frems » Mi 1. Apr 2015, 12:57 hat geschrieben:Aus den USA:
http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 19197.html
An deutschen Unis sieht es zwar etwas anders aus -- so gehört Mathematik zu den zehn beliebtesten Fächern bei Frauen, aber nicht bei Männern --, aber gewisse Unterschiede sind dennoch festzustellen:
http://www.studieren-im-netz.org/vor-de ... diengaenge
Was meint Ihr, wodran das liegt? Sind Frauen bescheidener und Männer überschätzen sich häufiger? Sind Mädchen von Natur aus stärker an Kultur und Sprachen (ob Deutsch oder eine Fremdsprache) interessiert, während sich Jungs eher für Technik begeistern? Oder ist es, wie manche Feministinnen sagen, vor allem so durch gesellschaftliche Werte und Vorbilder vorgegeben? Und wieso trifft das bei Medizin sowie Rechts- und Wirtschaftswissenschaften offenbar nicht zu? Fragen über Fragen. Auf Meinungen, Erfahrungen etc. bin ich gespannt.
Es ist schwierig, die US-"Ingenialisierung" alleinig auf das Geschlecht zurückzuführen; wer die US-Kultur und -Medien kennt, der weiß um das landläufige Stereotypisieren Mathematik betreffend: Alle Genies in ihrem kulturellen Verständnis sind Mathematiker oder Physiker (Einstein, die asiatischen Rechenmaschinen, "A beautiful mind". Die Geisteswissenschaften dagegen werden kulturell negativ konnotiert: Arroganz, Scheinwissen etc.
Unter dieser Bedingung muss die Vorliebe für Mathematik betrachtet werden. Ich schließe aber nicht aus, dass die traditionellen Rollenbilder, die in den USA stärker als hierzulande sind, auch einen gewaltigen Einfluss nehmen. Nur in diesem Fach sehe ich auch eine größere kulturelle Komponenten.
Zur Rollenthematik: Ich erinnere mich an meine Studienzeit: Ich war in einem philologischen Fach einer der wenigen Männer. Aus meiner bescheidenen Weltwahrnehmung heraus nehme ich auch in den Geisteswissenschaften viel mehr Frauen wahr. Die Frage ist: Warum? Eine Antwort kann man innerhalb der Geisteswissenschaften finden:
Während die Philologien, in welchen ich auch studiosus war, nahezu nur Frauen haben, führen Geschichte und Philosophie 50:50. Die Grenze zwischen Philologie und Geschichte jedoch ist fließend, wie meine spätere Arbeit auch zeigte. Wieso dennoch dieser große Unterschied? Meine Erfahrung deckt sich ein wenig mit der Bieri-Studie: Frauen wollen sich gemütlicher einrichten können, da die Familienplanung (30+) umgesetzt werden muss. In der Philologie waren viele Lehrämtler, von den Chancen magisch angezogen, wohingegen die Arbeitsmarktsituation in Geschichte und Philosophie schlechter ist. Männer denken nicht unbedingt so ängstlich-pessimistisch in die Zukunft, Frauen planen ihr Leben.
Frauen als Ingenieur etc. werden sich seltener Auszeiten (Schwangerschaft) nehmen können (kein Lehramt etc.), sondern müssen stante pede sein. Das ist die Angst der Frauen, nach Bieri-Studie. Nun ist die Frage: Warum? Ist es für eine Frau notwendig, so zu planen? Muss sie denn eine Familie schnellstmöglich gründen? Ist das von der Gesellschaft oder Natur gewollt? Eine übereifrige Studentin sagte mir einmal: "Ich will keinen Freund, nachher werde ich schwanger und lande bei Hartz IV". Verrücktes Huhn (sie hatte nie einen Freund, als ich sie aber wiedersah, nun älter, war schon die ganze Jugend verschwunden, sie immer noch eine Jungfer; sie hat auf persönlicher Ebene durch Planung des Lebens einiges verplant)
Ein Blick in Deinen Link verrät noch etwas:
Wirtschaft, Jura, Biologie vs. Philologien, Medizin, Pädagogik, Psychologie - letztere Gruppe war traditionell immer schon recht weiblich: "Sprechen", für andere Fürsorge übernehmen, Empathie, Erziehen. Soziale Faktoren, die evolutionär vielen Frauen gegeben worden sind, teils aber auch gesellschaftlich (Pädagogik kann durchaus auch mal mehr männlich sein! Männer können durchaus auch empathischer sein!). Doch Jura, Wirtschaft und Labor-Biologie? Sie sprechen wohl eher für gesellschaftliche Faktoren als "naturgegebener Kompetenz". Liegt es daran, dass es die sichere oder schnelle Möglichkeiten bietet, viel zu verdienen?
Stellen sich denn Frauen nun minder? Unterschätzen sie sich selbst? M.E. ist ihr Wunsch, zu strikt das Leben zu planen, die Dinge zu kontrollieren und 100% Sicherheit zu haben, das größere Problem für Studium und akadem. Beruf: Man muss eben dort den schwereren Weg gehen, Risiken eingehen, auch finanziell, umziehen etc. - viele Studentinnen, Promovenden, PHDs etc., die ich kennengelernt habe, hatten ein Problem: Je älter sie wurden (Richtung 30), desto ungeduldiger wurden sie. Rational nachvollziehbar war diese Angst nicht, doch ich hörte immer unterschwellig das "Niederlassen" und "Familiebauen" heraus. Kann das denn etwa ein Grund sein, warum Frauen nicht nur sich selbst ausbremsen, sondern auch den Männern das Feld der Spitze überlassen?
Fragen über Fragen; ich äußere nur Gedanken und Erfahrungen; ich bin glücklich und hasse weder Frauen noch Männer.

gentibus solidaritas, una fit humanitas.