von Dahlenberg hat geschrieben:Die Ausgrenzung anderer Parteien von der Regierungsverantwortung ist das erklärte Ziel aller Parteien ...
Bis zu dieser Stelle gebe ich Ihnen unumwunden Recht. In einer Demokratie, also einer Volksherrschaft, ist jedoch die "Ausgrenzung anders Denkender" undenkbar.
Und obwohl es - bezeichnender Weise - zahllose Definitionen für "Demokratie" gibt, lassen Sie uns einfach jene anschauen, die Sie bei wikipedia nachschlagen können:
Der wichtigste Anwendungsfall der Demokratie ist die Staatsführung. Ein Staat gilt als demokratisch, wenn die folgenden Kriterien zutreffen:
* Es gibt einen Demos (Volk), welcher politische Entscheidungen in kollektiven Prozeduren trifft.
Schon an dieser Stelle können wir uns nur noch weiter behelfen, wenn wir krude Konstrukte "halben Zensusrechtes", die wir natürlich hübscher - beispielsweise "Vertretungsdemokratie" - nennen, einführen. Der Demos wird von ALLEN politischen Entscheidungen ausgeschlossen, vernachlässigt man, dass er alle vier Jahre entscheiden darf, wer die politischen Entscheidungen in den nächsten vier Jahren treffen darf. Zur Erinnerung: CDU, CSU, FDP und SPD lehnen regelmäßig alle Anträge ab, die darauf abstellen, den Souverän aus dem Bittsteller-Status in den ihm zustehenden Herrscher-Status zu heben und zumindest Volksentscheide zuzulassen.
* Es gibt ein Territorium, in dem die Entscheidungen innenpolitisch angewendet werden und in dem der Demos angesiedelt ist. Heutzutage ist dies das Territorium des Nationalstaates und weil dies theoretisch mit der Heimat des Volkes korrespondiert, stimmen Demos und Reichweite des demokratischen Prozesses überein. Kolonien von Demokratien werden selbst nicht als demokratisch betrachtet, wenn sie vom demokratischen Mutterland regiert werden. (Demos und Territorium stimmen nicht überein.)
Wir halten die USA für die vorbildlichste Demokratie der Welt. In diesem Land werden zahllose Menschen sogar von den Wahlen ausgeschlossen, ohne dass die NATO deshalb dort einmarschieren und die fundamentalsten demokratischen Rechte etablieren darf. Und wir halten die USA für einen "Bruder im Geiste", stellen uns also auf die gleiche Stufe.
* Es gibt für politische Normen eine Entscheidungsfindungsprozedur, welche entweder direkt (z. B. als Referendum) oder indirekt (z. B. über die Wahl eines vertretenden Parlamentes) funktioniert. Diese Prozedur wird vom Demos bereits dadurch als legitimiert betrachtet, insofern sein Ergebnis „akzeptiert“ wird. In einer repräsentativen Demokratie wird die politische Legitimität der Repräsentanten aus der Bereitschaft der Bevölkerung abgeleitet, die Entscheidungen des Staates (auch die der Regierung und der Gerichte) entgegen individuellen Vorzügen und Interessen zu akzeptieren oder hinzunehmen. Dies ist deshalb wichtig, weil demokratische Wahlen immer Gewinner und Verlierer haben. Zumindest muss die Prozedur geeignet sein, Regierungswechsel herbeizuführen, sofern eine ausreichende Unterstützung dazu existiert. Scheinwahlen, die ein existierendes Regime nur bestätigen können, sind nicht demokratisch.
Nun ist es mittlerweile unbestritten, dass SPD und Union zwei Seiten derselben Medaille sind. Im öffentlichen Diskurs nennt man dies "Profillosigkeit".
Wenn Sie Ihr Augenmerk auf den letzten Satz des zitierten Punktes richten, werden Sie sicherlich anerkennen, dass die Wahlen faktisch auf Scheinwahlen abstellen. Besonders interessant ist es, wenn Sie sich die Karriere Frau Schmidt's (SPD, Gesundheitsminister) anschauen. Der Wähler hatte keine Chance: Zwar gab es einen Machtwechsel, aber Frau Schmidt ist er als Vormund nicht losgeworden. Und mit zahlreichen anderen politischen (Nicht-)Größen sieht es nicht anders aus.
* Im Fall von Nationalstaaten müssen diese souverän sein: demokratische Wahlen sind nutzlos, wenn eine Autorität von außen das Ergebnis überstimmen kann. Ausnahmen kann es im Falle der Suzeränität geben (Bsp. Island).
* Ein unverzichtbares Merkmal einer Demokratie ist schließlich, dass durch wiederkehrende verbindlich festgelegte Verfahren die Regierung ohne Revolution wechseln kann. In vorwiegend direkt-demokratischen Systemen übt das Volk die Macht selbst aus. Es entscheidet zum Beispiel mittels Volksabstimmungen und kooperativer Planung in Sachfragen selbst. In Repräsentativen Demokratien werden hierzu von den Bürgern Repräsentanten gewählt (oder in der Vergangenheit auch per Los bestimmt), die die Herrschaft ausüben sollen.
* Die Freiheit, durch eigene kreative Mitbestimmung, durch eigene Ideen, der Welt zu helfen.
Und auch der zweite Punkt in dieser Aufzählung lässt schon beim zweiten Blick Zweifel entstehen. Die "gewählten Repräsentanten" sind alles andere als imstande, ihre repräsentativen Aufgaben wahrzunehmen. Sie werden daran gehindert, weil sie, wie etwa Herr Merz, bis zu 15 Nebenjobs haben; weil sie politische Karriere machen wollen; weil sie, nicht zuletzt auch dank der gerade einmal wöchentlich stattfindenden zweistündigen Audienzen, kaum mehr als eine blasse Ahnung haben, welche Meinung jenseits ihrer eigenen, die sie nun wahrlich nicht bei Wahlen zur Schau stellen, sie eigentlich vertreten sollen...
Sie sehen also, selbst oberflächlicher Betrachtung kann die Behauptung "... in einer Demokratie" nur dann standhalten, wenn Sie a) nicht davon ausgehen, in einer solchen zu leben, b) religiöse Vorstellungen realistischer Betrachtungen Ihrer Umwelt vorziehen, oder c) das Nicht-Denken zum Credo erheben und sich damit bescheiden, vorgebetete Sprüche nachzuplappern.