Nee, könnte man nicht. Kanada ist ein extrem dünn besiedeltes Einwanderungsland mit einer Staatsgrenze, die Schweiz nicht und Dänemark auch nicht. Von mir aus kann sich die Schweiz gerne weiter isolieren und dann schauen, wie sie ihre Fachkräfte kriegt. Die Parole, Zuwanderung sei unkontrolliert, ist aber weiterhin eine Lüge, um faktenresistente Menschen zu verängstigen und nichts anderes. Die USA haben übrigens auch ein völlig anderes Einwanderungssystem als Kanada, aber offenbar reicht's manchen, wenn man irgendwie von fernen Ländern spricht und damit alles legitimieren will. Aber wahrscheinlich schreit irgendwer gleich wieder "Zentralismus", "Sozialtourismus", "Kolonisierung" und "Diktatur".
Abgesehen davon: Es ist nicht verwunderlich, daß in die Schweiz mehr Leute einwandern als nach Rußland oder Griechenland, denn die meisten Einwanderer ziehen des Arbeitsplatzes wegen in ein anderes Land. Ist in Deutschland ja auch der Fall, auch wenn NPD und co. seit zehn Jahren eine "Poleninvasion" fürchten und damit auf Stimmenfang sind.
Kanada und die Schweiz sind beide Einwanderungsländer, wobei die Schweiz natürlich deutlich kleiner ist und dichter besiedelt als das dünn besiedelte Flächenland Kanada. Die Schweiz ist aber von zahlreichen Ländern umgeben und ist im Grunde ein kleines Nicht-EU-Land umringt von EU- und Eurozonenländern. Dänemark hingegen hat nur eine Staatsgrenze zu Deutschland, so wie Kanada auch nur eine Staatsgrenze zu den USA hat. Somit sind schon wichtige Unterschiede zwischen Dänemark und der Schweiz genannt.
Schaut man sich Schweden an, hat es mit Kanada schon viel mehr gemeinsam als mit der Schweiz: Ein dünnbesiedeltes Flächenland mit wenigen Nachbarländern, währen die Schweiz als kleines Land eine zentrale Insellage in Europa innehat. Wenn also die Schweiz und Schweden in vielem so unterschiedlich sind und doch in Teilen in der Einwanderungspolitik ähnliche Modelle verfolgen, könnte die Schweiz auch das kanadische Modell nutzen.
Meiner Meinung nach wäre die Schweiz mit dem jetzigen Modell aber besser bedient gewesen, aber die Schweizer haben eben anders entschieden. Ihnen angesichts eines Ausländeranteils von über 20% (in Deutschland keine 10%) Abschottung oder Fremdenfeindlichkeit vorzuwerfen, ist pure Diffamierung und Stimmungsmache. Es ist eben immer leicht, auf kleine Länder einzuhauen, die sich nicht so fügen wollen, wie man will. In Europa gibt es auch keine unkontrollierte Zuwanderung, im Gegenteil Gesamteuropa schottet sich an den Außengrenzen immer mehr ab und läßt Menschen im Mittelmeer ertrinken. Gleichzeitig wird den Einzelstaaten immer mehr die Souveränität über Einwanderungspolitik genommen, das bedeutet aber keine unkontrollierte Zuwanderung, sondern von den Brüsseler Bürokraten gesteuerte Zuwanderung, die mißliebige Menschen gern komplett aus Europa fernhalten.
Bei einem solchen Thema wird schnell simplifiziert, aber es muß auch nicht sein, jeden, der den Brüsseler Zentralismus kritisiert gleich zu diffamieren und ihn mit Islam-Ablehnung und Anti-Gender-Politik in Verbindung zu bringen. Das ist eine unnötige Zuspitzung.
Die Schweiz benötigt ebenso wie Deutschland Zuwanderung und die Kampagnen der NPD, die vor allem gegen Polen hetzt, weil sie die Ostgebiete wiederhaben will, sind unfundierter Unsinn und Panikmache. Wie die Schweiz ihre Zuwanderung regelt und in welchem Maße sie sie kontrolliert ist aber Sache der Schweizer und es wird keinen Zuwanderungsstopp geben, sondern nur eine kontrollierte Zuwanderung, wie sie beispielsweise in Kanada existiert. Eine Panikmache, die Schweiz würde einen Fachkräftemangel erleiden, ist vor allem deswegen Fehl am Platze, weil die Details der Implementierung der Initiative noch nicht bekannt sind und die SVP ist bereit einige Abstriche von ihren ursprünglichen Forderungen zu machen, sodaß Pendler keine Probleme haben und daß der Arbeitsmigration weiterhin keine großen Steine in den Weg gelegt werden.