Putins Neu-Russen fristen ein trostloses Dasein
Die Menschen auf der Krim erfahren, was es heißt, in Russland zu leben. Westliche Firmen ziehen sich zurück, das Essen ist knapp, die Preise gehen durch die Decke. Besserung? Nicht in Sicht.
Knapp ein Jahr nach der russischen Annexion der Krim widmet sich der Moskauer Statthalter Oleg Saweliew eher banalen Aufgaben. Er muss Rechnungen bezahlen. Wie alle anderen Einwohner auf der territorial umstrittenen Schwarzmeerhalbinsel hadert der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin eingesetzte Krim-Minister dabei mit den Verhältnissen in einem ökonomischen Niemandsland.
Ob internationale Banken wie Unicredit, die Kreditkartenunternehmen Mastercard und Visa, oder auch globale Ketten wie McDonald's – sie alle haben sich nach der russischen Annexion der Krim verabschiedet. Geblieben ist eine Gesellschaft, in der ausschließlich Bares gilt und die geprägt ist von einer galoppierenden Inflation, chronischen Versorgungsengpässen und wachsenden Kriegsängsten. Selbst russische Unternehmen bleiben weg.
Vor jedem Flug von Moskau auf die Krim rüstet sich Saweliew mit etlichen Rubelbündeln aus, um für das Hotelzimmer bezahlen zu können. Auf der Krim geht das seit vielen Monaten nur noch mit Bargeld, und das gilt auch für Minister.
Lebensmittel um 50 Prozent teurer
Allenfalls etwas Obst und Gemüse wird angeboten, und der gesamte Handel basiert auf Bargeld. Die meisten anderen Waren kommen mit der unzuverlässigen Fähre aus Russland. Schlechtes Wetter kann die Versorgung um Tage verzögern. Entsprechend eingeschränkt sind auch die Reisemöglichkeiten der Krim-Bewohner. Das Flugticket nach Moskau kostete im letzten Sommer umgerechnet bereits mehr als 1000 Euro.
Nach der Annexion hatte Putin zwar die Zahlungen an 560.000 Rentner und 200.000 Staatsbedienstete verdoppelt, aber die Preissteigerungen fressen das meiste davon auf. Zwischen März und Dezember betrug die Inflation 38 Prozent, und die Preise für Lebensmittel sind nahezu um 50 Prozent gestiegen, wie aus Daten der Regionalregierung hervorgeht.
Damit könnte auch die von Putin unter anderem für Infrastrukturausgaben bis 2020 freigegebene Summe von 681 Milliarden Rubel (knapp zehn Milliarden Euro) nicht ausreichen, wie Krim-Minister Saweliew selbst zugibt. Überdies bleibt unklar, wo diese Summe überhaupt herkommen soll. Mit der von Ökonomen vorhergesagten Rezession ist Moskau bereits jetzt zu einschneidenden Sparmaßnahmen gezwungen.
http://www.welt.de/wirtschaft/article13 ... asein.html
Die Abspaltung der Krim von der Ukraine wird international nicht anerkannt. Derzeit zeichnet sich keine politische Lösung in der Frage ab, wie der Status quo wiederhergestellt werden könnte. Russland hat auch kein Interesse daran. Diese Rechtsunsicherheit blockiert internationale Investitionen, welche durch die Sanktionen des Westens nun nahezu unmöglich sind. Geschäftsbeziehungen zu wichtigen Firmen auf der Krim sind in der EU und den USA untersagt, und jeder russische Konzern rückt sich durch ein Engagement auf der Krim selbst auf das Zielradar neuer Sanktionen. Damit liegt es an Moskau, den versprochenen Aufschwung der von seinen Soldaten eingenommenen Halbinsel mit Subventionen in Milliardenhöhe zu gewährleisten. Schon vor der Annektierung konnte sich der Haushalt der Krim nur zu etwa einem Drittel selbst finanzieren; die Wirtschaftsleistung pro Kopf beträgt rund ein Drittel des russischen Durchschnitts.
http://www.nzz.ch/wirtschaft/wie-kalini ... 1.18414259