuchen haben. Nur - maßvoll muss es dann schon sein! Wenn das BIP um 3% steigt, kann es nicht sein, dass die Einkommen einer kleinen Gruppe um 30% steigen - das ist in sich nicht stimmig. Und gerade am oberen Ende langt man schon gerne auch mal kräftig zu - oft sogar dann, wenn dem keine Leistung gegenübersteht, weil Gehälter schlicht und einfach nicht nach Leistung bezahlt werden, sondern nach Angebot und Nachfrage - und das dann in der Regel noch nach angenommenem Potential, was aber nicht wirklich kommen muss. Hohe Abfindungen für Manager, die Unternehmen nah an den Abgrund gefahren haben, sind dann keine Seltenheit.
Jep und Arbeiter bekommen ihr Gehalt, obwohl das Unternehmen Verluste schreibt. Vertragliche Bestimmungen können unter Umständen für eine Vertragspartei sich negativ auswirken. Wenn ein Manager trotz schlechter Arbeit eine hohe Abfindung bekommt, ist das ärgerlich für die Aktionäre, aber oft bringt ein Manager durch seine Entscheidungen Milliarden, kostet aber nur ein Bruchteil.
Eine Leistung haben auch all die gebracht, die "Schwarz" gearbeitet haben, also keine Beiträge in die Rentenversicherung gezahlt haben. Trotzdem gehen sie dann mit der Grundsicherung in Rente. Andere waren angemeldet, und bekommen bei zu wenigen Einzahlungen auch die Grundsicherung. Wie fair ist das denn? Leistungshemmend ist es Gewiss.
Manche halten sich nicht an die Regeln. Ärgerlich, aber kommt vor.
Die Rentenbezugsdauer willst du nicht steigen lassen. Das bedeutet also, dass man ein Jahr länger arbeiten muss, wenn die Lebenserwartung um 1 Jahr steigt. Das ist keine faire Verteilung - in vielfacher Hinsicht nicht. Zum ersten würden damit die Einzahlungszeiten immer länger - während die Bezugszeit im Verhältnis kürzer wird. Entweder sinken dann die Rentenbeiträge, oder die Renten steigen immer höher. Fair wäre, hier eine vernünftige Lastenteilung zu machen - also beispielsweise, dass ein Jahr mehr Lebensarbeitszeit zu 6 Monaten längere Regelarbeitszeit führt, aber eben auch zu 6 Monaten mehr Rentenbezugszeit. Das genaue vernünftige Verhältnis kann die Rentenversicherung locker kalkulieren.
Ja von mir aus. Kann man sich ja ausrechnen.
Unfair wäre das aber auch, weil du die falsche Annahme triffst, dass jeder, der ein jahr länger lebt, auch ein Jahr länger arbeiten KANN. Gerade aber bei körperlich intensiven Berufen geht genau dies regelmäßig nicht. Auch heute schon steigen in solchen Berufen die Menschen dann mit hohen köperlichen Schäden mit 60 aus - und finden keinen neuen Job mehr, in dem sie überhaupt arbeiten können. Sie beziehen dann häufig genug deutlich niedrigere Renten - auch niedriger als aufgrund ihrer Lebensleistung fair wäre.
Ich denke, realistisch wäre es auch, wenn man zB. ab 60 dann nur noch 30std, und ab 65 zB. noch 20std arbeitet. Und eher den Jungen sagt, wie es geht.

In Japan ist es normal, dass Rentner Teilzeit arbeiten.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Benutzeravatar
Alter Stubentiger
Beiträge: 5452
Registriert: Freitag 6. Januar 2012, 08:20
user title: Sozialdemokrat

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Alter Stubentiger »

Skull hat geschrieben:(20 Aug 2019, 18:57)

Quelle ?

Oder einfach nur ... dahingebrabbelter Blödsinn ? :p

Und natürlich mag es Einzelfälle, Anlagebetrug oder auch schlechte Anlageberater geben.

