epona » Mi 19. Aug 2015, 17:53 hat geschrieben:
*Lach* Und meinst ernsthaft, die so auf *Natürlichkeit* bedachten Muttis wissen nicht, das Kindlein nicht als "Wohnungskind" gehalten werden darf, und haben nach dem Stillen keine Ahung mehr von gesunder, natürlicher Ernährung?
Sorry, aber ich glaube, du hast dich verrannt.
Nee ich habe mich nicht verrannt!
DU hast Dich darüber beklagt, dass keine Werbung für Babyersatznahrung (Pre- und Folgemilch) gemacht werden darf.
Für Kleinkindernahrung DARF Werbung gemacht werden und wird auch gemacht. Und diese Werbung suggeriert, dass nix besser für die Kleinen ist als diese Fertignahrung. Viele Mütter - auch die, die gestillt haben - glauben das, außerdem ist es recht zeitaufwändig, die Breichen etc selbst herzustellen. Gläschennahrung ist da viel bequemer, geht schneller. Hinzu kommt, dass viele Frauen wieder berufstätig werden/sind, bevor die Kinder "Normalnahrung" essen können und da spielt Zeit schon eine entscheidende Rolle.
Und noch etwas spielt eine Rolle: Die Geschmacksnerven müssen sich entwickeln und müssen entwickelt werden, das Kind muss erst lernen sich an bestimmte "Geschmacksrichtungen" zu gewöhnen, entwickeln Vorlieben und Abneigungen bei bestimmten Nahrungsmitteln und da gehen viele Eltern/Mütter den Weg des geringsten Widerstands, damit ihr Kind überhaupt etwas isst und geben dem Kind das, was es am liebsten mag.
Bei uns im Kindergarten werden regelmäßig "Obst-und-Gemüse-Tage" durchgeführt, bei denen die Zwischenmahlzeiten aus Obst und Gemüse bestehen sollen. Diese Tage sind so geregelt, dass immer jemand anderes etwas für die ganze Gruppe spendet.
Ich war über die Einseitigkeit dessen erschrocken, was da so im Kiga ankommt, man gewinnt den Eindruck, dass viele Kinder kein Obst außer Bananen evtl noch Äpfel kennen, von Gemüse ganz zu schweigen.
Mein großer Enkel hat letztens Erzieherinnen und Mütter geschockt, als er als Beilage zu seinem Frühstück "Blumen" mit hatte und die mit Genuss verzehrte. Ich hatte einen Salat mit Blüten von Kapuzinerkresse und Blättern/Blüten von Zitronenmelisse garniert und nix musste aussortiert werden.
Was das "Wohnungskind" angeht, gibt es hier irgendwo einen Thread, in dem es darum geht ob Eltern heute überbesorgt sind - ja sind sie. Und auch hier hat Werbung einen nicht zu unterschätzenden Anteil - alles muss "rein"/keimfrei sein - schließlich sollen die vielen tollen Reinigungsmittel ja verkauft werden und da muss man halt suggerieren, dass zig verschiedene Reinigungsmittel in einen gut sortierten Haushalt gehören. Das Ergebnis sind dann - vor allen in Städten - eine Zunahme von Allergien.
Das alles hat nichts mit "keine Ahnung haben" zu tun, sondern mit Übervorsicht - dem Kind soll ja nichts passieren, es soll ja gesund und behütet aufwachsen. Kinder dürfen sich heute nicht mehr "dreckig" machen. Ich erlebe das oft, wenn ich die Kurzen vom Kindergarten abhole, wie sich Mütter (teilweise auch Väter - die aber deutlich weniger) aufführen, wenn die Kinder nachmittags nicht mehr "pieksauber" sind, wenn die Sachen Spuren intensiven Spielens im Freien zeigen, was sich die Erzieherinnen anhören dürfen z.B. dass die Kinder bei solchem Verhalten ja "krank werden müssen", dass Kinder auf diese Weise nicht genug lernen, dass die zu viel spielen etc pp.
Kinder dürfen heute vielfach nicht mehr Kinder sein - die werden regelrecht dressiert.
Eltern (vor allem Mütter) wollen nur das Beste für das für ihre Kinder und merken dabei nicht, was sie ihren Kindern eigentlich antun.
Sie wollen zeigen, was ihr Kind alles schon kann, wieviel weiter es ist, als seine Altergenossen.
Solche Kinder - und es sind leider nicht wenige - werden von ihren Eltern dazu angehalten, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nicht ihrem Alter entsprechen. Dafür haben haben die jedoch andere Defizite, die können z.B. nicht mehr rückwärts laufen, können keine Balance halten (auf einem Bein stehen), haben Probleme mit der Auge-Hand-Koordination etc. - aber lesen können sie, lange bevor sie in die Schule kommen.
Nee - ich habe mich nicht verrannt, ich erlebe nur hautnah, wie Eltern aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus (an dem auch Werbung einen nicht zu unterschätzenden Anteil hat) ticken.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen