JJazzGold hat geschrieben:(09 Aug 2017, 08:27)
Dann lügt die AfD, wenn sie öffentlich verkündet, in der Opposition Platz zu nehmen, sei ihre eigene Entscheidung.
Zu Zeiten Luckes hätte noch vage die Option bestanden, nach einer Phase der Eliminierung rechtsextremer Elemente langfristig in eine Koalition zu gehen. Die Möglichkeit sehe ich jetzt nicht mehr gegeben. Dazu ist der Ruck nach Rechtsaussen zu stark gewesen, den die AfD bewusst vollzogen hat. Dieser verhindert auch ein Anwachsen der AfD auf die Menge, mit der sie sich einen Koalitionspartner suchen könnte. Über ihr Inseldasein in der Opposition wird die AfD nie hinauswachsen.
Was mich wundert ist dieser immer wieder veröffentlichte, völlig haltlose Gedanke der AfD Fans, die FDP wäre auch nur am Entferntesten an einer Koalition mit der AfD, die in jedem Gedanken, von Bildung bis Soziales, konträr zu den Liberalen steht, interessiert sein. Da ist die Schnittmenge im mikroskopischen Bereich zu den Grünen ja noch größer, als die zur AfD.
Was mich zur Koalitionsfähigkeit per se der AfD bringt. Gesetzt den Fall, die AfD wäre jemals an einer koalitionären Regierungsverantwortung interessiert, müsste sie erst einmal gründlich die eigenen Reihen von Antisemiten, Islampophoben und Rechtsextremen säubern. Dann bleibt allerdings nicht mehr allzuviel Substanz neben den traditionell Wein saufenden und Wasser predigenden AfD Politikern übrig, die sich langfristig politisch etablieren könnte.
Was ein Großteil der AfD Wähler gar nicht erst erwartet. Die wollen mal kurz in die AfD Tüte kotzen, die darf zu diesem Bedarf ruhig dreckig sein, aber nicht von ihr regiert werden. Bestünde die Gefahr, die eigene gewählte Suppe auslöffeln zu müssen, würde der Protest AfD Wähler sich vor der Verantwortung, dafür gerade stehen zu müssen, ganz schnell verdrücken.
Da frage ich mich, mit Verlaub, wo die Wahrnehmung, die AfD könnte stärkste Kraft werden und einen Koalitionspartner finden, herkommt?
Die FDP hat mit der AfD in der Frage der Zuwanderung, Ansprüche an Integration und sichere Grenzen die größten Schnittmengen, kann man standhaft leugnen, muss man aber nicht, wenn man die Rede Lindners auf dem Parteitag genau verfolgt hat. Diese Rede dürfte hauptsächlich verantwortlich für den derzeitigen Rückenwind der FDP sein, denn viele Wähler wollen das zwar alles inhaltlich, aber dafür (noch) nicht das Gesamtpaket AfD wählen, dafür ist der Schmerzpegel noch zu tief und die Abwehrmechanismen gegen die Wahrnehmung der Realität sind noch nicht in Auflösung begriffen. Die Zeit arbeitet aber dafür.
Der Punkt ist prinzipiell sowieso ein anderer. Wie die AfD sich entwickelt, ist auch eine Frage ob die Etablierten es schaffen die 2015 beginnenden Veränderungen in den Griff zu bekommen, oder ob diese sich weiter zuspitzen, wovon man realistischerweise ausgehen muss.
Ein
weiter so wird dann auch Auswirkungen auf die Etablierten haben, namhafte Köpfe würden zunehmend abspringen, irgendwo und irgendwie werden sich die Kräfte sammeln und formieren, die eine andere, nicht nur kosmetisch aufgehübschte Politik umsetzen wollen. Ob dies innerhalb sich einer dadurch zwangsläufig transformierenden AfD geschieht, sich Macht - und Anspruchsverhältnisse in ihr ändern, oder letztlich einige etablierte Parteien in einigen Jahren zu heutigen AfD Positionen umschwenken, ist grundsätzlich ohne Belang.
Wer hingegen die Illusion hegt, mit einem niedrigen Wahlergebnis für die AfD wäre mittelfristig ein Politikwechsel vom Tisch, der lügt sich in die Tasche. Es ist, trotz aller Widersprüchlichkeiten in den Medien, heute nicht mehr möglich den Stil der letzten Jahrzehnte im Verbund mit den nützlichen Agitatoren zu fahren, die Probleme von Migration zu beschönigen und im Zweifelsfall die Kritik mit den bewährten Keulen verstummen zu lassen.
Diese Lage, begonnen im Sommer 2015, ist eine andere, die Kommunikation und (noch relative) Transparenz ist bereits eine andere, die Kritik ist gesellschaftlich breiter aufgestellt - und vor allem werden die Probleme im Vergleich zu denen bisheriger Migration drastisch zunehmen, nicht mehr aus der " Portokasse " zu befrieden sein. Es würde mich nicht überraschen, wenn die ganze Realitätsverweigerung wie ein Kartenhaus zusammenbricht, so bald die Kartenlegerin das Spielfeld verlässt.
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.