Jedes Jahr...viele...ein Vermögen...ist aber Blödsinn. :)

mfg
Immerhin soviel dass immer wieder Finanzprodukte verboten werden. So sind in den USA sind die hier so belieben synthetischen ETF´s verboten. Und auch die Subprime-Krise hat ihre Ursache ja in einem Finanzprodukt das den Anlegern schmackhaft gemacht wurde. Wir reden also nicht über Einzelfälle sondern es geht darum dass immer wieder undurchsichtige Finanzprodukte auf den Markt kommen die wirklich gefährlich für Anleger sind. Banken beschäftigen Mathematiker die solche Produkte erdenken. Die Manager oder gar Vertriebsprofis der Banken verstehen diese Produkte aber ebensowenig wie der Anleger. Das ist ein Riesenproblem.
Niemand hat vor eine Mauer zu errichten (Walter Ulbricht)
...und die Mauer wird noch in 50 oder 100 Jahren stehen (Erich Honecker)
Benutzeravatar
Alter Stubentiger
Beiträge: 5452
Registriert: Freitag 6. Januar 2012, 08:20
user title: Sozialdemokrat

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Alter Stubentiger »

franktoast hat geschrieben:(21 Aug 2019, 08:41)

Wie gesagt: Ein Mindestmaß an finanzieller Bildung wäre gut. Sich einfach was ausschwätzen zu lassen wäre schlecht. Bei einem ETF auf einen MSCI World Index, den man monatlich bespart, kann man eigentlich nix falsch machen. Sag mir, was man mit dieser Geldanlage riskiert? Dass durch eine Finanzkrise während des Rentenbeginns der realisierbare Kursgewinn (<> realisierter Gewinn)von 300%+ für 1-2 Jahre auf 200%+ sinkt?

Und mal ehrlich. Wenn man einen aktiv gemanagten Fonds mit 1,7% Gebühren (oder den berüchtigen "Dirk Müller Fond"), dann macht man eben statt 6% dann eben vlt. 4% durchschnittlichen Gewinn pro Jahr. Das ist auch besser als dem deutschen Liebling, nämlich Festgeld oder Tagesgeld.
Aha. Bei einem ETF muß man aber auch wissen dass es synthetische ETF`s gibt. Und mit denen wird es schnell so gefährlich dass sie die USA gleich ganz verboten haben.

Schon bei deinem einen Beispiel wird klar was für ein Minenfeld die Kapitalanlage ist. Ist wirklich nur was für Informierte. Der normale Rentner ist da schnell überfordert.
Niemand hat vor eine Mauer zu errichten (Walter Ulbricht)
...und die Mauer wird noch in 50 oder 100 Jahren stehen (Erich Honecker)
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(21 Aug 2019, 11:44)

Aha. Bei einem ETF muß man aber auch wissen dass es synthetische ETF`s gibt. Und mit denen wird es schnell so gefährlich dass sie die USA gleich ganz verboten haben.

Schon bei deinem einen Beispiel wird klar was für ein Minenfeld die Kapitalanlage ist. Ist wirklich nur was für Informierte. Der normale Rentner ist da schnell überfordert.
Dann nimmt man eben voll physisch replizierende ETFs.
Ein gewisses Risiko besteht aber immer. Auch der Staat könnte pleite gehen bzw. die Rente aussetzen/kürzen, oder die Politik entscheidet so, oder der Eurobetrag bleibt gleich, aber bei entsprechend hoher Inflation entsprechend wenig wert. Oder man bespart ein Leben lang einen ETF, trotz relativ kleinem Einkommen häuft sich ein ordentliches Vermögen an und kurz vor Aufbrauchen sagt der Staat "So, wir nehmen dir das nun weg und machen das nun anders".

Oder ein Meteorit schlägt ein...
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Benutzeravatar
Skull
Moderator
Beiträge: 28905
Registriert: Donnerstag 12. April 2012, 22:22
user title: woaussie
Wohnort: NRW / ST

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Skull »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(21 Aug 2019, 11:33)

Immerhin soviel dass immer wieder Finanzprodukte verboten werden. So sind in den USA sind die hier so belieben synthetischen ETF´s verboten. Und auch die Subprime-Krise hat ihre Ursache ja in einem Finanzprodukt das den Anlegern schmackhaft gemacht wurde. Wir reden also nicht über Einzelfälle sondern es geht darum dass immer wieder undurchsichtige Finanzprodukte auf den Markt kommen die wirklich gefährlich für Anleger sind. Banken beschäftigen Mathematiker die solche Produkte erdenken. Die Manager oder gar Vertriebsprofis der Banken verstehen diese Produkte aber ebensowenig wie der Anleger.

Das ist ein Riesenproblem.
Dem letzten Satz widerspreche ich...nicht.

