Unterlassungsklage wegen Behinderung.

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Der Neandertaler
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Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Der Neandertaler »

  • Sehr geehrte Leser, wir berichten heute über den ersten aufseheneregenden Fall eines Jungen, der, weil behindert, seine Eltern anklagt.
    Der heute 20-Jährige erhebt Anklage gegen seine leiblichen Eltern wegen seiner Behinderung – eine Unterlassungsklage. Laut Anklageschrift sollen sie es unterlassen haben, die Möglichkeiten der Präimplantationreperatur (PIR) zu nutzen.

    >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
    • Der Gesetzgeber diskutierte jahrelang über die Präimplantationsdiagnostik (PID), bis er diese im Jahre 2011 per Gesetz in engen Grenzen ermöglichte. Infolge dessen wurde weiter geforscht und es ergab sich daraus die Präimplantationsoptimierung (PIO) und eben besagte PIR. Sowohl bei der PIO wie auch der PIR werden einzelne, gut erforschte Gene repariert, ausgetaucht oder optimiert. Gene, bei denen feststeht, daß - in Einzelfällen - nur sie für eine bestimmte Funktion oder Aussehen verantwortlich sind, diese werden dieser Prozedur unterzogen
      • – damals Zukunftsmusik, heute – 2030 – Standard.
    <<<<<<<<<<<<<<<<<<<<d. Red.

    In erster Instanz wurde noch den Eltern das Recht zugebilligt, sich frei zuentscheiden – für oder gegen die wissenschaftlichen Möglichkeiten. Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab, mit der Begründung, daß es nicht Sache des Gerichts sei, über Ästhetik zu entscheiden – dies sei Sache einer lebendigen Gesellschaft. Es sei nicht Aufgabe des Staates, die Kinder vor dem Geschmack seiner Eltern zu schützen – auch dies sei Sache der Gesellschaft. Darüberhinaus müsse die Gesellschaft überlegen, ob sie die Eltern nicht eher vor sich selbst schützen müsse.
    Nun liegt der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dieser hat nun zu entscheiden, welches Gut höher wiegt, das Recht auf einwandfreies, gesundes Leben – eben ein individuelles Leben, oder das Recht der Eltern, sich frei entscheiden zu können oder dürfen – das Recht, etwas auf die natürliche Weise vorzunehmen.
    2006 meinte Margot von Renesse – Vorsitzende der Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag "Recht und Ethik der modernen Medizin":
    • "Es gibt kein Recht eines Dritten, auch nicht der künftigen Eltern, über den Lebenswert eines Menschen zu entscheiden."
    Im July 2004 verursachte der Fall des zwei Jahre alten Joshua Fletcher Aufsehen.
    • (wir berichteten auch in dieser Zeitung darüber)
    Joshua litt an einer seltenen Blutkrankheit; sein Körper produzierte nicht genug rote Blutkörperchen. Doch weder seine Eltern noch sein drei Jahre älterer Bruder waren ihm genetisch ähnlich genug, um als Spender und Retter in Frage zu kommen. Deshalb sollten Ärzte durch künstliche Befruchtung bis zu zwölf Embryonen schaffen und dann prüfen – per PID, welcher die genetischen Eigenschaften hat, die dem Jungen helfen könnten. Dieser Embryo sollten dann der Mutter eingepflanzt werden. Die übrigen würden vernichtet!
Wohlgemerkt:
  • Der "Prozessbericht" ist lediglich Fiktion, aber könnte nicht dies, wie auch die beschriebene PIR und ihre Schwester, die PIO, Folge einer Generalisierung der PID sein?
    Sollten wir nicht dem bisherigen Treiben der Wissenschaft, wonach alles Machbare auch gemacht wird, egal ob moralisch verwerflich oder nicht, sollten wir nicht dem Einhalt gebieten?
    Sollten wir nicht verhindern, daß durch eine Zulassung der PID, wie auch immer geartet, daß damit einem 'Begehrlichkeits-Gemengenlage-Anspruch' Tür und Tor öffnen? Daß wir damit letztlich 'Disignerbabys' ermöglichen?
        • War in Belgien bis vor kurzem erlaubt - ist in den USA heute noch erlaubt
  • Dürfen wir - also per Gesetz - ein Gut gegen das andere gegeneinander abwiegen, das vermeintlich Geringere letztlich vernichten, mißbrauchen, verbrauchen? Gemäß dem Utilitarismus.
  • "Die Natur hat die Menschheit unter die Herrschaft zweier souveräner Gebieter – Leid und Freude – gestellt. Es ist an ihnen aufzuzeigen, was wir tun sollen, wie auch zu bestimmen, was wir tun werden. Sowohl der Maßstab für Richtig und Falsch als auch die Kette der Ursachen und Wirkungen sind an ihrem Thron festgemacht."
      • Jeremy Bentham
Mir kommt der gesammte Diskurs - über GEN-Untersuchung, Klonen, oder ..., so vor, als ginge es einzig und alleine um die Frage:
  • "Wie schaffe ich mir den perfekten Menschen?"
------

