http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... 12003.htmlIm Bus mit Wanderarbeitern
In Deutschland ernten sie Spargel, pflegen Alte oder setzen Samen in die Erde. Dann fährt der Bus zurück nach Sofia. Die Frauen aus Bulgarien haben Weichspüler, Bratpfannen und Lebensweisheiten im Gepäck. Eine Rückfahrt mit Wanderarbeitern.
Auf ihrer langen Reise hat Karina drei Bratpfannen, fünf Kilo Schokolade und einen Koffer voll Lebensweisheiten dabei. „Du kannst arm sein und glücklich, aber dafür brauchst du Talent. Einfacher ist es, reich und glücklich zu sein.“ Karina weiß, wovon sie spricht, denn sie war schon oft arm und auch schon oft reich. Ihr Leben schwankt hin und her, genau wie der Bus, in dem sie jetzt sitzt und der sie nach Hause bringen soll. Zwei Monate war sie in Deutschland und arbeitete bei einem Unternehmen, das Erdbeer- und Himbeerpflanzen produziert. Die Wohnung war teuer, die Zigaretten auch. In Deutschland, trotz gutem Verdienst, fühlte Karina sich arm. Dann stieg sie an diesem Morgen in einem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen in den Bus. In 30 Stunden, das wusste sie, würde sie wieder reich sein.
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Aber ihre Söhne und Töchter sind besser ausgebildet und wollen nicht mehr fern der Heimat für 7,40 Euro in der Stunde Pflanzensamen in die Erde stecken. Soviel zahlt das Unternehmen in Nordrhein-Westfalen den Damen aus Bulgarien, was in ihrer Heimat ein kleines Vermögen ist. Der Arbeitgeber lockt sie außerdem mit eigens für sie gebauten Unterkünften und Mitarbeitern, die ihre Sprache sprechen, denn Deutsch kann von den Wanderarbeitern fast niemand. Die Stellenanzeigen auf der Internetseite des Unternehmens sind deswegen nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Polnisch und Slowenisch.
Es ist schwierig in Deutschland Arbeitslose dazu zu bewegen gering bezahlte und anstrengende Arbeit anzunehmen. Das ist nachvollziehbar, da als Lohn zwar mehr als H4 bei herauskommt, aber der Unterschied bei gering qualifizierten Tätigkeiten ca. 100-300 €/Monat ausmacht.
Das ist natürlich für einen H4-Empfänger schon eine spürbare Einkommenserhöhung, aber nicht wirklich wirklich eine Motivation als letztendliche Gegenleistung 160 Stunden dafür im Monat zu arbeiten.
Wenn man in einem armen EU-Land wie Rumänien oder Bulgarien lebt sind Gehälter von 300€/Monat für einen Lehrer oder Mindestlöhne von 1,x €/Std. normal.
Daher ist eine Arbeitsaufnahme auch unter den Strapazen einer langen Reise, dem temporären verlassen der Familie, einer nicht wirklich attraktiven Unterkunft, etc... trotzdem sehr lukrativ.
Wenn man also wenigstens 1000€/Monat (nach Abzug aller Kosten) mit nach Hause bringt ist das vor Ort eine Menge Geld.
=> Man kann also ein vielfaches des Monatslohnes eines Durchschnittsbeschäftigten in der Heimat verdienen wenn man temporär mobil ist.
=> Es ist also möglich ein durschnittliches Jahresgehalt der Heimat in ca. 3 Monaten zu verdienen, d.h. man könnte also theoretisch 3/4 des Jahres blau machen (Was i.d.R. wohl nicht stattfinden wird, denn entweder man arbeitet länger in dem Hochlohnland oder halt zu den Konditionen vor Ort um halt insgesamt mehr zu haben).
Ein Mensch in einem Hochlohnland wie Deutschland kann nirgendwo temporär außerhalb Deutschlands arbeiten, wo es z.B. 4-7000€/Monat für einfache Tätigkeiten gibt um eine vergleichbare Steigerung zum Durchschnittslohn in Deutschland zu erlangen.
Natürlich ist es kein anzustrebender Zustand ins Ausland gehen zu müssen um temporär viel Geld zu erhalten, aber immerhin gibt es dieses Möglichkeit.
Hat es also auch einen Vorteil in einem armen EU-Land in dem Billiglöhne gezahlt werden zu leben?