Es erklärt und begründet aber nicht wirklich Deine vorherige (von mir kritisierte) Aussage.

mfg
Man dient für Lohn und liebt sich für Geschenke
Atue001
Beiträge: 4375
Registriert: Freitag 2. August 2019, 00:00

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(21 Aug 2019, 09:06)

Maschinen sind Hilfsmittel. Ein Kugelschreiber hat keinen Anspruch auf das Konsumgut (kann auch wenig damit anfangen).
Na ja - bei ausreichend vielen Prozessen sind auch die Menschen nur Hilfsmittel....so traurig wie das ist. Die eigentliche Wertschöpfung machen dennoch zu einem überhohen Anteil die Maschinen. Der Manager mit der einen guten Entscheidung, die in der Folge Millionen für die Eigentümer bringt, hat selbst auch keine Wertschöpfung betrieben. Trotzdem gehört er dazu - das will ich nicht bestreiten - ich will auch weder Firmen noch der Differenzierungen bei Gehältern ihre Berechtigung absprechen - all das ist so, wie es ist - und vieles ist richtig.

Neben der reinen Frage der Wertschöpfung geht es aber vor allem um die Frage nach Menschen und deren Möglichkeiten, deren Lebensgestaltung und insbesondere um die Thematik, wie man an seinem Lebensabend noch menschenwürdig angemessen leben kann.

Es geht dabei aber auch um Fairness bei der Lastenverteilung - es kann nicht sein, dass alle Last der arbeitenden Generation aufgebürdet wird! Aber: klar ist, die Arbeiter von heute sind die Rentner von morgen.

franktoast hat geschrieben:(21 Aug 2019, 09:06)

Ich denke, realistisch wäre es auch, wenn man zB. ab 60 dann nur noch 30std, und ab 65 zB. noch 20std arbeitet. Und eher den Jungen sagt, wie es geht.

In Japan ist es normal, dass Rentner Teilzeit arbeiten.
Da bin ich sofort bei dir. Unser typisches westeuropäisches Lebens- und Arbeitsmodell sieht das allerdings nicht so richtig vor. Wir (als Gesellschaft) machen uns viel zu wenige Gedanken dazu, wie man sinnstiftend den Übergang vom Vollerwerb in den Lebensabend gestalten kann. Teilzeit ist ein Ansatz - andere Ansätze können auch sein, einfachere Arbeiten zu machen. Selbst Menschen, die als nicht mehr erwerbsfähig zählen, können häufig noch wenigstens sporadisch wertvolle Tätigkeiten verrichten - beispielsweise auch Webseiten auf Usability testen und entsprechendes Feedback geben, Kinder betreuen, in Gärten tätig werden und und und. Es müsste nur mal gesellschaftlich etwas organisiert werden.....
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(21 Aug 2019, 23:20)

Na ja - bei ausreichend vielen Prozessen sind auch die Menschen nur Hilfsmittel....so traurig wie das ist. Die eigentliche Wertschöpfung machen dennoch zu einem überhohen Anteil die Maschinen. Der Manager mit der einen guten Entscheidung, die in der Folge Millionen für die Eigentümer bringt, hat selbst auch keine Wertschöpfung betrieben. Trotzdem gehört er dazu - das will ich nicht bestreiten - ich will auch weder Firmen noch der Differenzierungen bei Gehältern ihre Berechtigung absprechen - all das ist so, wie es ist - und vieles ist richtig.

Neben der reinen Frage der Wertschöpfung geht es aber vor allem um die Frage nach Menschen und deren Möglichkeiten, deren Lebensgestaltung und insbesondere um die Thematik, wie man an seinem Lebensabend noch menschenwürdig angemessen leben kann.