Fußnote:
  • Um den Plagiatsjägern, die nach Guttenberg nun wieder voll zugeschlagen haben - Silvana Koch-Mehrin, das schöne Gesicht der FDP im EU-Parlament (die Betonung liegt auf voll und dem Gesicht), Schavan und nun Lammert, um den Usern dieser Trendsportart die Sache zu erleichtern, der Hinweis:
    • Anregung teilweise entnommen aus Richard-David Prechts Buch:
      • "Wer bin ich? und wenn, ja, wieviele?"
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Sri Aurobindo »

:thumbup:
Der Beitrag ist wirklich gut gemacht!

Nur glaubst Du wirklich, man könne wissenschaftlichen Fortschritt aufhalten?

Meinst Du in 150 Jahren interessiert es noch irgend wen, wie wir heute darüber dachten?
(mal abgesehen von Historikern)

Es wird Designerbabies geben - und wenn diese leistungsfähiger (kreativer, künstlerischer, klüger, hübscher, menschlicher, ...) sind, werden diese sich in der Evolution durchsetzen.
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Helmuth_123 »

Matthias Pochmann » Fr 9. Aug 2013, 16:40 hat geschrieben::thumbup:
Der Beitrag ist wirklich gut gemacht!

Nur glaubst Du wirklich, man könne wissenschaftlichen Fortschritt aufhalten?

Meinst Du in 150 Jahren interessiert es noch irgend wen, wie wir heute darüber dachten?
(mal abgesehen von Historikern)

Es wird Designerbabies geben - und wenn diese leistungsfähiger (kreativer, künstlerischer, klüger, hübscher, menschlicher, ...) sind, werden diese sich in der Evolution durchsetzen.
Eugenik 2.0 na zum Glück bin ich dann unter der Erde. Entschuldige aber ich lese da auch ein wenig Sozialdarwinismus raus, ich formuliere das bewusst vorsichtig und will dir da nichts unterstellen. Beschäfftigst du dich auch mit den ethisch-moralischen Fragestellungen bei deinen Zukunftsvisionen?
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Sri Aurobindo »

Helmuth_123 » Fr 9. Aug 2013, 18:43 hat geschrieben:
Eugenik 2.0 na zum Glück bin ich dann unter der Erde. Entschuldige aber ich lese da auch ein wenig Sozialdarwinismus raus, ich formuliere das bewusst vorsichtig und will dir da nichts unterstellen. Beschäfftigst du dich auch mit den ethisch-moralischen Fragestellungen bei deinen Zukunftsvisionen?
Moralische Vorstellungen entwickeln sich mit den technischen Möglichkeiten.

Stück für Stück, Generation für Generation, werden nicht vernunft-gegründete moralische Einwände verschwinden.