Es geht dabei aber auch um Fairness bei der Lastenverteilung - es kann nicht sein, dass alle Last der arbeitenden Generation aufgebürdet wird! Aber: klar ist, die Arbeiter von heute sind die Rentner von morgen.
Sorry, das sehe ich komplett anders. Dinge haben keine Persönlichkeitsrechte. Ein Kugelschreiber hat keine Meinungsfreiheit und hat auch keine Eigentumsrechte. Wenn du sagst, die "eigentliche Wertschöpfung" gehe größtenteils von den Maschinen aus, wo genau soll das sein.
Gucken wir doch mal. Du sollst einen Text schreiben. Deine Wertschöpfung oder Produtivität messen wir durch die Zeit, die du dafür benötigst.
Du fängst an mit einer Steintafel und deinen bloßen Händen. Dafür benötigst du zB. einen Tag.
2. Hilfsmittel anderer Stein: Dadurch kratzt du deutlich schneller und benötigst nur noch 0,5 Tage. Bedeutet das, dass nun die Hälfte der Wertschöpfung durch den Stein ausgeht? Berücksichtigen musst du auch, dass du erstmal einen Tag lang gar nichts tun konntest. Du warst ja erstmal beschäftigt, den Stein zu suchen.
3. Du baust dir ein Jahr lang eine Druckmaschine. Ein Jahr lang war deine Produktivität bei 0. Ab da "schreibst" du den Text in einer Stunde. Werden nun 23/24tel der Wertschöpfung durch die Druckmaschine erbracht?
4. Du baust in 30 Jahren einen Computer mit Bildschirm und brauchst nur noch 1sek. Macht nun der Computer 85399/86400stel der Arbeit?

Und was soll dann mit dem Lohn von dir passieren oder dem Preis für den Text, den andere bezahlen? Tatsächlich ist der Preis dramatisch gesunken und dein Lohn (= Dinge, die du damit kaufen kannst) dramatisch gestiegen.

-> Kapital und Land sind Hilfsmittel.
Da bin ich sofort bei dir. Unser typisches westeuropäisches Lebens- und Arbeitsmodell sieht das allerdings nicht so richtig vor. Wir (als Gesellschaft) machen uns viel zu wenige Gedanken dazu, wie man sinnstiftend den Übergang vom Vollerwerb in den Lebensabend gestalten kann. Teilzeit ist ein Ansatz - andere Ansätze können auch sein, einfachere Arbeiten zu machen. Selbst Menschen, die als nicht mehr erwerbsfähig zählen, können häufig noch wenigstens sporadisch wertvolle Tätigkeiten verrichten - beispielsweise auch Webseiten auf Usability testen und entsprechendes Feedback geben, Kinder betreuen, in Gärten tätig werden und und und. Es müsste nur mal gesellschaftlich etwas organisiert werden.....
Jep, so sollte es sein.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Atue001
Beiträge: 4375
Registriert: Freitag 2. August 2019, 00:00

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von Atue001 »

franktoast hat geschrieben:(22 Aug 2019, 11:51)

Sorry, das sehe ich komplett anders. Dinge haben keine Persönlichkeitsrechte. Ein Kugelschreiber hat keine Meinungsfreiheit und hat auch keine Eigentumsrechte. Wenn du sagst, die "eigentliche Wertschöpfung" gehe größtenteils von den Maschinen aus, wo genau soll das sein.
Gucken wir doch mal. Du sollst einen Text schreiben. Deine Wertschöpfung oder Produtivität messen wir durch die Zeit, die du dafür benötigst.
Du fängst an mit einer Steintafel und deinen bloßen Händen. Dafür benötigst du zB. einen Tag.
2. Hilfsmittel anderer Stein: Dadurch kratzt du deutlich schneller und benötigst nur noch 0,5 Tage. Bedeutet das, dass nun die Hälfte der Wertschöpfung durch den Stein ausgeht? Berücksichtigen musst du auch, dass du erstmal einen Tag lang gar nichts tun konntest. Du warst ja erstmal beschäftigt, den Stein zu suchen.
3. Du baust dir ein Jahr lang eine Druckmaschine. Ein Jahr lang war deine Produktivität bei 0. Ab da "schreibst" du den Text in einer Stunde. Werden nun 23/24tel der Wertschöpfung durch die Druckmaschine erbracht?
4. Du baust in 30 Jahren einen Computer mit Bildschirm und brauchst nur noch 1sek. Macht nun der Computer 85399/86400stel der Arbeit?

Und was soll dann mit dem Lohn von dir passieren oder dem Preis für den Text, den andere bezahlen? Tatsächlich ist der Preis dramatisch gesunken und dein Lohn (= Dinge, die du damit kaufen kannst) dramatisch gestiegen.

-> Kapital und Land sind Hilfsmittel.
Es geht mir nicht darum, ob Kapital und Land Hilfsmittel sind. Da haben wir keinen Dissens.

Aber mal ein Beispiel:
Wenn du Bäcker bist, und mit einfachen Maschinen sagen wir mal 500 Brötchen am Tag backst, dann machst du mit deinen eigenen Händen eine Wertschöpfung von 500 Brötchen (also im Wesentlichen....).
Wenn du Großbäcker bist, kaufst du eine Maschine und backst mit derselben Menge an Menschen 10.000 Brötchen am Tag. Nun ist die Maschine das Hilfsmittel, aber die Aussage, dass der Einkäufer der Maschine die Wertschöpfung macht, ist absurd. Eine Unterschrift zu leisten, ist keine Wertschöpfung. Eine Entscheidung zu treffen ist keine Wertschöpfung. Hingegen wenn die Sonne die Gerste wachsen lässt - das ist Wertschöpfung pur, und da ist im Zweifel auch kein Mensch beteiligt.

Ausgangspunkt für mich war dein Statement mit dem "Kuchen", der verteilt werden kann. Solche Betrachtungsweisen sind für mich Gemeinplätze. Sie setzen sich darüber hinweg, dass wir im Faktum einer hochgradig arbeitsteiligen Welt leben. Den genauen Wertschöpfungsbeitrag kann man zwar definieren und dann auch monetär festlegen - doch gerade wenn du dich beispielsweise mal im Controlling mit dem Instrument des Profit Centers beschäftigst, dann ist dir klar, dass es bei der Bewertung häufig auf den Blickwinkel stark ankommt.

Auch dazu ein Beispiel:
Denk mal an einen Händler, einen Filialisten, der vielleicht sagen wir mal ein paar hundert Filialen hat. Er entschließt sich, als weiteren Vertriebskanal einen Onlineshop aufzumachen. Wie berechnet er, ob der Online-Shop profitabel ist?
Klingt nach einer einfachen Aufgabe - ist aber tatsächlich hochgradig eine Frage der Bewertung. Man kann einen Online-Shop als eigene Filiale kalkulieren, könnte aber auch darüber nachdenken, dass der Online-Shop vor allem ein Werbemittel für die Filialen ist, oder man könnte den Online-Shop als "Regalverlängerung" der Filialen nehmen. Wenn die Päckchen für den Online-Shop in der Filiale gepackt werden, könnte man auch die Filialen zukünftig als Lager des Online-Shops betrachten - und je nachdem wie man betrachtet, ergeben sich gänzlich unterschiedliche Ansätze für Profit Center Rechnungen und unterschiedliche Wertbildungsrechnungen. Welcher Mitarbeiter in solchen Konstrukten damit wieviel zur Wertbildung / Wertschöpfung beitgetragen hat, ist damit auch eine Frage des Blickwinkels.

In welchem Sinne trägt ein Datenschutzbeauftragter zur Wertschöpfung eines Unternehmens bei? Inwiefern liefert ein Personal Trainer eine Wertschöpfung ab? Welche Wertschöpfung leistet ein Versicherungsangestellter?

Wenn all diese existenten Berufsbilder einen zumindest fragwürdigen Wertschöpfungsbeitrag leisten - inwiefern kann man dann vom "Kuchen" sprechen, der an diese verteilt werden sollen?

Hat der Einkäufer der Maschine für die Großbäckerei was zur Wertschöpfung beigetragen, oder müsste man den Verdienst durch die Maschine eventuell stark mit den Maschinenbauern teilen?

Und wenn solche hinterfragbaren Punkte hier leicht anzubringen sind - kann man dann nicht die Generationenfrage auch so stellen, dass die junge Generation genau deshalb in der Arbeit das leisten kann, was sie leiten kann, weil die Generation davor das Arbeitsumfeld so bereitet hat, wie sie es vorgefunden haben? Und - wäre dementsprechend auch die Frage nach dem "Kuchen" auch unter Beteiligung der Generation davor mit zu stellen?

Also - konkret geht es mir darum, Alt und Jung nicht gegeneinander auszuspielen. Auch Manager und Arbeiter sollte man nicht gegeneinander stellen. Und Frau und Mann auch nicht. Tatsächlich erlebe ich in Teams regelmäßig, dass diese untereinander ein sehr feines Gespür dafür haben, wer wie wichtig für das Team ist. Wenn das Team durch einen im Team im Gleichgewicht gehalten wird, dann ist dieser eine unglaublich viel Wert - selbst wenn dieser eine "nur" eine Coaching-Funktion übernimmt und die Wertschöpfung des Teams von den anderen geleistet wird.