Ich schrieb dies an anderer Stelle irgendwo schon.
Wenn man z.B. in China damit anfängt und wenn diese Projekte erfolgreich sind und wenn die Menschen dadurch nicht mehr krank werden und in ihren Möglichkeiten anderen Menschen überlegen sind, dann werden Deutsche entweder nach China gehen, um dort solche Möglichkeiten für ihre Kinder zu nutzen oder man wird in Deutschland diese Möglichkeiten auch anbieten.

Was spricht gegen die allmähliche Optimierung menschlichen Lebens?
:D
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Der Neandertaler
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Matthias Pochmann.
Matthias Pochmann hat geschrieben: :thumbup:
Der Beitrag ist wirklich gut gemacht!

Nur glaubst Du wirklich, man könne wissenschaftlichen Fortschritt aufhalten?

Meinst Du in 150 Jahren interessiert es noch irgend wen, wie wir heute darüber dachten?
(mal abgesehen von Historikern)

Es wird Designerbabies geben - und wenn diese leistungsfähiger (kreativer, künstlerischer, klüger, hübscher, menschlicher, ...) sind, werden diese sich in der Evolution durchsetzen.
  • Danke für die Anerkennung!
Nein, nein, den (wissenschaftlichen) Fortschritt kann ... soll oder darf man nicht aufhalten, aber zumindest sollte man über die Folgen dessen nachdenken (dürfen) - unter moralischer und ethischer Betrachtung!
Und da habe ich meine Zweifel, ob dieses Nachdenken einsetzt. Solange ... oder sobald ich einigen Leuten einen vermeintlichen Vorteil aufzeige, scheint sich bei ihnen der Nachdenk-Effekt zu verabschieden.
  • ...sie hinterfragen dies nicht.
    • (s.: Datenschutz in Facebook&Co. oder im Internet allgemein ... Payback, etc.)
Nehmen wir uns erstens nicht zu sehr Maßnahmen heraus, die der natürlichen Evolution zustehen ... zustehen sollten?
und zweitens:
  • müssen wir alles immer unter ökonomischen Gesichtspunkten begraben?
Seien wir doch mal ehrlich:
  • wie seltsam wäre es, wenn alle gleich aussehen, gleich handeln ... gar gleich denken? Ich denke eine Unterhaltung wäre dann wenig sinnvoll, wenn alle die selbe Meinung vertreten.
    • (dieses Forum hier gäbe es wahrscheinlich dann nicht)
Immanuel Kant äußerte mal den Wunsch, daß jeder so handle, daß jederzeit die Maxime seines Willens zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.
    • (oder so ähnlich)
    ... er leitete daraus die Freiheit ab.
Besitzen wir danach überhaupt noch einen Willen?
Ich meine:
  • wenn wir Designerbabies 'herstellen' (können), die dann leistungsfähiger sind, die kreativer, künstlerischer, klüger sind, die etwa blaue Augen haben und einen durchgestylten Körper besitzen, ...
    • warum sollte denen dann nicht auch das Willen-Gen genommen ... manipuliert werden?
      • ... haben wir dann überhaupt noch Freiheit?
        • ... Willensfreiheit ... einen freien Willen!
          • ... eine Freiheit in psychologischen, sozialen, kulturellen, religiösen, politischen und rechtlichen Dimensionen?
Oder gibt es dann nur Heteronomie?
Matthias Pochmann hat geschrieben:Moralische Vorstellungen entwickeln sich mit den technischen Möglichkeiten.

Stück für Stück, Generation für Generation, werden nicht vernunft-gegründete moralische Einwände verschwinden. :D
Daß moralische Wertvorstellungen von Menschen sich zeitweise ändern ... unterschiedlich entwickeln, schon klar.
Lawrence Kohlberg - (1927-1987) US-amerikanischer Psychologe und Professor für Erziehungswissenschaft - untersuchte seinerzeit die Moralentwicklung von Menschen. Er begründete eine Theorie, die die moralische Entwicklung in Stufen einteilte. Er bezeichnete dies als 'eine kognitive Entwicklungstheorie' - also:
  • Denken und Urteilen.
Daß aber gleich "nicht vernunft-gegründete moralische Einwände verschwinden", ...
  • ... was sind Deiner Meinung nach überhaupt 'nicht vernunft-gegründete moralische Einwände' ?
Daß kommt doch wohl sehr auf den Standpunkt des Betrachters ... des Urteilenden an, denke ich.

Friedrich Nietzsche bezeichnete die traditionelle Moral als "Sklavenmoral" - eine Moral der Schwachen und "Missratenen". Nietzsche ist ein "Amoralist" und "Moralist" zugleich. Einerseits stellte er sich gegen allgemeine moralische Bestimmungen, diese könnten - seiner Meinung nach - immer nur perspektivisch sein. Andereseits sei ein Denken außerhalb der moralischen Bedingungen des Individuums nicht möglich.
Indem die "nicht vernunft-gegründeten moralischen Einwände" successive verschwinden - also: weitgehend 'allgemeine moralische Bestimmungen', denke ich ... meinst Du, verschwindet auch das Denken und Urteilen unter den moralischen Bedingungen des Individuums. Also ist denken und urteilen lediglich innerhalb allgemeiner moralischer Bestimmungen möglich ... und (wird) vorgeschrieben.
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Flammenzunge »

Hallo Der Neandertaler.
Der Neandertaler hat geschrieben: Nehmen wir uns erstens nicht zu sehr Maßnahmen heraus, die der natürlichen Evolution zustehen ... zustehen sollten?
Zuerst einmal finde ich es immer wieder belustigend, wie wir Menschen uns aus der Natur praktisch... herausnehmen. Gehören wir nicht zur Natur? Oder haben wir uns aus der Natur herausentwickelt? Wenn ja, sind wir dann eine Macht neben der Natur, dann wäre es laut Darwin so dass wir praktisch versuchen besser zu sein als die Natur, sind wir über der Natur, dann würde die Natur praktisch zunehmend verschwinden - oder unterliegen wir der Natur?
Aber egal, das trägt jetzt hier nichts zum Thema bei.
Matthias Pochmann hat geschrieben:Es wird Designerbabies geben - und wenn diese leistungsfähiger (kreativer, künstlerischer, klüger, hübscher, menschlicher, ...) sind, werden diese sich in der Evolution durchsetzen.
Ich denke in unserer heutigen Gesellschaft (in Deutschland und Europa vor allem) glaube ich, dass wir zunehmend entweder außerhalb der Evolutionstheorie stehen, also praktisch (wie oben geschildert) eine Macht die neben der Natur existiert, oder die Menschen bzw. der einzelne Mensch so stark ist, dass er nicht mehr wirklich 'ausgerottet' werden kann.

Es gibt meiner Meinung nach zwei Fragen zu klären:
  • Den ethischen Grundsatz, wie man das Verändern des Erbgutes einstuft
  • Die wissenschaftliche Sicht, wie und wann man das (doch komplizierte) Verändern des menschlichen Erbgutes zustande bringt.
Ethisch denke ich dass es nicht in Ordnung, das Erbgut eines Menschen auf eine Weise zu verändern, dass es so anders ist vom normalen Menschen, dass er einen bestimmten Vorteil besitzt. Allerdings denke ich dass es grundsätzlich gut ist, das Erbgut eines Menschen eines Menschen so zu verändern, dass er keine Behinderung im Leben besitzt, wie es heute der Fall ist.
Dann aber gibt es wieder solche Menschen/Ärzte, die wieder einen zusätzlichen 'Bonus' verdienen wollen (wie wir auch kürzlich bei der Organspenden-Affäre beobachten wollten) und so wiederum einen Designer-/Übermenschen erschaffen (wollen). Deshalb bin ich, wenn überhaupt, nur bereit kleine Veränderungen am Erbgut vornehmen lassen zu dürfen, wie zum Beispiel dass ein Mensch alle Körperteile in der normalen Anzahl hat.