Fazit: In einer stark arbeitsteiligen Welt ist es wichtig, dass man ein faires Gleichgewicht findet, was die Verteilung der Wertschöpfung angeht. Entscheidend dabei ist nicht, was irgendeine willkürliche oder beliebige theoretische Rechenformel ergibt, sondern das, was möglichst alle Beteiligten (auch die Rentner) als fair empfinden. Ein Patentrezept hierfür gibt es nicht - denn viele Betrachtungsweisen haben auch mit Haltungsfragen, mit Erziehung, Sozialisierung und vieles mehr zu tun. Und genau deshalb muss jede Gesellschaft ihr persönliches Optimum für die Verteilung der Wertschöpfung finden, und dieses auch noch permanent den sich verändernden Bedingungen anpassen.

Transparenz und Offenheit sind eine gute Voraussetzung dafür, dass man faire oder wenigstens akzeptierte Lösungen findet. Ein Patentrezept gibt es aber nicht.
Benutzeravatar
franktoast
Beiträge: 4611
Registriert: Sonntag 29. Juni 2014, 10:24

Re: Demographie-Problem, Rentenproblem und die "japanische Lösung"

Beitrag von franktoast »

Atue001 hat geschrieben:(22 Aug 2019, 22:08)

Es geht mir nicht darum, ob Kapital und Land Hilfsmittel sind. Da haben wir keinen Dissens.

Aber mal ein Beispiel:
Wenn du Bäcker bist, und mit einfachen Maschinen sagen wir mal 500 Brötchen am Tag backst, dann machst du mit deinen eigenen Händen eine Wertschöpfung von 500 Brötchen (also im Wesentlichen....).
Wenn du Großbäcker bist, kaufst du eine Maschine und backst mit derselben Menge an Menschen 10.000 Brötchen am Tag. Nun ist die Maschine das Hilfsmittel, aber die Aussage, dass der Einkäufer der Maschine die Wertschöpfung macht, ist absurd. Eine Unterschrift zu leisten, ist keine Wertschöpfung. Eine Entscheidung zu treffen ist keine Wertschöpfung. Hingegen wenn die Sonne die Gerste wachsen lässt - das ist Wertschöpfung pur, und da ist im Zweifel auch kein Mensch beteiligt.
Naja, zum einen will ich mal festhalten, dass der Maschinenbereitersteller bzw. Bäcker in einer Marktwirtschaft durch den Einsatz der Maschine nicht 20mal mehr verdienen, obwohl sie 20mal mehr Brötchen herstellen. Eben weil ein einzelnes Brötchen weit, weit günstiger für die Käufer wird. Der Bäcker bzw. Arbeiter wird vermutlich sogar mehr verdienen, obwohl er eine weitaus weniger qualifizierte Arbeit verrichtet. Aber was ist mit denen, die die Maschine entworfen und gebaut haben? Die, die den Bäcker 20mal so produktiv machen. Die, die dafür sorgen, dass man zur Herstellung eines Brötchens (vom Anbau des Weizens, über Transport, Blechherstellung, schließlich Backen) statt 10min nur noch 1min an menschlicher Arbeit benötigt? Naja, die wurden hoffentlich sehr reich = sie bekamen das Äquivalent von viel Produktionsmittel, um hoffentlich noch mehr Erfindungen machen zu können. Es liegt aber am Erfinder: Er kann sich für seine Stunden bezahlen lassen (üblicher, wenn auch relativ hoher Stundenlohn), und ein sicheres Einkommen haben, oder er behält die Rechte an der Erfindung und bekommt eine variable, erfolgsabhängige Bezahlung.