Dann wie angekündigt die wissenschaftliche Sicht, die auch ethische Sichtweisen beinhaltet:
Um wirklich die Veränderungen am Erbgut vornehmen zu können, muss man erst einmal diverse Tests durchführen, die, zumindest später auch am menschlichen Erbgut vorgenehmen werden müssen und so sich auch irgendwann einmal zu Menschen entwickeln. Wenn nun ein Arzt einen Fehler gemacht hat, und das Erbgut in einer Weise verändert ist, dass der Neugeborene komplett entstellt ist (z.B. besitzt er weder Arme noch Beine, während vorher die Anzahl der Beine korrigiert werden sollten), dann hätte der Neugeborene später auch einen Anspruch darauf, den Arzt, der die Veränderung vorgenommen hat, zu verklagen.


Wegen den vorher genannten Argumenten bin ich nicht dafür, dass Veränderungen an einem Menschen/dem menschlichen Erbgut erlaubt ist. Aus meiner Sicht, auch wenn ich kein Jurist bin, ist die Klage auch in 2. Instanz abzuweisen.
Zuletzt geändert von Flammenzunge am Samstag 24. August 2013, 18:36, insgesamt 1-mal geändert.
Muninn

Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Muninn »

Matthias Pochmann » Fr 9. Aug 2013, 15:40 hat geschrieben::thumbup:
Der Beitrag ist wirklich gut gemacht!

Nur glaubst Du wirklich, man könne wissenschaftlichen Fortschritt aufhalten?

Meinst Du in 150 Jahren interessiert es noch irgend wen, wie wir heute darüber dachten?
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Es wird Designerbabies geben - und wenn diese leistungsfähiger (kreativer, künstlerischer, klüger, hübscher, menschlicher, ...) sind, werden diese sich in der Evolution durchsetzen.

Heinrich Himmler hätte beim Lesen dieses Beitrages Tränen der Freude in den Augen gehabt! :thumbup:
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Re: Unterlassungsklage wegen Behinderung.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Flammenzunge.
Flammenzunge hat geschrieben:Gehören wir nicht zur Natur? Oder haben wir uns aus der Natur herausentwickelt?
Schon in 1.Mose 1,28 steht:
  • "Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!"
    • (und was in der Bibel steht, muß ja wohl richtig sein - ist nicht meine Meinung!!!)
Wir vergeßen häufig, daß wir (lediglich) ein Teil der Natur sind ... der Teil, der zumindest nach Schrift der Bibel augesucht wurde, als der Obere ... der Bessere ... der Herrscher. Allerdings bedeutet das 'Ausgesucht' aber zuweilen auch ein wenig Nachsicht ... Empathie - eben Moral und Ethik.
Der Mensch ist zum Glück das einzige Lebewesen, daß sich so etwas wie moralische und ethische Gedanken leisten kann. Leider vergeßen wir das häufig - hast Du richtig erkannt. Leider sind einige so (techn.) verhaftet, daß sie die Technik quasi als neue, übergeordnete Religion betrachten.
Von daher ist Mathias' Erkenntnis, wonach sich Moralvorstellungen analog zu jeweiligen (techn.) Möglichkeiten entwickeln, dieser Einwand ist schon gerechtfertigt. Moral bezeichnet lediglich "Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen." - also:
  • (praktisches) Urteilen, Handlungen nach allgemeingültigen (gesellschaftlichen) Prinzipien.
    • (Werte, Güter, Pflichten, Rechte)
Dies unterliegt aber subjektiver Zustimmung oder Ablehnung.
Viele verwechseln Ethik mit Ästhetik - eine "vom Bewußtsein sittlicher Werte geprägte Gesinnung" ... "ethisches Bewusstsein" mit einer "Lehre der wahrnehmbaren, schönen, geschmackvollen oder ansprechenden Schönheit", von derartigen "Gesetzmäßigkeiten und Harmonie". Kant nannte dies "Kritik der reinen Vernunft" - er sprach vom "Gerichtshof der Vernunft", vor dem die Vernunft Kläger, Angeklagter und Richter zugleich ist.

Der Mensch ist aber auch so gestrickt, daß er Risiken liebt ... das Unbekannte und schon immer das gemacht hat, was (techn.) möglich war.
Wenn die Neanderthaler nicht successive fremde Wasser durchfahren hätten, andere Gegenden erkundet hätten, ... wer weiß, vielleicht würden wir dann heutzutage noch in Afrika und auf Bäumen leben?
Die Moral - Bestattungen und Empathie, der Umgang mit Angehörigen etc. - kam erst hinterher ... zuerst war nur der Gedanke nach 'der Nützlichkeit für den Stamm', für's Überleben der Sippe wichtig.
Und genauso, nach den selben Maßstäben, scheint es mir, werden auch heutzutage Moral und Ethik entschieden ... festgesetzt:
  • die Nützlichkeit und nicht das individuelle Bedürfnis des Einzelnen; zuerst das WIR und dann erst (eventuell mal) das DU entscheidet über moralische und ethische Fragen.

Es fängt doch schon bei der Frage an, WIE, WANN und besonders WARUM wir, respektive die Frau abtreibt ... abtreiben darf. Darf die Frau dies nicht selber entscheiden? Benötigt sie Anweisungen von ... ?
Gut, in früheren Jahren war die Kirche, der Glaube Ansprechpartner für derartige Fragen. Heute, in einer Zeit, in der nur noch das zählt, was nützlich ist, was Spaß macht, in dieser Zeit spielen (streng) moralische Fragen eher eine untergeordnete Bedeutung.
Oder die Frage nach dem Umgang mit unseren 'Alten', den Behinderten, etc. (behindert sind immer die Anderen)
  • ... nach der 'Nützlichkeit', rein ökonomisch betrachtet: Null!
Aber Du hast schon Recht, dies würde zu weit führen, dies könnte zu philosophisch werden - können wir uns nicht erlauben ... wäre nicht nützlich ... zu unbequem.
Flammenzunge hat geschrieben:... dass er nicht mehr wirklich 'ausgerottet' werden kann.
Ich denke, damit hast Du den Punkt getroffen.
Der Mensch ... Teile der Menschheit, fühlt sich dermaßen sicher ... unfehlbar ... unersetzbar, daß damit Überheblichkeit, Arroganz, Blasiertheit letztlich Gleichgültigkeit einhergeht.

Ein Arzt soll Patienten helfen. Er soll Prävention, Therapie und Nachsorge von Krankheiten und Verletzungen in den Vordergrund seiner Handlung setzen - aber er soll nicht Leben schaffen ... oder mithelfen, daß bessere, das effektivere Leben zu schaffen.
Aber wo sind die Grenzen? Die Grenze zwischen Prävention und ...?
Prävention heißt ja 'Vorbeugung, Verhütung' also kann eine Veränderung des Erbgut eines Menschen, zur Verhinderung einer eventuellen oder absehbaren Krankheit ... Behinderung, dies kann schon zu den Aufgaben von Arzten gehören, JA! Aber es wird wohl kaum bei der 'Veränderung zur Verhinderung einer Krankheit' bleiben. Einmal in der Welt, wird dies weitere Begehrlichkeiten wecken - letztlich wird daraus eine Verpflichtung.
  • (dies ist der von Dir angesprochene "zusätzlichen 'Bonus' ")
Eine Verpflichtung, die zur Vereinheitlichung führt ... führen kann.

Demnach ... oder besser: vorher ist die von Dir angesprochene Frage nach dem ethischen Grundsatz zu klären:
  • ob wir dies auch wirklich wollen?
    • ... mit allen denkbaren Folgen?
Was ist noch (wünschenswerte und gewollte) Korrektur (etwa nach einem Unfall), und wo beginnt die Korrektur ... die Schaffung eines Lebens (... wie gewünscht!)?
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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