Tatsache ist, dass die Wertschöpfung durch die Maschine (und übrigens auch Strom, Stromleitung und Anderes) sich vervielfacht hat und die Maschine 0% Anteil davon bekommt. 100% gehen an Menschen. Und was am Ende zählt ist: Wie viel menschliche Arbeitszeit wird benötigt, um ein bestimmtes Gut herzustellen. Wenn es statt 10min nur noch 1sek ist, hat sich die Zeit eben um um den Faktor 600 verringert. Super!
Ausgangspunkt für mich war dein Statement mit dem "Kuchen", der verteilt werden kann. Solche Betrachtungsweisen sind für mich Gemeinplätze. Sie setzen sich darüber hinweg, dass wir im Faktum einer hochgradig arbeitsteiligen Welt leben. Den genauen Wertschöpfungsbeitrag kann man zwar definieren und dann auch monetär festlegen - doch gerade wenn du dich beispielsweise mal im Controlling mit dem Instrument des Profit Centers beschäftigst, dann ist dir klar, dass es bei der Bewertung häufig auf den Blickwinkel stark ankommt.
Das Controlling unterliegt aber auch den Gesetzes des Marktes, also der Mikroökonomik. Es geht um Preise und die Motivation des Einzelnen, möglichst viel vom Kuchen abzubekommen.
Auch dazu ein Beispiel:
Denk mal an einen Händler, einen Filialisten, der vielleicht sagen wir mal ein paar hundert Filialen hat. Er entschließt sich, als weiteren Vertriebskanal einen Onlineshop aufzumachen. Wie berechnet er, ob der Online-Shop profitabel ist?
Klingt nach einer einfachen Aufgabe - ist aber tatsächlich hochgradig eine Frage der Bewertung. Man kann einen Online-Shop als eigene Filiale kalkulieren, könnte aber auch darüber nachdenken, dass der Online-Shop vor allem ein Werbemittel für die Filialen ist, oder man könnte den Online-Shop als "Regalverlängerung" der Filialen nehmen. Wenn die Päckchen für den Online-Shop in der Filiale gepackt werden, könnte man auch die Filialen zukünftig als Lager des Online-Shops betrachten - und je nachdem wie man betrachtet, ergeben sich gänzlich unterschiedliche Ansätze für Profit Center Rechnungen und unterschiedliche Wertbildungsrechnungen. Welcher Mitarbeiter in solchen Konstrukten damit wieviel zur Wertbildung / Wertschöpfung beitgetragen hat, ist damit auch eine Frage des Blickwinkels.
Ja, das ist nicht so einfach. Gut, dass ich kein Unternehmer bin ;)
In welchem Sinne trägt ein Datenschutzbeauftragter zur Wertschöpfung eines Unternehmens bei?Inwiefern liefert ein Personal Trainer eine Wertschöpfung ab? Welche Wertschöpfung leistet ein Versicherungsangestellter?
Sicherheit gegen ein unwahrscheinliches Großereignis und ein fitter Körper ansich sind ja ein Endprodukt, dass dem Menschen nutzt. Beim Datenschutz könnte man das auch sagen.
Wenn all diese existenten Berufsbilder einen zumindest fragwürdigen Wertschöpfungsbeitrag leisten - inwiefern kann man dann vom "Kuchen" sprechen, der an diese verteilt werden sollen?
Das sind Dienstleistungen. So wie ein Restaurant. Es gibt ja Supermärkte und Küchen. Zum Essen braucht niemand ein Restaurant. Was ist mit einem Kino? Disco?
Hat der Einkäufer der Maschine für die Großbäckerei was zur Wertschöpfung beigetragen, oder müsste man den Verdienst durch die Maschine eventuell stark mit den Maschinenbauern teilen?
Wie oben beschrieben. Der Maschinenbauer kann gegen Lohn die Maschine herstellen, oder er trägt als Selbstständiger das Risiko und eventuell mehr Profit. Hätten Unternehmer einen klaren Vorteil für jeden, gäbe es keine Arbeitnehmer, sondern nur Selbstständige.
Fazit: In einer stark arbeitsteiligen Welt ist es wichtig, dass man ein faires Gleichgewicht findet, was die Verteilung der Wertschöpfung angeht. Entscheidend dabei ist nicht, was irgendeine willkürliche oder beliebige theoretische Rechenformel ergibt, sondern das, was möglichst alle Beteiligten (auch die Rentner) als fair empfinden.
Ich denke, man kann es nie allen recht machen. Es geht ja auch um relative Einkommen bzw. Vermögen. Ein BIP, dass 10mal so hoch wäre, würde den Kuchen ver10fachen und alle wären froh? Nö. Solange der Nachbar mehr hat, "obwohl der ja weniger leistet", ist man nicht zufrieden. Ich denke aber, dass die Zufriedenheit insgesamt nur schwer erhöht werden kann. Gäbe es da ein etwas, das die im Schnitt deutlich erhöht, gäbe es das System wohl schon.

Gruß
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
Antworten